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Der Mord vor der Scheidung. Der Anschlag auf die Republikoper.

Cecchini und die Tragödie der

Locarno , 5. April.

Der von Lugano nach hier übergeführte Luigi Cecchini, der seine Frau in der Nähe von Locarno erfchoffen hatte, behauptete bei feiner Bernehmung, die Tat während eines Streifes ver­übt zu haben. Diese Angabe steht im Widerspruch mit den Aussagen von Frau Dr. Koppel, der Mutetr des Opfers, nach deren Meinung der Täter mit Vorbedacht gehandelt habe. Man hat bei diesem einen Brief an die italienischen Behörden in Domodossola gefunden, in dem er von der Absicht spricht, die Grenze zu überschreiten, um durch die italienischen ffatt durch die schweizerischen Behörden abgeurteilt zu werden. Die Hochzeit Cecchinis hatte erst im November vorigen Jahres in Florenz stattgefunden. Bereits furze Zeit darauf verließ Frau Cecchini ihren Mann und kehrte zu ihren Eltern nach Berlin zurüd. Cecchini folgte ihr dorthin nach und machte hier seiner Frau Andeutungen über Selbffmordabfichten, um fie von ihrem Entschluß zur Ehescheidung abzubringen. Das gelang ihm indessen nicht. Frau Cecchini war vor vier Tagen in Cocarno eingetroffen und hatte ihrer Mutter mitgeteilt, sie beab­fichtige, sich scheiden zu lassen.

Die Hochzeitsreisenden sind wieder da!

Das Verschwinden des jungen Ehepaares Rappelt aus Berlin- Moabit hat eine harmlose Aufklärung gefunden. Wie wir mitteilten, hatte das junge Baar, das in einem fleinen Opelwagen seine Hochzeitsreise machte, das letzte Lebenszeichen am 25. vorigen Monats in einer an ihre Angehörigen gerichteten Gruß­farte aus Herblingen gegeben. Heute mittag fuhr das junge Paar wohlbehalten vor der Wohnung der Eltern der Frau in Alt­Moabit 10b vor. Die Mutter der Frau erlitt bei der Nachricht von der Ankunft ihres Kindes einen Nervenanfall. Nach den bis herigen Ermittelungen hatte das junge Paar seine Reiseroute plötz­lich geändert, ohne den Angehörigen davon Mit­teilung zu machen. Die Eltern, die Polizei und die gesamte Breffe wurden also in Aufregung versetzt, weil ein junges Ehepaar es zehn Tage lang offenbar nicht für nötig hielt, ein Lebens­zeichen von sich zu geben.

Das Mädel aus USA ."

Atrium.

Ein feiner Racer, der aus der höheren Schule geworfen ist, gibt sich als millionenschweres Mädel aus USA . aus. Und während das Mädel flott drauflosschwindelt, wird es von seinem Vater, einem echten amerikanischen Millionär, fieberhaft gesucht. Aber bevor er seine Tochter findet, erleben sie und cine Perle noch erst die eigentümlichsten und ultigsten Schicksale.

Karl Lamac , dieser gute Lustspielregisseur, ist auch diesmal wieder mit anstecender Frohlaume am Wert. Seine Einfälle find zwar durchaus nicht immer neu, aber er bringt sie alle so reizvoll und wirkungsvoll an, daß man sich selbst über allzu gute Betannte nicht ärgert. Er versteht es eben, leichteste Unterhaltungsware geschmackvoll darzubieten.

Anny Ondra ist ein quiclebendiges, gelentiges, schön ge­bautes Mädel, das wirklich den Schelm im Naden hat. Da auch alle übrigen Darsteller sich redliche Mühe geben, fand der Film bei der Uraufführung ein begeistertes Publikum.

Ein Lola Kreußberg- Film aber enttäuschte arg. Die jonst so geschult sehende Expeditionsphotographie bringt Bildfetzen von einer Gesellschaftsreise, die durch viele Länder führte. Wenn man jedoch von alle ben berühmten Stätten in Athen , Konstantinopel , Kairo und Jerusalem nicht mehr bringen will, dann soll man die für ein Postkartenbild unbedingt störende Bewegung vermeiden und dem Film nicht die für ihn untragbaren Aufgaben eines Stehbildes aufbürden. 1980

net Theater der Woche.

Bom 6. bis 14. April. Bolfsbühne.

e. b.

Bum bürgerlichen Vorstoß im Landtag.

Aber der verantwortliche Leiter der Staatsopern, Generalintendant Tietjen, verstünde sich schlecht auf die Pflichten und Aufgaben seines Amtes, wenn er im April noch nicht für die nächste Saison vor­gesorgt hätte. Goweit nicht mehrjährige Bindungen vorliegen, ist es selbstverständlich, daß zumindest für die Saison 1930/31 alle Dispositionen getroffen sein müssen, und das heißt, daß eine so plöz­liche Kürzung des Etats an der Erfüllung vorliegender Verträge scheitern müßte. Mit Recht hat ferner Gen. König an den Vertrag erinnert, durch den auf lange Jahre hinaus der Volksbühne das Recht zusteht, auf die Fortsetzung des Opernbetriebes im Theater am Platz der Republik zu bestehen. Der Staat fönnte sich dieser Ver­pflichtung auch weiterhin nicht entziehen, der Verpflichtung, in diesem Hause weiterhin Opernvorstellungen zu geben, deren tünſtle­rifches Gesamtniveau eines Staatstheaters würdig ist. Ob dieses Niveau gewahrt bleiben famt, wenn die Ausgaben um mehr als eine halbe Million gesenft werden, das ist eine Frage, die ohne Zweifel über die Zuständigkeit der Landtagsfraktionen hinausgeht.

Die bürgerlichen Fraktionen des Landtags haben sich zu einer| Herbst, und die laufenden Verträge müssen eingehalten werden. neuen Attade gegen die Republikoper zufammengetan. Zu einem Angriff diesmal, der geradewegs nach ihrer Eristenz zielt. Oder eigentlich nicht geradewegs; man will aufs Ganze gehen, aber man wagt noch nicht, es offen zu tun. Der vom Zentrum, den Demo­traten, der Deutschen Volkspartei , der Wirtschaftspartei und den Deutschnationalen unterzeichnete Antrag( der im gestrigen ,, bend" auf Grund telephonischer Uebermittelung ungenau wiedergegeben war) fordert, daß der Zuschuß der Landesbühnenorganisation von 1,2 auf 1,8 Mill. Mart erhöht werde; dieser Betrag sei im Etat der Berliner Staatstheater zu ersparen, und zwar sei die entsprechende Kürzung bei den Ausgaben der Republifoper vorzunehmen. Diesem sonderbaren Antrag, der freilich nicht ganz unerwartet tommt, ist Gen, König in der gestrigen Landtagsdebatte mit kommt, ist Gen, König in der gestrigen Landtagsdebatte mit aller wünschenswerten Bestimmtheit entgegengetreten, und er hat aller wünschenswerten Bestimmtheit entgegengetreten, und er hat mit notwendigen Nachdruck darauf hingewiefen, daß die Schließung der Republikoper, auf die es abgesehen ist, feinesfalls in Frage tommen darf. Die Republikoper darf uns nicht genommen werden: das ist hier so oft gefagt und begründet worden, daß es im Augen­blick nicht wiederholt zu werden braucht. Erste und einzige Theater­fchöpfung des republikanischen Staates, stärtstes Attivum in einem Jahrzehnt staatlicher Theaterpolitik, so ist sie an dieser Stelle ge­fennzeichnet worden. Wir wissen längst, daß es feine jachlichen Argumente gibt, mit denen diese Oper, die beste Oper Berlins , be­fämpft wird; wir wissen, daß es nur politische Antipathien, fultur­reattionäre Vorurtele sind, die sich immer wieder mit solcher Ber­biffenheit gegen ihren Bestand richten.

Nein, der Antrag der bürgerlichen Fraktionen tommt nicht un­erwartet, er war durch den Vorstoß, den sie schon vor einem Monat im Hauptausschuß unternommen haben, geschickt vorbereitet. Be­fremdlich, ungewöhnlich ist die Art des Vorgehens, zu der sie sich nun entschlossen haben. Für einen bestimmten Zweck soll ein Betrag von 600 000 Mart freigemacht, also an einer andeern Stelle des Etats erspart werden; warum überläßt man nicht dem verantwort­lichen Ministerium, die Stelle zu suchen und zu finden, an der das Geld sich einsparen ließe. Die Not der Landesbühnen ist groß, und der Wunsch ist berechtigt, dieser Not durch Erhöhung der staatlichen Zuschüsse zu steuern. Man sollte doch erst die Frage prüfen, ob es nicht möglich wäre, aus dem Gesamtetat der vier Staatstheater bei zweckmäßiger Umorganisierung, und das fömte selbstverständlich nicht von heute auf morgen geschehen, die gedachte Summe heraus­zunehmen. Unverständlich, warum das innerhalb eines einzigen unter vier Theaterbetrieben geleistet werden soll, und gerade in dem Opernbetrieb, der ohnehin schon auf dem Grundsatz möglichster| Sparfamfeit aufgebaut ist. Die Untlarheit des Spiels, das da ge­trieben wird, ist allzu durchsichtig. Und obendrein muß jedem, der die Verhältnisse tennt, müffen wir solche Kenntnis bei den Antrag stellern nicht voraussehen?- ohne weiteres flar sein, daß der Antrag in der Tat völlig undurchführbar ist.

Das Geschäftsjahr des staatlichen Haushalts beginnt jetzt zu laufen; folgerichtig müßten die geforderten Ersparnisse innerhalb dieses Geschäftsjahres erzielt werden. Das ist unter allen Umständen unmöglich. Das Opernjahr, in dem wir uns befinden, endet im

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Brülle, China !"

Zweite Aufführung des Meyerhold - Theaters. Tretjakows Schauspiel wurde uns in neun wirksame Bilder zergliebert zum starten Erlebnis. Borweggenommen soll werden, daß es sich hier um ein Bühnenwert handelt, dem der Borzug schlagender, mitreißender Tendenz irgendwie zum Nachteil wird. Unwahrscheinlich tief gähnt bie luft, die hier das Gute( die Knechte) vom Bösen( den Herren) trennt. Wie immer, wenn wir urteilen müffen, fei auch hier unsere erste Pflicht das Verstehen. Wir müssen die Welt begreifen, in der Meyerholds Kunst wurde und aufwuchs. Eine Kunst, die innerhalb der Mauern des Sowjet­staates groß wurde unter jener Regierung der Gleichheit, die feine Gleichheit fennt. Eine Kunst, die Freiheit und Befreiung propagiert, meil hinter ihr horchende Häscher stehen. Natürlich soll und würde ist ein revolutionärer Mensch. Aber das neue Theater mußte seine Entwicklung im Gewaltmarsch vollbringen und durfte nicht bei Zwischenstadien liebevoll verweilen. Diese Kunst, diese tendenziöse, traffe und im Sinne des Wortes ,, ein"-feitige Kunst muß mider­hallen und sich auf die Brust schlagen und ihre Ehrlichkeit beteuern. Denn so erfordert es brüben das tyrannische System der Freiheit.

Theater am Bülowolak: Das Lieb von Soboken. 13., 11½ Uhr: Ruinisaje die Kunst Meyerholds auch sonst revolutionäre Kunst fein, denn er Mufit( Berliner Funtorchefter).

Staatstheater.

Staatsoper Unter den Linden: 6. Walküre . 7. Traviata. 8. Cavalleria. 11. Schwanda, der Baiazzi. 9. Meifterfinger. 10. Macht des Schicksals. Dibelsarpfeifer. 12. Barbier von Sevilla. 13. Rosenkavalier . 14. Tosca . Staatsoper am Blah ber Republik: 6. Carmen. 7. Der fliegende Holländer . 8. Galome. 9. Leben des Dreft. 10, Bertaufte Braut. 11., 13. Sauberflöte.

12. Fibelio. 14. Seimliche Che.

Stäbtische Oper: 6., 11. Maschinist Sopkins. 7. Quftige Weiber. 8. Rigo­ letto . 9. Butterfin. 10., 13. Don Giovanni . 12. Entführung aus dem Gerail. 14. Mastenball.

Schauspielhaus am Gendarmenmarkt: 6., 9., 13.; Liebes Lust und Leid. 7. Friedrich von Homburg. 8. Wallensteins Tob. 10. Web' dem, der ligt. 11., 14. Beer Gynt. 12. Guten Morgen, Herr fifcher. Das Fest der Sand­werfer.

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Schiller- Theater: 6., 13., 13., 14. Der G'wissenswurm. 7., 9. Das Friedens feft. 8., 10. Boubouroche George Dandin. 11. Florian Gener. Theater mit feftem Spielplan. Kammerspiele: Die liebe Deutsches Theater : Der Raifer von Amerika . Feindin. Die Komödie: Die Kreatur. Theater am Rollendorfplak: Der Komödien Streit um ben Sergeanten Grifca. 6., 11% Uhr: Tanzmatinee. haus: Meine Schwefter und ich. Großes Schauspielbans: Die 3 Musketiere. Theater des Weftens: Das Land des Lächelns . Metropol- Theater: Der Bettel­student. Romische Oper: Majestät läßt bitten. Luftspielhans: Geschäft mit merila. Theater in ber Behrenstr. 53-54: Bater sein, dagegen fehr! Residenz- Theater: Eisriefe. Deutsches Künstler- Theater: Sex Appeal. Ber liner Theater: Eins, amei, brei und Couper. Die Tribüne: Er". Kleines Theater: Mabame hat Ausgang. Wallner- Theater:§ 216( Frauen in Not). Walhalla Theater: Schwarzwaldmädel. Cafins- Theater: Der wahre Jakob. Theter in der Klosterstraße: Bismards Entlaffuna. Wintergarten, Blaza, Scala: Internationales Bariete, Reichsballen- Theater: Stettiner Gänger. Theater am Rottbuffer Tor: Elite- Sänger.

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Theater mit wechselndem Spielplan.

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Theater in ber Stresemannstraße: Bis 8. Brülle, China ! Ab 9. Der Bald. Rose- Theater: geffing- Theater: 6, Saus Danieli. Ab 7. Flamme. Bis 11. Die golb'ne Meisterin. Ab 12. Shre Hoheit die Tänzerin. Schloß part Theater Stealis: Bis 10. Schneider Bibbel. Ab 11. Siebe auf den 2. Blid.

maus.

fehr!

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Nachmittagsvorstellungen:

Boltsbühne. Theater am Bülowplak: 6. Das Gerücht. Großes Schau spielhaus: 6., 13. Die 3 Musketiere. Theater bes Wellens: 6., 13. Wiener Blut. Metropol Theater: 6., 18., 14% Uhr: Friederike; 17 Uhr: Die Fleder­Theater in ber Bebrenstraße 53-54: 6., 13. Bater fein, dagegen Theater in ber Klosterstraße: 5., 6. Afcbröbel. 12., 13. Der geftiefelte Rater und bas Ofterhäschen, 6., 17 Uhr: Der Serer. 13., 17 Uhr: Die Büche der Bandora . Schlokvart- Theater Stealih: 6. Flies, roter Abler von Tirol. Wintergarten: 6., 12., 13. Snternationales Variete. Blaza, Scale: Inter nationales Barieté. Reichshallen Theater: 6., 13. Stettiner Sänger. Theater om Rottbuffer Zor: 6., 18. Glite- Gänger.

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Erstaufführungen der Woche:

Montag. 2effing hegter: Flamme. Mittwoch. Theater in bet Sitefemannftrake: Der Wald( Mostauer Staats beater).- Donnerstag. Stäbtife Opez: Don Giovanni . Freitag. 1ok pert- beater: Liebe auf den weiten Blid. Sonnabend. Roste beater: Shre Soheit die Tänzerin.

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Die polnische Kunstausstellung in Berlin , die als Gegenstüd zu der vorjährigen deutschen Kunstausstellung in Warschau im April cröffnet werden sollte, ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Diese vorausgeschickte Tatsache ist die Schattenseite Meyerhold­schen Theaters. Dafür tann er jedoch nichts, denn er mußte unter der Diktatur der Freiheit schaffen und hatte mur einen Weg offen: Die Tendenz.

Seine Kunst aber ist unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit ( Hörigkeit). Sie ist ein geniales, selbstgewähltes System; eine Art Gesamterziehung des Ausdrucks. Ausdruck wieder im eigensten Sinne genommen. Er zieht und züchtet alle Mittel und Möglich teiten des Schauspielerförpers heran, um seine mimische Attions­fraft zu erhöhen. Diese Kunst ist im gewissen Sinne eine Umfehrung der bisher bekannten: Nicht die Mimit ergänzt das Wort, sondern das Wort ist die letzte Glättung des Körperspieles. Meŋerhold ist ein großer Formbildner der Bühne, ein Erweiterer und Erforscher der Welt des Schauspielers. Ein Psychologe der Bewegung.

Brülle China !", bas uns im Theater in der Stresemann Straße gezeigt wurde, ist das Drama ber getretenen Lafttiere Chinas , der Kulis. Ein Kriegsschiff liegt im Hafen von Ban Sjan. Ein Kapitän, ein Offizier, Herren des Hafens und der Menschen. Ein Geschäftsmann ist mit Frau und Tochter da und verhandelt mit Hole, dem Händler, über ein Ledergeschäft, das nicht zustande kommt. Hole verläßt das Schiff, soll an Land gerudert werden, weigert sich jedoch, dem Ruderfuli den verlangten Preis zu zahlen. Ein Streit entsteht, Hole stürzt ins Wasser, ertrintt. Der Kapitän des Kanonen­bootes fordert Auslieferung des vermeintlichen Mörders, der ge­flohen ist. Er fordert das Leben zweier Kulis für das Leben Holes. Die Stufis losen die zum Tode bestimmten unter sich aus. Die zwei werben hingerichtet. Die Erbitterung ob der Willfür und Un erbittlichkeit der Mächtigen ergreift die Herzen diefer Rechtlosen und der Gedanke an ein freies China erwacht in ihnen und vereint sich.

Das Bühnenbild, die Kommandobrüde des Ranonenbootes mit dem Hafen davor ist flar, einfach und wirksam. Die Szenen wirken Es wird in ihrer malerischen Einheitlichkeit traumhaft schön. russisch gespielt, aber das Wesentliche wird von allen verstanden, benn wie gesagt, ist das Wort nicht Hauptmittel des Ausbrucks.

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Die Kampffront gegen die Republitoper reicht von den Deutsch­nationalen bis zu den Demokraten. Das ist ein peinlicher Anblick. Haben die bürgerlichen Regierungsparteien das Intrigenspiel nicht durchschaut, in das sie sich da haben verstricken lassen? Es ist schwer verständlich, daß sie sich dazu hergeben, den Kampf gegen die Existenz eines Instituts mitzumachen, das die Aufgabe sozialer Kunstpflege, diese höchste fünstlerische Aufgabe des Boltsstaates, vorbildlich er­füllt vorbildlich nicht nur nach unserer Meinung, sondern auch nach dem Urteil ihrer eigenen Presse. Es ist unverständlich, daß die Demokraten ihre eigene liberale Tradition verleugnen und einem fünstlerischen Unternehmen ans Leben gehen, das den fünstlerischen Fortschritt pflegt. Sind in ihr Fraktionszimmer nicht die Stimmen der Empörung gedrungen, die sich aller Geistigen, aller Fortschritt­lichen bemächtigt hat und nicht zur Ruhe kommt, seit die reaktionäre Opposition ihren Feldzug gegen die Republikoper eröffnet hat?

Der bürgerliche Antrag ist undurchführbar. Er sagt nicht aus, was er wirklich meint. Aber das, was mit ihm nur gemeint sein fann, das ist, nicht allein von unserem Standpuntt, unannehmbar: die Schließung der Republitoper. Einstweilen wird ihr durch diesen unvernünftigen Schritt moralischer Schaden zugefügt. Die 600 000 Mart, die für die Landesbühnenorganisation gebraucht werden, und noch viel mehr ließen sich leicht ersparen, wenn der Weg beschritten würde, der hier schon vor Monaten als der einzig gangbare empfohlen worden ist: Zusammenlegung der Lindenoper mit der Staatsoper. Die republikanischen Parteien sollten sich endlich fragen, ob in der Tat der preußische Staat, in derselben Weise wie einst der König von Preußen, verpflichtet sei, zu seiner Repräsen tation eine tostspielige Lurusoper zu unterhalten, und ob es nicht heute vielmehr die Stadt Berlin ist, der in Berlin solche Repräsen­tationspflicht vor allem obliegt. Wenn die bevorstehenden Ber­handlungen zwischen Staat und Stadt in diesem Sinne geführt werden, vielleicht unter Beteiligung des Reiches, dann werden wir endlich nicht mehr nötig haben, ein Kunstinstitut zu verteidigen, das feine Unentbehrlichkeit für den preußischen Staat unwiderleglich be Klaus Pringsheim . wiesen hat; die Republikoper.

Um den Kopf der Nefretete.

Die Berhandlungen, die seit Jahren zwischen der preußischen und der ägyptischen Regierung wegen Rückgabe des im Berliner neuen Museum befindlichen Kopfes der Königin Nefretete geführt werden, sollen jetzt zum Abschluß kommen. Der Kopf der Nefretete geht nach Aegypten und die ägyptische Regierung liefert bafür zwei wertvolle Bildwerke aus dem Museum zu Kairo : eins aus der Pyramidenzeit und eins aus der Zeit des Neuen Reichs.

ein

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Meyerholds Tee.

Führende Persönlichkeiten der Berliner Theaterwelt uden bie Bertreter der Presse zu einem Begrüßungstee zu Ehren des Mos­fauer Staatstheaterfeiters Meyerhold in das Hotel Russischer Hof. Bictor Barnowski würdigte in einer Ansprache Meyerholds Berdienste um die Entwicklung des neuen Theaters und verhehlte nicht, daß er hier glaube er für die deutsche Deffentlichkeit zu sprechen erstaunt fei über die Wahl des ersten Stückes, Gogols Revisor". Man habe Neues, Grundsägliches erwartet. Auch was die Auswahl der zur Aufführung gelangenden Stücke angeht.

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Meyerhold antwortete in deutscher Sprache, die er nicht so voll­tommen beherrscht, um diplomatische Umschweife, Flosteln und Rede­wendungen gebrauchen zu können. Daher geschah das Erstaunliche, daß bei einem Berliner offiziellen Begrüßungstee eine Rede gehalten wurde, die nicht bemüht war, mit vielen und schönen Worten nichts zu sagen, sondern daß ein einfacher, etwas gebeugter, grauhaariger Mensch aufstand und seiner Empörung, die er der Berliner Kritik gegenüber empfand, mit erfrischender Unfachlichkeit Luft machte.

Der Mensch, dieser Russe Meyerhold , sprach nicht wie ein Schauspieler, sondern wie ein Mensch. Meyerhold wollte in seinem Gastspiel Entwicklung zeigen. Entwicklung beginnt mit der niedersten Stufe. Er hat hier nicht die Mittel zur Berfügung, die ihm Mostau bühnentechnisch bietet. Er ist in der Fremde. Er spielt vor einem fremden Bublifum, das er nicht fennt. Er hat jahrelang im Dienste einer uns unbegreiflichen Welt gearbeitet. Aber wenn man ihn ansieht, dann weiß man, daß er ehrlich gearbeitet hat.

Er ist unser Gaft.

Versuchen wir, gastfreundlich zu sein. v. Sacher- Masoch.

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Elfoß- Cothringische Bolfsbühne Berlin . Die durch ihre elläififchen Dialett Aufführungen in Berlin befannte Elsaß Lothringtfche Boltsbühne Berlin " wird am 6. April, 15 Ubr, im Berliner Theater den brejaftigen Schwant D'r Luftibüs" von Gustav Stostopf zur Aufführung bringen. Starten zu 5, 4, 8 und 2 Mart im Borverkauf in der Geschäftsstelle des " Hilfsbundes für die Elsaß- Rotbringer im Reich", Schöneberg, Martine Luther- traße 27( Fernspredjer 1376/77), fonft am Tage der Aufführung an der Theaterkasse.

Der Meinete'sche Männerchor Berlin 1900 veranstaltet unter Beilung

femes Ebormeifters P. A. Jofeph am Conntag, bem 6. april, in der Etaatlichen ochschule für Mufit, ein Stonzert. Beginn 4 Uhr. Caal eröffnung 3, Uhr.

Kunstwerte für eine Milliarde ausgewandert. Bufolge zostatistischer Feftitellungen sind im Sabre 1929 für 250 Millionen Dollar Stunstweife nach den Vereinigten Staaten eingeführt worden. Etwa 35 Broz. dieser Summe dienten der Erwerbung alter Meisterwerfe.

Die Wette nit dem Tod", ein piel von Lola Lanbau, wurde zur Uraufführung an den Matftfestspielen in Wernigerode unter Leitung des Intendanten Rudolf Hortig für Juli 1930 angenommen.

Die Schauspieler fönnen mur gemeinsam gelobt werden, da man nicht sagen könnte, diefer sei gut, jener besser gewesen. Alle maren gut, geformt nach Meyerholds Idee. Ein großer, verdienter Regie Jaques Feyder und Carmen mit Bola Negri und Harry Liedile, Erfolg.

Alexander von Sacher- Masoch.

Biermal Carmen" im Film. Nachdem die Kamera erft fürzlich Carmen " mit Dolores del Rio und" Carmen " mit Chaplin gezeigt bat, bringt sie jest eine Gegenüberstellung von Carmen" mit Raquel Meller , Regie Ernst Lubitsch .