Notlage der Landwirtschast besonders km östlichen Deutschland , die die Reichsregierung in letzter Zeit unternommen Hot und die gerade gestern abend zu einer weitgehenden Berständigung der Regierungsparteien über die sofort zu ergreifenden gesetzgeberischen Maßnahmen geführt haben. Einigung über die Agrarfragen Die interfraktionellen Verhandlongen abgeschlossen. Die interfraktionellen Verhandlungen der Re- gierungsparteien über die schwebenden Fragen der Agrarzölle haben am Dienstag abend, abgesehen von geringfügigen Disierenzen in der Zuckerpreisfrage, zu einer Verständigung geführt. Die Frattionsoertreter wollen am Mittwoch vormittag die endgültig« Formulierung der Anträge vornehmen. Slls Ergebnis der Beratungen sollen von den verschiedenen Re> gierungsparteien Gesetzentwürfe eingereicht werden, für die die Parteien allerdings nicht einheitlich stimmen werden, Mehrheitsbeschlüsse aber stchergestellt sind. Der Weizenzoll soll um 2,50 TO, Qufl2 9R.proDoppeN zentner erhöht werden. Beim Roggen bleiben die bisherigen Zollbestimmungen bestehen. Der G e r st e n z o l l soll auf 10 TO. heraufgesetzt werden, mit der Möglichkeit einer Zollermäßigung auf 2 M., wenn der Nachweis erbracht wird, daß der Käufer ein bestimmtes Quantum Roggen zur Verfütterung erworben hat Wer einen Zentner Roggen zu Futterzwecken kauft, hat demnach die Bs- rechtigung, zwei Zentner Gerste zum verbilligten Zollsatz von 2 M. einzuführen. Hafer, der bisher«neu festen Zoll von 6 M. je Tonn« hatte. wird nunmehr auch variabel gestaltet und zwar soll di« Zollspanne 4 bis 12 TO. betrogen. Der Mehlzoll soll auf das Anderthalbfache des entsprechen- den Getreidezolls gesetzt werden zuzüglich einer Preisschutzspanne von 5,28 M. pro Doppelzentner. Kleie soll mit einem Zoll belegt werden von jeweils der Hälfte des in Geltung befindlichen Getreidezolls, ausgenommen Weizenkleie. Die Zollfestsetzung soll in Zukunft errechnet werden auf der Grirnblage des Durchschnittspreises von vier Monaten, wah- rend bisher drei Monate die Grundlage bildeten. Beim Weizen ist eine sogenannte Katastrophen- k lauset eingefügt worden, die besagt, daß Regierung. Reichsrat und ein Reichstagsausschuß ermächtigt sind, den Zoll weiter heraufzusetzen, wenn der Weltmarktpreis bis 40 Proz. unter den am 18. März gellenden Preis herabsinkt. Der Kartoffelzoll soll vom 15. Februar bis 31. März statt 4 M. 20 M. betragen. Diese Maßnahm« richtet sich gegen die Ein- fuhr der als Luxusgenußmittel betrachteten jogenannten Malla- lartoffeln. Das M a i s m o n o p o l soll in der Weise zur Durchführung kommen, daß voneinemErmächtigungsgesetz Abstand genommen wird. Es werden vielmehr Sozialdemokratie. Zentrum und BayerifcheDolksparteidos Malsmonopol als Initiativantrag einbringen. Von der Deutschen Volks- parte! und den Demokraten wurden der den Verhandlungen noch Bedenken dagegen geäußert, doch wird an der Annahm« des Mais- Monopols nicht gezweifelt. Vrotgesetz vor dem Ausschuß. W rkung zweiseltiaft. Der Volkswirtschaftliche Aueschuß des Reichstags begann die all- gemeine Ausspräche über den Entwurf eines Brotgsfstzes. Dabei' wurde von den Vertretern fast aller Parteien zum Ausdruck gebracht, man habe wenig Hoffnung, daß durch dieses Gesetz das Z el erreicht werde, das die Regierung in der Begründung zu dem Gesetzentwurf andeute. Trotzdem erklärten sich die Vertreter der meisten, nament- lich der Regieru ngs parte ien. bereit, das Gesetz anzunehmen, well sie der Meinung waren, man solle kein Mittel unverfucht lasten. um den Roggenverbrauch im eigenen Land« zu heben. Regierungsbildung in po'en. Oer Senatspräsident deauftragt. Warschau , 18. März.(Eigenbericht.) Staatspräsident Moseiski hat dem Senatspräsidenten Profestor Szymanfki die Kabinettsbildung übertragen. Szymanski. von Berus Augenarzt in Wllna und Nichtpolitiker, hat seinerzeit unliebsames Aufsehen erregt, als er— der Präsident der einen Parlamentskammer— den PUsudski-Offlz'iersn Stühle herantrug, damit sie nach ihrem rechtswidrigen Eindringen in die Vorhall« des Parlaments nicht stehen wüßtem Danael) wird er dem Sejm kaum als der richtige Schützer der Parlamentsrecht« erscheinen! Sabotage des RegierunasbtockS. Warschau . 18. März.(Eigenbericht.) In einer Resolution droht der Regierungsblock, daß er auch vor den schärfsten Mitteln nicht zurückschrecken werde, um. das Zustande- kommen von Sejmsttzungen wärend der Regierungskrise zu ver- hindern. Da der Sejm sein« Budgetarbellen, deren Termin mit dem 51. März abläuft, noch nicht beendet hat. scheint dies« Drohung lediglich den Zweck zu haben, das Parlament an seine verfassungs- mäßigen Aufgaben zu hindern und so seine„Arbeitsunfähigkeit' zu bewest cn.__ Der Marsch zum Salz. Kalkuttas Oberbürg-rmeisier vor Gericht. Jim Delhi. 18. März.(Eigenbericht.) Gandhi luch seine Jünger haben die siebente Etappe ihres Marsches von Achmedabad nach Jalalpur zurückgelegt. Das ?iel mar Borsad. Während bisher einig« Anhänger Gandhis Taschengeld mitführten und sich selbst verpflegte», hat Gandhi jetzt angeordnet, daß alles Geld an di« gemeinsame Kasse abgeführt wird- Im Lager Gandhis rechnet man täglich mit der Verhaf- t u n q des Führers. Wie verlautet, ist für diesen Fall beabsichtigt, unter den weiblichen Anhängern des lnfrischen Frsiheitssührers ei» Freiwilligenkorps auszuheben, das sich sofort nach der Verhaftung Gandhis dem Kreuzzug zum Salzlager von Jalalpur anschließen soll. �..,„ In R a n g u n begann der Prozeg gegen den Oberburgermelster von Kalkutta Gupta wegen Aufruhr. Gupka, ein Anhänger Gandhi - weigert« sich, dem Gerichtshof irgendwelche Antwort zu geben: er hat auch auf die Frellastung gegen Stellung einer»autton aus Gründen der Demonstration gegen die britische Iustizverwollung protestiert._ Das bayerische Heldenstück. Der bayerisch« Ministerpräfldmt Dr. Held hat auf Anfrag« der Reichsregierung mll Entrüstung van sich gewiesen, di« Schimpfwort- gebraucht zu haben, die ihm die Hugenberg-Press« zugeschrieben hat.
Der staaisrechtliche Naturschutzpark.
Beil er das Ländchen Mecklenburg-Strelih als staatsrechtlichen Naiurschutzpark bezeichnet hatte, mußte der Landtagspräsident Dr. Fo th demissionieren... Aber Recht hatte er doch!
Skandalöse„Besiherhaltung". Wie Agrarier die Ostpreußennot mißbrauchen- unter Mithilfe von Landschastsvanken.
Ostpreußen hat neben einem besonderen Staatskommissar vom Reich und von Preußen noch einen mll vielen Millionen notierten U m s chu l d u n g s f o n ds erhallen. Zu welchen tollen Mißbrauchen und zu welcher Sabotage der Regierungsarbell die dortigen Agrarier zusammen mit den Landlchoftsbanten sich berechtigt fühlen, zeigt«in Fall, über den jetzt in der Preste berichtet wird und der nur ein einzewer Fall aus einem ganzen Miß- brauch- und Sabotagesystem zu sein scheint. Der Besitzer des Rillergutes Cortmedien im Kreise Wehlau sicherte sich aus dem Unstchuldungsfonds, nachdem„Freunde' in der Kreiskommission für«ine entsprechend wohlwollende Taxe gesorgt hatten, mehrere zehntausend Mark als Umschul- dungohypothek, die hinter der ersten Hypothek der Ost- preußischen Landschaft eingetragen wurde. Der Umschuldungstredll nützte nichts, und die Landschaft veranlaßt« die Z w a n g s v e r- st e i g e r u n g. VI« Zwangsversteigerung wurde durchgeführt, obwohl der Staalsgläubiger der zwelt'telligen Ilmschuldungshypolhek, damit das Slaatsgeld nlchk verloren ging, das 1400 Morgen große Gut für Siedlungszwecke erwerben wollte. Run aber kommt das Merkwürdige. Das Gut wurde versteigert zum werte der ersten Hypothek und zusätzlicher 30 000 Mark für bevorrechtigte Zorderua- gen, und der Erwerber war, man höre und staune, der sieben. jährige Sohn des bisherige« Besitzers; Die erforderlichen 30 000 Mark Halle aber— wieder muß mau stauueu— der Spar- und Vorschußvereiu Alleaburg GmbH, zur Verfügung gestellt, der selbst wieder vor ganz kurzer Zeit, weil er nicht mehr weiter konnte, von der Ostpreußenhllse. also vom Staat. Sanlerungskredite in Anspruch nehmen mußte! Auf diese Weise treibt man in Ostpreußen 'Mit staatlichen Geldern ..Besitzerhallung' zugunsten der Agrarier: man prellt den Staat um seine Rechte und sein Geld, man sabotiert mll Hilfe von halböffentlichen. staatlich subventionierten Banken die mühselige und tosten- reiche Regierungsarbeit zusamt der für Ostpreußen so notwendigen Siedlung. * lieber die Hintergründe des skandalösen Systems erhalten wir aus Königsberg folgenden Bericht: Die Einsetzung des Reichs, und Staatskommissars Rönneburg hat auch eine Betriebskontroll« für ostpreußische Güter ge- bracht, durch die geprüft werden soll, ob die Verwendung von Staatsgeldern in Ostpreußen zweckmäßig erfolgt. Das wird sehr unangenehm empfunden, denn früher konnte der Landwirt mll den verbilligten Staatskredllen tun, was er wollte: nicht sellen nützte man einfach die Zinsdifserenz aus oder man spielte sogar mll diesem billigen Staatsgekd auf der Börse, wenn man das Geld nicht einfach oerbrauchte. Durch das Staatskommissariat sind diese Btanipulat tonen heute so gut wie ausg eschlosten. Alles wäre damit in Butter, wenn sich die agrarischen Kreditnehmer mit dem selbstverständlichen Gedanken einer Kredlltontrolle befreunden wollten Aber der Besitzer ist autonom, und es ist für ihn unerträglich, wenn er sich Borschristen über die Art seiner Betriebsführung machen lasten soll, und zwar noch von einem„Richtostpreuhen' So geht die allgemein« Tendenz dahin, diese Kontrolleinrichtung illusorisch zu machen. Hier hat nun Herr von Hippel das Ei des Kolumbus gefunden. Herr von Hippel ist der mächtigste Mann im ostpreußischen Agrarkredit- wesen. Er ist Generallandschaftsdirektor und hat als solcher einen fabelhaften Plan entwickelt, der wohl schon ge- eignet ist, die lästige Kontrolle zu sabotieren. Der Plan funktioniert wie folgt: Die ostpreußische Land- schast, der Herr von Hippel vorsteht, hat die meisten ostpreußischen Güter erststellig beliefert. Bleiben di« Schuldner mit den Zinsen im Rückstand, dann betreibt Herr von Hippel di« Zwangsver- st« i g« r u n g. Bei der Zwangsversteigerung erwirbt der bankrott« Landwirt im Namen eines seiner Kinder das unter den Hammer gekommene Gut zum Preise der ersten Hypothek. So bleibt die „Liebes Leid und Lust." Staatliches Schavspiekßaus. Jürgen Fehling erweckte Shakespeares Lüstspiel zu neuem Leben. Die Celüsthell der Pochet II des alten Dramas wirkte befreiend und unmittelbar. Biete leuchteten Unter ihnen Granach . Wäscher, Rennte Müller und Clfriede Borodin. Brausender Beifall. S. M.
Scholle erhallen. Kunststück! Aus diese Weis« schütteln die oft- preußischen Landwirte wieder einmal ihr« Schulden bis aus die erst« Hypothek ab— zugleich die„fremde' Betv.ebikontrolle. Dieses El des Columbus verbirgt Herr von Hippel nicht etwa geheimnisvoll in seinem Busen, sondern er stellt seinen phäno- menalen Plan im Kreise der Geschäftsleute zur Diskussion. Er argumentiert, daß die ostpreußische Landwirtschaft ja kein Jnter- esse daran Hab«, bankrotte Güter zu erwerben, weil deren Bemirt- schaswng durch einen Verwalter viel zu teuer werden würde. Es sei das klügste, den seitherigen Besitzer nach der neuen „Umschuldung' weiter wirtschaften zu lasten. Auch die Ge- schäftsleute sollen bei diesem Spiel aus ihr« Forderungen verzichten. Sie sagen allerdings,„dos Ding geht nicht los'. Denn die anderen, z. B die Kommissionär«, die den Landwirten Borschüst« gegeben haben, lasten sich durch solche Tricks nicht um ihr Geld bringen. Das Ding geht aber doch los! Roch vor einigen Tagen wurde bei einer Bersleigemng in Allenburg (das ist das Gut Cortmedien. D. R. ) das von Hippel gefunden« Ei des Columbus wieder mal auf die Spitze gestellt. Man wird jagen, das stt ein Einzelfall, das ist kein Einzel- fall! Diese Einzelfälle haben sich bereits zu Dutzenden ereignet, und sie werden sich bei den früher umgeschuldeten Bettieben in der nächsten Zeit noch recht oft wiederholen. Sie kennen sich hier, und sie helfen sich, und eine Hand wäscht di« andere: die Landschaft die Nachbarn, di« kleinen Kreditinstitute. in« Kreditkammissionen, unter Parole für Heim und Scholl« — und gegen die Republik ! Was jagt die Reichsregierung, was sagt die preußisch« Staats- regierung zu so unerhörten Vorgängen? Wir hallen e» für not- iSendig. daß sich der Preußische Landtag und der Reichstag um diese Ding« kümmern und daß festgestellt wird, wie der General. landschaftedirektor v. Hippel in die Lage kommt, solch unerhörten Vorgängen Borschub zu leisten. Die Dollmachten des Staatskom- mistars Rönneberg müsten, wenn sie unzureichend sind, entsprechend erweitert werden. Der neue„Daily Herald". Am Montag, dem 17. März ist der„Daily Herald' zum ersten Mal« in neuer 2lusinachung erschienen. Diese Ausgabe liegt nun in Berlin vor und läßt die vom zeitungsiechnischen Standpunkt g««dezu imponierend« L e i st u n g erkennen, die unser« eng- lischen Freunde vollbracht haben. Das neue Blatt ist um eine volle Spalte breiter als das alte und fein Umfang hat sich mehr als ver- doppell: das Blatt zähll letzt, ebenso wie die größten englischen Massenorgane, 2 0 Seiten, und bietet an Lesestoff. Bildern, Neuigkeiten Inseraten usw. mindestens ebenso viel wie jene Zeitungen, die bisher in England das Feld beherrschten. Schon an der äußeren Aufmachung erkennt man, daß der neue„Dolly Herald' mit den modernsten Mitteln der Zettungstechnik hergestellt wird. Berta g, Redaktion und Druckerei haben übrigens ein ganz neu hergerichtetes fünfstöckiges Riesengebäud« bezogen, das im Herzen von London liegt und mit dem Zeitungsverlagehaus Odhams Brothers durch einen mächtigen Schwibbogen verbunden ist. Der neue„Daily Herald' erscheint für ganz England in einer Auflage von über einer Million. Dies« Leserzohl ist auf Grund einer monatelangen Propaganda durch die englischen Gewerkschaften bereits erreicht worden. Im Sommer wird in Manchester eine sür Rordengland und Schottland bestimmte Ausgabe, die bis auf die mehr lokalen Rachrichten mll der Londoner identisch sein wird, regelmäßig erscheinen, während zur Zeit noch ganz Großbritannien durch drei verschieden« in London hergestellt« Ausgaben versehen wird. Entsprechend den Ankündigungen trägt der neue Gerald' in noch stärkerem Maß« als bisher den Charakter eines„Boulevard- Mattes", wie es di« englischen Masten bevorzugen. Der politische Teil ist zurückgedrängt, doch ist und bleibt auch der neu«„Dolly Herald" das Organ der Labour Party und der Gewertschasten, denen er zur Hälft« gehört und von denen er politisch ausschließlich kontrolliert wird. In ihren Glückauf-Artikeln.haben Macdonald Lansbury und ander« Führer der britische« Arbeiterbewegung diese Rolle des neuen„Daily Herald' als Sprachrohr und Interessenvertreter der sazialisttschen und gewerks chastNchen Masten ausdrücklich unterstrichen. Am erstaunlichsten ist freilich, daß auch da» neue Blatt in seinem Rlesenformot nach w!« vor nur 1 Penny(etwa 8 Pf.) kostet!