Einzelbild herunterladen
 
137* 47. Jahrgang
± Beilage des Vorwärts
Sonnabend, 27. MSrz 4930
Ausf lüge in die neiiere'Umgehung.
Wald und Seen um Strausberg  . Man braucht kein« Sonntagsfahrkarte� um einer lanfrschaftl'chen PeÄe in J»«r Umgebung Berlins  «inen Besuch abzustatten: dl« Der- ortbahn fährt uns in tO Minuten nach dem Bahnhof Straus- berg, von dem die gleichnamig« Stadt nnttÄs elektrischer Straßenbahn in 20 Minuten erreicht wird. Recht« und links von der Straß« dehnt stch der S t a d t f o r st, der sich weit nach Norden hinzieht. In ihm hat stch da« n« u« Strausberg angesiedelt, zugleich auch im Westen,«auf dem Quast", die Rennbahn aufgetan. Der Wan  - derer rmrd ober, wenn er, wie es sich wohl gebührt, der alten, aber jung gebliebenen Stadt einen Besuch ab- statten will, östlich von der Straßen- bahnlini« das Annatal aufsuchen, das ihm gleich einige besonders male- rifche Punkte, wie F o r st h a u s Schlag und Schlagmühle, in der Nähe der romantisch« Herren- fee und wester Heegermühle, auch«ine Station der Straßenbahn, vor Augen führt. Westlich von der Stadt zieht sich in der Länge von 4 Kilometern der 140 Hektar große Strauss«« hin, den man von der Stadt aus durch Fähre oder Motor- boot überquert. Auf dem Turm- gestell nach der N e u e n und Alten Spitzmühl«, die an der schmalen Scheid» zwischen Bötzse«<96 Hek- tar) und Fänge rse«<50 Hektar) sich befinden. Auch hier Motorboot» oerkehr, aber wer wandern will, findet gervtde hier ein» reich» Aus- wähl prächtiger Weg«: recht» und
links vom Fäiigerssc nach der Wesendahl«? Mühl«, von dort nördlich zur Gietsdarfer Mühle, eventuell Rückkehr über Gielsdorf   und Neues Schützenhaus zur Nordspitz« des Strausse«s und zur Stadt. Von d«? Allen Spigmühl« s ü d- lich aus dem Westufer des Bötzsees und dann in der gleichen Richtung zur Villenkoloni« Eggersdorf  . Don da zum Vorort» bahnhof Strausberg  . Di» einzeln«? Wegstrecken sind im Durch. schnitt Z bis 4 Kilometer lang.
3Ucft auf. den ißölafee bei Slrawtberg
«Ptiot. E. Lcitner)
Eine Bierreise mit Folgen. Die Heimkehr vom Maskenball. U» t Dezember war vor eine« Lokal in der Frank- tarier Allee«tn großer Auflauf, pollzeibeamle. die da. zukamen, sahen ein« betrnnte»«» Man», der wütend um sich schlug. Als die Beamten den Randalierenden festnehmen wollten. setzt» er sich auf» heftigst» zur Wehr und warf sich aus die Erde. Mit Hilf» von Passanten gelang es. ihn zur Polizeiwache zu bringen. Dort tobt« er weiter und droht» all«« zu z«rschlag«n. Bier Beamte mußten ihre ganz« Kraft einsetzen, um den Mann zu bändi- gen und st, die Zelle zu schaffen. Dabei wurde«in» der Beamten
von ihm in den Oberschenkel gebissen. Wegen dieser Ausschreitungen hatte sich gestern«in Kutscher aus Bernau   vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte   zu»antworte». Er er- klärte, daß er auf einem Mastendall in Bernau   gewesen sei und sich so betrunken hätte, daß sein« Frau nicht mehr mit ihm zusammenbleiben wollte und sich entfernt«. Aus Aerg« darüber sei « aus»ine Bierreise gegangen. Er habe aber kein« Erinnerung mehr, wie« nach Berlin   und aus die Polizeiwache gekommen sei. Sein« Erinnerungen fingen erst damit wi�sr an, daß man ihm koltesWasseraufden Kopf goß. Dos Gericht hielt den Angeklagten nicht für unzurechnungs- fähig und verurteilte ihn zu vier Monaten Gefängnis. Gewiß ist es zu bedauern, daß ein Mensch, der vielleicht in nüchternen: Zu- stand anständig, ehrlich und pflichttreu ist, um Ausschrestungen in der Trunkenhest willen mit Gefängnis bestraft wird. Auch
dies» Fall aber ist eine Mahnung gerade für die proletarischen Kreis«, im Alkoholgenuß vorsichtig, wenn nicht enthaltsam zu sein. Ein alter Satz im Strafrecht besagt: Trunkenheit ist an sich kein Stnosmilderungsgrulch! Im Schneesturm umgekommen. Ein Berliner   auf einer Skitour verunglückt. C h v r<Schweiz  ). 21. IKärz. Am Donnerstag gerieten zwei Kurgäste aus dem beuachhartc« Tfchiertjchen. zwei Brüder Mögele ou» Vertiv. auf einer Skitour nach d« Alp Farur an einer sonst vngesährlichen Stelle in einen Schneesturm. Der eine der beide« Skifahrer konnte sich aas den Schneemasien herausarbeiten und retten. Obwohl sehr rasch Hilse zur Stell« war. konnte der andere Bruder mir ol» Leiche geborgen werden. Es handelt sich um den Z4jährigen Anton 7ll S g c l e an« verlln. Verkehrsunglück in der Chauffeestraße. Em Taxi überschlägt sich. Zwei Schwerverlebte. Vor d» Maikäferkaserne in der Ehanfieestroße»eignete sich gestern in den späten Abendstunden«iaschweresverkehrs- unglück. Da» Auto d» dort stalioai»ten Pollzelwache de» Ueber. sollkommando» v»ließ in schnellem Tempo die Polizeiwache in einem Augenblick als gerade eine Taxe varüb»fuhr. Die Sraftdroschke mußte so stark bremsen, daß sie sich überschlug. Sie wurde voll­kommen zertrümmert. Eine Dame und ein Polizei Wachtmeister warden schwer verletzt und mußten in ein krankenhau» gebracht werden. Berlins   Etat verspätet sich. Vorläufige Regelung der HavShaltswirtschast. Der Haushaltsplan 1930 wird der Stadtverordnetenversammlung infolge der durch die schwierige Finanztage der Stadt ver- zögerten Voeberatungen de» Magistrats erst Anfang April zugehon können. Da also die endgültige Verabschiedung des Etats durch Stadtv»ordnetenversmninlung und Magistrat erst erhebliche Zest nach Beginn des neuen Haushaltsjahres möglich ist, so müssen für die Haushaltswirtschaft während dieses Zeitraumes vor- läufige Bestimmungen getroffen werden. Der Magistrat schlägt der Stadrverordnetenoersammlung vor, hierfür den En: wurf d» neuen Etats zugrunde zulegen.
Zweijährige in der Regentonne ertrunken. Auf einem Loubengrundftück in der Koloni, Bielfeld in der Rhinstrvß« in Friedrichsfelde   kam gestern nachmittag«in zweijähriges Mädchen wrf tragisch« Weise um« Leben. Während « Muller in der Loube hantiert«, kies das Kind in den Garten hinaus. Ak» die Frau bereit, nach wenigen Minuten dos Per schwinden der Kleinen bsm«rkt« und besorgt nach ihr Ilmschau hielt, entdeckt« fi« zu ihrem größten Schreckt»«in furchtbares Un­glück. Do» Kmd war in die R« g e n t o n n«. die nur«in Stuck  üb» den Erdboden hinausragt«, gestürzt und«rtrunken. Alle Wiederbslebungsmirsuche blieben ohne Erfolg. Di« kleine Leiche ist zunächst von her Kriminalpolizei beschlagnahmt worden.
Europa  "»ndBremen  " begegnen fickz. Aus der Fahrt von Soutlzampton nach Eherbourg passiert» der Schnelldampfer«Europa" des Norddeutsch»» Lloyd gestern um 12,4S Uhr sein Schwesterschiff, dieV r e m e n", die von Amcrtka kam. Dos Ereignis gestaltete sich zu einer Kundgebung der Passagier«.
Mtuw =5� sK
Gr hielt einen Augenblick inne, weil ein Diener mit einer Platte Fleisch und Kartoffeln hereingekommen war. Ioao Romao erwiderte nichts, blieb in Gedanken versunken und schlug mit dem Messer gegen seine Zähne. Warum schicken Sie sie nicht fort?" wagte Votelho sich endlich hervor und schenkt« sich und seinem Gastgebor Wein«in. Aber selbst auf dies« Frage erfolgte keine prompte Arn- wort; nach einem Äugenblick jedoch schie Ioao Romao«inen Entschluß gefaßt zu haben und beugte sich vor. um dem allen Mann vertraulich zuzuflüstern:Ich werde Ihnen etwas chgen, �und vielleicht können Sie mir aus dieser Klemme Er sah sich nach allen Seiten um, rückte seinen Stuhl näher an den des Gastes heran und begann mit leiser Stimme:Diese Frau ist zu mir gekommen, als ich anfing. Damals brauchte ich jemand wie sie. das geb' ich zu und sie hat mir wirklich viel geholfen und gute Dienste geleistet, das leugne ich nicht. Sie hat eine Menge gearbeitet." Und dann?' «Ja, sie war gewöhnt, hier zu kein, und blieb also hier: st« war gewöhnt zu kochen und kocht« auch weiter: sie kam nie auf den Gedanken, gehen zu wollen, und ich hatte gar keinen Grund, sie fortzuschicken. Deshalb ist sie noch hier, und sie ist' Sie wird uns noch die ganze Sache nerderben", er- klärte der alte Mann überzeugt. .Va, jetzt, wo ich heiraten will, steht sie mir im Wege. Ade? was. zum Teufel, kann ich tun? Ich kann sie dach nicht auf die Straß« jagen, das sehen Sie doch«in? Das wäre doch undankbar, scheint mir, und sie würde auch zweifel, las furchtbaren Krach machen." ..Weiß sie von Ihrem Plan?' Sie muß irgend etwa» vermuten, denn dumm ist sie bestimmt nicht. Aber ich persönlich habe ihr nicht» gesagt." Leben Sie denn noch mit ihr zusammen?" fragte der Alte und sah dem Budiker fest in die Augen. Allein, natürlich nickt, schon seit lauger Zest nicht."
Na, dann ist ja alles ganz einfach. Richten Sie ihr ein gutes Geschäft in einem anderen Stadtteil ein, geben Sie ihr etwas Geld, wünschen Sie chr Glück, und die Sache ist erledigt. Einen schmerzenden Zahn soll man sich immer herausziehen." Was Ioao Romao antworten wollte, wird nie jemand erfahren, den in diesem Augenblick ging die Tür aus und Bertoleza trat ein trat ein und war so verändert, daß die beiden Männer sie kaum erkannten. So entstellt sah sie aus, die Augen traten ihr aus dem Kopf heraus, und chr ganzer Körper zitterte so vor Erregung, daß die dechen Männer sich auf ihren Stühlen duckten. Als sie anfing zu sprechen, bildete sich Schaum an ihren Mundwinkeln. Sie irren sich sedr, Herr Ioao, wenn Sie glauben. Sie können mich beisestejcyieben. Ich bin ein« Negerin, da« ist wahr, aber ich habe doch ein Herz. Keine andere hätte jähre» lang bei Ihnen ausgehalten, hätte sich ohne einen Ruhetag für Sie abgerackert. Wer hätte wohl von früh bis in dt« Nacht hinein Sklavenarbeit auf sich genommen und würde sich, wenn das Alter naht, auf die Straße schmeißen lassen wie ein toter Hund? Nein, Herr Ioao, so wird es in diesem Fall nicht sein." Herr des Himmels, mein Kind, wer hat dir denn ge­sagt. daß ich daran gedacht habe, dich davonzujagen?" fragte der Kapstalist beklommen. Ich habe zugehört, wie Sie einmal beide miteinander gesprochen höben, Herr Ioao. Ich bin nicht so blind, wie Sie glauben. Sie sind gerissen, aber ich bin es auch. Sie haben vor, Mirandas Tochter zu heiraten." Jawohl, das habe ich. Natürlich, ich muß doch früher oder später einmal an Heiraten denken. Ich will nicht immer Iunggefelle bleiben, denn das wilde Leben liegt mir nicht. Also will ich mich verheiraten. Abar ich beabsichtige nicht, dich auf die Straß» zu jagen, wie du sagst. Gerade in dieser Minute habe ich mit Herr Potelho darüber gesprochen, daß ich dir ein kleine« Geschäft einrichten will und" Nein, mit so einem Geschäft habe ich angefangen, und so etwa» habe ich hinter mir. Ich brauche Ruhe. Für«in ruhiges, friedliches Aller habe ich mit all der Kraft, dir mir der liebe Gott zur Verfügung gestellt hat. gedient und ge- schuftet." Also sag' mir doch um Gastes willen, wa» du eigent- lich willst." Folgendes. Ich will hier bei Ihnen bleiben. Ich will die Frucht der Arbeit genießen, die wir zusammen geletstet haben. Ich will meine» Teil, mi* Vi« Ihren haben. Ich be-
stehe darauf, hierzubleiben: ich habe genau dasselbe Anrecht darauf wie Sie." Wir stellst du dir das vor? Ich ichätze diäz sehr hoch. mein Kind, aber ich werde die Sache für dich regeln, wie ich es für richtig halt« und wie es am besten für dich ist. Ich werde nicht irgendetwas Lächerliches und Ungesundes gut- heißen, nur well du es so haben willst. Ruhe sollst du haben. und Mangel sollst du auch niemals leiden. Aber daß wir beide zusammenbleiben, ist geradezu lächerlich. Komisch, daß du nicht vorschlägst, wir sollen heiraten." 0 ja, jetzt können Sie sich über mich lustig machen, jetzt. wo Sie mich nicht mehr brauchen. Aber damals, in der Zell  , als Sie mich noch nötig hatten, da war Ihnen mein schwarzer Körper Lut genug, und Sie haben Ihr ganzes Ber> mögen auf dem«chweiß meiner Arbest aufgebaut. Damals war die Negerin für alles zu gebrauchen, für Küsse und so weiter, aber jetzt ist sie nichts mehr nutz und kamt auf den Misthaufen geworfen werden. Nein, Herr Ioao. so hat Gott  die Well nicht«ingerichtet. Selbst ein alter Hund darf m der Sonne liegen, wenn er nicht mehr auf die Jagd gehen kann, und mein Recht auf diesen Platz im Hause, den ich mir durch meine Arbell erworben habe, soll mir nicht vcr- wehrt werden. Heiraten wollen Sie? Schön, aber warten Sie. bis ich tot bin. Seien Sie nicht undankbar." Ioao Romao stand wütend vom Tisch auf. brüllt- der halsstarrigen Bertoleza ein beleidigendes Schimpfwort zu und verließ das Zimmer. Es lohnt sich nicht, sich aufzuregen", versuchte der alt- Dotelho ihn zu besänftigen und folgte dem Kauftnann ins Schlafzimmer, wo sich Ioao Romao seinen Hut auf den Kopf stülpte und in seinen Rock hineinfuhr. Ich kann ihr Gejammer nicht länger mstanhören. Ick) muß an die frische Luft, um Atem zu schöpfen", erklärte Bertolezas Mann mit geballten Fäusten. ..Beruhigen Sie sich doch", redete ihm der Gast zu. Wenn sie nicht in Frieden geben will, dann gehl sie eben ander«, das versichere ich Ihnen. fuhr der Budiker fort. und er rast« di« Treppe herunter, gefolgt von dem schwachen Botelho, der kaum mitkonnte. An der Straßenecke blieb Ioao Romao einen Augenblick stehen und sah seinen Gefährten flammend an. Na, haben Sie'» gesehen?" .La, ich Hab« es gesehen", miederholis der alle Spitz bub«, ohne den Kopf zu heben. Dann liefen sie langsamer und hingen beide schweigend ihre» Gedanken nach.(Fortsetzung folgt)