Einzelbild herunterladen
 

Schulkinder an die rote Front! Theater und Kino.

Kommunisten wollen mit Kindern Revolution machen.

Die Kommunisten hatten in den letzten Tagen vor einigen Neuköllner   Schulen Flugblätter verteilt, in denen zum Schul­streit geheht wurde. An einzelnen Schulen wurden sogar Aktionsausschüsse gebildet, die den Schulstreit organisieren follten. Als Gründe für diese neueste kommunistische Hehpropaganda wurden einmal die Sparmaßnahmen der Stadt Berlin   und die an­gebliche Versehung zweier Lehrerinnen von der Rüllischule nach Brig   genannt. Heute morgen sollte der Streit beginnen. Bor den Schulen in der Rütli- und Lessingstraße sammelten sich kommu­nistische Jugendgruppen, die die Schüler veranlassen wollten, die Schulräume nicht zu betreten. Für morgen find alle Vorkehrungen getroffen, um einen regelmäßigen Schulbetrieb zu sichern.

=

An den Volksschulen Rütlistraße und Lessing straße wird seit geraumer Zeit von den Kommunisten, und zwar hauptsächlich von den Anhängern der Jungspartatus. bewegung" eine heftige Propaganda heftige Propaganda gegen den Magistrat und die Schulverwaltung gemacht. In einem Flugblatt, das den Kindern beim Verlassen der Gebäude in die Hand gedrückt wurde, damit sie es den Eltern mitnehmen sollten, wurde der Stadt Berlin   wegen der Ersparnismaßnahmen in den Schulen schärffter Kampf angesagt. Schließlich wünschten die Rom­munisten die Rüdberufung zweier Lehrerinnen, die an die weltliche Schule abgegeben worden waren, weil dort Lehr­fräfte gebraucht wurden. Zur Durchsetzung dieser Forderungen pro­flamierten die Kommunisten den Schulstreit, der heute morgen beginnen sollte.

In einer Zellenversammlung der kommunistischen   Eltern dieser Schulen war die Anweisung gegeben worden, daß die größeren Schüler ohne Mappen um 7% Uhr morgens sich auf der Straße vor den Schulgebäuden zu versammeln und die anderen Schüler am Betreten der Häuser zu verhindern hätten. Außerdem hatte man auch eine Anzahl junger Burschen im Alter von 16 bis 18 Jahren hinbestellt und sich mit der in der Nähe befindlichen Stempelstelle in der Lessingstraße in Verbindung gesetzt, um Don dort Zuzug zu erhalten. Die Schulleitung hatte der Polizei die geplanten Maßnahmen mitgeteilt und um die Entfendung von Beamten zum Schutz der schulwilligen Kinder gebeten. Eine ganze Anzahl von Schülern wollte unter allen Umständen in den Unter­richt tommen und viele Mütter waren erschienen, um ihre Kinder ficher bis in die Klassenzimmer zu bringen.

Die Kommunisten suchten anfangs durch Ueberredung die Schul­willigen zu hindern, und als das nicht gelang, prügelten fiet auf die Mütter und Kinder los und hinderten sie am Be­treten der Schulen. Die Leiter der genannten Volksschulen sahen sich schließlich gezwungen, den Unterricht ausfallen zu lassen. Die Eltern durften ihre Kinder mit nach Hause nehmen.

Inzwischen hat auch der Magistrat Schritte unter­nommen, um eine Wiederholung der kommunistischen   Terror maßnahmen vor den Schulen unmöglich zu machen und eine Fort­fehung des Unterrichts in gewohnter Weise zu sichern. Gegen die Urheber dieses Schulstreiks und seine Auswirkungen wird außerdem vorgegangen werden.

Die Polizei teilt zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen, daß fie nicht rechtzeitig erschienen sei, um die Schüler zu schützen, mit, daß vor diesen Schulen früh um 28 Uhr Polizeibeamte postiert waren, die aber mur in einem Falle eingreifen mußten und vor der Rütlischule einen Mann verhafteten, der sich den Anordnungen widersetzte.

England für Sanktionsstärkung. Kompromissuche in London.  - Triumphgefchrei in Paris  .

London  , 2. April.  ( Eigenbericht.) In einer Unterredung zwischen Henderson und Briand   wurde am Dienstag abend eine Formel gefunden, die nach englischer Auf­faffung den französischen   Sicherheitswünschen genügend entgegen­tommt, um den Abschluß eines Fünfmädtepattes und die Rettung der Flottenfonferenz in den Bereich der Möglichkeit zu rüden. Diese Formel, die am Dienstag abend nach Paris   zur Be­gutachtung übermittelt wurde, bewegt sich in der Richtung der Note, in der die Locarno  - Mächte der deutschen   Regierung seinerzeit eine Interpretation des Artikels 16 des Bölferbundspattes gaben. Aus zuverlässiger Quelle verlautet, daß sich die Italiener auf Grund der neuen Formel bereit finden würden, auf die ausdrüd­liche Anerkennung ihres Rechtes auf Parität zu verzichten, falls das Zustandekommen eines Fünfmächtepattes davon abhängen sollte.

Paris  , 2. April.  ( Eigenbericht.)

will

Meyerholds Revisor".

Ruffengaftspiel im Theater in der Gtresemannstraße.

-

-

dem er dient, ein Studio eingerichtet. Er nennt es auch Labora­Der russische   Regisseur Meyerhold   hat mit Hilfe des Sants, torium für Biomechanit. Trotzdem handelt es sich nicht um eine Versuchsanstalt für Hühner- oder Bienenzucht, sondern um die hohe Schule des russischen Schauspielers. Diesen Künstler will Meyerhold   nicht mehr naturalistisch erziehen, wie Stanislawski   es tat. Er glaubt auch nicht mehr daran, daß allein mit der Stimme die große Berzauberungskraft des Darstellers verbunden ist. Er und im ästhe.ischen Programm seiner Landsleute Tairoff  und Wachangow steht der gleiche Satz aus seinem Schauspieler besondere Rhythmiker alles Körperlichen machen. Sein Schüler lerne Bewegungen der Tiere, Menschen und Dinge zu beobachten und nachzuahmen. Dann wird sich aus Erfahrung des Verstandes und Training der Gliedmaßen jener Komödiantentyp entwickeln, der ohne Zweifel heute von Moskau   bis nach Hollywood   sehr beliebt ist. Meyerhold   und seine Leute wollen eigentlich gar nichts Uner hörtes und Neues. Sie formulieren ihre Sache nur spiziger als die alten Zuchtmeister des Theaters. Sie verliebten sich nur in die naturwissenschaftliche Vokabel. Was Menŋerhold ausflügelt und aus­bildet, braucht aber gar nicht solche abstrakten Definitionen. Es ist gefund und vor allem sehr wirffam. Der ganz primitive Unter­haltungstrieb der Masse wird befriedigt. Der Schauspieler braucht eine Seele? Nicht absolut. Es ist ebenso empfehlenswert, daß er seine Beine, das Gesicht, die Hände, sogar den Haarschopf, die Nase und die Ohren, und ist er ein erfreuliches Weib, auch Schultern und Nacken und den hübschen sichtbaren Reft verlockend vorzeigt, und er wird allgemein und alle Zeit verstanden werden. Es ist festzustellen, daß die im Laboratorium biomechanistisch erzogenen Schauspieler als höchstes Ziel diese Bewegungsvirtuosität erstreben. In den Russenfilmen, bei denen viele Außenseiter, sozusagen überraschende Analphabethentalente mitwirften, blieb die besondere Russenseele viel sichtbarer erhalten. Der Zuschauer mußte fich nicht nur mit dem Anblick des Aeußeren begnügen.

Meyerhold   spielt den Gogolschen Revisor". Das Thema ist in der russischen   Literatur ewig. Hier das Gesindel der verkommenen Beamten, dort das Schwindelgenie, das die ganze Bande an der Nase herumführt. Auch im heutigen Rußland   hat das Thema durchaus sein moralisches Recht bewahrt. Man lese Rutajems Roman von der Korruption der Sowjetbeamten, ein herrliches und sehr aufklärendes Buch! Das Süd ist für Meyer­ hold   nur Attrappe. In die Hülle stopft er mur hinein, was ihm paßt: also feinen ganzen Grimm auf die Dummheit der Bourgeois. Man tabele ihn deswegen nicht. Rein Kunstwert darf unverändert bleiben, wenn die Jahre darüber weggegangen sind. Sogar die Evangelien wurden stets im Sinne ihrer Zeit ausgedeutet. Meŋer hold zerlegte also die berühmte Posse von der zaristischen Beamten blödheit in zwölf Bilder. Jedes Bild ist also eine Art Kabarett stetsch, in dem ein anderes Laster der Vergangenheit glänzend ver­ulft wird. Die Neigung zu dem, was war, soll dem Zuschauer bersalzen und vergällt werden. Die Stetschs find oft überladen mit Bissigkeiten, mit romantischen Schnörkeln, die satirisch gemeint find. Indem das Zeitfolorit des biedermeiernden Barats genu ausgemalt wird, soll es den Proleten im Parfeit und auf den Rän­gen verefelt werden. Das ist Tendenz, da sie aber fo phantastisch amüsant vorgebracht wird, ist sie gute Tendenz.

Nicht genug tann all diefes so gelungen Spielerische, all dieses so famos Sarfastische der Meyerholdschen Reg'emethode gelobt werden. Der Zuschauer sieht, indem er sich gesund lacht, welch widerwärtiger Schwindel die Bergangenheit war. Das Stani­flawsti- Theater wollte noch ausschließlich das Gefühl treffen. Das Meyerhold  - Theater will die flaffenfämpferische Pfiffigkeit und den sozialen Scharfblick der Zuschauer fördern. Deshalb wird dem Zu­fchauer auch nichts erfpart. Die Bühne bleibt ohne Borhang. Das schauer auch nichts erspart. Die Bühne bleibt ohne Borhang. Das Signal zum Beginnen ist stets ein gellender Pfiff und ein grelles Signal zum Beginnen ist stets ein gellender Pfiff und ein grelles Pfeifen. Er sieht, wie die Bühne auf und abgebaut wird. Es ist eine Drehbühne mit wildkarifierten Möbelstücken, irgendein Ele­fantenbiedermeierstil. Das Mahagoni- und Birkenholz blitt und spiegelt, spüren soll jedoch der klaffenbewuß e Mann außerhalb der Rampe: Je mehr diese Bergangenheit blijgt, desto sicherer wird fie schon vom Holzwurm zerfressen.

Nun sind zwei Künstler, Frau Sinaida Reich   und Herr Mar­tinjon, für den" Revisor" die Hauptstüßen der Aufführung. Frau tinson, für den Revisor" die Hauptstüzen der Aufführung. Frau Reich, geprüft auf Herz und Nieren und die übrigen Fähigkeiten, die Meyerhold   biomechanistisch vervollkommnen will, ist zwar eine entzückende Salondame, fie dürfte aber taum ein ausreichendes Schauprodukt sein, um die unumstößliche Wahrheit der Meyerhold­schen Theorie zu erweisen. Was sie befigt, find die besten inter­nationalen Schauspielerqualitäten, eine schillernde Anmut, besondere Anlagen für die große Dame". Sie ist eine Lömin, wie der fran­ zösische   Fachausdruck sagt. Herr Martinson, der Bossenreißer in der Korruptionsperfiflage ja, das ist Meyerholds Meister­produkt, der Mann deckt absolut das Programm, das der Lehrer verwirklichen will. Martinson ist ein prächtiger Tänzer, ein Kehl­topftollerer, ein Stimmenimitator, ein Jongleur, ein Springer, Afrobat bis in die Knochen, vielleicht auch bis ins Gemüt hinein, ein blondschopfiger Verführer und im rechten Moment auch so töst­richtige Kerl, um den Massen im Theater die Bergangenheit auf fröhlichste Art zu verefeln.

-

Mit triumphierenden Fanfaren berichtet die Parifer Bresse am Mittwoch von einem prinzipiell bedeulfamen Sieg Briands über Henderson. Der englische Außenminister habe am Dienstag zum erstenmal die alten englischen Vorbehalte gegen die französische  Interpretation der Sanktionsbestimmungen im Artikel 16 des Völkerbundspattes aufgegeben. Henderson habe sich zu der Erklärung bereit gefunden, daß die vom Völkerbund gegen einen ,, Angreifer empfohlenen Sanktionen" auch von England auto matisch und ohne weitere Vorbehalte durchgeführt werden würden. Dieser Erklärung glaubt man in Paris   insofern eine außergewöhn­liche Tragweite zumessen zu dürfen, als damit die wichtigsten Relich blöde, daß man sich vor Lachen schüttelt. Er. ist deshalb der serven Englands gegen den Abschluß eines politischen Sicherheits­pattes gefallen seien und England wiederum um einen bedeutsamen Schritt aus seiner ,, Splendid Isolation" herausgetreten fei.

Der französische   Jubel wird aber einigermaßen gedämpft durch die japanische Zustimmung zum amerikanischen   Tonnage fompromiß. Japan   habe dabei zugegeben, daß seine U- Bootflotte Don 75 000 auf 52 000 Tonnen vermindert würde. Wenn man Frankreich   zu einem gleich großen Opfer zwingen wollte, müßten fich die französischen   Tonnageforderungen für die U- Boote, die mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines Sicherheitspattes bereits von 120 000 auf 100 000 Tonnen reduziert worden seien, bis auf 70 000 Tonnen vermindern.

Kommunisten gebrauchten Revolver.

Paris  , 2. April.  ( Eigenbericht.)

Die sozialistischen   Gewerkschaften haben unabhängig von der Bolizei eine eingehende Untersuchung über die blutigen Busammenstöße am Sonntag in Lens anläßlich der Friedenstund gebung unter dem Borsiz Paul Boncours angestellt. Sie tamen wie die Polizei zu der Ueberzeugung, daß die tommunistischen Rowdys bei ihrem Ueberfall auf die sozialistischen   Demonstranten nicht nur Stöcke und Steine als Waffen benußt, sondern auch Revolver gebraucht haben. Bon den Angreifern seien unzweifelhaft mindestens fieben Revolverschüsse abgegeben worden. Trotzdem besaßen die fommunistischen Arbeitermörder den traurigen Mut, ihrerseits für den nächsten Sonntag zu großen Straßenfundgebungen aufzurufen, die jedoch von der Polizei sofort verboten worden sind.

Dieser Endeffekt ist immer wieder das wichtigste. Oft wird er so gründlich vorbereitet, daß die Künstler des Guten viel zu viel tun. Tricks und Einfälle kehren immer wieder. Bald ist der Zu­schauer dieser Regiemethode auf die Schliche gekommen und er beginnt ungeduldig zu werden. Es mangelt, so scheint es, dieser biomechanistischen Regie eins der wichtigsten und nüglichsten Ele­biomechanistischen Regie eins der wichtigsten und nützlichsten Ele­mente, das Element der Ueberraschung. Der Regisseur wünscht, daß seine Zuschauer ganz Kind werden, es geschieht aber, daß sie sich sträuben. Die Ursprünglichkeit des Eindruds wird gestört, die Kurzweile wird vermindert.

Max Hochdorf  .

,, Der blaue Engel  ."

Jannings' erffer Zonfi'm im Gloriapalaft.

Die Umstellung der amerikanischen   Produktion auf den Ton­film hat uns in Deutschland   ein Gutes gebracht: mehrere unserer Prominenten, die uns Hollywood   entführt hatte, sind zu uns zurück gefehrt, an erster Stelle Emil Jannings  . Er hat zum ersten Male jetzt in einem Tonfilm mitgewirft und zu seinen bisherigen großen Erfolgen auch auf diesem Gebiete einen neuen gesellt. Es hatte sich eine Pressepolemit um Heinrich Manns Roman Bro. fessor Unrat", der den Stoff für die Manuskriptverfaffer Carl feffor Unrat", der den Stoff für die Manuskriptverfaffer Carl 3udmaner und Karl Bollmoeller geliefert hatte, entwickelt, weil der politische Exponent des Hauses Hugenberg Heinrich Mann  nachträglich einen Fußtritt gegeben hatte. Das Geschäft hatte man

"

gern mit ihm gemacht, nun wollte man sein teutsches Schild wieder von ihm reinwaschen. Aber das war ja alles Unfug; immer wieder sind die Vorlagen der Filme verändert und umgestaltet worden, und in diesem Fall war die Bearbeitung sogar im vollsten Einvernehmen mit Heinrich Mann   erfolgt.

"

Der Professor Unrat" ist die Geschichte eines Schultyrannen, der innerlich arm und leer, sich zu einem fanatischen Hasser ent­wickelt und für seine Zurücksetzung Rache nimmt an seinen Schülern. Das erotische Erlebnis, das ihm dabei widerfährt, bringt ihn von dieser vorgezeichneten Bahn feineswegs ab. Aber dies wäre keine Gestalt für Emil Jannings   gewesen, und so bogen die Manuskript­verfasser mit Recht den Charakter des Professors um, um die ganze reine Menschlichkeit unseres größten Filmdarstellers ausschöpfen zu tönnen. Gewiß, auch dieser Rat ist ein strammer Schulmonarch, aber in ihm ist feineswegs alles Menschliche abgestorben, es zwit­schert nicht nur ein Böglein in seiner Stube, sondern auch in seinem Herzen. Und als ihm in dem Hafen Tingelbangel, in das ihn die Sorge für seine Jungens führt, das Erlebnis Weib in Gestalt der Lola Lola entgegentritt, blüht ein später Johannistrieb in ihm auf. Er vergißt Amt und Würden und geht ganz in dem neuen Erlebnis auf. Die Schule und seine Schüler sind von da ab vergessen, er verliert seine Stellung und geht den bitteren Weg bis zu Ende. Ans Kreuz der finnlichen Liebe geschlagen, nimmt er alle Erniedrigungen auf sich, bis er zum Schluß feiner Heimatstadt als dummer August präsentiert wird und nun die Bande der Hörigkeit sprengt und in einer grandiosen Schlußszene durch die nächtlichen Gassen den Weg zu seiner Schule findet, über die dunkle Treppe in sein Klassen­zimmer, wo ein mitleidiger Tod ihn überrascht.

Aus der Satire Heinrich Manns   ist ein erschütterndes Menschen­schicksal geworden, mit dem wir mitfühlen fönnen. Jannings kann feine joviale Natur entfalten, er ist entzückend, wenn das große Erlebnis seine Starrheit löst und ihn zum Menschen unter Menschen macht. Er wächst zur wahrhaft tragischen Größe heran, und sein Fall erfüllt uns mit Furcht und Mitleid. Der Schauspieler Jannings  fann die ganze Ueberlegenheit seiner Sprachbegabung zeigen. Congenial steht ihm Marlene Dietrich   als Verförperung weiblicher Verführung und Urbild des Weibchens zur Seite. Im Film bis­her weniger erprobt, zeigt sie hier mit einem Male ihre ganz große Begabung. Sie kann bis ans Aeußerste leiblicher und seelischer Ent­blößung gehen und braucht auch vor dem Kraffen und Ordinären, besonders in ihren Vorträgen, nicht zurückzuschrecken. Eine Fülle interessanter Köpfe find um die zwei geschart. Die Schüler find meniger start in den Bordergrund geschoben, dafür spielen aber Kurt Gerron   als Zauberkünstler und andere Typen des Tingeltangels, darunter Rosa Baletti, Hans Albers   und Karl Huszar  , prägnante Rollen.

Für die Regie hatte man Josef von Sternberg   aus Amerifa verschrieben, dessen ,, Unterwelt" bei uns unvergessen ist. Er hat dem Rufe und Jannings zugleich Ehre gemacht. Er versteht es, aus feinen Darstellern das Letzte herauszuholen und im Tonfilm, der nur sparsam im Dialog, in Geräuschen und Gesangsvorträgen verwendet wird, alle wertvollen Errungenschaften des stummen Films zur Geltung zu bringen. Die Bude des Professors und vor allem das Milieu des Tingeltangels sind restlos im Bilde erfaßt, und man hat wieder einmal seine reine Freude an der Abfolge des Bildlichen. Der Abglanz des Lebens kommt in dem ganzen Reichtum der Im­pressionen zu vollkommener Wirkung Der Erfolg war verdienter­maßen groß.

D.

Tagung für Volksmusik und Singschu'en. Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, Potsdamer Straße 120, veranstaltet gemeinsam mit dem Reichsverband deut­ scher   Tonfünstler und Musiklehrer E. V. und den Städten Bochum  und Essen die 1. Tagung für Volksmusit und Sing­schulen vom 10. bis 13. April. An den ersten beiden Tagen finden in Bochum   die Referate von Direktor Greiner- Augsburg, Prof. Jöde- Berlin  , Prof. v. Walters haufen- München, Prof. Müller­Blattau- Königsberg u. a. statt, während in Essen   am 12. und 13. April Ministerialrat Restenberg und Prcf. Schünemann- Berlin  , Rektor Haßfeld- Paderborn und Direktor Erpf, H. Schnitzler und W. Woehl- Essen sprechen werden. Bahlreiche praktische Bor­führungen ergänzen die Vorträge. Die Tagung wird durch den Minister für Volkswohlfahrt eröffnet und von einer Reihe von fest­lichen Veranstaltungen unterbrochen. Den Schluß bildet die feier­liche Einweihung der Essener Städtischen Singschule, bei welcher Gelegenheit eine Cäcilien- Kantate von Hermann Erpf   zur Urauf führung gelangt.

Cosimas Ende. Aus Bayreuth   wird mitgeteilt: Cosima Wagner   litt feit einigen Wochen an einer Lungenstauung. Vor fünf Tagen stellte sich Fieber ein, das die Kräfte der Greisin nach und nach aufzehrte. Die letzte Nacht verlief ohne Störungen. Gegen Morgen trat ein quälender Zustand ein, der indeffen bald in einen ruhigen Schlaf überging. Dieser führte schließlich zu einem sanften Hinüberschlummern ohne jeden Todestampf.

Der literarische Nachlaß Paul Levis. Von dem so tragisch ver­unglückten Genossen Paul Levi   liegen eine Reihe interessanter juristischer. Arbeiten in zum Teil noch unveröffentlich dem Nachlaß vor, die demnächst in einem Sonderband veröffentlicht werden sollen. Dazu gehört eine Schrift Scipio und Hannibal  ", die in psychologisch meisterhafter Weise die Problemstellung des besiegten Feldherrn im Gegensatz zum militärischen Sieger, der zugleich Politiker ist, be. handelt. Weiterhin wird auch eine Studie über den historischen Sokrates- Prozeß im Nachlaßband aufgenommen werden Levi pole­mifiert darin gegen eine Schrift des bekannten Strafverteidigers Alsberg  , der den Prozeß gegen Gotrates als einen Justizmord be­zeichnet hat. Levi verteidigt die Athener   Gerichtsbehörden gegen diesen Vorwurf und zieht darin eine Parallele von diesem Prozeß zu der heutigen Republitschutzgesetzgebung. In einer weiteren Studie ,, Die Verschwörung des Catilina  " verteidigt Levi den Volks= tribun, den er als den Begründer der ersten proletarischen Partei

feiert.

Fachwissenschaftler als Mitwirkende bei einer Theateraufführung. Ab Donnerstag, den 3. April, werden im Wallner Theater Mediziner, Juristen, Politiker und Nationalökonomen in den Diskussionen, die Piscator in die Zwischenafte des Schauspiels von Carl Credé  § 218 Frauen in Not" eingebaut hat, auftreten und ihre Stellung zum Abtreibungsparagraphen präzisieren. Bis jezt haben zugesagt: Dr. Credé, Dr. Dehmel, Dr. Döblin, Dr. Frän­tel, Dr. Hodann, Dr. Klauber, Dr. Levy- Lenz

In der Hauptversammlung des Schuhverbandes Deutscher  Schriftsteller, die am 30. März stattfand, ist folgender Borst and neu gewählt worden: 1. Borsigender Arthur Eloeffer, 2. Vor­figender Walther von Hollander  , 1 Schriftführer Paul Gutmann, 2. Schriftführer Adele Schreiber- Krieger  , 1. Schatzmeister Leon Beitlin, 2. Schoßmeister Hans Ostwald  . Beisiger: Rudolf Olden  , Robert Breuer, Anni Jader, Bruno Schönlant, Arnold 3weig, Marimitian Müller- Jabusch, Walther Hasenclever, Paul Bestheim, Alexander Roda- Roda  , Erich Kästner  , Egon Erwin Nisch, Ludwig Renn  . Thomas Mann   wurde zum Ehrenmitglied ernannt.