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Nr. 179 47. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Wie Meineide zustande kommen.

Ein Richter vereidigt unnötigerweise einen Zeugen.

Das Gericht verurteilte den jungen Menschen zu 6 Monaten Gefängnis und billigte ihm Bewährungsfrist zu. Der Fall, eine Illustration mehr dafür, daß der Richter die Möglichtet haben muß, einen Zeugen unbeeidigt zu lassen, wenn ihm aus den Aus­jagen der vorhergegangenen Zeugen offenbar geworden ist, daß seine Aussage nicht stimmen fann.

Der 22jährige Chauffeur R. macht mit dem ihm be-| 2. verabredet, so und nicht anders auszusagen und so glaubte er, freundeten 19jährigen Kellner 2. eine fleine Vergnügungs- verpflichtet zu sein, sein Wort zu halten... fahrt zur Konditorei, auf der Rüdfahrt bittet der Kellner, das Steuer nehmen zu dürfen und fährt einen Baum an. Der Chauffeur wird leicht verletzt, die Vorderare und der linke Kotflügel werden beschädigt. 2. erhält einen Strafbefehl wegen Fahrens ohne Führerschein; er legt Widerspruch ein, in der Gerichtsver­handlung bestreitet er, am Steuer gesessen zu haben; St. bestätigt diese Aussage unter dem Eide ; es erfolgt ein Strafverfahren wegen Meineids, für den er sich gestern vor dem Landgericht III zu ver= antworten hat. Die Zuchthausstrafe, die auf die Anklage steht, wird durch den Umstand gemildert, daß K. durch die Angabe der Wahr­heit auch gegen sich selbst eine Strafverfolgung zu gezogen hätte.

Die Berliner Gerichtsverteilung.

Boran frantt unsere Justizorganisation?

Im Festsaal des ehemaligen Herrenhauses tagte der Republi. tanische Richterbund Berlin zu einem Ausspracheabend über das Thema ,, oran frankt die Berliner Justiz organisation?".

Ber war nun die treibende Kraft bei der falschen Gidesleistung. R. sagte, daß beide darin einig gewesen seien, die unwahrheit zu jagen. Er habe gefürchtet, den Führerschein zu verlieren, 2. wollte Oberverwaltungsgerichtsrat Kroner begrüßte die Gäste. einerseits nicht die Strafe zahlen, andererseits auch nicht für das Reichsgerichtsrat Hartung hielt das Hauptreferat. Die Ber beschädigte Auto aufkommen. Schon vor der polizeilichen Ver­nehmung hatten sie sich verabredet, falsch auszusagen. Vor der Berliner Gerichtseinteilung, so führte er aus, ist über die ge­in der gestrigen Verhandlung, er habe nur aus Kameradschaft für K. gegen den Strafbefehl Widerspruch er­hoben, damit dieser nicht um seinen Führerschein tomme. R. babe ihn immer wieder gebeten, dabei zu bleiben, daß er nicht am Steuer gejeffen habe. Der Amtsgerichtsrat, der K. den Eid abgenommen hat, befundete, es sei ihm angesichts der Aussagen der Zeugen flar geworden, daß K. die Unwahrheit sagt. Trotzdem vereidigte er ihn. Haben Sie gar nicht daran gedacht, fragt ihn der Staatsanwalt in der Verhandlung, daß der Angeklagte, der bereits bei der polizei­lichen Bernehmung L, durch seine falsche Aussage gedeckt hatte, sich der Begünstigung schuldig gemacht hatte und deshalb unvereidigt bleiben fonnte. Nein, jagte der Amtsgerichtsrat. Woher aber die Leichtfertigkeit in der falschen Eidesleistung? Den Ausschluß gav Sanitätsrat Dr. Leppmann. Der junge Mensch, unter äußerst un günstigen Verhältnissen groß geworden, in seinen Borstellungen nicht über das Knabenalter hinausreichend, hatte überhaupt nicht das Bewußtsein, von der Tragweite dessen, was er tat. Er hatte mit

2. als Zeuge erflärte Verabredung noch einmal besprochen, dreißig Jahre alt, entstammt also einer Zeit, in der man an

Entschädigungsstelle in Berlin .

Für Liquidationsgeschädigte aus Polen .

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Auf Grund des deutsch polnischen Liquidationsabkommens iſt eine Entschädigungsstelle gegründet worden. Adresse: Berlin- Friedenau, Rheinstr. 45/46 in den Räumen des Reichsent fchädigungsamtes. Der Aufgabenkreis ist ein eng begrenzter. Ent: schädigt werden sollen nur Personen, die von Polen zwangsliqui­diert oder entschädigungslos enteignet worden sind. Für die ent fchädigungslos Enteigneten besteht ein Anspruch bei der Entschädi. gungsstelle nur dann, wenn sie rechtzeitig durch Klage ihr Recht gewahrt haben. Das ganze Berfahren soll mit großer Beschleunigung durchgeführt werden. Fürs erste sind im Etat für diejen 3med 27 Millionen eingesetzt. Die Gesamtsumme soll 200 bis 300 Millionen erreichen. Es ist nötig, darauf hinzuweisen, daß bereits in zahlreichen Fällen durch zweifelhafte Existenzen ein Ankauf der Entschädigungsrechte betrieben wird. Davor wird gewarnt:

Martthändler im Kampf.

Um die Gestaltung der neuen Reichsgewerbeordnung.

Hunderttausende Kleingewerbetreibende, die fich als Markthändler auf den freien Wochenmärkten und als Stand­inhaber in den Markthallen eine bescheidene, selbständige Existenz geschaffen haben, fühlen sich von der Novelle zur neuen Reichsgewerbeordnung bedroht.

In einer großen Protestlundgebung im Clou", die den Riesen­raum bis zum Erdrücken füllte, wurde von den Markthändlern noch einmal auf die Gefahren hingewiesen. In seinem Referat, das der Vorsitzende W. Wille vom Verband der Markthändler Deutsch lands hielt, meinte Redner, es habe den Anschein, daß man durch gefeßliche Maßnahmen einen ganzen Gewerbezweig abdrosseln möchte. Der Markthandel, der einen nicht zu unterschäzenden Faktor im Wirtschaftsleben bilde Berlin befigt etwa 60 öffentliche und etwa 60 Privatmärfte, wirte preisregulierend. Es gelte,

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man muß

hören vier Land und fünfzehn Amtsgerichts bezirte, und es ergeben sich Schwierigkeiten, die hauptsächlich Der notwendigen Neu­auf organisatorischem Gebiete liegen. organisation stehen finanzielle Bedenten entgegen. Trotzdem ist die Reform dringend notwendig. Spätere Ersparnisse werden die Kosten wieder hereinbringen. Es muß je ein gemeinsames Land und Amtsgericht für das gesamte Gebiet Groß- Berlin er ridtet werden. Ist dies vorerst undurchführbar, so müssen die Bezirksgrenzen bereinigt und die Groß- Berliner Strafgerichte und Staatsanwaltschaften im Rahmen des Möglichen zusammengelegt werden. In der Diskussion sprachen Rechtsanwalt Dr. Alter thum, Dr. 3ielinski, Oberstaatsanwalt Köhler, Ober­präsident Dr. Fald und Landgerichtsdirektor 3iegel

des

Es fiel auf, daß zwar das preußische Justizministerium, nicht aber das Reichsjustizminifterium Wirtschaftsparteilers Dr. Bredt vertreten war.

den Versuch des Großfapitals im Einzelhandel abzuwehren. Eine entsprechende Entschließung wurde angenommen.

In der Diskussion betonte Markthallendirekter Boß, daß der Berliner Magistrat den Händlern in ihrem Kampf zur Seite ſtehe.

Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Baise hi erflärte als Sad, berater der Reichstagsfraktion, daß die berechtigten Forderungen der Händler genau geprüft und mit den Berufsorganisationen durchgesprochen würden, ehe die neue Ge werbeordnung zur Entscheidung gelange. Der Interessenkampf er­faffe nicht allein die Kreise der Martthändler, sondern erftrede fid) noch auf ganz andere lebenswichtige Gebiete. Darum folle man nicht allgemein Front gegen die neue Reichsgewerbeordnung machen; fondern sich bemühen, nur die sozialen Mißstände auszumerzen. Auch in diesem Kampf würde die Sozialdemokratie, getreu ihrer alten Tradition, die wirtschaftlich Schwachen gegen die Willtür der Großen zu schützen wissen.

Reichsbanner und Partei.

Im Kleinen Tiergarten marschierte fürzlich das Reichsbanner auf, um mit einem Blakfonzert für eine Stundgebung in den Arminiushallen zu werben. Mit der Musikkapelle gingen dann auch Hunderte von Republikanern zur Versammlung, die bald ⚫überfüllt war. Der Gauvorfizende, Reichstagsabgeordneter Stelling zeigte in feinem Referat, daß gerade jetzt, wo die natio: nalen Wehrverbände von Tag zu Tag frecher werden, auch das Reichsbanner gestärkt werden muß. Den Nationalisten muß eine starte Abwehrfront entgegengestellt werden. Auch das Gefchrei für stummen, je stärker die Reihen des Reichsbanners, der Schuztruppe die Schaffung cines faschistischen Staats mird um so eher der= des republikanischen Staates ,, werden. Das Reichsbanner steht im Dienste derrepublikanischen Parteien und wird nie eigene Politif treiben. Wir verlangen aber von jedem Reichsbannermann, daß er sich einer politischen Partei anschließt und in ihr tatträftig mitarbeitet. An der Ueberparteilich feit des Reichsbanners, so sagte der Redner, lasien wir nicht rütteln. Die Sozialdemokratische Bartei weiß genau so gut, wie die Zentrumspartei , daß eine Partei gruppe nicht die Aufgaben erfüllen kann, die dem Reichsbanner gestellt wurden. In der anschließenden Diskussion wurde zum Aus brud gebracht, daß das Reichsbanner immer die Sammelstelle der

Mittwoch, 16. April 1930

republikanischen Kräfte bleiben werde. Wenn aber heute einzelne Barteien damit drohen, ihre Anhänger aus dem Reichsbanner herouszuziehen, so muß gefagt werden, daß damit das Reichsbanner nicht zu zerschlagen ist. Das Reichsbanner wird durch verstärkte Agitation in Stadt und Land zeigen, daß es die beste Waffe der republikanischen Parteien gegen den Faschismus von rechts und lints ist.

Wohin in den Ferien?

Der vor einiger Zeit erschienene Reije prospekt des Reichs ausschusses für sozialistische Bildungsarbeit für das Jahr 1930 ent­hält eine große Anzahl der interessantesten Reifen ins In- und Aus­land und zwar nach Dalmatien , Paris , Corsica, Riviera, Rhein , Südschweizer Seen, Adria , Norwegen , Normandie , Bornholm , Ostseestädte( Riga , Reval ), England, Wien - Klagenfurt , Kralau­Hohe Tatra, Hamburg - Helgoland , Budapest , Kurische Nehrung­Masurische Seen, Oberbayern - Nordtirol , Schweiz - Westalpen, Heidelberg - Schwarzwald , Spanien - Tunis . Außerdem sind für die Monate Mai bis September Ferienaufenthalte zu günstigen Bedingungen in Tefferete( Tessin ) Rattenberg ( Tirol) und Belden ( Kärnten ) vorgesehen.

Neben den allgemeinen Ferien- und Gesellschaftsreisen finden vier wirtschaftspolitische Studienreisen unter fach­männischer Leitung statt und zwar: Berlin als Wirtschaftsgebiet, Mitteldeutschland als Wirtschaftsraum, Finnland als Agrarland, das Rheinisch- Westfälische Industriegebiet. Um den weitesten Kreisen die Teilnahme an den Reisen zu ermöglichen, ist wiederum die Ein­richtung getroffen, daß die Kosten in monatlichen Raten­zahlungen aufgebracht werden können. Je früher die Zah­lungen beginnen, um so geringer ist der Gesamtpreis für die Reise. Der reichillustrierte Reiseprofpeft ist gegen Einsendung von 35 Pf. in Briefmarken durch den Reichsausschuß für sozialistische Bildungs­arbeit, Berlin SW 68, Lindenstraße 3, zu beziehen; ebenso ist er in der Buchhandlung Diet, Lindenstraße 2( Laden), bei Horja, SD, Engelufer 24/25( Laden), Buchhandlung Büttner, SW, Feilener­straße 11, Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, 14, Inselstraße 6, Verband der graphischen Hilfsarbeiter, SD, Luisen­ufer 37, Buchhandlung des Holzarbeiterverbandes, Am Köllnischen Bart 6, erhältlich.

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Die Allgemeine Deutsche Gesellschaft für Ferien. und Erholungs heime m. b. 5.( Adefe), hervorgegangen aus der Ferienheimgenossen­schaft ,, Naturfreunde" mit dem Siz Jena , Marienstraße 4, erinnert ihre Mitglieder und Freunde, ebenso alle Touristen, Wanderer und Naturfreunde zur Osterzeit an ihre Ferien- und Erholungs­heiine. Im schönen Thüringer Wald liegen die Heime Frauen­ wald ( am Rennsteig bei Ilmenau ) und Friedrichroda , im reizvollen Erzgebirge das Heim in Kipsdorf und das Muldenhaus" in Rautenfranz( bei Aue i. Erzgebirge ), in der Dübener Heide bei Eilenburg zwischen Wittenberg und Leipzig das Heim Eisenhammer und im märkischen Seengebiet unser Heim Reiherhorst" in Klein- Röris. Die Heime Steigerhaus und Siebshaus sind bereits besetzt und können zum Osterfest teine Gäſte mehr aufnehmen. Auch das Heim in Klein- Köris, zu erreichen auf der Görliger Bahn mit Fahrt bis zur Station Teupiz- Gr. Köris, ist bereits belegt, aber da es dort von früh bis zum Abend Ber pflegung gibt, lohnt sich auch ein Tagesausflug.

Chinese Syncopators" im Kabarett der Komiter

Im Kabarett der Komifer erleben wir in diesem Monat eine Kabarett Weltreise. Hellmuth Krüger und Paul Nikolays sind die Führer, die jede Station" gebührend begrüßen. Da­zwischen bringen sie ihre Gäste mit einer mizigen improvisierten" Rundfunkdiskussion über die Vorzüge und Nachteile der Korruption zum schönsten Lachen. Aus Shanghai erfreuen uns die " Chinese Syncopators", herrliche Mujiker, von denen be= sonders der jüngste und netteste Boy" sich die Herzen des Kur­fürstendamms zu erobern weiß. Paris , London und Madrid haben ihre Besten gesandt. Aus New Jorf erringt Harry Moore , der amerikanische Papierkönig" die Bewunderung des Berliner Publikums. Bevor das ganze Kabarett über Szófe in feiner Bosse Grolmannstraße 7" last, trägt Billy Rosen mit jedesmaligem energischen Rockaufreißen( Tert und Musit von mir!") seine neuesten Schlager vor.

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Gelähmter Genosse schwer geschädigt. Dem Genossen Berner Schimansti, Stulmſtraße 6, ist am Donnerstag, dem 10. April, während er in den Arminiushallen in der Bremer Straße 73 die Versammlung besuchte, der Rollstuhl gestohlen worden. Alle, die eventuell etwas über diejen Diebstahl auszusagen wissen, werden gebeten, dem Genossen Schimansti möglichst umgehend Mitteilung 3u machen.

Sprechchor für Proletarische Feierstunden. Mittwoch, den 16. April, abends 8% Uhr, im Gesangssaal der Sophienschule, Weinmeisterstraße 16/17, Uebungsstunde.

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