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Sonnabend

29. März 1930

Unterhaltung und Wissen

Andreas Latzko : Der junge Herr

Bodo von Prinzenstein war einziger Sohn und Erbe des berühmten Banthauses S. Prinzenstein, das Eisenbahnen, Berg­werte, Mühlen und zahlloje große Industrieunternehmungen majorisierte, und jede Existenzberechtigung verloren hätte, wäre der Knabe, für den sämtliche Räder des ungeheuren Konzerns fich drehten, aus dem Leben geschieden. Ganze Berge von Banknoten waren an Wohltätigkeitsanstalten und Wahltassen abgeführt worden, nur um zwischen Vor- und Familiennamen des zukünftigen Uni­verjalerben das furze Wörichen ,, Don" einschieben zu fönnen, und es gehörte nicht zu den Geschäftsusancen der Firma Prinzenstein, so hohe Investitionen à fonds perdu zu machen.

Dieferhalb wurde unser Freund Bedo bei jedem leisesten Wind zuge oder drohendem Regenwetter in der geschlossenen Equipage zur Schule gebracht, was ihn um alle Kurzweil des üblichen Kriegs­pfades brachte. Als Ersatz und weil ihm die einsame Fahrt im Wagen zu langweilig war, fegte er sich an einem besonders stürmischen Tage auf den Bod, neben den alten Kutscher, und reagierte viel schlimmer auf diese erste Einwirkung der Elemente, als mir anderen, gewöhnlichen Fußgänger es getan hätten.

Die Folge war ein Konfilium" von ruhmreichen Spezial ärzten, und ein sogenannter fleiner Eingriff" in die Kehle des armien Bodo, zweds Entfernung jener Mandeln" genannten Schwellungen, die etwa die Rolle des Blinddarmes im Halse spielen. Ihrem Träger find sie angeblich von feinerlei Nuzen, was durch ihre Entbehrlichkeit bewiesen wird, hingegen bedeutet ihre Extirpation erhöhten Schuß gegen fernere Erkrankungen des Kehlkopfes, und jedenfalls ein ansehnliches Operationshonorar für die Chirurgen, jebenfalls ein ansehnliches Operationshonorar für die Chirurgen, die ohne Mandeln und Blinddärme anderer Leute nicht leben fönnten.

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Die feine Operation wirfte im Hause Prinzenstein wie der erste protestierte Bechsel eines großen Schuldners. Alle erreichbaren Autoritäten wurden herangezagen, um gegen den Verlust eines jo wertvollen und unerfetzlichen Aftinums die geeigneten Maßnahmen anzuraten. Da nun die Gefahr, die der Kehle drohte, bereits be­feitigt mar, rutschte die Sorgfalt tiefer herunter, bis in die Lunge, die reichlich Material für Bedenken und Vorkehrungen lieferte, denn wann wäre der Schöpfung jemals eine Lunge von solcher Voll­tommenheit gelungen, daß ein Spezialarzt für Atmungsorgane bei einigem guten Millen teinerlei Indikationen" in ihr entdecken fönnte, die Borsicht zumindest ratsam erscheinen laffen?

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So fam unser Freund Bodo in Begleitung eines Hofmeisters nach Davos , und ich verfor ihn aus den Augen. Man betlopfte ihn fleißig, horchte in ihn hinein, verbot ihm alles, was seine Alters­genossen sich erlauben durften, mas Wunder, daß er mit einem Anfluge von melancholischer Entjagung von notwendigen Be schränkungen" sprach, da wir uns als Jünglinge wiederfahen. Natürlich wäre es Berleumdung, seine Aerzte der Gewinnsucht zu verdächtigen! Sie hätten dieselben Anlagen und Möglichkeiten in dem Organismus eines anderen Knaben allerdings teiner Beachtung gewürdigt, aber wird nicht auch ein Diamant viel vorsichtiger verpackt als ein Kieselstein? Auf die Lunge des armen Bodo war das Haus Prinzenstein mit seinem ganzen Riefenvermögen intabuliert, war es nicht Pflicht der Professoren, ihrer erhöhten Berantwortung bewußt zu fein?

Leider zeigte es fich, daß mit der leiblichen Sicherstellung allein noch lange nicht alle Gefahr abgewehrt war, denn ein so breit­idultriges, sportgestähltes, in allen Funktionen wie ein Uhrwert reguliertes Phyfitum auch die Sachverständigen dem jungen Prinzenstein angedreht hatten, seine Seele war in der Isolierung wirklichkeitsfremd, weich und träumerisch geworden. Umkreist von Trabanten, die ihn feinen Augenblick der Sorge um sein eigenes Ich entschlüpfen ließen, hatte er Auge und Dhr nach innen gewandt, und so einen Melodienreichtum in sich entdeckt, den es ihn mit­zuteilen trieb.

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Der junge Herr von Brinzenstein Komponist?! Man denke! Was bedeuteten denn die Gefahren, die empfindlichen Mandeln von Wetterstürzen drohten, gegenüber der zahllosen Ent­täuschungen, Anfeindungen, Erregungen und Entmutigungen einer fünstlerischen Laufbahn? Schöpferische Leistungen, die sich nicht nach Gewicht oder nach Karaten verläßlich werten ließen, einem Richard Wagner jahrzehntelang, einem Beethoven lebenslänglich nur zehrende Kämpfe und bitteres Berkanntwerden eingetragen hatten diese zu seelischen Eiterungsprozeffen herausfordernden Mandeln mußten erst recht unbedingt elimentiert werden! Aber sie faßen überraschenderweise viel fester als jene im Halse; drei Ein­griffe waren nötig, dreimal mußten die Kompositionen des jungen Brinzenstein von bezahlten Zuhörern ausgepfiffen, mußten gewissen haften Kritikern die Zeitungen unter der Feder weggekauft werden, ehe es gelang, das eminente Talent des Patienten definitiv zu

entmutigen.

Aber die schlimmste Gefahr tam erst nach. Gewöhnt, förperlich nicht für vollwertig, als Begabung überhaupt nicht an­

erfannt zu werden, barst der Himmel auseinander über Bodo von Prinzenstein, als die Tochter seines armen Kontrapuntiprofessors sein Interesse so innig erwiderte, als wäre er der erstbeste gut gewachsene junge Mann, mit Mandeln, Lungen und Lebens­aussichten wie jeber andere.

Eine Liebesheirat? Mit einem armen Mädchen?

Reichtum erwählt worden war?

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Und

wenn der Betörte hinterher entdecken solite, daß er nur für seinen Zeigte ein junges Mädchen folches Talent zum Verlieben, so war die Garantie, daß ihr Herz wie eine Agave sich bescheiden, und nicht auch ein zweites, drittes, viertes Mal blühen werde? Zum erstenmat setzte sich bei dieser einschneidenden Operation Bobo energisch zur Wehr, als ahnte er, daß diese legte Ertirpation die Wurzeln feines Seins gefährdete. Der Ernst des Falles bewog den Chef der Firma Prinzenstein, persönlich einzugreifen, ohne Rücksicht auf die schweren materiellen Opfer, die auf Privatgespräche vergeudete Stunden seinem Sohn und Erben verursachen fonnten. Umsonst suchte Bodo zu beweisen, daß sein Leben an dem Mädchen hänge, und all die eingebildeten Gefahren, die der Vater aufzählte, jeder anderen, von väterlicher Borsicht geknüpften the gleichfalls drohten. Heirateten nicht auch steinreiche Mädchen, um noch reicher zu werden, weil sie an ein schrankenloses Wohlleben gewöhnt waren, das für die einfache Profefforstodyter nicht den geringsten Reiz batte? Und gab es nicht in dem eigenen Familientreise, unter den besten mathematischen Auspizien abgeschlossene Chen, die dennoch nicht gehalten hatten?

Allein, was tonnte das systematisch untergrabene Selbst­vertrauen des jungen Prinzenstein gegen die an Millionenresultaten gemäftete lleberrebungstraft des erfolgreichen Vaters? Eine Ver­

nunftehe konnte nie ganz unglücklich werden, argumentierte der Alte, weil man in eine Vernunftehe gar nicht mit der Erwartung rauschender Glücksgefühle eintrat, während eine Gemeinschaft, von der sich beide Teile die seligsten Erfüllungen versprochen hatten, nur mit Enttäuschungen enden konnte. Durfte ein gefühlvoller, und vor allem gewissenhafter Mann ein wirklich geliebtes Wesen der grausamen Entdeckung aussetzen, das Hindernis, der Hemmschuh, das Unglück in dem Leben gerade jenes einen Menschen geworden zu sein, den glücklich zu machen, es sich zur Aufgabe gestellt hatte?- Was blieb solch einem Weibe noch übrig, als der Selbstmord? Und konnte irgendein Mann, war es überhaupt möglich, mit sechsundzwanzig Jahren die Verpflichtung einzugehen, niemals anderen Sinnes zu werden? Kein Weib begehrenswerter zu finden unter den zahllosen, denen man noch begegnen würde?

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Sicher hätte ein anderer, geeicht Gefahren zu bestehen, seine Mandeln in der Rehle zu behalten, auf die Gefahr hin, daß sie sich entzünden könnten, den Argumenten von Prinzenstein Senior

Carl Otto Windecker:

Nerven

... Nerven

Die Regisseure des Bahnhofs

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Auf einem Bahnhof. Der Zug hält. Dben, aus dem Fenster des Stellwerthauses schaut der Beamte heraus. Mit einem bezeich nenden Blick nach oben meint einer der Mitreifenden: Kein Wunder, wenn so viele Eisenbahmunglücke vorkommen, wenn die Stellwerter zum Fenster hinaussehen." Ober: Bahnsteig eines Großbahnhofs. Der Zug steht in der Halle, abfahrbereit. Schon längst ist der Zeiger der Bahnhofsuhr über die Abfahrzeit hinaus, noch immer macht der Perronbeamte keine Anstalten, das Abfahr zeichen zu geben. Ewige Bummelei. Daß der Betrieb auch nie flappen fann." Entrüftung, 3orn in beiden Fällen und in beiden Fällen ist die Anschauung durch feinerlei Sachtenntnis getrübt.

Ein Blick auf das Schienengemirr por einem Großbahnhof mag die Frage immer wieder aufwerfen: wie ist es möglich, diesen ungeheuren Verkehr zu bewältigen, ohne daß täglich Züge und Lotomotiven farambolieren? Wie ist es denkbar, daß stets die pielen hundert Weichen und Signale immer so liegen, so stehen, wie es der Fahrplan vorschreibt? Das Geleisechaos wird flarer, wenn man weiß, daß es in sogenannte Betriebsgruppen nach den einzelnen Richtungen eingeteilt ist. Diesen entsprechen auch die Bezeichmungen und mystischen Abkürzungen an den Stellwerkshäusern, die im Bereich des Bahnhofs liegen. Aber selbst ein ausführlicher, inftruft. tiver Vortrag an Ort und Stelle reicht nicht aus, einem armen Laien einen Begriff von dem Mirakel Fahrdienst" zu geben. Benommen verläßt man das Stellwerkhaus allerdings mit einer gehörigen Portion Achtung vor jenen Leuten da oben, die, voil verantwortlich für ihren schweren Dienst, immer gewissermaßen mit einem Fuß im Gefängnis stehen..

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Beilage des Vorwärts

sich besser gemachfen gezeigt, seine düsteren Befürchtungen lachend abgeschüttelt. Aber der arme Bodo war darauf trainiert worden, in allem Prophylage zu üben, vor jedem Risiko zurückzuscheuen, wie ein Spieler, den nur mehr ein allerletzter, einziger Einsatz von dem Ruine trennt! Und so konnte ich ihn bald nach diesem

seinem letzten Emanzipationsversuch auf dem feudalen, gräflichen Gute besuchen, das ihm seine Frau in die Ehe gebracht, und sein Bater aus den Hypothekenlaften ganzer Generationen freigewickelt lichkeiten gegen Feuer und leberschwemmung versichert, in vierziga hatte. Die Ernten waren auf Jahre hinaus gegen Hagel, alle Balle jähriger Dienstzeit auf ihre Treue, Ehrlichkeit und ihr Können er­probte Berwalter, Kassierer und Buchhalter der Firma S. Prinzen­stein besorgten die Leitung, furz: das Ziel war endlich erreicht. es hätte dem jungen Herrn von Brinzenstein überhaupt nichts mehr paffieren können, wäre er nicht eines Morgens tot im Bette ge­funden worden, mit einer Kugel, die er sich selbst in den Kopf gejagt hatte.

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Seine Familie ließ ihm für alle Fälle den Herzstich machen, und da zu jener Zeit die Krematorien noch dünn gesät maren, feine Leiche nach Gotha bringen und dort einäschern.

Aus Angst, er tönnte scheintot begraben werden!

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Reichsbahn. 915 von ihnen sind bereits mit modernem elektrischem Antrieb versehen, 72 arbeiten mittels Druckluft, die übrigen haben noch den bekannten mechanischen Antrieb der Hebelwerke. Neben vielen tausend Weichen, werden 55 840 Signale, 25 889 Borsignale und 12 769 andere Signale von ihnen bedient. Insgesamt 23 590 Kilometer von der Gesamtstreckenlänge der Reichsbahn sind bereits mit moderner, elektrischer Streckenblockung ausgestaltet. Allmählich wird die Modernisierung des gesamten Betriebes vor­genommen.

Vielleicht ist es gut, manchmal an diese Dinge zu denken, wenn man in einem Zug sigt, der fünf, sieben oder sogar acht Minuten Berspätung hat. Und daran, daß jene anonymen Regisseure des ganzen Betriebes doch auch Menschen sind, die in den langen Stunden ihres aufreibenden Dienstes thre Nervenkraft zusammen­halten müssen, die in dieser Seit feine Migräne haben dürfen, nicht daran denken dürfen, wenn vielleicht zu Hause ihre Frau, ihr Kind, ihre Mutter erkrankt ist.

Baumarzt mit dem Röntgenapparat Neue Wege der Sorstwirtschaft

Zur Entdeckung von verborgenen Baumschäden, denen man mit anderen Methoden nicht auf die Fährte tommt, sind jetzt die Röntgen­firahlen herangezogen worden. Zwei amerikanische Forscher, Malloy und Wilsly, die sich zu diesem Zwed eines besonders konstruierten, tragbaren Apparates bedienten, konnten bei ihren Versuchen feſt­stellen, daß die Durchleuchtung von Baumpafienten möglich ist und wertvolle Resultate ergibt, ohne daß die Bäume, wie es bei den früheren Untersuchungsmethoden durch Anbohren der Stämme nur zu oft geschah, irgendwelche Beschädigungen erleiden.

,, Bor drei Jahren," berichteten die beiden Gelehrten in einer amerikanischen Forstzeitschrift ,,, machte in Rochester ein Motorrad­

Jedes einzelne Stellmert verlangt seine eigene, spezielle Ausfahrer, der einem heraufziehenden Sturm ausweichen wollte, vor bildung. Die Beamten müssen die Geleise, Weichen, Signale kennen, die Verbindungen zu den anderen Betriebsgruppen, die einzelnen Züge, die Rangierlokomotiven, die planlos und unregelmäßig, nur durch Zuruf dirigiert, ihre Arbeit perrichten. Meist zwei, drei Beamte machen gemeinsam Dienst in einem Stellwert. Sie müssen einander vertrauen, sich einer auf den anderen verlassen tönnen. Es ist ein schwerer, verantwortungsvoller Dienst. Wenn auch die Durdharbeitung der technischen Päzision der modernen Stellwerte regulär einen groben Mißgiff unmöglich macht- nur durch das Zusammentreffen einer Reihe von unglücklichen Umständen kann heute noch ein Unfall passieren so verringert das nicht die Schwere dieses Berufs.

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In vielen deutschen Großbahnhöfen sind die älteren, hand­betriebenen Hebelstellwerte schon einige Zeit durch elektrische Werte ersetzt. Ein interessanter Apparat, wie eine lange Bank anzusehen. mit unzähligen Drehknöpfen, Schaltern, Tafeln. Es ist unmöglich, die technischen Einzelheiten dieser Präzisionsmaschine hier auch nur annähernd zu beschreiben.

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Der Betrieb? Nun die vorgelagerte Blockstelle meldet den einfahrenden Zug. Telephonisch, vielfach auch gleichzeitig tele­graphisch. Das Stellwert gibt sein Einverständnis zurück und stellt die Fahrstraße ein. Das heißt: die Beichen werden eingestellt, fremde und feindliche" Beichen verriegelt, erst dann, erst wenn die Fahrstraßen vollkommen frei und gesichert sind, erlaubt die Apparatur des Stellwerts das Hochziehen des Signals. Von diesem Augenblick an ist jede Beeinflussung der Fahrstrecke unmöglich, das Umlegen des Fahrstredenhebels legt sie absolut fest. Erst das Schließen des Signals gestattet rein technisch wieder das Deffnen der einzelnen Beichen. Das flingt sehr einfach. Aber da sind noch Kreuzungen, unblockierte Weichen, da sind die Rangierlokomotiven da meldet der Bahnsteig die Ausfahrt eines Fern- D- 3uges, der feine Minute Verspätung erleiden darf, da rasselt das Telephon, der Telegraph ticht, mit leisem Klappen fällt, durch das Ueberfahren eines Kontakts, eine fleine Scheibe im Stellwerkkasten und zeigt dies oder jenes an. Fast gefühlsmäßig, selbst zur Maschinen ge= worden, greift der Beamte in die geheimnisvolle Klaviatur des Stellwerts fein Gehilfe reißt das Fenster auf, dirigiert die Rangier lokomotive , die ungeduldig vor dem Fenster hält und wartet, daß man ihr die Fahrt freigibt, und wieder raffelt das Telephon, der Telegraph tickt, der FFD. hat fünf Minuten Verspätung und dennoch darf der ganze Apparat, diefer fomplizierte, auf halbe Minuten ausgerechnete Betrieb deswegen teine Störung erfahren, denn fünf Minuten Verspätung hier, gibt zehn Minuten Verspätung im Anschlußbahnhof das Resultat? der Anschlußzug ist fort Siehe oben.

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Man begreift dies alles nicht, selbst wenn man eine Viertel­stunde lang dabei steht, die Züge vorüberbrausen sicht, vor sich die Taufende von bunten Lichtern der Signale und Weichenstaunend, schweigend, steht man vor dem Beamten, dessen Hände in ununter: brochener Tätigkeit sind, und der doch die Zeit findet, dem Besucher ruhig und mit einer bewunderungswürdigen Gelassenheit ein wenig aus seinem schweren Beruf zu erzählen.

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Ein paar Zahlen noch: faft 18.000 Stellmerke versehen den Dienst auf den 54 318 Kilometern Gesamtstreckenlänge der Deutschen

einem Baum halt und lehnte sein Fahrzeug an den Stamm. Wenige Minuten später wurde er von einem dicken 2ft erschlagen, den der Sturm herabgerissen und auf das Motorrad schleudert hatte. In folge dieses Unfalls mußte die Stadt den Erben des Getöteten eine beträchtliche Summe als Schadenersag zahlen, obwohl man sich der Gesundheit des Stammes in der üblichen Weise versichert hatte. Knapp drei Monate vor dem Unfall war nämlich der Baum mit einer Anzahl anderer von vier Sachverständigen forgfältig unter­fucht worden. Von der Gruppe von etwa dreißig Bäumen waren dreizehn als frant zur Abholzung bestimmt worden, während gerade dieser Baum als so ferngesund befunden wurde, daß man von dem üblichen Anbohren des Stammes absehen zu dürfen glaubte. Solche Bohrungen sind ja auch immer nur ein Noibehelf da sie nur eine Feststellung über die Gesundheit des Holzes an der angebohrten Stelle, aber feinen sicheren Rückschluß auf die Gesundheit des Ge­famtorganismus des Baumes gestatten. Es ergab sich für uns die Notwendigkeit, nach einem zuverlässigen Verfahren zur Untersuchung der innerlichen Baumschäden Ausschau zu halten, und als ein solches Verfahren fchien uns die Verwendung der Röntgenstrahlen besonders angezeigt. Holz ist für die Strahlen verhältnismäßig durchläffig, und man hat durch Experimente das Vorhandensein von innerlichen Schäden, wie Knoten, Höhlungen, Wurmgängen und metallischen Einsprengungen feststellen können.

In England hatten sich während des Weltkrieges die Röntgen­strahlen bei der Untersuchung der Holzteile von Flugzeugen auf Fehler im Material und in der Verarbeitung bereits als nützlich erwiesen, aber soweit uns bekanntgeworden ist, hat bisher noch niemand versucht, diese Untersuchungsmethode auch auf lebende Bäume auszudehnen. Man hat für unsere 3mede den Röntgen­apparat mit der elektrischen Straitquelle an Ort und Stelle gebracht. Die ganze Ausrüstung fann bequem cuf einem kleinen Handfarren transportiert werden. Wir haben uns bei unseren Experimenten, die im Röntgenbild viel präzisere Einzelheiten offenbaren, als sie dem bloßen Auge wahrnehmbar sind, aber nicht auf die Aufnahme des ganzen Baumes beschränkt, sondern auch dem Stamm Proben entnommen, die dann im Laboratorium geröntgent wurden. Viele diefer Röntgenbilder zeigten lebendige Bohrwürmer bei der Arbeit, und die Festsetzung ihres Standortes erlaubte uns, die Schädlinge zu vernichten. Solche Laboratoriumsversuche scheinen ganz dazu angetan, uns über die Krankheiten und das Eingehen der Bäume wertvolle Aufschlüsse zu geben. Was die Arbeit im Freien betrifft, so fann bei angemessener Ausrüstung ein Mann mit seinem leichten Karren von Baum zu Baum fahren und in wenigen Minuten eine Röntgenaufnahme des Stammes machen."

Die Zahl der Erdbewohner. Die neueſte Statistit des inter­nationalen statistischen Instituts schäßt die Bewohner des Erdballs

auf über zwei Milliarden. Im Jahre 1910 betrug fie 1600 mil­lionen. Auf Europa entfallen von den zwei Milliarden Erd­bewohnern nach der genannten Statiftit 550 millionen.

Der Sperling fann nur zwei Tage ohne Nahrung leben,

während die Ströte zwei bis drei Jahre ohne Nahrungsaufnahme

leben fann.

Eine Biene besucht an einem Tage etwa 60 Blumen und sammelt in 14 Tagen ein Gramm Honig; demnach sammeln 24 000 Bienen in einem Monat einen Zentner Honig.