hört, und daß den französischen und englischen Geldleuten.von denen unsere Kardorffe und Mirbach« das Heil er-warten, zwar sehr gern einen Fischzug mitmachen, aberum keinen Preis ihr gutes Goldgeld sich verderben wollenGestern klatschten sie Beifall zur gutgespielten Komödie.und heute erklären sie kühl: es war nur eine KomödieUnd der„Standard", das Organ des bimetallistischen Heblands Balfour, flötet von der Höhe seiner soliden GoldWährung herab:„Der BimetallismuS ist ein schöner Traum, er paßaber nicht für die Werktagswelt."Armer Kardorff!Und darum internationaler Komödiant?poliiifche M-b-rNchk.Berlin, lS. März.Der Reichstag erledigte heute nach einer längeren undsehr wirksamen Rede des Abg. Richter sehr rasch und ruhigden Rest des Marine-Etats, und gelangte bei der weiterenEtatsberathung bis zu dem Kapitel der Zölle und Verbrauchssteuern. Erwähnenswerth sind die Auslastungendes schwäbischen Volksparteilers Haußmann, der dasriesige Anschwellen des Pensionsfonds zur Sprachebrachte und unter Bezugnahme auf zahlreiche von Offizierenausgehende Beschwerden die Anklage erhob, daß tüchtigeund dienstkräftige Offiziere um der nichtigsten Gründewillen pensionirt würden. General v. Spitz, der Vertreter desKriegsministers, war zwar sehr„schneidig", jedoch sehr wenigüberzeugend; jedenfalls konnte er nicht widerlegen, was Haust-mann gesagt. Bei dem Kapitel„Reichsschuld" brachte GenosseSinger die Konvertirungsfrage wieder auf das Tapet. Beiden heutigen Geldverhältnissen sei es durchaus angebracht,die und 4 prozentigen Papiere in 3prozentige zu ver-wandeln. Der Staatssekretär der Reichsfiuanzen, Herrvon Posadowsky, konnte dem auch nicht widersprechen—er meinte, das Hinderniß der Konvertirung liege mehr beiden Einzelstaaten als beim Bundesrath. Es ist dies diealte Geschichte. Wenn die Einzelstaaten nicht wollen, steckenfle sich hinter das Reich, und wenn das Reich nicht will,steckt es sich hinter die Einzelstaaten.Morgen Fortsetzung— und voraussichtlich Schluß—der Etatsberathung.DaS preußische Abgeordnetenhaus erledigte amDonnerstagzunächst in dritter Lesung ohne Debatte den Gesetzentwurf betr.Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März1872 und trat sodann in die erste Berathung des Gesetzentwurfsbetr. die Regelung der Richtergehälter und dieErnennung der Gerichtsassessoren. Da dieBesetzung des Hauses gewöhnlich im umgekehrten Verhältniß zuder Wichtigkeit einer Vorlage steht, so wiesen auch heutedie Bänke aller Parteien erhebliche Lücken auf. Am wichtigstenist§ 8 des Gesetzes, welcher bestimmt, daß in Zukunftau? dem Kreise der Referendare, welche die große Staatsprüfungbestanden haben, nur die zum Richteramt geeignetsten Kräfte zuGerichtsassessoren ernannt werden. Was man in Preußen unter„geeigneten Kräften" versteht, braucht nicht weiter erläutert zuwerden; es ist klar, daß die Regierung durch dieseBestimmung ihr unbequeme Personen, in erster Linienatürlich die bösen Sozialdemokraten, aus dem Justizdienstnach Möglichkeit entfernen will, um so im Laufeder Zeit einen ihr genehmen Richterftand heranzubilden. Solletwa der Glaube an die Unabhängigkeit des Nichterstandes nochmehr schwinden, als es heute schon der Fall ist? Die ganzeVorlage charakterisirt sich als ein Meisterstück reaktionärerGesetzgebung des Justizministers Schönstedt. Die Re-gierungen machen es wie die Agrarier. Wie diese, nachdemihre beiden„großen Mittel" versagt haben, init den„kleinenMitteln" fürlieb nehmen, so suchen auch die Regierungen, nach-dem sie mit ihrem großen Mittel, der Umsturzvorlage, im vorigenJahre ein so jämnierliches Fiasko erlebt haben, jetzt mit kleinenMitteln aus indirektem Wege ihr Ziel zu erreichen. InSachsen das bekannte Wahlrechts-Attentat, in Preußen der inAussicht gestellte Entwurf über die Regelung der rechtlichenStellung der Privatdozenten und das jetzt vorliegendeGesetz— mit allen diesen Mitteln hoffen die Regierungen inihrer Kurzsichtigkeit der Sozialdemokratie den Kops abzuschlagen,ohne zu bedenken, daß ihr, wie der Hydra, für jedes abgeschlageneHaupt zwei neue erwachsen.In seiner einstündigen Begründung versuchte der Justizministerdie in der Presse erhobenen Bedenken gegen das Gesetz zu zer»streuen, aber mit recht wenig Erfolg, denn fast sämmtlicheRedner wandten sich mehr oder weniger scharf gegen den tz 8 derVorlage. Abg. Fritzen(Z.) gab der Meinung Ausdruck, daßhierdurch die Unabhängigkeit der Richter in Frage gestellt undein geistiges Proletariat großgezogen würde. Ihm schlössen sichdie Nationalliberalen Beleites, Dr. Krause und Eckels,der Pole M i s e r s k i und Abgeordneter Munckel vonder freisinnigen Volkspartei au, der in sarkastischerWeise ausführte, daß die Vorlage zur völligen Un-obhängigkeit von der eigenen Ueberzeugung führen müßte.f ür den Entwurf sprachen außer dem Justizminister nur dieonservativen K l a s i n g und Schettler. Letzterer ging inseinen Lobpreisungen sogar so weit, daß er behauptete, nur Ab-stammung und Erziehung gäben dem Richter die nöthigenautoritativen Eigenschafte». Der Entwurf wurde schließlich einerKommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Am Freitag stehennur kleine Vorlagen aus der Tagesordnung.—Das sächsische Wahlrechtsattentat hat jetzt auchdie Sanktion der Ersten Kammer erhalten. Und diePrivilegirten und die„Edelsten" haben sich die Sache soleicht gemacht, wie das bei ihren Vätern und Vorfahrenallezeit Sitte gewesen. Die„Sächsische„Arbeiter-Zeitung"schreibt unter dem gestrigen Tage:Das Wahlrecht des Volkes vor der ErstenKammer. Der Entwurf der Wahlrechtsverschlechterung, wie ervon der Zweiten Kammer acceptirr war, steht zur Berathung.Minister v. Metzsch verweist auf die in der Zweiten Kammergegebene Begründung und bittet um Annahme der Vorlage, diezum Wohle des Vaterlandes diene.Präsident von Könneritz versichert der Regierung die Sym-pathien des Hauses und dessen Zustimmung zur Vorlage.Kammerherr von Burgk beantragt Abstimmung en Kloo.Dieser Antrag wird angenommen.Da sich niemand weiter zum Wort meldet.wird die Vorlage einstimmig angenommen. Der ganzeVorgang dauerte ca. 40 Minuten!Sächsisches Volk! In 40 Minuten entwindetman dir dein heiligstes Recht. Merke dir das!Das sächsische Volk wird es sich merken. Es ist ja einguter Merktag der 1 8. M ä r z.Von den Iben des Cäsar an ist der März den Volks-feinden verderblich gewesen. Und der 18. März ist ein Tag derVolkssiegc.Wir nehmen das Onien an— und überlassendie Sühne dem sächsischen Volke!—Herr Ober-Staatsanwalt Drescher hat heute alsMoralprediger ebenso großen Eifer an den Tag gelegt, wieer Unkenntniß über das Wesen des Nachrichtendienstes derPresse gezeigt hat. Er sprach von dem schimpflichen Gewerbe der sozialdemokratischen Presse, sich Nachrichten durch„Diebstahl" zu verschaffen. Das Landgericht Berlin hatvor kurzem endlich eingesehen, daß die Bestellung von Sachverständigen in Preßsachen nothwendig sei. Herrn Dreschersollte von diesen Sachverständigen ein besonderes Priva-tissimum gelesen werden, er würde dann erfahren, daß diebei dem Herrn Ober-Staatsanwalt angesehensten Blätter ganzeGesetzentwürfe, ja Mittheilungen aus den Verhandlungendes Staatsministeriums gegen den Willen deS Bundesrathes und der Ministerien publizirt haben.Wir möchten Herrn Ober-Staatsanwalt Drescher fragen�ob die Beschaffung von Nachrichten, wenn der«Hann.Courier", die„Post" und die„Vossische Zeitung" betheiligtsind, berechtigt ist, dagegen, wenn es sich um sozial-demokratische Zeitungen handelt, gemeiner DiebstahlUnd wie steht die Staatsanwaltschaft zu dem Nachrichtendienst der politischen Polizei, wenn die Nachrichten nurdurch Vertrauensbruch erlangt werden konnten.Im Falle Antoine ist es vorgekommen, daß aus StraffProzeßakten der königlichen Staatsanwaltschaft vor deröffentlichen Verhandlung Briefe von Privatpersonen inder nicht sozialdemokratischen„Norddeutschen AllgemeinenZeitung" abgedruckt wurden, von einer staatsanwaltlichenEntrüstung haben wir aber damals nichtd gemerkt. Esgilt also, scheint es, auch da der Satz: wenn zwei daffelbethun K. JC.Ter Dongola-Feldzug. In England thut sich asigemeine Befriedigung darüber kund, daß Deutschland imEinvernehmen mit den anderen Dreibundmächten gegen dieVerwendung des egyptischen Reservefonds für den SudanFeldzug nichts einzuwenden hat. Wollen die Engländer mitsammt ihren egyptischen Schützlingen durchaus sich in inner-afrikanische Abenteuer hineinstürzen, so kann man allerdingsdiesen neuen Anfall von Afrika-Sucht beklagen, aber für Deutsch-land liegt sicher kein Anlaß vor, den Engländern dabei in oieArme zu fallen oder gar den ostasiatischen Fehler zu wiederholenAnders wird dieSache in Frankreich aufgefaßt. Die französischeBourgeoisie betrachtet die englischen Unternehmungen inEgyptenunter dem Gesichtspunkte der Konkurrenz. Die Franzosengönnen den Engländern die egyptische Beute nicht. VonErwägungen hat sich auch augenscheinlich die französischeRegierung bei ihrer Erklärung leiten lassen. Jndeßwird in Paris etwas eingelenkt. Wenigstens soleiner aus englischen Quellen stammenden PariserDepesche zufolge im Auswärtigen Amte zu Pariserklärt worden sein, die vorgestrige Havas-Note habe keinerleioffiziellen oder drohenden Charakter, welcher ihr irrthümlichbeigelegt werde, gehabt. Die französische Regierung habenur genau klarstellen wollen, daß sie nicht gewillt sei, auf ihrInteresse an der egyptischen Frage zu verzichten, und sie ver-lange Aufklärung darüber, wie weit die Sicherheit Egyptensgefährdet sei. Die Haltung Frankreichs in dieser Fragegegenülwx England sei keineswegs eine feindliche; die poli-tischen Beziehungen Englands zu Frankreich seien nach wievor die freundschaftlichsten.Der„Standard" hört, das Kriegsamt habe gestern er-wogen, ob es angezeigt sei, indische Truppen nachS u a k i n zu schaffen.—Deutsches Reich.— Der B u n d e s r a t h hat i» seiner heutigen Sitzung denGesetzentwurf über die Zwangsversteigerung und die ZwangsVerwaltung sowie den zugehörigen Entwurf eines Einführuugsgesetzes dem zuständigen Ausschusse überwiesen. Dem mündlichenAusschußberichte über den Gesetzentwurf betreffend den Abgaben-taris sür den Nordostsee-Kanal wurde die Zustimmung erlheilt.Ferner wurde der mündliche Ausschnßdericht über den Reichstags-deschluß zu Petitionen betreffend das Verbot der Vivisektion demReichskanzler überwiesen.— Ein neuer Postzeitungstarif ist auf Anregungdes Reichsschatzamts aufgestellt worden. Derselbe soll eine Mehreinnähme von jährlich ca. Vs Million Mark einbringen. Danachwürde in Zukunft die Postprovisio» sich zusammensetzen aus:a) einer Grundtaxe von 40 Pf. jährlich(10 Pf. vierteljährlich) für jedes Exeniplar,b) einer Jahresgebühr von 20 Pf. für jede Nummerder Woche,o) einem Gewichtporto von 10 Pfg. für jedes Kilogrammbeförderter Zeitungen'Die in dem früheren Tarifentwurf(der 4 Millionen Ueber-chuß bringen soliie) bereits vorgesehenen Gebühren zu b und cind also von 2S bezw. 20 Pf. auf 20 bezw. 10 Pf. ermäßigt,die Provision von 10 pCt. des Einkaufspreises durch eine beiallen Zeitungen gleiche Gruudtaxe(a) von 40 Pf. ersetzt, alsoverringert worden. Zeitungen, die seltener als einmal wöchentlicherscheinen, sollen ebenso taxirt werden, wie Wochenblätter.Zur Handwerks-Gesetzgebung. Der Gesetz-entwurs des Freiherrn v. Berlepsch betreffend die Organisationder Handwerker-Jnnuugen ist nunmehr festgestellt und dem Staats-Ministerium zur Beschlußfassung vorgelegt worden.—— Ein hiesiges Antisemitenblatt ist wüthend,daß unser llalkis sich den Antisemiten gegenüber als Verlheidigerdes Christenthnms aufspielt. Das ist zurückgehaltener Aergerüber die Entlarvung des antisemitischen Musterchriften Petersdurch die Sozialdemokratie. Auch den christlichen Stöcker habenwir zur Strecke gebracht. Und ihm wie dem Peters hielten wirden Spiegel des Christenthums vor. Unser Gallus hat Recht.Sie hassen das Christenthum, diese Antisemiten. Und sie habenihren guten Grund.—— Aus den Kreisen reisender Optiker werdenwir um Veröffentlichung des folgenden Stoßseufzers gebeten:„Die zweite Lesung der Gewerbeordnungs-Novelle ist beendetund von dem jetzigen Reichstage erwarten wir auch bei derdritten Lesung nichts besseres. Die reisenden Optiker werdendurch den betreffenden Paragraphen brotlos gemacht. Wenn wir zu'chivach sind, Handlangerdienste zu verrichten, oder kein Kapital haben.0 bleibt uns gar nicdts übrig, als Landarmenhaus oder Tod. Ein«zroßartige Auswahl, bei welcher wir noch begeistert ausrufenollen:„rnorituri te salutant". Uns fehlt die Begeisterung füreinen Reichstag, der wohl Liebesgaben für Millionäre, für dieBrenner und Agrarier bewilligt, aber für einen Paragraphen,der tausende Mitbürger unglücklich macht, für einen Para-graphe», den die Regierung selbst nicht begründen konnte, keineZeit zur Berathung hat. Das ist so die richtige Stimmung, mitwelcher wir die Jubelfeier am 21. März feiern, und den Dankernten sür das in den Kriegsjahren eingesetzte Leben."—— Mit de in Unglück auf Kleophas grübe be-chästigte sich, wie wir aus der„Breslauer Morgen-Zeitung" er-ehe», dieser Tage der Obcrschlesische berg- und hüttenmännischeVerein. Ueber die Einrichtung der Kleophasgrube wurde nichtein Wort des Tadels ausgesprochen: dagegen wurde von der zahl-reich besuchten Versammlung eine Resolution gefaßt: 1. daß die«stehenden gesetzlichen Vorschriften für denBergbau nicht mehr ausreichend sind, und2. daß dahin gewirkt werden müsse, eine Einrichtung in denGruben zu treffen, die es ermöglicht, sich nach Außen hin zu ver-ständigen.— Diese Resolution ist so ziemlich gleichbedeutendmit einer Anklage auf Fahrlässigke.it gegen dasgesammte Grubenwesen. Denn was jetzt gefordertwird, nachdem das Unglück geschehen, wäre längst vorgesehenworden, wenn die Gesetzgebung und Verwaltung auf der Höheder Zeit und Ihrer Pflicht gestanden hätten.——- Zur Naturgeschichte der industriellenKartelle liefert eine gestern in Berlin stattgefundene Gerichts-Verhandlung sehr werthvolles Material:Wegen Betruges und Beihilfe dazu hatten sich der Kauf-mann Karl H. und der Spediteur Julius K. zu verantworten.Sechs deutsche Glasfabriken haben ein Kartellgebildet und eine gemeinsame Geschäftsstelle inKöln a. Rh. eingerichtet, wo alle für daSJnlandbe-stimmtenAufträge erledigt werden. Es soll dadurch eineinheitlicher Preis erzielt und dem außerdeutschenWeltmarkt die Spitze geboten werden. Schließt eineder sechs Fabriken zu einem billigeren Preise ab, als zwischenden Ringbildenden vereinbart worden ist, so soll der betreffendeInhaber in eine bedeutende Konventionalstrafe versallen.Diese Preise gelten indessen nur sür inländische Geschäfte, b e iLieserungen nach dem Ausland ist keineder Fabriken an bestimmte Preise gebunden.Da nun die Preise für da? Ausland etwa 30 v. H.niedriger sind, als für das Inland, weil die Empfänger Zollzu entrichten haben, so versuchen in ländisch eHändlerhäufig auf Uni wegen Glas zu den billigerenAuslandspreisen zu erlangen. Im März v. I.erhielt der Angeklagte K. von dem Agenten Head in London dieAnzeige, daß ihm demnächst zwei Eisenbahnwagen Spiegelglaszur Weiterbeförderung mach Ostasien zugehen würden. Erwürbedem Spediteur noch anzeigen, mit welchem Dampfer das Gutbefördert werden solle. Wenige Tage nachdem die Waare ein-getroffen war, erhielt K. von seinem englischen Auftraggeber dieAnweisung, die Glasladung an die Adresse des MitaugeklagieuH. nach Berlin zu spediren. K. führte den Auftrag aus.Der Angeklagte H. kam auf diese Weise in den Besitz einesPostens Glases sür einen um etwa 4000 M. niedrigerenPreis, als wenn er direkt bei dem Bureau der„Vereinigten Glasfabriken" in Köln die Be-st e ll u n g gemacht hätte. Die Anklage nimmt nun an, daßH. mit dem Engländer Head gemeinsame Sache gemacht, um dieGlasfabriken zu hintergehen. Head habe die Bestellung angeblichfür die Ausfuhr machen und dem Spediteur überweisen lassenmüssen, der dann die Waare nach Berlin anstatt überseeischspediren mußte. ES wird ferner angenomnien, daß der Spediteurvon der gegen die Glasfabriken begangenen Täuschung unierrichtetwar, zumal ihm von der Geschäftsstelle in Köln, wo man Verdachtgeschöpft hatte, der bestimmte Auftrag ertheilt worden war, das Gutnur überseeisch zu spediren. Beide Angeklagten bestritten ihreSchuld. Sie wollten sich lediglich in den gesetzmäßigen Bahnen deskaufmännischen Verkehrs bewegt haben. Der Angeklagte H. behauptete, daß der Engländer ihm ohne sein Zuthun»inen Besuchgemacht und ihm Spiegelglas zu einem Preise an-geboten habe, der allerdings niedriger seials der der Rheinischen Glasfabriken, er habeaber zuerst geglaubt, daß es sich um belgisches Glas handle.Erst durch die Nachricht von dem Spediteur habe er erfahren,daß er deutsches Erzeugniß erhielt. Die Preise des Kartellsseien übrigens übertrieben hoch und man könne es docheinem Kaufmanne nicht verdenken, wenn er auf reellem Wege sogünstig wie möglich einkaufe. Die Vereinigung der sechsFabriken„niogeln" übrigens selb st. keine derFabriken halte die vorgeschriebenen Preisefest, sondern diese wurden nur auf dem Papierinnegehalten. Wenn alles erledigt sei, schicke die Fabrikihrem Kunden einen Theil seiner Zahlung zurück. Von diesen„geheimen" Abmachungen könne er viele Beispiele anführen. Aus derVerlesung derAussagen der kommiffarisch vernommenenZeugen ginghervor, daß die letzte Behauptung des Angeklagten von demAufsichtsrath der„Bereinigten Glasfabriken"bestätigt wurde. Der Mitangeklagte K. erklärte, daß er garkein Jntereffe daran gehabt habe, irgend eine unredliche Hand-lung des H. zu unterstützen. Der Engländer Head sei seinAuftraggeber gewesen und er hätte einfach dessen Anordnungbefolgen müssen, die Waare nach Berlin anstatt nach anderswozu schicken. Staatsanwalt Oppermann meinte, daß dieVerhandlung eine lehrreiche Illustration zum KapiteldeS unlauteren Wettbewerbes gegeben habe. DerVerdacht, daß die Angeklagten in Gemeinschaft mit demEngländer Head ein Manöver ausgeführt hatten, das zweifellosals Betrug auszufassen sei. obgleich man die Geschädigten nichtbedauern könne, besiehe fort, ohne den Engländer sei aber einBeweis nicht zu erbringen und er müffe deshalb wegen nichtgenügender Aufklärung die Freisprechung beantragen. Indiesem Sinne erkannte der Gerichtshof.Der Segen der so gerühinten Politik zum Schutze der„nationalen Arbeit" ist so recht deutlich aus dieser Gerichts-Verhandlung zu ersehen. Der Landmann wird bei seinen Ein-käufen übervortheilt, dem ausländischen Kunden liefert man dieWaaren um öOpCt. billiger wie dem heimischen Kunden.— Zur Charakteristik des Herrn Wehlan wirdunS folgendes mitgetheilt:„Es mag im Jahre 1886 gewesenein, als Herr Wehlan in Koltbus, wo er vor Jahren dasGymnasium besucht hatte, als Referendar wieder auftauchte.Seme früheren Schulfreunde erkannten ihn natürlich wieder undwollten ihn freundlich begrüßen und mit ihm Erinnerungen aus-tauschen. Er aber wies sie kühl ab, er kenne sie nicht, sei nie inKotlbus gewesen, das müsse ein anderer Wehlan sein:c. ic. Amliebsten verkehrte er, gemäß seinem schneidigen Wesen, mitLieutenants. Später hat er denn doch zugeben müssen, daß erdieser andere Wehlan sei, aber er entschuldigte sein Verhalten damit,daß er nicht anders handeln könne, seine einfache Herkunft, seine Ar-niuth, seine ungebildeten Ellern, das alles würde ihn doch zu sehr ineinem Fortkommen stören. Freilich sind oder waren seineEltern einfache Bauern, die mühsam von dem Erttage ihrerkleinen Wirthschast lebten und sich's haben sauer genugwerden lassen, ihren Herrn Sohn studiren zu lassen. SeineMutter saß oft genug auf dem Wochenmarkt und hielt ihrGemüse feil. Zum Dank dafür verleugnete der liebevolle Sohnre und schämte sich feiner Eltern. Wer solche Gesinnungen gegenseine Eltern hegt, wer es über sich gewinnt und ihnen dieSchmach bereitet, sie zu verleugnen, der wird freilich auch mitarmen wehrlosen Negern kein Erbarmen haben, eben weil er keinHerz hat, der wird kein Bedenken tragen, sie blutig zu schlagen.ihnen die Hälse abschneiden zu lassen und ihnen„eins aus denKopp" zu geben."Prcnzlan, 19. März. Bei der heutigen Landtags-Ersatzwahl im Wahlkreise Prenzlau-Augermünde an stelledes verstorbenen Abgeordneten Laudgerichtsrath Alisch wurdeHauptritterschafts-Direklor Kammerherr v. Arnim-Züsedom(k.)einstimmig gewählt.— In Gnesen vcrurtheilte ein Kriegsgericht den U n t e r-f f i z i e r und Regimentsschreiber B a r g e l vom Ins.- Reg.Nr. 49, der nach Unterschlagung amtlicher Gelder flüchtig ge-worden war, in Kiel sich jedoch der Militärbehörde freiwilliggestellt halte, zu e i n e m I a h r F e st u n g, Degradation undVersetzung in die zweite Klasse des Soldalenstandes. Bargelwurde sosorl zur Verbüßuug seiner Strafe nach Spandau ab-geführt.—Köln. Ueber einen kaum glaublichen Vorgang im Stadt-verordnelen-Kollegium Kölns berichtet die„Rheinische Zeitung":„Es war von der Verwaltung der Borschlag gemacht worden,100 000 Mark aus den Ueberschüsfen der Sparkasse für Volks-ch u l b a u t e n zu verwenden. Bei der Abstimmung wurdedie Summe jedoch, ohne daß die Herren Stadtväter es merkten,