Luftmord eines Greises.
Eine 57jährige Frau im Bett umgebracht.
Ein furchtbares Verbrechen eines alten Invaliden wurde am Sonntag in Kolmar entdeckt. Die Porflerfrau eines Hauses wunderte sich, daß einer ihrer Mieter, der 71jährige Karl Bent, das Haus noch nicht verlassen hatte, obgleich er sich jeden Sonntag in das Museum begab, wo er als Wachter angestellt war. Sie verschaffte fich deshalb Eingang in die Wohnung und entdeckte beim Betreten des Schlafzimmers den Leichnam ihres Mieters. Der Mieter hatte sich an einem Beffpfosten aufgehängt. In einer großen Blutlache lag quer über dem Bett der Leichnam einer unbekannten Frau, der der Kopf fast vom Rumpf getrennt war.
Die Polizei stellte fest, daß zwischen dem Mörder und seinem Opfer ein Kampf stattgefunden haben muß. Es handelt sich zweifellos um einen Lust mord. Wenige Stunden nach der Tat erschien ein Arbeiter auf der Polizei und meldete seine Frau als vermißt. Es stellte sich heraus, daß die Ermordete die 57jährige Frau des Arbeiters war. Ob sie sich aus freien Stücken in die Wohnung des Mörders begeben oder in einen Hinterhalt gelockt worden eft, fonnte noch nicht festgestellt werden.
Feuer in der Mietfaserne. Mutter mit zwei Töchtern verbrannt.
New Yort, 7. April.
In einer Mieffaferne in Brooklyn brach vermutlich infolge Brandstiftung ein Feuer aus. Hierbei tamen drei Personen, eine Muffer mit ihren zwei Töchern, ums Leben, der Vater und zwei andere Kinder erlitten schwere Verlegungen. Die Polizei fahndet nach dem mutmaßlichen Brandstifter, der, wie man glaubt, noch vierzehn andere Brände in den letzten Wochen in der gleichen Gegend angelegt hat. Wellington ( Australien ), 7. April. Sonnabend abend stieß in der Nähe von Whangarei an einem Bahnübergang ein Eisenbahnzug mit einem Autobus zu famnien. Sechs Infaffen des Kraftwagens wurden getötet und fünf verlegt, von denen einer hoffnungslos daniederliegt.
3n Tretjatows Schauspiel Brülle, China !", wie es uns Meyerhold foeben in seinem Gastspiel zeigte, wird der leidende, erwachende und um feine Befreiung ringende Kuli in den Dienst der uns nun schon reichlich bekannten bolichewiftischen Propaganda gestellt. Anders der österreichische Dichter
Friedrich Lichtneker
dessen Dramen auch in Deutschland nicht mehr unbekannt sind ( fein Schauspiel Die Gezeichneten" wird voraussichtlich im fommenden Winter in Berlin uraufgeführt werden), in feinem Roman
Jaoë jaoë
mit dessen Abdrud wir am Dienstag beginnen. 3m Mittelpunkt dieses Romans, der wie eine Kriminalgefchichte beginnt und mit einer Tragödie abschließt, steht der Suliaufstand in Schanghai , in dem so viele Chinesen für Sowjetrußland verblutelen, ohne damit China sowie ihren Rassen- und Klaffengenossen irgendwie zu helfen. Lightneter ift um fo cher autorisiert, diefen Aufstand zum Mittelpunkt eines Romaus zu machen, als er die verworfene Atmosphäre Schanghais und die Anfänge der Bewegung in einjährigem Aufenthalt selbst erlebt hat. Was, auf europäische Berhältnisse übertragen, phantastisch wirken würde in dem Hegentessel der Kaffen und der internationalen folonialpolitisch- fapitalistischen Ambitionen Shanghai ist es gespenstische Realität. Und so mag denn manches Beiwerk in dem Roman das Produkt dichterischer Erfindung sein: feine Personen haben gelebt und ihr Schicksal erfüllte sich laum anders, als es hier aufgezeigt wird.
Banffrach in Breslau . Berluft von 750 000 M.- Bahlungen eingestellt.
Breslau , 7. April. Nach Zeitungsmeldungen wird die Breslauer Bank e. G. m. b. H. am Montag ihre Schalter schließen, da sich ein Fehlbetrag von 750 000 Mart herausgestellt hat. Dieser Fehlbetrag foll, wie das Blatt wissen will, auf leichtsinnige Rreditgemäh. rung zurüdzuführen sein. Der Borstand der Genossenschaft habe Mitte Februar dieses Jahres die Beobachtung gemacht, daß Kredite an Bersonen gewährt worden seien, die offenbar nicht die genügenbe Sicherheit boten. Um darüber Klarheit zu schaffen, fei eine gründliche Nachprüfung der Kreditgewährung beschlossen wor den. Die Nachprüfung habe das Ergebnis, daß der für die Kreditgewährung verantwortliche Direttor tatsächlich sehr hohe Kredite gewährt habe, ohne im Befiße der notwendigen Unterlagen zu fein; er werde vorläufig beurlaubt.
Warschauer Banfier ermordet.
Warschau , 7. April. Der Inhaber eines fleinen Bankgeschäfts wurde gestern am hellen Tag in seinem Büro von zwei unbekannten Männern überfallen und ermordet. Die Bank, die in einer der Hauptstraßen thre Räume hat, wurde vollständig ausgeraubt. Die Täter sind entkommen. Das Verbrechen erregt umso größeres Aussehen, als dieselbe Bant schon einmal vor wenigen Jahren von Banditen überfallen wurde, die die Töchter des Bankiers schwer verlegten. Damals wurde der Haupttäter festgenommen; er der büßt zur Zeit eine Zuchthausstrafe.
Heute Neuköllner Kreismitgliederversammlung. 14. Streis Neutälln. Montag, 7. April, 19% Uhr, bei Rliem, großer Saal, Hafenheide, Streismitgliederversammlung. Bortrag: Das Ausscheiden der Sozialdemokratie aus der Reichsregierung." Referent Franz Künstler. Bünftliches und zahlreiches Erscheinen wird. erwartet. Mitgliedsbuch ist mitzubringen.
Wetter für Berlin : Woltiges Wetter ohne wesentliche Temperaturänderung, feine nennenswerten Niederschläge, schwache Winde aus öftlichen Richtungen. Für Deutschland : Im Westen und Süden ziemlich heiter, im übrigen Reiche moltig, aber nur noch im äußersten Osten Regenneigung, nirgends wesentliche Temperatur änderung
Vor zehn Jahren.12
Der sibirische Friedhof.
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Es find im April gerade zehn Jahre her, daß die endgültigen| fchaft und Selbstzucht zerstört, wie sie fich drängen, zanfen und Beschlüsse zur Heimschaffung der in Sibirien zurückgebliebenen blutig schlagen, schließlich sogar verraten, das fennzeichnet deutKriegsgefangenen gefaßt worden sind. Zehn Jahre sind erst ver- lich das wahre Klima der Lager. Das müßt ihr lesen, deutsche gangen, seit diese letzten Fünfhunderttausend aus ihrer furchtbaren Mütter und Frauen, die ihr voll Stolz eure Männer und Söhne Lage erlöst werden konnten, in der sie, abseits vom großen Kampfe, zum Rampf hinausgeschickt habt! Wie viele haben sich dort in dunklen, versteckten Barackenwinkeln von ungewaschenen, überdas Grauenvollste erlebten, was im Krieg zu erleben war. anspruchten Mädchen für teures Geld die asiatische Syphilis mitgebracht? Es waren Gatten, Familienväter, Bräutigame und naben, es waren Bostsekretäre, Bankdirektoren, Kanalarbeiter. Da galt teine Rangordnung mehr, einer tom nach dem anderen. Da standen Vorgesetzte und Untergebene Schlange.
Was sie erlitten haben, das soll nicht vergessen sein. Daran muß erinnert werben, so lange der Kriegsgedante noch umgeht, fo lange der Kriegsverherrlichung noch mit Erinnerungen begegnet werden kann.
Sibirien ist, um damit zu beginnen, der Friedhof von fünf. hunderttausend deutschen, österreichischen, bulgarischen, türkischen Männern, die einen ruhmlofen Heldentod starben. Typhus, Wahnfinn, Hunger und Kälte hat sie hingerafft.
Wir wissen es noch. Die Knute des Baren hat dazu das ihre getan, torrupte Lagerbehörden, schneidig- fadistische Wachtoffiziere, ftur mißleitete Muschits. Aber selbst, wenn man alle Anklagen, die mit Recht von Gefangenen gegen die Wächter( auf allen Seiten!) erhoben wurden, wenn man all diese Anklagen außer acht lassen
will, dann bleibt noch genug!
Exzesse.
Das alles entsprach im ganzen der Vorstellung nicht, die der Krieger sich, als er begeistert hinauszog, gemacht hat. Es war jo wenig einbeschlossen in die Idee vom Heldenkampf auf dem Felde der Ehre wie etwa Etappenbordelle und Syphilisfazarette. Man hatte daran nicht gedacht. der Ehre wie etwa Etappenbordelle und Syphilisfazarette. Man
Man hatte das nicht gedacht. Man hatte auch nicht gedacht, daß sie alle, unterschiedslos, einmal Schuhwichse fabrizieren müßten oder Streichhölzer, Knöpfe, türkische Zigaretten, lauter Artikel, an denen es in Sibirien fehlte, mit denen nach der bolschewistischen Revolution sich die Kriegsgefangenen ,,, freie Bürger", den Unterbalt selber verdienen mußten.
Aus diesem Leben famen, vor nunmehr zehn Jahren, als letzte zurüd. Sie tamen mit leeren Händen. Aber sie brachten aus von allen Gefangenen, hunderttausend Männer nach Deutschland der Kriege. Sibirien eine Erfahrung mit: die vom unermeßlichen Wahnsinn
Länder Kulturfilme.
Dann bleiben noch vier, fünf, sechs Gefangenschaftsjahre, Jahre ohne Betten und Bad, ohne Wäsche, in ungelüfteten verlauften, verwanzten Holzbaraden, in Zwangsgemeinschaft mit überreizten, nervösen, streitsüchtigen Kameraden. Dann bleibt der Lagerfimmel", die Stacheldrahtkrankheit, die zu zahllosen SelbstmordDie wirksamste, die schönste und gleichzeitig am meisten aufversuchen, zu seelischen Stömmgen, ja zu offenen Wahnsinns ausbrüchen führte. Bleibt die unverhüllte Geschlechtsnot der Eng - lärende Propaganda für ein Land, auf das man die Aufmerksam. aneinandergepferchten, Ausschweifung, Onanie und schließlich die feit lenken, in das man den Strom der Reisenden zu ziehen beaboffen zutage getretene Männerliebe, Epidemien homoferueller sichtigt, vermag der Film zu leisten. Am Sonntag sollte dieser Segen in zwei Sonderaufführungen gleich zwei Ländern zuteil werden: im Capitol wurde Spanien entdeckt und im Il fa- Palast am 300 Ungarn . Man braucht beide Länder nicht bloß vom malerischen und romantischen Standpunkt aus sehenswert zu finden, man möchte auch den modernen Rhythmus der Arbeit in ihnen vernehmen. Spanien hat H. Knörösi photographiert, sehr stimmungsvoll( das Akzent liegt auf dem starten Kontrast des blendenden Lichts und der tiefen Schatten). Das volle Mittelalter dieses Landes wird einem in Toledo tiar, die herrlichste maurische Dafe leuchtet in der Alhambra auf; baneben Charafterbilder einer müsten öden Landschaft, mit der schneebedeckten Sierra Nevada im Hintergrunde. Madrid tommt sehr furz weg mit ein paar Holzhäusern. Glanz des Südens und Boltsleben bietet Sevilla ; aber den Buts des modernen Spanien spürt man erst in Barcelona , der Stadt der Arbeit und des Verkehrs. Ein paar Bilder von der Weltausstellung und ein grandios und lebendig photographierter Stierkampf machen den Beschluß. Leider werden die Bilder viel zu rasch vorgeführt.
Im Leben der Kriegsgefangenen stellte sich mun die ungelöste Geschlechtsfrage als die lebensbeherrschende Frage heraus. Der Zweifel der Gatten, das wache Triebleben der heranwachsenden jungen Burschen, die ganze Atmosphäre von Boten, Zweideutig Leiten und obszönen Erinnerungen erhigte jahrelang bie Phantasie weibhungriger Männer, die an pifanten Bildern und Erzählungen, allenfalls noch an den Reizen der Freudenknaben und Damenbarsteller fargen Ersatz suchen mußten.
Dwingers Armee hinter Stacheldraht", auch Radion Markovits Gefangenlagerroman enthalten Schilderungen von gelegentlich insgeheim etablierten Lagerbordellen. Sie spotten jeder Beschreibung. Wie hier durch die eingeschmuggelten Frauen der ganze Bienenschwarm der Gefangenen in wilde Erregung gerät, drei Frauen auf einige tausend Mann! wie die Gier alle Reste von Kamerad
Majestät läßt bitten..." Komische Oper.
Der angenehmste Operettenabend seit Jahren. Eine Operette, frei von Beinlichkeiten. Keine zudringliche Sentimentalität, teine gespreizte Dramatit, tein falsches Pathos. Eine Operette, die sich nicht wichtig macht. Eine Operette ohne öde Settfröhlichkeit und erotischen Ritsch. Eine Operette mit Taft und Geschmad.
Der Titel läßt etwas Politisch- Satirisches erwarten. Aber damit ist's nicht weit her. In einem Quartett„ Das europäische Ron zert" gibt es ein bißchen über den Bölkerbund zu lachen, zum Ausgleich werden militärische Symbole fanft veruitt. Das ist alles. Die Autoren sind vorsichtig, und sie wissen warum. Die Gesell schaft, vor der hier Operette gespielt wird, ist politisch gespalten Man will teinem Teil zu nahe treten. Aber der ironisch- wißige Geist des Tondichters Rideamus ist immer zu spüren, er nimmt, um durchzubringen, jede Gelegenheit wahr, die ihm die zugrunde liegende Komödie„ Die Herzogin von Elba " bietet.
Man hat das Stück von Rudolph Lothar und Ritter- Winterstein vor ein paar Jahren in Berlin gesehen. Napoleons nächtliche Flucht aus Elba bildet den geschichtlichen Hintergrund für einen amüsanten Einfall von Handlung. Es gilt, den Kommandanten der Bürgergarde von Porto Ferrajo, Pompeo Napoldi, und seine Frau Maddalena für ein paar Stunden abzulenfen: durch eine Atrappe von erotischem Abenteuer werden sie unschädlich gemacht. Das spielt sich in drei Lustspielaften ab, die von leichter Hand gefchickt und sicher geführt sind.
Leicht und dezent, so ist auch Walter Kollos Mufit; auch fie hat den in der neueren Operette seltenen Vorzug, feinen Augenblick unangenehm aufzufallen. Kleines Orchester, fleine Formen, der Stil mehr mufifalische Konversation als Schlageroperette; auch die Nummern, die den Erfolg machen sollen, haben nicht die belästigende Art, sich in Szene zu setzen. Und so ist auch die Aufführung in der Romischen Oper auf einen Grundton von Liebenswürdigkeit und anmutiger Leichtigkeit geftimmt. Hauptdarsteller: Camilla Spira , Friz Schulz, Otto Walburg , Hella Kürty. D. Arents Bühnenausstattung, ber besten Sache würdig, macht diese zu einer befferen, als sonstwo die Berliner Operettenbühne zu bieten hat. K. P.
Benno
Der Rüdgang der Einwanderung nach Amerika . Trog, der großen Zahl von Arbeitslosen, die es heute in den europäischen Ländern gibt, ist die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr bedeutend zurückgegangen. Nach den Zahlen, die das amerikanische Einwanderungsamt veröffentlicht, find in verschiedenen Ländern die ihnen zustehenden Quoten nicht ausgenutzt worden. Von der deutschen Quote, die 26 000 Ginwanderer umfaßt, find 5500 Bisa nicht ausgenutzt worden. Aus Groß- Britannien, das 65 000 Emwanderer nach Amerita entfenden darf, find gegen 28 000 Bifa verfallen, und von den 17 500 Einwanderern, die der irische Freistaat nach den Bereinigten Staaten schiden durfte, find nur 12 000 ausgewandert. Obwohl die Gesamtquote Jatfiens weniger als 6000 betrug, find doch faft 1500 Bisa unbenugt geblieben.
In der Gesellschaft für Oftafiatische Kunft spricht heute, 8 U6r, in der Staatl. Kunitbibliothel Prof C. Hente- Antwerpen über: Probleme ber ithtbo sibiriichen und chinesischer Runst". Borher hält Prof Boerschmann einen Nachruf auf Nichard Wilhelm
Prof. Wilhelm Ditwald spricht auf Einladung der Gesellschaft für em
birische Philosophie über Ueberbeilung, ein biologisches Urphänomen, Dienstag, 20 Uhr, im Hörsaal der 2. Medizinischen Klinit, Schumannstr. 21.
Als nächste Studioaufführung der Volfsbühne geht unter der Regie von ( Sünther Start das Schauspiel, Rost von Kirchon und Duspensti am Sonntag, den 27. April vormittags 11%, Uhr in Scene.
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Der ungarische Film, den die Ufa präsentierte, will offenbar nicht nur Land und Leute in Ungarn zeigen was auch schon ebensogut und beffer geschehen ist, sondern auch noch für das er. wachende Ungarn Propaganda machen.
r.
Im Erdgeschoß des Kaiser Friedrich- Museums st die Ausbeute der deutschen Expedition nach Stefiphon ausgestellt, die 1928/29 im Auftrag der Deutschen Orientgesellschaft und der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft dort Grabungen veranstaltet hat. Ketesiphon liegt am Tigris und war Mittelpunkt des parthischen und sassanidischen Reiches, das sich im Osten des Römerstaates von Babylonien aus weit nach Perfien und darüber hinaus erstreckte; es war, gleich Germanien im Norden, sein nie bezwungener Feind und hatte in spätrömischer Zeit unter den Saffantben eine eigene Kultur entwickelt, freilich ganz unter dem Einfluß des Hellenismus ( dem das angrenzende Gandara im Westen Indiens ja noch auffälliger unterlegen war). Die Ausgrabungen in Ktesiphon haben das Bild dieser fernen und wenig befannten Kunst deutlicher hervortreten lassen. Man sieht Stuckornamente aus Palästen und christlichen Kirchen und eine Heiligenfigur aus dem 6. bis 7. Jahrhundert n. Chr., die die Auflösung des antiken Formentanons ins Flächige und Abftratte flar veranschaulichen, in einer Art, die über die gleichzeitige und verwandte byzantinische Wandlung noch hinausgreift und schon an romantische Stulpturen Mitteleuropas im 12. Jahrhundert erinnert. Eine andere Gruppe von Studornamenten, aus dem 8. bis 9. Jahrhundert n. Chr., ist schon zu mohammedanischer Zeit entstanden, zeigt das Fortschreiten der flächenhaften Dekoration zum islamischen geometrischen Teppichstil hin, mit lebhaften unterSchnittenen Ornamenten. Kurz, man hat hier ein Verbindungsglied zwischen Spätantike und arabischer Kunst gefunden, das in der Entwicklung seiner Ornamentit und deren Berwandtschaft mit europäisch romanischer Abstraktion sehr intereffant und aufschlußreich ist. Kleinere Studfiguren und schöne glasierte Gefäße in Seebau und Grün vervollständigen dieses Bild einer Randstaatenfultur, die Wesentliches zur Vorbereitung islamischer und vielleicht auch romanischer Form beigetragen hat.
p. f. sch.
Der Paria als Abgeordneter.
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Husseini Routh war ein mit 20 Rupien Monatslohn angestellter Mehtar" im europäischen Klub von Midnapur. Ein Mehtar" gift allgemein als ein Straßenfehrer, den die Ausübung dieser von den höheren Kasten gemiedenen untergeordneten Tätigkeit degrabiert. Er gilt dem Hindu zumeist als so unrein und unberührbar, wie es nur ein Mensch in Indien sein kann. Alles das hat nicht gehindert, daß Husseini Rauth jetzt täglich Diäten von 10 Rupien erhält und Anspruch auf freie Eisenbahnfahrt in der ersten Klasse der indifchen Bahnen hat, da er Mitglied der gefeßgebenden Versammlung der bengalischen Staaten geworden ist. Husseini schlug seinen Gegen fandidaten, einen Schuhflicker: seine Wahl wurde in der Stadt mit heller Begeisterung begrüßt. Der Präsident des bengalischen Prä fidentschaftsrats, ein Hindu aus hoher Kaste, war aufs tiefste empört über den une.hörten Verlauf der Dinge, was aber Husseini nicht hinderte, in Kalkutta den Eid auf die Verfassung abzulegen. Da er in feiner Sprache lesen und schreiben kann, so wurde ihm der Eid in bengalischer Sprache vorgelesen, und er brüde seine Bu Stimmung durch ein unter das Schriftstück gesettes Beichen aus. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er beim Zusammentreten des Parlaments von dem Präsidenten durch den üblichen Handschlag begrüßt wurde. Allerdings wischte sich der Präsident nach erfolgter Zeremonie seine Hände sorgfältig an den Hosen ab, was aber der Begeisterung der Anwesenden teinen Abbruch tat. Nach der Zeremonie erklärte Suffeini, der jeßt Babu Huffeini Rauth heißt. in furzen Worten, daß er seine Energie und feinen Eiser zum Besten feines Landes und feiner Berfaffung verwenden wolle,