Interessen schwerwiegend genug, um die Abneigung der Franzosen gegen den englischen Plan zu erklären.— Leo Frankel ist zwar auf dem Weg zur Genesung, aber so weit ist er noch nicht, wie die„Petite Republique" und nach ihr einige deutsche Blätter, gestern auch der „Vorwärts", mitgetheilt haben. Wir erhalten soeben von unserem Freund einen Brief, den wir nachstehend zum Ab- druck bringen, da er für die Genossen sicher von Interesse sein wird: Paris , 17. März 1896. Hospital Lariboisiöre. Mein lieber Freund! Es ist doch gut, wenn man Freunde in einer Redaktion sitzen hat, die einen hie und da besuchen, und wenn man dann im betreffenden Blatte Nachrichten liest, wie die der„Petite Republique", die in ihrer gestrigen Nummer sagte, daß ich fast vollständig hergestellt bin und nur noch einige Tage Ruhe bedürfe, um meine Arbeiten wieder auszunehmen. In Wirklich- keit bin ich noch weit entfernt, meiner früheren Be- schäftigung nachgehen zu können, da ich noch jeden Nachmittag fiebere und aus diesem Grunde täglich 6,30 Gramm Chinin einnehme. Außerdem bin ich noch immer so schwach, daß ich mich täglich kau in eine halbe Stunde auf den Bei neu aufrecht halten kann und nach Verlauf einer Stunde, von der ich mindestens die Hälfte sitzend verbringe, wieder froh bin, das Bett aufsuchen zu können. Das einzig Erfreuliche ist, daß ich jetzt bei gutem Appetit bin und so volle Hoffnung habe, wenn auch nicht meine früheren Kräfte, so doch mein früheres Körper- gewicht bald wieder zu gewinnen. Ich habe während meiner Krankheit, was mir ganz schrecklich erschien, nicht weniger als I3�s Kilo eingebüßt. Als ich nämlich vor 8 Tagen, wo ich von der chirurgischen Abtheilung in die medizinische versetzt wurde, gewogen wurde, da hatte ich nicht mehr als 49 Kilo, während ich einige Zeit vor meiner Krankheit 62'/s Kilo wog. Diese Differenz wollte mir nicht aus dem Kopfe und immer und immer murmelte ich vor mich hin: 13�/« Kilo 1 ISVe Kilo! Es kam mir dieser Verlust um so schrecklicher vor, als ich kaum mittel- groß bin und nie fett war. Der Professor, unter dessen Behand- lung ich mich gegenwärtig befinde, tröstete mich damit, daß ich in 8 Tagen öv Kilo wiegen werde u. s. f. Ein Kilogramm in einer Woche, das schien mir etwas übertrieben; zu meinem Er- staunen aber hatte ich um l'/s Kilo zugenonunen. Nichsdcsto- weniger»verde ich wohl bis Mitte April— ich habe gegenwärtig ei» besonderes Zimmer— hier verbleiben und dann wohl noch »» in bestens 2 Monate aus dem Lande verbringen. Der Professor meint, daß nach der Krankheit, die ich durch- gemacht habe mit den beiden so gefährlichen Operationen, selbst der ganzeSornmer nicht zu viel für meineEr- holung wäre.--- Leo Frankel. Wir können dem Briefschrciber die Versicherung geben, daß in Deutschland und Oesterreich Millionen ihn bei seiner Genesung mit ihren besten Wünschen begleiten.— Chronik der Majestätsbeleidigungs- Prozesse. Ein Maurerlehrling aus Vuffleben stand vor der Strafkammer des Landgerichts in Gotha wegen Majestätsbeleidigung. Es wurde nach der Beweisaufnabme auf Einstellung des Versahrens erkannt, da nach Lage der Sache angenommen werden müsse, daß der Angeklagte nicht den deutschen Kaiser, sondern nur den König von Preußen beleidigt habe, also einen deutschen Bundes- fürsten. Nach dem Neichsstrafgesetzbuch tritt aber die Verfolgung wegen Beleidigung eines Bundcsfürsten nur mit Ermächtigung des Beleidigten ein. und da diese nicht vorlag, so mußte auf Ein- stellung des Verfahrens erkannt werden. **# Deutsches Reich . — Der Vundesrath hat in seiner heutigen Sitzung die Vorlage, betreffend die Beschlüsse des Landesausschusscs zu dem Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung des Landes- Haushaltsetats von Elsaß-Lothringen für 1896/97 den zuständigen Ausschüssen überwiesen.— — Zur Handiverks- Gesetzgebung weiß die „Nordd. Allg. Ztg." zu berichten: „Die Nachricht der„Liberalen Korrespondenz", der Gesetz- entwurf über die Organisation des Handwerks sei dem Staats- Ministerium zugegangen, ist verfrüht. Bisher ist, wie wir Grund habe» anzunehmen, dieser Gesetzentwurs dem Staatsministerium noch nicht zugegangen."— — Die unzufriedenen Agrarier werden in den offiziösen„Berl. Pol. Nachr." wieder einmal zur Zufriedenheit ermahnt. Es wird dort erinnert, daß der Staatsrath vor Jahresfrist zahlreiche kleine Mittel empfahl, welche alle entweder schon ausgeführt wurden oder sich in der Ausführung befinden. Dieselben sind: I. die gemischten Transitläger nebst ihrem Zollkredit auf solche Lager zu beschränke», welche dem Transitverkehr dienen und nicht für den Jnlandverkehr ausgenutzt werden;— ein Bundesrathsbeschluß hat diese Beschränkung ausgesprochen; 2. durchgreifende Reform der Produktenbörse im Sinne thun- lichster Beschränkung der den Produklenpreis beeinflussenden Spiel- und Spekulationsgeschäfte; das Börsengcsetz liegt dem Reichstage zur Beschlußfassung vor; 3. Unterstützung der genossenschaftlichen Errichtung von Korn- speichern, um das Angebot der Produzenten zweckmäßiger zu ge« stalten;— die demnächst zu erwartende Neben- und Kleinbahn- vorläge wird dahinzielende Bestimmungen enthalten; 4. Erwägung einer Aenderung der Kredit- und Ausbeute- Verhältnisse der Mühlen;— ist erfolgt; !>. die Reform der Zucker- und Branntweinsteuer- Gesetz- gebung;— das neue Branntweinsteuergesetz hat sich bewährt; das neue Zuckersteuergesetz liegt dem Reichstage vor; 6. die vom Herrn Reichskanzler in Erwägung genommenen Verhandlungen hinsichtlich der Währungeverhältnisse zunächst abzuwarten;— diese Verhandlungen sind zum Abschluß ge- bracht; 7. zur Verbilligung der landwirthschaftlichen Produktion Er- Mäßigung der Eisenbahntarife, Einführung der Staffeltarife für Vieh zc.;— die Aendcrungen im Eisenbahntariswesen sind durch- geführt; 8. Begründung leistungsfähiger Landgemeinden bei Ans- führung der Gesetze über die Bildung von Rentengütern;— die Ausführung dieser Gesetze wird auss eifrigste gefördert, die Rentengütergesetzgebung durch den Anerbengesetzentwurf auszu- bauen versucht; 9. behufs Besserung des landwirthschaftlichen Realkredits eine möglichst ausgedehnte Umwandlung kündbarer, nicht amor- tisirbarer und hoch verzinslicher Privathypotheken in billigen, unkündbaren, mit Zwaugsamortisation verbundenen Anstalts- kredit;— die Landschaften haben diese Umwandlung in die Hand genommen; 16. die Bildung eines Landes-Kreditinstituts im Anschluß an die Seehandlung zur Förderung des Genossenschaftskredits;— die preußische Zentral-Genossenschaftskasse ist schon seit mehreren Monaten in Thätigkeit; II. Beförderung der Meliorationsarbeiten;— ist im Etat vorgenommen. Die Agrarier werden sich durch dies« Auszählung der zahl- reichen Leistungen in ihrem Interesse nur zur schärferen Betonung ihrer Forderungen veranlaßt sehen.— — Die Einfuhr von frischem Schweinefleisch ans Rußland über die Landesgrenze des Regierungsbezirks Gum- binnen ist durch Verfügung des Regierungspräsidenten bis auf weiteres allgemein untersagt. — Die„Kreuz-Zeitung " theilt jetzt mit, ihr bis- heriger provisorischer Leiter Prof. Dr. K r o p a t s ch e ck sei zum 1. April definitiv als ihr Chefredakteur berufen worden.— — Der staatsgefährliche Rübezahl. Alle ordnungsliebenden Seelen wurden kürzlich durch die Nachricht erfreut, die Magdeburger Regierung habe für die Schulen ihres Bezirks das bekannte Freiligrath'sche Ge- dicht„Rübezahl ", das den Nothstand der schlesischen Weber schildert, verboten. Hierzu wird nun der„Saale-Zeitung" von unterrichteter Seite folgendes mitgetheilt:„Für die Schul- behörde liege keine Veranlassung vor, die Behandlung des Ge- dichtes zu verbieten, falls es bis dahin in den Schulen ge- bräuchlich gewesen sei und von dem Lehrer, wie zur Ehre des L e h r e r st a n d e s angenommen werden müsse, in angemess ener Weise erklärt werde. Eine generelle Verfügung, welche die Behandlung des Gedichtes geradezu ver- biete, sei den Lehrern im diesseitigen Regierungsbezirke nicht bekannt gegeben." Hiernach scheint also die Magdeburger Re- gierung den Lehrern eine„angemessene Behandlung" des Freilig- rath'schen Gedichtes nahegelegt zu haben,„falls es bis dahin in den- Schulen gebräuchlich gewesen sei." Wo es bisher noch nicht „gebräuchlich" war, wird danach jeder Lehrer wissen, daß er gut rhut, es nicht zu gebrauchen. Die„angemessene Erklärung" im Sinne der Magdeburger Bureaukratie möchten wir aber doch wirklich einmal keimen lernen. Doch vielleicht dichtet ein streb- sanier Poet den„Rübezahl " zeitgemäß um im Sinne des Kampfes für Ordnung, Sitte und Religion.— Brandenburg. Eine preßgesetzlich wichtige Ent- scheidung ist von der Strafkammer in Brandenburg (dem Land- gericht Potsdam zugehörig) gegen die„Brandenburger Zeitung" gefällt worden. Unser Bruderorgan berichtet darüber am 19. März: „Wegen Vergehen gegen ß 17 des Preßgesetzes vcrurtheilte gestern die hiesige Strafkammer unseren frühere» Redakteur E. Wolfgang zu einer Geldstrafe von ö M. event. 1 Tag Haft, nachdem sie in derselben Sache am Ib. Oktober v. I. auf Freisprechung erkannt, das Reichsgericht aber auf Antrag des Staatsanwalts das Urtheil aufgehoben und zur nochmalige» Verhandlung an die erste Instanz zurückverwiesen hatte. Es handelte sich um die Veröffentlichung eines polizeilichen Straf- mandats der Polizeiverwaltung in Luckenwalde , welche den Hutmacher Hellsinger, weil er angeblich durch Inserate in unserer Zeitung und den Luckenwalder Blättern ein sozialdemokratisches Volksfest angezeigt und dadurch zu einer polizeilich nicht ge- nehmigten Versammlung unter freiem Himmel aufgefordert haben sollte, mit fünf solcher Strafmandate bedacht hatte. Eins dieser Strafmandate in in der Nummer 196 unseres Blattes vom 16. August vorigen Jahres glossirt und im Wortlaut ver- öffentlicht worden, wodurch sich W. eines Vergehens gegen K 17 des Preßgesetzes(Veröffentlichung einer Anklageschrift) schuldig gemacht haben soll. In der ersten Instanz unterließ das Gericht die Feststellung, ob zur Zeit der Veröffentlichung des Straf- Mandats schon Widerspruch gegen dasselbe erhoben sei, und er- kannte auf Freisprechung, weil ein polizeiliches Strafmandat erst dann den Ersatz einer Anklageschrift bildet, wenn Widerspruch gegen dasselbe erhoben ist. Wäre die Be- Häuptling der Anklage zutreffend, dann müßten auch Ver- öffentlichungen nach erstinstanzlichem Urtheil, wenn später gegen dasselbe Berufung eingelegt wird, als strafbar erachtet werden. Das Reichsgericht fand diese Auffassung irrig und erkannte an, daß auch dem polizeilichen Strafverfügungs- verfahren der Charakter des Strafprozesses zukommt. Wie bei den amtsrichterlichen Strasbefehlen, so ist auch bei den polizei- lichen Strafverfügungen in allen Fällen die Möglichkeit eines künftigen richterlichen Urtheils gegeben. Durch s 17 des Preß- gesetzes soll aber gerade die Unbefangenheit der bei den Gerichts- Verhandlungen betheiligten Personen gegenüber einseitigen Dar- fiellungen gesichert werden und dieser Gesichtspunkt trifft bei den polizeilichen Strafverfügungen in demselben Maße zu, wie bei den amtsrichterlichen Strafbefehlen. Die Strafkammer kam daher zu obigem Urtheil. Der Staatsanwalt hatte 16 M. Geldstrafe beantragt." Das erstaunliche Strafmandat, das zu diesem Prozeß Anlaß gab, ging bekanntlich von der Anschauung aus, daß eine Zeitung Inserate nicht ohne deren vorherige Genehmigung durch die Polizei aufnehmen dürfe. Darüber steht die gerichtliche Ent- scheidung noch aus.— Estebrnggc. Landrath kontra Pastor. Eine ge- richtliche Entscheidung von allgemeinem Interesse fällte das Schöffengericht in Jork . Pastor Riefenberg hier in Estebrügge , ein Christlich- Sozialer der Naumann'schen Richtung, hatte in unserem Orte und in Cranz Volks- Unterhaltungsabende ab- gehalten, ohne sie polizeilich anzumelden. Dafür ivurde er vom königl. Landrathsamte zu Jork zu einer Ordnungsstrafe von 15 M. event. zwei Tagen Haft verurtheilt, weil die Unterhaltungs- abende„öffentliche Volksversammlungen" und also polizeilich an- zumelden seien. Die betreffenden Wirthe erhielten die gleiche Strafversügung. Die Verurtheilten hatten gerichtliche Entscheidung beantragt, diese lautete auf kostenlose Freisprechung.— — Für einen neuen Torpedo-Schießplatz ist seitens der Marineverwaltung die Flensburger Föhrde aus- ersehen worden, woselbst zum Ankern der großen Kriegsschiffe bereits Bojen ausgelegt worden sind. Als bisheriger Torpedo- Schießplatz diente die Wiker Bucht(Kieler Hafen), die aber infolge des Nord-Ostsee-Kanals für übende Kriegsschiffe allerlei Unzulräglichkeiten hervorrief, da der Uebungsplatz durch die Handelsschiffe sehr häufig gestört wurde. Durch dje Verlegung nach der Flensburger Föhrde dürfte außer den Hotelbesitzern und Geschäftsleuten niemand weiter Vortheil haben, während für die Handelsschiffsahrt mancherlei Beschränkungen hervorgerufen werden.— — Der deutsch -soziale Reform- Verein, der kürzlich in Hamburg zur Vernichtung der Sozialdemokratie ge- gründet wurde, debütirte auch in Kiel , um seine Anhängerschaar zu vermehren. Nach dem schwachen Besuch seiner ersten mit allen Mitteln der Reklame einberufenen Versammlung müssen aber die Leiter eingesehen haben, daß dem Antisemitismus, in welcher Form er auch auftritt, in Schleswig-Holstein der Bode» abgegraben ist.— München , 26. März. In der heutigen Nachmittagssitzung des Finanzausschusses erwiderte der Finanzminister auf Anfrage des Referenten, die Aufhebung des Identitätsnachweises sei für die Landwtrthschaft vortheilhaft geivorden. Die bayerische Re- gierung habe sich gegen eine Einschränkung der Zollkredite nicht ablehnend verhalten. Die Zuckersteuer-Vorlage sei für Bayern wichtig. Der Antrag Lieber im Reichstage bezwecke, die Ein- nahmen der Einzelstaaten zu schmälern. Die Verwendung der Ueberschüsse im Lieber'schen Sinne bedeute für Bayern einen Ausfall von 566 666 Mark. Der Führer des Zentrums Dr. Daller hält die Aushebung des Identitätsnachweises für die Landwirthschaft nicht für nachtheilig, aber die Einschränkung der Zollkredite für erwünscht. Auf Daller's Anfrage erklärt der Finanzminister, was die Konvertirung der bayerischen Staats- schuld anlange, so stehe er noch jetzt auf dem Standpunkte, den er seinerzeit dem Antrage Daller gegenüber eingenommen habe, nämlich, daß an eine Konvertirung der bayerischen Staatsschuld einstweilen nicht zu denken sei, sondern ein passenderer Zeitpunkt erwählt werden müsse.— Oesterreich. Wie», 26. März. Das Abgeordnetenhaus nahm das gesannnte Budget in dritter Lesung an. Da das Etatsjahr in Oesterreich schon am I. Januar beginnt und das Budget nun noch vom Herrenhause durchberathen werden muß, steckt in dieser Meldung eine traurige Kritik des österreichi- schen Budgetrechts und Parlamentarismus.— — Heber die Behandlung der Presse gab der Justizminister die folgende Erklärung ab: Die jetzt ausgeübte Praxis bei den Konfiskationen sei sehr milde. Der Minister weist nach, daß die Konfiskationen unter der gegenwärtigen Re- gierung abgenommen haben, und erklärt dann weiter, die Ge- schworenenverdikte in Preßsachen lauteten nahezu ausnahmslos sreisprechend. Eine Reform der Prehgesetzgebung sei nothwendig und werbe in der nächsten Session das Parlament beschäftigen. Diese soll jedenfalls mit Rücksicht auf die Urtheile der Ge- schworenengerichte die reaktionäre Preßgesetzgebnng noch reaktiv- närer ausgestalten.— Frankreich . — E i n sozialistischer Erfolg in der Kammer. Nachdem der Ministerpräsident Bourgeois den Antrag des Ge- nossen Vaillant abgelehnt hatte, der für die Arbeiter der Welt- ausstellung den Nchtstundcntag verlangte, genehmigte die Kammer einen Theil des Antrages, wenn auch mit geringer Majorität(214 gegen 188). Dieser lautet:„Bei allen Bauten, Materiallieferungen ec., die die Weltausstellung von 1366 be- treffen, sollen humane Arbeitsbedingungen eingeführt werden, so- weit es sich um Bauten der Stadt Paris und des Staates han- delt." Ferner nahm die Kammer durch Ausheben der Hände eine Bestimmung an, wonach die Arbeiter der Weltausstellung von 1966 wöchentlich einen Ruhelag haben sollen.— — In der Begründung des Toulousaner Urtheils, das R e s s ä g u i e r mit seiner Schadenersatzklage gegen Jaurös kostenpflichtig abweist, heißt es:„Es ist nicht richtig, daß Jaures und die ihm befreundeten Blätter den Ausstand geschaffen oder unterhalten haben, das hat die Schließung der Glashütte durch Ressöguier ge- than. Kein Gesetz verbietet Unbetheiligten ehrliches Eingreifen in Ausstände, dieses Eingreifen ist insbesondere Abgeordneten und Blättern gestattet, deren Beruf Aufklärung der öffentlichen Meinung ist. Das Gegentheil behaupten, hieße das Ausstands- recht gefährden. Die Gerichte können Resseguier nicht auf den Boden folgen, auf den er seine Klage hat stelle:» wollen, nämlich auf den Boden eines Streites der Gewerbethätigkeit gegen den Sozialismus." Ressöguier hat gegen das Urtheil sofort Be« rufnng eingelegt.— — Ueber das Verhältniß zu Madagaskar hat die Kammer gestern verhandelt. Destonrnelles führt aus, die Unterdrückung des Sklavenhandels, welche in brüsker Weise auf Madagaskar vorgekommen sei, würde die Kolonie zu gründe richten. Cochin legt die Nothwendigkeit und Leichtigkeit der Abschaffung des Sklavenhandels dar. Der Minister des Auswärtigen Berthelot verlas eine Erklärung, in welcher es heißt, es handle sich thatsächlich um eine Besitz- ergreifung, die von der Königin anerkannt sei. Die äußere Souveränetät sei Frankreich vorbehalten, die innere der Königin gelassen worden. Die Regierung werde dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen, betreffend die Organisation der Insel, hauptsächlich bezüglich des Sklavenhandels.' Die Regierung habe den Mächten die Besitzergreifung der Insel notifizirt.(Beifall.) De Mahy bringt eine Tagesordnung ein, durch welche diese Noti- fikation gebilligt wird. Der Ministerpräsident Bourgeois nimmt diese Tagesordnung an und kündigt an, die Regierung werde zwei Gefetzentwürfe einbringen bezüglich der Konversion der Madagaskar - Schuld und des Zollregimes. Die Tages- ordnung De Mahy's wird alsdann mit 445 gegen 8 Stimmen angenommen.— Bricy, 19. März. Gestern entstand in Joeuf zwischen französischen und italienischen Arbeitern eine Schlägerei infolge eines am Montag stattgehabten Anariffes der Italiener auf einen französischen Arbeiter. Es verlautet, daß ein Arbeiter getödtet und fünf verwundet wurden. Es wurden Gendarmerie-Abtheilunaen an den Thatort entsandt. Die italienischen Arbeiter haben sich nach Moyeuvre in Deutsch-Lothringen zurückgezogen.— Italien . — Die A f r i k a p o l i t i k in der Deputirkenkammer. Ministerpräsident d i 3t u d i n i erklärte gegenüber dem Depu- tirten General Mocenni, er werde die Deknmente über Afrika vorlegen, darunter solche, welche bewiesen, daß die Friedens- Unterhandlungen schon vom vorigen Kabinete eingeleitet worden seien; er werde auch eine Ab- schrift des hieraus bezüglichen Beschlusses des Ministerrathes vorlegen. Die Kammer beginnt hierauf dieVerhandlungen über den Kredit für Afrika . Der Deputirte Ltapoleone C o l o j a n n i, Sozialist. bekämpft jede Kolonialpolitik. Er sagt, daß das frühere Kabinel die Verantwortung für die Vorgänge in Afrika tragen müsse, und ladet diejenigen, welche sich für die Sympathie- kundgebungen Englands gegenüber Italien so begeistert haben, ein, zu bedenken, daß England sich für Italien nur aus dem Grunde interessire, weil es defürchte, daß Italien Kassala verlieren könne, während es wünscht, daß Italien daselbst zur Vertheidigung Englands verbleibe. Der Deputirte Franetti erklärt sich für den Afrika -Kredit. Jmbriani bekämpft jede A fr i k a p o li ti k. Die Besetzung von Kassala sei ein Fehler gewesen und man würde gut thun, sich von dort zurück- zuziehen. Bei der Debatte über den Afrika - Kredit werden mehrere Tagesordnungen eingebracht werden, darunter eine von Zecchio und Genossen, welche die Einsetzung einer parla- mentarischen Untersuchungskommission über die Verantwortlich- keit der Regierung bezüglich der jüngsten Ereignisse in Afrika verlangt. Die Deputirtcnkanimer genehmigte den Schluß der Be- rathung über die Afrika -Kredito und begann darauf die Be- rathung zahlreicher zu diesem Gegenstande eingebrachter Tages- ordnungen. — Für die Versetzung Crispi's und Bara- tieri's in Anklagezustand haben sich von den neun Bureaus der Kammer drei erklärt, von vieren steht die Entscheidung noch aus.— Rom , 26. März. Der„Popolo Romano" veröffentlicht ein vom 5. Mai 1394 datirtes Aktenstück, welches als Anhang zu dem Protokoll über die Regulirung der englischen und italienischen Interessensphäre in Afrika zwischen Crispi und dem Botschafter Sir Francis Cläre Ford vereinbart wurde, welches aber bisher nicht bekannt geworden ist. Darin wird England das 3iecht zugestanden, so lange Italien keine that- sächliche Kontrolle seiner Interessensphäre eingerichtet habe, zeit» weilige Maßregeln zu ergreifen, welche nothwendig erscheinen. um die Bevölkerung jener Gebiete zur Beobachtung der im Protokoll festgesetzten Bestimmungen zu zwingen und die Ordnung in der englischen Einflußsphäre aufrecht zu erhalten. Ebenso werden die englischen Behörden ermächtigt, in direkte Ver- bindung mit der Obrigkeit des Harrar zu treten, wenn es die Sicherheit der englischen Grenze erheische. Unter zeitweiligen Maßregeln sind nach der Definition des Vertrages ausnahms» weise Maßregeln von kurzer Dauer zu verstehen. Die pro- visorische Einrichtung direkter Beziehungen zum Harrar soll nach derselben das Protektorat Italiens über Aethiopien und die von diesem abhängigen Länder, welches England bereits anerkannt hatte, nicht berühren.— Rußland. Walk in Livland. („Nal.°Ztg."1 Der protestantische Pfarrer Treu, welcher bereits einmal wegen Vergehens gegen die russische Kirche zum Verlust seines Amtes auf ein Jahr verurtheilt worden war, wurde wegen Rückfalls zum Verlust seiner kirchlichen Würde verurtheilt.— Türkei . Kreta . Aus Athen wird unter dem 19. d. Mls. telegraphirt: Karatheodory- Pascha erklärte in einem Interview, daß die
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