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Nr. 177 47. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts 15.pril 1930

Demokraten retten die Warenhaussteuer.

Der Endkampf im Reichstag. og si

In der gestrigen Reichstagssigung sprach vor dem Begimi der den die sozialdemokratischen Aenderungsanträge zur Sanierung der Abstimmungen noch

Abg. Grotewohl  ( Soz.).

Wir müssen mit einer Durchschnittsziffer der Erwerbslosen rechnen, die über 1,3 Millionen liegt. Angesichts dieser Tatsache ist derartige Gesetzesmacherei unverantwortlich. Es ist grotest, daß die Verwendung von Ueberschüssen aus Lohnsteuer und aus Zöllen, die heute abgebaut werden sollen, aufs engste mit den Namen Stegerwald und Brüning verknüpft sind. Wenn heute diese beiden Männer ihre Namen unter die Abbauvorlagen sezen, so zeigt das die Wandlungsfähigkeit des Zentrums in sozialen Dingen.

Die Zollmillionen sind damals der Invalidenversicherung gegeben worden, um die Gesundheitspflege großzügig auszugestalten. Die Richtlinien dazu find im April v. J. in Kraft getreten. Die In­

Arbeitslosenversicherung abgelehnt. Artikel II, der die Zuweisungen für die Invalidenversicherung von 40 auf 20 Millionen herabseßt, wird in namentlicher Abstimmung

mit 249 gegen 204 Stimmen angenommen. Der Artikel III über Steuerfenfung und Ausgaben eriparnis wird in einfacher Abstimmung angenommen, ebenso das ganze Gesetz zur Vorbereitung der Finanzreform in der Schlußabstimmung.

Dienstag,

Damit find a Ife Dedungsvorlagen der Regierung in dritter Beratung endgültig angenommen.

In namentlicher Abstimmung wird noch ein kommunistischer Antrag auf Aushebung der Lohnsteuer mit 388 gegen 62 Stim­men der Kommunisten und Nationalsozialisten agbelehnt.

Gegen Sozialdemokraten und Kommunisten wird eine Ent­schließung der Deutschnationalen angenommen, in der ausreichende 301lsäge für den Weinbau, Obst- und Gemüsebau gewünscht werden.

Eine sozialdemokratische Entschließung auf Herabsetzung der Zölle für Futtergerste wird abgelehnt.

Präsident Löbe teilt mit, daß das endgültige Abstimmungs­ergebnis für Biersteuer und Mineralwassersteuer nunmehr vorliege und bei beiden Abstimmungen sich die Zahl der Ja- Stimmen um eine erhöhe.

Um 5% Uhr vertagt sich der Reichstag auf Freitag, den 2. Mai, 2 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Etats für 1930.

Die Buschwirtschafts- Partei.

validenversicherung hat eine flare gejehlich feſtgelegte Aufgabe. ue Riefengeschäfte in Kriegsschweinen/ Der Anstand des Schiebers/ Bargeld für Stadtratspoſten

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Reich: Aber das Geld fönnt ihr nicht triegen." ( Buruje: Unerhört!) In einem Briefe des früheren Kollegen André, der jetzt Leiter der Landesversicherungsanstalt in Würt temberg ist, an seinen Parteifreund Stegerwald wird darauf hingewiesen, welche Schwierigkeiten durch diese Maßnahme für die Landesversicherungsanstalten eintreten müssen. Herr André jagt: Es widerspricht den Grundsäßen von Treu und Glauben, wenn diese Mittel für 1929 den Versicherungsanstalten vorenthalten werden sollen. Dann folgt ein herzerschütternder Schrei den Freund Stegerwald: Nun hilf endlich!" Ich will an Herrn Stegermald einen letzten Appell richten, dafür zu sorgen, daß die Dinge, die Herr Andre voraussicht, nicht eintreten. Wenn es uns gelingen sollte, durch die Heranholung unserer letzten Reserven diese Regierung und ihre Pläne zu stürzen, dann mag Herr Brüning seine rote Mappe schwingen. Wir schwingen unsere Fahnen und gehen mit Siegeszuversicht in den Wahlkampf.

an

Abg. Pied( Komm.) hält eine heftige Agitationsrede, die sich vor allem gegen die Sozialdemokratie richtet. Damit ist die Aussprache über jämtliche Dedungsvorlagen be­endet. Es folgen um 2 Uhr

die Abstimmungen.

Zum Gesetz über 3olländerungen, das die Mineral ölzölle und das Agrarprogramm enthält, werden zunächst verschie dene sozialdemokratische und kommunistische Aenderungs: anträge abgelehnt. Die Mineralölzölle und die ersten Artikel des Agrarprogramms werden in einfacher Abstimmung gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten, der National­sozialisten und bei einigen Artikeln gegen einen Teil der Deutsch   nationalen angenommen, darunter auch die soge­Junktim- Bestimmung,

nannte

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wonach die Agrarporlage nur in Kraft treten kann, wenn auch fämtliche Dedungsvorlagen angenommen sind.

Die erste namentliche Abstimmung wird vorgenommen bei der Roggenposition der Agrarvorlage. Hierbei wird et tommunistischer Aenderungsantrag

mit 261 gegen 193 Stimmen abgelehnt. Nach Ablehnung aller weiteren Aenderungsanträge gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten wird das Agrar­programm in der Fassung der zweiten Lejung angenommen.

In der namentlichen Schlußabstimmung wird das Gesek über Zolländerungen, enthaltend Mineralölzölle, Junktim und Agrar vorlage mit 250 gegen 204 Stimmen

angenommen. Dagegen haben die Sozialdemokraten, Kommunisten und Nationalsozialisten, dafür mit den übrigen Parteien auch die Deutsch nationalen gestiimmt, Die Aenderungen des Tabafund des Zuckersteuer­gesezes werden in namentlicher Abstimmung

mit 230 gegen 224 Stimmen

angenommen. Gegen die Vorlage stimmte mit den Sozialdemo­traten, Kommunisten und Nationalsozialisten auch die Minderheit der deutschnationalen Fraftion.

Der Untersuchungsausschuß zur Prüfung der Mißwirtschaft in der Berliner   Stadtverwaltung vernahm am Montag den Kaufmann Blobelt, der nach Aussage von Günther Busch   am besten kennen soll und über seine Geschäfte am genauesten informiert ist. Blobelt hat mit Futtermitteln, Mais, Roggen, Heu, Schweinen, Betroleum und Grundstücken gehandelt. Seine Beziehungen zu Busch reichen bis in das Jahr 1917 zurück. Er hat mit ihm einen Interessenvertrag abgeschlossen, der jetzt noch läuft. Danach hat er für jedes Geschäft Busch einen Anteil abzugeben, und umgekehrt sollte Busch für jedes von ihm abgeschlossene Ge­schäft einen Anteil an den Zeugen zahlen. Blobelt beschwert sich bitter darüber, daß er an Busch immer ehrlich gezahlt hat, so u. a. während des Krieges für eine Lieferung von 50 000 Schweinen allein einen Anteil von 600 000 217.

P

Er hat damals Fühler ausgestreckt zu den Sozialdemokraten, der Volkspartei, den Demokraten und auch der Wirtschaftspartei. Er hat aber überall einen Korb bekommen. Zum Schluß äußert sich noch der Zeuge Dr. Falz über Grundstückstäufe in Schöneberg  . Dabei ist aber völlig einwandfrei verfahren worden, und es sich auch keine Provisionen gezahlt worden.

Die nächste Sigung findet nach den Osterferien statt.

Die Verhandlungen des Stadtfyndikus.

wie immer in solchen Fällen, Zeugen hinzugezogen, nämlich der Magistratsrat Dr. Dittrich und Dr. Müller. Herr Rechts­anwalt Dr. Fuhrmann erklärte, es sei höchste Eile geboten, da die Gefahr bestünde, daß seine Mandanten ihr Material der Gegenseite anböten. Der Stadtfyndikus beantwortete diese Drohung mit einer abweisenden Handbewegung und der Bemerkung: Wenn schon!" Denn diese Gegenseite konnte nur Stadtrat Busch selbst, sein, bei dem nach seiner in der Presse veröffentlichten Er­flärung die Mandanten von Herr Rechtsanwalt Dr. Fuhrmann einen erfolglosen Erpressungsversuch gemacht hatten.

Bei seiner Bernehmung vor dem Untersuchungsausschuß des Landtags hat der Bevollmächtigte des früheren Privatjekretärs Günther, Rechtsanwalt Dr. Fuhrmann, nach Pressemeldungen erklärt, der Stadtfyndikus Lange habe sich dahin geäußert: Benn Dagegen hat Busch immer behauptet, er habe nichts verdient das Material verschwindet, wird es am besten sein." Diese An= und könne ihm auch nichts abgeben. Nach einer Lockerung der Ge- gabe ist nach einer Erklärung Dr. Langes falsch. schäftsverbindung sind die beiden dann wieder zusammengekommen, In Wahrheit soll sich der Vorgang wie folgt abgespielt haben: um mit Petroleum zu handeln, und auf Initiative von Busch wurde Rechtsanwalt Dr. Fuhrmann drängte bei den Sachbearbeitern auf dann die Petrolea" gegründet. In dem Disziplinarverfahren gegen Aushändigung der von seinem Mandanten verlangten Zusicherung Busch, das seinerzeit beim Oberpräsidium schwebte, hat Günther des Magistrats auf Zahlung von 10 000 M. In der im Dienst­ihn als Zeugen unter Hinweis auf den Interessenvertrag zu bezimmer des Stadtsyndikus darauf stattfindenden Berhandlung wurden, einflussen versucht. Später versuchte Busch den Interessen­vertrag zu lösen, als der Zeuge ihn drängte, daß Busch seine An­teile an ihn abgeben solle. Als er davon hörte, daß die Stadt über Hiller Düppel faufen wollte, hat er Busch vor Hiller ge­warnt, der nicht zuverlässig sei. Hiller hat ihn, den Zeugen, bei früheren Geschäften ausgeschaltet. Hiller hat dann über Busch an den Zeugen einmal 5000 m. und dann noch einmal 10 000 m. gezahlt. Der Zeuge schildert dann, wie Günther im vorigen Jahr zu ihm gekommen ist und ihn davon in Kenntnis setzte, daß man das Material über Stadtrat Busch der Stadt verkaufen solle. Busch habe zweifellos Millionen verdient, sich aber weder gegen Günther noch gegen Blobelt ,, an ständig" gezeigt. Günther habe sich die Sache so vorgestellt, daß er mit 10 Proz. an den Summen beteiligt werden will, die die Stadt eventuell wieder zurüdbekommt. Günther hat dann mit Justizrat Lüdide verhandelt, der auch deutschnationaler Stadtverordneter ist, der das Material der Stadt anbieten sollte. Lüdicke hat dann aber 2000 M. Kosten­vorschuß verlangt, den er, der Zeuge, bezahlen sollte. Das hat er nicht getan; daraufhin habe Lüdicke die Vertretung nicht über­nommen. Im übrigen behauptet der Zeuge, daß er bei Grund­stücksverhandlungen mit der Stadt nichts verdient hat. Es feien fleinere Geschäfte im Norden in Aussicht gewesen, die sich aber zerschlagen haben.

Von Wichtigkeit ist aber die folgende Begründung des Zeugen: Er fennt nicht nur den Stadtrat Busch, sondern auch den demo­fratischen Stadtrat Kahz. Eines Tages jei er in das Büro der Petrolea" bestellt worden, wo eine Aussprache zwischen Busch und Kat stattgefunden hat. Es hat sich dabei um einen Grundstücstauf zwischen der Stadt und dem Kaufhaus Bertheim gehandelt. Der 3euge Blobelt gibt nun gang positiv an, daß er damals

von den beiden Stadträten beauftragt worden ist, das Geschäft zu machen und die Provision, die Wertheim   geben sollte, mit den beiden zu teilen.

Die dann folgende namentliche Abstimmung über den Artikel I der Vorlage über die Erhöhung der Biersteuer vollzieht sich unter Lärm und Gelächter. Der Bayerische   Bauernbund bildet hier das Zünglein an der Waage. Der Nationalsozialist Dr. Goebbels   stellt sich in der Nähe dieser Gruppe auf und schwentt eine rote Nein- Karte. Als aber der Stimmfartenjcmmler mit der Deshalb habe man ihn ausdrücklich hinzugezogen. Aus dem Ge­Urne tommt, werfen die Bauernbündler weiße Ja- Karten ein unter jahäft sei aber nichts geworden. Als der Zeuge weiter nach Einzel­Bfui- Rufen der Nationalsozialisten und Beifallklatschen der Nachheiten gefragt wird, gibt er noch an, daß Kah ihn einmal sogar barn aus den Mittelparteien. Mit den Sozialdemokraten, Kommu­nisten und Nationalsozialisten stimmen auch einige Deutsch nationale gegen die Vorlage.

Artikel T, der die neue Biersteuerstaffelung enthält, wird mit 232 gegen 223 Stimmen angenommen. ( Pfui- Rufe.)

Zum Artikel VII, der die Ilms assteuererhöhung he trifft, wird ein Antrag der Regierungsparteien angenomenen, der Makler und Handelsagenten bis zu einem Einkommen von 18 000 Mart von der Umfazsteuer, befreit. Ein fozialdemokratischer An­trag, der auch die freien Berufe von der Umsatzsteuer befreien will, wird abgelehnt.

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Zur geftaffelten Umsatzsteuer, der sogenannten Warenhaus steuer wird ein jozialdemokratischer Antrag auf Herausnahme der Konsumbereine aus der Steuer. pflicht mit 262 gegen 192 Stimmen abgelehnt. Die namentliche Schlußabstimmung über die Biersteuervorlage, mit der auch Umsatzsteuer und Warenhaussteuer verbunden sind, ergibt die Annahme der Vorlage Ho

mit

228 gegen 224 Stimmen

der Sozialdemokraten, Kommunisten, Nationalsozialisten und der Minderheit der deutschnationalen Frattion. Präsident Löbe erklärt, er werde noch im Laufe der Sigung das endgültige Ergebnis dieser Abstimmung feststellen lassen, da es sich bisher nur um eine vorläufige Feststellung handele. Die Henderungen zum Branntweinmonopol werden mit großer Mehrheit angenommen.

Die Mineralwassersteuer wird mit 228 gegen 225 bei einer Stimmenthaltung angenommen. Angenommen wird auch die Aufbringungsumtage unter Ablehnung des sozialdemokratischen Antrags auf Erhebung eines Notopfers.

In einfacher Abstimmung wird weiter die Hinausschiebung der Bindung der Länder und Gemeinden an die Reichs- Ein­heitsmerte beschlossen.

Beim Gejez zu Borbereitung des finanzreform met

aufgesucht hat deswegen und ihn aufgefordert hat, für solche Ge­schäfte eine Firma zu gründen, die als Dedmantel dienen joll. Das habe er abgelehnt.

Stadtrat Ka bestreitet diese Darstellung mit großer Ent schiedenheit. Mit diesem Material habe man schon vor einem halben Jahr einen Erpressungsversuch an ihm unternommen. Es fei mohl möglich, daß er mit Busch über die Angelegenheit Werts heim gesprochen hat. Aber seinerzeit sei Busch nur als Sachver ständiger in Frage gekommen. Das Grundstück hätte damals von der Straßenbahn direkt gekauft werden können.

Blobelt bleibt dagegen bei seinen Angaben und Günther be­stätigt, daß ihm schon vor Jahren Blobelt dieselbe Darstellung von der Unterredung Busch- Kazz in der Angelegenheit Wertheim   gegeben habe wie heute.

Zeuge Stadtverordneter Dr. Falk( Dnat. Vp.) erklärt, daß er den Bekundungen von Günther feinen großen Wert beimesse. Günther sei zweimal beim ihm gewesen, habe aber seinen Namen nicht genannt, sondern sich als Schriftsteller Carus vorgestellt, der Material gegen Busch hätte und dasselbe der Stadt anbieten wolle. Er habe davon gesprochen, daß die Stadt dadurch fünf Millionen zurüdbetommen würde und daß er von dieser Summe für seine aufklärende Arbeit 10 Proz., also 500000 M., verlange. Er habe daraufhin sein Erstaunen geäußert, daß jemand, der aufklären will, solche hohen Summen dafür verlangt. Daraufhin hat Carus alias Günther zu ihm gesagt: Ich nehme selbstverständ­lich soviel, wie ich triegen fann, und auch Sie würden nicht anders handeln."

Aus der weiteren Vernehmung geht dann noch hervor, daß Blobelt in dem Disziplinarverfahren gegen Busch als Zeuge auf­getreten ist, aber damals nichts von den angeblichen 2bmachungen zwischen Busch und Katz über eine Provision von dem Wertheim­geschäft gesagt hat. Es wird weiter festgestellt, daß Busch vor der

Stadtverordnetenwahl

es sich große Summen toffen laffen wollte, wenn er wieder Stadtrat webden fönnfe

Zum

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Kashafarbiger Schleifenpumps, feinnarbiges echtes Chevreaux

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Melange mit haselbraun, feines zartes Chevreaux

SCHUHHOF

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Linkstr 11 Wilmersdorferstr.117 Turmstr.45 Müllerstrasse 143a Spandau  , Breitestrasse 22