Frid gegen Jazz.

Wo bleiben die tapferen Asfaris Lettow- Borbeds?

Na, mal wieder schief geladen?" Lächelnd sprach der Kammermohr Bittor v. Scheffel.

Herr Frid wütet im Lande Thüringen   gegen die Neger­tultur". Das Ländchen mit 1½ Millionen Einwohnern soll Er.. perimentierfeld für nationalsozialistische Ideen werden, sozusagen ein drittes Reich in der Westentasche. Theaterbefizern, die Jazzmusik in ihren Hallen dulden, wird wegen mangelnder moralischer Zuver läfigkeit die Spielfonzeffion entzogen. So will es der Ullas des Herrn Frick.

Natürlich ist die Vorliebe für das Erotische ein Kennzeichen republikanischer Degeneration. Aber wie wird uns? Hatte nicht im absoluten Zeitalter jeder Fürst, sogar jeder Hochadlige, der auf zeitgemäßen Lebensstil Wert legte, feinen schwarzen Rammerdiener? Auch Kurfürst Friedrich von der Pfalz  , den der Dichter Scheffel sich wütend einft im Bette" wälzen läßt, wird von einem Rammermohren über seinen hochfürstlichen Kazen­jammer hinweggetröstet. Selbst unser verflüchtigter Wilhelm gab roch viel auf die alte Sitte. Es ist bekannt, daß er bei seinem Potsdamer Garde du Korps sich einen schwarzen Lambour major hielt, mit dem er beim Empfang ausländischer Gäste zu protzen pflegte. Also: ganz streng genommen, ist Wilhelm II.  der erste Veranstalter von Negermusit in Deutsch  = land, und Herr Frid müßte es für hochberechtigt erklären, daß diesem Theaterdirektor das Volt am 9. November 1918 wegen moralischer Unzuverlässigkeit die Konzession entzogen hat. Aber, mer weiß, Hitler   ist ja seit seinem Bruch mit Ruprecht höchst eigenhändig unter die Republikaner gegangen.

Doch noch etwas fällt uns ein: bei den Deutschnationalen sitzt im Reichstag, nicht sehr entfernt von Herrn Frick, der General von Lettow  - Vorbed, der berühmte Ostafrikaner. Wir haben nun gerade in nationalsozialistischen Blättern immer wieder be­geisterte Schilderungen darüber gelesen, wie Lettow- Vorbeck   an der Spitze seiner treuen Asfaris sich gegen gewaltige Uebermachten der Engländer bis zum Kriegsende behauptet habe.

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Wer sind aber diese treuen Askaris? Mit Berlaub: Neger­soldaten in deutscher   Kolonialuniform. Da fie unter deut schem Kommando gekämpft haben, so sind diese Negersoldaten feine schwarze Schmach" das sind nur Negerfoldaten in fran 3ösischer Kolonialuniform sondern sie sind Helden, die durchaus in einem Atemzuge mit Armins blondäugigen Cherustern, Friedrichs des Großen Grenadieren und wir hätten beinahe ge­sagt, mit dem Helden Frick zu nennen find, wenn nicht Herr Frick bedauerlicherweise auf Befehl seines bayerischen Königs den Krieg nur im Hinterlande erlebt und dort standhaft ausgehalten hätte, mohin ihn sein König gestellt hatte, nämlich in Pirmasens  .

Wie ist es nun? Ist die Negermusik der Askaris für Deutsch  land erlaubt? Oder sind nur die Astaris erlaubt, aber nicht ihre Musik? Darf die Bernegerung durch die patriotischen Lesebücher über Lettow- Borbeds Toten gefördert werden? Wehe, wehe, in welche rassische Zwickmühle ist der arme Frid geraten!

Weitere Fragen: Darf ein Thüringer   Theaterdirettor noch den Othello Shakespeares geben oder den Fiesto Schillers, in dem gleichfalls ein Mohr eine beträchtliche Rolle spielt. Dürfen die Räuber noch aufgeführt werden, wo doch gleich eine ganze Familie Moor   peinliche Reminizenzen erwedt? Wird Herr Frid auch den Konditoreien die Gastwirtscouzellion eutaicheng in denen Mohrentöpfe feifgeboten werden? Probleme über

Probleme.

Jonathan.

Die Wormser Januarunruhen. Das gerichtliche Rechspiel./Gtrofantrag des Staatsanwalts Darmstadt  , 15. April.

In seinem Plädoyer im Prozeß gegen die wegen der Worm ser Januarunruhen als Rädelsführer beteiligten Angeblag ten beantragte Oberstaatsanwalt Dr. Man heute folgende Strafen: Gegen den kommunistischen preußischen Landtagsabgeordneten Oskar Müller ein Jahr vier Monate Gefängnis; gegen die Wormser Stadträte Haas und habermehl neun bzw. sechs Monate Gefängnis; gegen vierzehn weitere Angeklagte Gefängnisstrafen von zwei bis zu neun Monaten; für drei Angeklagte beantragte er Freisprechung.

Bei der Berlesung der Strafanträge brachen wieder drei An­geflagte unter Krämpfen zusammen, so daß die Sigung un'er­brochen werden mußte. Ein Teil der übrigen Angeklagten erging sich in Beschimpfungen gegen das Gericht und die anwesenden Boli­zeibeamten, so daß zum Schluß der Ausführungen des Staatsan­walts von den zwanzig Angeklagten nur noch neun ini Saal waren. Das Urteil dürfte erst am Mittwoch zu erwarten sein.

Sie bedauern.

Aufhebung des Berbots der Niederdeutschen Zeitung". Nachdem der Verlag der„ Niederdeutschen Zeitung" und der Berlag des„ Hildesheimer Abendblattes" ihr Bedauern über den in der Beröffentlichung des Artikels und die gemaßregelten drei Landräte"( in Nummer 87 der genannten Blätter) liegenden Ber stoß gegen das Gesetz zum Schutz der Republit ausgesprochen und zugelagt haben, bies auch ihrem Resertreis durch Abbrud einer entsprechenden Erflärung des Bedauerns mitzu­teilen, hat der Oberpräsident in Hannover   im Einverständnis mit dem Minister des Innern das am 12. April 1930 wegen des er­

wähnten Artikels ausgesprochene Verbot des Blattes und seiner Kopfblätter aufgehoben.

Der Prozeß gegen die Attentäter. Zermine noch ungewiß.

Altona  , 15. April. Zu dem Bombenattentäterprozeß ist ein Termin bisher nicht anberaumt worden. Entgegen der Meldung, daß die Verhandlung wahrscheinlich noch vor Pfingsten in Altona   beginnen würde, wird von unterrichteter Seite mitgeteilt, daß der Termin einst metlen noch völlig ungewiß sei. Die umfangreichen Aften werden gegenwärtig noch von der Staatsanwaltschaft bearbeitet.

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„ Gottlob, das Geil hat gehalten!"

Prager   Konzertnachwehen.

Kulturzusammenhänge in der Tschechoslowakei  .

Prag  , Mitte April 1930. Ueber die Prager   Konzertaffäre wächst schon reichlich Gras. Die von der Berliner Staatsoper getroffene Beilegung dieser peinlichen Angelegenheit wurde stillschweigend hingenommen, und auch das Organ der Kramarsch- Partei, das alles dies verschuidet hatte, ist mäuschenstill geblieben. Die gesamte tschechische Preffe hat den kleinlichen Chauvinismus der„ Narodni Listy" auf das ent­schiedenste abgelehnt. Wo auch immer in Prag   über den Fall 3e mlinsky Novotna debattiert wurde, überall hörte man scharfe Worte gegen einen Nationalismus, der soweit geht, daß er fich ins eigene Fleisch schneidet.

Diese Affäre hat aber auch gutes gebracht; man wurde sich wieder der fulturellen Beziehungen 3 mischen Tschechen und Deutschen   bewußt. Dem Tschechen steht trotz aller neuen Bestrebungen die deutsche   Kulturwelt viel näher als jede andere. Fast ein jeder gebildete Tscheche versteht deutsch  , und das Leben des tschechischen Volkes unterscheidet sich wenig von dem des deutschen  . Die Tageblätter, in Bragaudy die extremnationalen entnehmen ihre Nachrichten über das Ausland soft durchmég Berliner   oder Wiener   Blättern. Der Gelehrte Josef Dobrovsky.  beffen 100. Todestag vor einem Jahr gedacht, murde, schrieb seine Werte, durch welche die tschechische Sprache aus 200jährigeni Schlaf zum neuen Leben wiedererwedt worden ist, zumeist deutsch  Jan Kollar  , der während seiner Studienzeit in Jena  ( nach den napoleonischen Kriegen) zum Anhänger der deutschen   Philosophie wurde, befang eine deutsche   Pastorstochter Friederite als Sinnbild des Slawentums. Svatoplut Cech, der nationalste Dichter, forderte turz vor seinem Tode im Jahre 1908 geistesverwandte und gleich gefinnte Brüder in Deutschland  ( jenseits der Schneekoppe und des Böhmerwaldes") auf, gemeinsam mit ihm und allen Freiheits­tämpfern in der ganzen Welt für eine neue Gesellschaft tätig zu sein. J. S. Ma dy ar zeigt in seinem Gedichte Nationalismus", wie der nationale Haß nur Sache der Bourgeoisie und nicht des armen Volkes ist.( Warum kämpfen? Arme Teufel find wir alle, ob deutsch  , ob tschechisch wir nun sprechen.") Im vergangenen Jahr erschien ein Roman des Schriftstellers F. V. Krejci  , in dem die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der Tschechen und Deutschen

Churchill und Marton gegen Snowden.

Angriffe auf den Budgetentwurf.

London  , 15. April.  ( Eigenbericht.)

Der konservative Rampf gegen Snowdens Budget wurde im Unterhaus durch Churchill   eröffnet, der als Bor­gänger Snowdens in den Jahren 1925/29 das Amt des Schatz fanzlers bekleidete. Churchill   bezeichnete England als die steuer lich am schwersten belastete Nation. Während die Vereinigten Staaten  , Frenkreich und Deutschland   ihre direkten Steuern ge waltig herabsetzten, drossele Großbritannien   seine Wirtschaftskraft durch zusätzliche Steuern. Der einzige Grund der Mehrbesteuerung, die 94 Millionen umfasse, seien die Mehrausgaben der sozialisti­fchen Regierung, Churchill   bezeichnete die neuen Steuern als einen schweren, gegen die Industrie geführten Schlag.

Der Kempf des Iinten Flügels der Arbeiterpartei gegen

in der Tschechoslowakei   betont und deren gegenseitige Abhängigkeit nachgewiesen wird.

Auf Bühnen in Deutschland   werden oft Stücke der beiden be­deutendsten tschechischen Dramatiker Karel Capel und Frantisek Langer   gespielt. Die aus dem Leben des tschechischen Landvolks geschöpfte Oper Smetanas„ Berkaufte Braut" hat in Berlin  dauernd Fuß gefaßt und wurde von dort aus am 10. April mittels Rundfunk verbreitet, während Bemühungen, sie in gleicher Weise auch in Paris   heimisch zu machen, nicht den gewünschten Erfolg haben. Auch die Musik Dvoraks und Janaceks   fand in Deutschland   Eingang. Die Prager   deutschen   Dichter, deren Namen in Deutschland   einen sehr guten Klang haben R. M. Rilte, Hugo Salus  , Gustav Meyrink  , Mar Brod, Franz Werfel   und viele andere schildern in sympathischer Weise das tschechische Leben, und einige von ihnen verdolmetschen auch durch treffliche Uebersetzungen tschechische Literaturerzeugnisse. den Deutschen  , u Unbetracht dieser und aller sonstigen Kultur­beziehungen zwischen beiden Nationen mußten alle vernünftigen tichechischen Letre unbedingt über die fulturfeindliche Heze der Narodni Lifty" entrüftet sein.

Die große Blamage, welche die Nationaldemokraten in der Konzertaffäre fich geholt haben, hat audy zu der jetzt in ihrer Partei sich vollziehenden Scheidung der Geister beigetragen. Der linte, um das Blatt Demokratisches Zentrum" geicharte Flügel der Partei, hat bei dieser Gelegenheit auf die Unmöglichkeit der bisherigen Politik der Partei hingewiesen. Während diese Frattion den Führern Liebäugeln mit dem Faschismus und unverbesserlichen Romantismus dem Dr. Kramarsch porwirft, verlangt der rechte Flügel eine nochy nationalistischere Politik. Bei der vor einigen Boden in Brag abgehaltenen Landeskonferenz haben diese Rechts­orientierten sogar von einem Erlahmen der Parteileitung im Kampfe gegen die Burg  ", d. h. gegen Masaryk  , gesprochen. Sie haben jetzt das in Prag  - Weinberge erscheinende nationaldemokratische Lotalblatt an sich gerissen, um in ihm ihren Standpunkt zu ver treten. Kramarsch hat es für notwendig gehalten, in einer Rede gegen die Behauptung zu polemisieren, daß er als Führer bereits auf ein Nebengleis abgeschoben sei. Rudolf Jllovy.

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Geipel gegen die Parteien. Der neue Führer der Heimwehrfront.

Wien  , 15. April.  ( Eigenbericht.)

Das Linzer Boltsblatt", eines der führenden christlich sozialen Provinzblätter, erklärt zu dem Rücktritt Seipels von der Führung der Christlichsozialen Partei, daß Seipel vor die Wahl gestellt worden sei, sich entweder für die Führung der Partei oder für eine über die Parteitätigkeit hinausgehende Tätigkeit zu entscheiden. Seipel habe dann der Partei eine Absage erteilt. Er wolle für die Partei feine Berantwortung mehr tragen und un getchrt die Partei für die Tätigkeit, die er jetzt auszuüben beab. fichtige, nicht mit der Berantwortung belasten. Scipel vertrete den Standpunft, daß zur Befämpfung des Sozialismus cine Einheitsfront aller Nichtsozialdemokraten notwendig sei. An dem Zustandekommen dieser Einheitsfront wolle er arbeiten. Da aber die anderen Parteien eine solche Einheit front mit den Christ­lid fazialen ablehnten, sei Seipel der Ansicht, eine solche Einheitsfront nur außerhalb der Parteien, also gegen die Parteien, bilden zu können. Seipel wolle der Christlichsozialen Partei nicht zumuten, ihm auf diesem Wege zu folgen, und habe deshalb seinen Posten als Parteiführer niedergelegt.

das Budget, der bereits unmittelbar nach Snowdens Rede ange­kündigt wurde, setzte am Dienstag mit einer Rede Martons cin. Der radilale Führer der Linken behauptete, daß das Budget mehr den konservativen als den sozialistischen   oder liberalen Grundsätzen entspredje. Es ziele flar und deutlich auf eine Wieder herstellung des fapitalistischen Handels und der fapitalistischen Produktion ab. Martons Nede dürfte ein Vorspiel für weitere 2 n griffe gegen Snowden von seiten des linken Flügels Konsumvereinler verhaftet. bilden. Es kann sogar als zweifelhaft gelten, ob die radikale Linksgruppe der Arbeiterpartei mit der Regierung und den Libe Neun Direktoren des„ Centrofojus" erwarten Todesurteile. raten für das Budget stimmen wird.

Paris  , 15. April.  ( Eigenbericht.)

Kowno  , 15. April.

Wie aus Moskau   gemeldet wird, wurden dort am Montag

Erst wenn das Aftenmaterial dem Gericht wieder zugeleitet sein Reine Kundgebung am Chemin des Dames mehrere leitende Angestellte der russischen Genossenschaft„ Centrofo­wird, fann entschieden werden, ob das Schwurgericht sich in ordent licher oder in einer außerordentlichen Sigungsperiode mit dem Ber­fahren beschäftigen mind. Da für den zweiten Fall der Borsitzende durch den Oberlandesgerichtspräsidenten in Kiel   zu bestimmen ist, und Vorsitzender sowohl wie erteidiger mehrere Wochen gebrauchen werden, um sich in das Aftenmaterial einzuarbeiten, so ist eine mündliche Verhandlung für die nächste Zeit noch nicht zu erwarten.

Die für den Sommer dieses Jahres geplante große pazi fistische Kundgebung der Verbände einstiger Frontfämpfer am Chemin des Dames foll nach einer Bereinbarung zwischen den zu färdigen deutschen   und französischen   Berbänden auf das nächste Jahr verschoben werden.

jus“ mit dem Direktor Schfolnik an der Spitze verhaftet. Die Bet­hafteten werden der wirtschaftlichen Gegenrevolution beidhuldigt. Insgesamt wurden neun Direktoren verhaftet, die durch das Oberste Gericht der Sowjetunion   abgeurteilt werden. Schfoluit Beziehungen war früher Holzindustrieller und soll noch bis jetzt Beziet ungen nach dem Auslande unterhalten haben. Der Prozeß wird in Moski ftattfinden.