Eroberung und Erneuerung der Musik durch Volt und Jugend— so hieß, unausg«isprochen, das Thema der ersten Volksmusik- und Smgschriltagung, zu der das Zentralin st itut für Erziehung und Unterricht geladen hatte: in Ver- bindung mit dem Reichsverband Deutscher Tonkünstler und Musik- lehrer und mit den Städten Bochum und Essen. Vier Tage, an- gefüllt mit Vorträgen, Vorführungen, Diskussionen. Um Volts- Musikschule und Singschui« ging die grohe Aussprache. Von allen Seiten, unter allen denkbaren Gesichtspunkten wurde dos Theina behandelt und abgewandelt, all« Meinungen, Richtungen, Generatio- nen, Vertreter aller Teil- und Grenzgebiete kamen zu Wort, Musik- erzieher, Fachmusiker, Schulmusiker. Di« Volksmusik- und Singsdhuten unter dem Gesichtspunkt der kulturellen Lage, der sozialen Belange, der historischen Entwicklung nnd der pädagogischen Resormbewegung: Aufgabenkreis und Unterrichtsstoff; Zusammenarbeit mn Schule und Behörde, mit Jugendpflege und Jugendorganisation, mit Be- russmusikerschast, mit Priva tmu sikerz iehern, mit Konservatorien; Berichte aus der praktischen Arbeit... Eine unerschöpflich« Füll« von Anregungen wird bleiben, weit hinaus wirkend über Stunde und Ort der Tagung und über den Kreis ihrer Teilnehmer. Un- überhörbar klang aus allen Reden und durch all« Worte, selbst die zweifelnden, als Mahnung und Berheihung: daß Großes und Eni- scheidendes in der Lust— und nicht mehr nur in der Lust liegt; daß sich hinter den Namen„Volksmusikschule" und„Singschule"«ine elementare Bolksbewegung birgt, derengleichen sich seit Jahr- Hunderten aus keinem Gebiet der Kunst vollzogen hat. Unter allen„Krisen", die unsere Musik durchmacht, ist die gesellschaftliche die am tiefsten aufwühlende; unter allen Zielen, denen ihre Entwicklung zustrebt, das wichtigste: ihre Rück- kehr ins Volt; und in das Leben des Volks. Cm« Rückkehr, die heute nicht Umkehr, sondern Vorstoß und Durchbruch bedeutet; in Jahrzehnten angebahnt, ein durchaus revolutionäres Geschehen, für
das die Zeit reis geworden. Der bürgerliche Aesthetizismus, der im vorigen Jahrhundert die Musik beherrscht und ihre gesellschastlich« Macht gesichert hat, ist ihr mehr und mehr zur bedrohlichen Gefahr geworden, die überwunden werden muß. Zur Gefahr der Isolierung nach zwei Seiten: Wschnürung vom Loben, Absonderung vom Volt. Musik als Mittel der Lebensgestaltung, als Lebensbetätigung und LebensbeftaiMeil, Musik als Gemeinschaftserlebnis, die Parolen der Erneuenrng sind uns oft begegnet. Hier werden sie greifbar, die neuen Begrisfe nehmen Gestalt an: im Bereiche der Erziehung — in der Singschul«; in der Volksmusikschul«. Di« Grundlagen und Grundfragen erläuterte der Leiter der Tagung, Pros. Leo Kestenberg , in einenr Referat, das deren wichtigstes Ereignis bildete; er sprach vom Standpunkt der Staats- Verwaltung, doch gedanklich und in den Perspektiven, die er er- öffnete, weit ausgreifend über den Rahmen nur verwaltun gsmäßi g er Interessen. Geistiger Ausgangspunkt seiner Ausführungen war der Bildungsbegrisf der modernen Erziehung, dieser Begriff, der das Wort„Bildung" wieder bei seinem Wortsinn nimmt: als einen lebendigen Prozeß des Bildms, als organisches Werden, nicht als festen Besitz von Bildungsgut. Bon hier erschließt sich mit suggestiver Folgerichtigkeit der Zugang in die Ideenwelt der Jugend- bewegung, aus-der unabhängig vom gleichgeitigen Bemühen pädagogischer Kreis«, die Singschul- und BolksinustkschUlbowegung ihren ersten Antrieb erhalten hat. Nur aus dem Bedürfnis derer, die sie besuchen, entstehen und bestehen diese Schulen. Derer, die sie freiwillig besuchen: Jugendliche in schulfreien Stunden; Er- wachsen« abends nach getaner Erwerbsarbeit. Aus unmittelbarem Bedürfnis nach Musik und gemeinsamem Musizieren, einem Be- dürfnis, Musik— gemeinsam zu erloben, nicht: zu erlernen. Nicht mit dem Ziel, Musikkönnen zu erlangen, Musikkenntnlsi« zu er- werben. Können und Kenntnisse bleiben darum nicht aus; hier wachsen Menschen heran, nicht bestimmt, Musiker zu werden, aber ein« neue Musikgemeinschaft zu begründen und zugleich den frucht- baren Boden aller kommenden Musik. Klaus Pringshcim.
Die rettende Idee. Vom deutschen Arbeitsdienstjahr. An Stelle des.Arbeitslojemoirrwars" will Professor Karl Schöpfe ein„Deutsches Arbeitsdienstsahr" eingesührt wissen, worüber er ein Buch geschrieben hat. Glücklicherweise braucht man dieses Buch nicht zu lesen. Der vom Verlag versandte Aus- hängobogen reicht vollkommen aus, um zu erkennen, was dahinter steckt. Die Idee, vom Verfasser als die rettende bezeichnet, die er von Millionen deutscher Augen bisher ungesehen glaubt, ist nicht neu. Er will eine Pforte zur Verwirklichung der Idee zeigen und vor allem jedem anständigen Deutschen zeigen, was hinter dieser Pforte liegt. Der Verfasser empfiehlt sein in wenigen Wochen zu Papier gebrachtes Werk mit den Sätzen:„Dieses Buch wird möglicher- weis« sowohl dem Gegner als dem Anhänger zu wenig„begründet", zu wenig gewiesen", zu wenig„wissenschaftlich fundiert", zu wenig „realpolitisch", kurz zu„phantastisch" erscheinen. Der Verfasser muß ihnen sehr recht geben." Etwas phantastisch bezeichnet er denn auch sein„Deutsches Ar- bcitsdienstjahr als„den neuen Stern am Himmelsdom der deutschen Volksgeschichte". Zu der tiesemgreifenden und entschlossenen Kur der Einführung des Arbeitsdienstjahres sei die Erkennung des körperlichen und seelischen Krankheitszustandes unseres Volkes auf «inigen Gebieten notwendig.„Sie ist nicht leicht und wird gemäß dem Plan mehr rechnerisch ausfallen müssen." Die Durchführung des Planes„kann man naturgemäß nur schildern, wenn man— die Phantasie ein wenig spielen läßt". Aus dieser Phantasie entsteht ein Grundriß:„Alljährlich zum l. Februar tritt eine große Anzahl junger Deutscher . Männer und Mädchen, in den Arbeitsdienst des deutschen Volkes ein", der einerseits eine Stätte der großzügigen Aitteitung zu deutscher hoch st- und Wertarbeit, andererseits zu wahrer deutscher Kultur sein soll.„Doch ist auch die volkswirtschastliche Arbeits- l ei st un g, welche schon während dieses Arbeitsdienstjahres geleistet wird, nicht zu unterschätzen." Der Mann mit der rcttmden Idee will nicht, daß sein Arbeitsdienst noch Kasernen riecht.„Die jungen Leute werden vielmehr ein Viertel- bis zu einem halben Jahr an Ausbildungsstätten vereinigt, welche an den landschaftlich packendsten Punkten des betreffenden Gebietes angelegt werden." Wald, Wasier, Berge und— Einsamkeit. Kolonien von hübschen großen u-nd kleinen Holzhäusern, welche als gemeinsame Schlaf-, Speise- und Arbeitsräume dienen.„Werkstätten aller Art, Maschinenlager, Garten-, Acker-, Wiesen- und Forstgelände sind vorhanden(?)... Spiel- und Sportplätze zur körperlichen Er- tüchtigung, Licht, Luft, Wasier und die uralte heilige Erde sind die Lebenselement« auch dieser neuen, großartigen Volkserziehung." Di« jungen Arbeitswilligen gehen dann auf S bis 9 Monate in die öfsentlichen und privaten Betriebe.„Sie leisten hier werte schassende Arbeil gegen freien Aufenthalt(in den Betrieben?), kostenlose Verpflegung und verschieden abgestuftes Taschengeld." Den„Drill",„wie ihn das alte Heer zur Erreichung soldattscher Höchstleistungen anwandte und airwenden mußte, weil es eben ein Waffen. Heer war", will unser Professor nicht, sondern die Me- thoden einer guten Sportschule anwenden. „Die Weihnachtsfeier soll den eigentlichen festlichen und tief- innerlichen Abschluß des„Deutschen Arbeitsdienstjahres" bilden. Der Verfasser erinnert sich selbst donkbaren Sinnes der wunder- vollen Weihnachtsfeier, die er am Ende des Krieges als Verwun- deter in einem mttteldeudschen Diakonissenhaus mitmachte. Soviel zur Einführung. Dann im 1. Kapitel:„Irgendwo muß doch die gange Verelendung und Versklavung, welche Todfeinde des deutschen Volkes über die 60 Millionen verhängt, heraus kommen, sichtbar werden!" .Leder 60. Deutsche : ein Gastwirt oder ein Kellner oder ein« Kellnerin!... In dieser Ziffer prägt sich so ganz kennzeichnend die Entwicklungstendenz aus, welche die deutsche Volkswirtschaft»ad Berussmoral seit der Revolution tZIS eingeschlagen haben." „Das grohartig-düster« Bild der deutschen Avbeitslosigkett wäre noch nicht ganz vollendet, wemi wir nicht des Riesenapparates von Beamten und Angestellten, den Reich, Staaten, Kreise, Kommunen, Sozialversicherungsanstalten, Gewerkschaften ulw. nach den, Kriege aufgezogen haben, gedenken würden... Wenn wir diesen ganzen aufgeblähten Bürokratenkörper des heutigen Deutschlands sehr imchtern betrachten, werden wir doch finden, daß zahlreiche Einrichtungen und Aemter nur darum geschaffen worden sind, um— eben neu« Posten und Pöstchen zu schaffen. Di« Parteien, namentlich die herrschenden, die Gewerkschaften, namentlich wieder die herrschenden, die Berufsstände usw. müssen„für ihre Leute sorgen"! Seinem 1. Kapitel stellte Herr Schöpfe folgendes Zitat von Lagarde voran: „Männer sind wir und Männer wollen wir fein: meint ihr in der Tat, es passt uns, wie Kinder mit den Fröbelschen Flecht- arbeiten... eines unseligen und charakterlosen Porlamentaris- mus, mit Börsengeschäftchen und einer in forttvährendem Sterben liegenden Industrie... abgefunden zu werden? Lieber holz hacken.. Warum in aller Welt hat der Verfasser diesen guten Rat nicht selber beherzigtl Auch Wilhelm der Verflossene hackt holz.
Liebestragödie in Berlin W. Die Geliebte erschossen, Selbstmord des Täters. Eine blutige Liebestragödie, die in ihren Beweggründen noch völlig ungeklärt ist, spielte sich in der vergangenen Rächt im Hause Pasiauer Str. lla ab. Der 26jährige Malier Gotinow tötete seine Geliebte, die 26jährige Eharlotte Vogel durch einen kopfschuh und richtete dann die Masse gegen sich selbst. Durch einen Schuß in die Herzgegend fand auch er den sofortigen Tod. Gollnow ist der Sohn eines Lichterfelder Molkereibesitzers. Test etwa zwei Iahren unterhielt er innige Beziehungen zu Charlotte D., die bei einer Familie in der Pasiauer Str. 11» zur Untermiete wohnte. Gollnow hatte die Absicht, das junge Mädchen zu heiraten. Aus wirschaftlichen Gründen hat er sein Borhaben wohl noch hin- ousgezögert. Gestern abend empfing nun Charlotte B. den Besuch ihres Freundes. Außer einem anderen Untermieter weilte niemand weiter in der Wohnung. Kurz vor 24 Uhr hörte der Mann plötzlich kurz hintereinander mehrere Schüsse fallen. Als er, nichts Gutes ahnend, m das Zimmer des Mädchens eindringen wollte, ja nid er die Tür von innen verriegelt. Die Polizei wurde daraufhin sofort alarmiert und mehrere Beamte verschafften sich ge- wattsam Einlaß. Aus einem Ruhebett lag Charlotte Bogel leblos. Sie war durch einen Schuß in die Schläfe getötet worden. Auf dem Fußboden, dicht am Fenster, die Leiche Gollnows. Cr hatte sich aus«ner Mehrladepistole, die er im Tode noch fest um- krampst hielt, einen Herzschuß beigebracht. Die Leichen wurden beschlagnahmt.
Die Gegengaben für Aofreiete. Man kennt den schönen Kopf der Königin Nofretete im Cl-Amarna-Saale unseres Aegyptifchen Museums und den hart- näckigen Kampf, den die Aegypter feit Iahren um seinen Besitz führen. Rechtlich steht«r ihnen in keiner Weise zu, da er mit den übrigen Stücken der El-Amarna -Sammlung als deutsches Eigentum unanfechtbar in Berliner Besitz gelangt ist. Eine andere Frage ist, ob wir ihn im Austausch gegen noch werwollere Stück« des Museums in Kairo freiwillig hergeben wollen. Diesen Weg hat Aegypten nun endlich beschritten, und durch Gedutd und kluge Ber- Handlungen, haben wir erreicht, daß sie uns zwei Werk« von unge- wohnlicher Bedeutung als Tauschobjekt für die Nofretete anbieten. Diese Stücke aus dem Kairoer Museum sind: zunächst und vor allem das Standbild des Ranofer, eine Kalksteinfigur von 1,80 Meter höhe, Lebensgröße, im f. g. Alten Reich , fünfte Dynastie, um 2500 v. Ehr. entstanden Ein Kunstwerk von höchstem Rang; es gehört zu den Dingen, die man abbildet und nennt, wenn von der großen Monumentalkunst des ältesten Aegypten die Rede ist, ein Beispiel für die plastische Majestät und innere Größe des ägyptischen Figuralstits, der den Menschen mit Bewußtsein in die Sphäre der Ewigkeit erhob. Denn diese Grabstatuen nehmen tat- sächlich die Stelle des Verstorbenen im Totenkult der Aegypter ein, und ihre Unzerstörbarkeit, die sich ja durch die Jahrtausende bewährt hat, verbürgt die Unsterblichkett des Porträtierten. Die erhabene Ruhe im Ausdruck dieser Gestallen übt gerade auf uns Gegen- wärtige eine ungeheure Wirkung aus, nicht bloß durch ihr« Mittel plastischer Vollkommenheit, sonde.rn auch durch den tiefen und mystischen Zauber ihrer seelischen Ausgewogenheit und Stille. Diese hohen Eigenschaften der ägyptischen Skulptur finden sich am reinsten in der Frühzeit, und Statuen wie der Ranofer gellen deshalb in der ganzen Well als klassisch« Schöpfungen des ägyptischen Geistes. Bon ihresgleichen besitzt die Berliner Sammlung aber nur Reliefs und keine Rundplastik von Bedeutung: ihre Erwerbung würde«ine kostbare, auf kein« andere Weis« mögliche Bereicherung bilden. Aehnlichcs gilt von dem zweiten Stück, das die Aegypter daneben für die Nofretete bieten: die Sitzfigur des Schreibers Amenhotep , Sohn des hapu, eines hohen Beamten unter Amenophis III. (dem Vorgänger von Echnaton , Gemahl jener umworbenen Königin). Schreiben war im alten Aegypten ein« hohe und seltene Kunst, und in der Hockstellung des Schreibenden wurden häufig große Hof- beamte dargestellt; dieser Amenhotep genoß in der ganzen Antik«, noch bis in hellenische Zeit hinein, den Ruf eines ungewöhnlich weisen Mannes und wurde sogar heilig gehalten. Plastsich bedeutet diese Figur einen Fortschritt zum Individuellen hin, die fetten Bauch- falten und die ziselierte Durchbildung de» Porträtkopfes verraten die verfeinerte Epoche des 14. Jahrhunderts v. Chr., deren letzte Stuf« dann die Kunst von El Amarna ist. Aber die plastische Kraft und Monumentalität ist hier noch ungebrochen, und auch dieses Werk darf man als einen hoch erwünschten und notwendigen Zuwachs unseres Museums bezeichnen, das reich an Kleinwerken und Rellefs, aber arm an repräsentativen Großfiguren dieser Art bisher ge- blieben ist. Man soll nun angesichts solcher Mögtichketten die raffinierte Delikatesse des Nofretete -Kopfes nicht etwa herabsetzen. Aber es ist, was viel zu wenig geschieht, mit Nachdruck darauf Hinzuwesien, daß wir Ersatz in anderen, künstlerisch vielleicht noch eindringlicheren Exemplaren dieses Modells besitzen(denn dieser Knze Skulpturen- komplex gehört ja zu den Funden aus dem Atelier des hofbrld- ' Hauers Thutmosis in El Amarna , und der umstrittene Kopf existiert hier in mehreren sorgfällig ausgeführten Exemplaren). Der Vertust war« also nicht einmal unersetzlich zu nennen. Daß die Aegypter just diesen Kopf haben wollen, ist am Ende zu einer Prestigefrage von Kairo geworben, und wir sollen froh sein, daß ihre Eisersucht uns zwei so unschätzbare Kleinodien beschert wie Ranofer und Amenhotep . � Paul F. Schmidt. „Die Flucht nach �edo." Kamera. Ein neuer japanischer Film, der den Weg zu uns f-ndet, erregt besondere Erwartungen. Sie wurden auch diesmal nicht enttäuscht, wenn sie auch nicht alle erfüllt wurden.„Die Flucht nach Nedo" ist eine Filmballade, die von den abenteuerlichen Schicksalen zweier Liebenden handelt. E» ist ein hohes Lied auf die Lieb« in hsiwrsicher Fassung; der Film spielt in der Ritterzeit, da die Samurai noch zwei Schwerter trugen Der Regisseur T. Äiuugasa, von dem wir hier schon den
beachtenswerten Frlm„Im Schatten des Poshiware" sahen, hat natürlich bei den Amerikanern gelernt, aber er sucht doch den eigenen nationalen Charakter herauszuarbeiten. Wie unser Film steht auch der japanische zunächst noch in der Tradition des Theaters. Das japanisch« Theater hat ja Immer schon kinomäßige Auftritte ge- kannt, und wenn wir jetzt die Hetzjagden der Verfolgungen und die langausgesponnenen bravourösen Kämpse zwischen dem edlen Räuberhauptmann und dem Gewimmel der schleichenden Polizei- organe nn Film sehen, so ist das nicht bloß ein« Nachahmung der Amerikaner, sondern zum Teil alle japanisch« Theatertradition. Was uns am meisten interessiert, ist natürlich das japanische Milieu und vor allem die Kunst der japanischen Darsteller. Man kennt diesen Ritter und seine Liebste längst aus den japanischen Holzschnitten und auch vom Gastspiel der japanischen Theater in Europa her: diese weißen Gesichter, die wi« Porzellan wirken, mit den lackschwarzen kunstvollen haarfrsiuren. Das Mienenspiel ist bei all seiner Ge- dcnnpftheit sehr ausdrucksvoll und besonders ergiebig für Schmerz, Trauer und Heroismus. Der Hauptdarsteller ist«in japanischer Fairbanks ,«in Fechter von vielen Graden. Im Beiprogramm wurden Reportagen aus Japan und China geboten, sowie die lustigste Grotesk« aus dem phantastischen Dasein des verrückten Karnickels Oswald. O.«
„Tarakanowa." primus-palast. Die Franzosen pflegen mtt besonderer Liebe den geschichtlich nicht richtigen �historischen" FUm. So mitzt in diesem Film«in Graf Schuwalow die Aehnlichkeit der Tochter der Zarin Elisabeth mit einem Zigeunerkind aus, um durch dieses der Zarin Katharina II . Schwierigkeiten zu bereiten. Um noch mehr Komplikationen Herauf- zubeschwören, verliebt sich Graf Orlow, der vor PoteniNn der Günstling der wollüstigen Herrscherin war, in die Pseudazarintochter. Katharina läßt sie der Folter unterwerfen. Orlow rettet sie, aber das schön« Kind stirbt an den erlittenen körperlichen und seelsichen Oualen in einem Nonnenkloster, gepflegt von der echten Tochter Elisabeths. Die Photographen K r u g e r und Lucas erzielen stets ein« geschmackvolle Bildwirkung, sie glänzen mitunter sogar durch schöne Gemälde und bedienen beim Lagerfeuer usw. sich eine» interessanten Wechsels von hell und Dunkel. Der Regisseur Raymond B e r n a r d legt den ollergrößten Wert auf höfischen Pomp, Massen- fzenen und Kostümpracht. Doch erstickt er durch den Glanz nicht die Handlung. Im Gegenteil, er will nicht nur die kostbar schön« Augenweide, er gibt sich redliche Mühe um die Gestaltung. Und so sind die Hauptdarsteller Edith IeHann«(falsche und echte Zarintochter), Olaf Fjord (Gras Orlow) und Rudolf Klein-Rogge (Graf Schuwalow) keine aufgedonyerten Puppen, sondern Menschen.
„Blockade." Atrium. Neidisch gemacht durch die Erfolge etlicher Knegsbücher ver. sucht die mit großem Talent sich verspekulierende deutsche Film» Industrie es jetzt mal wieder mtt Kriegssilmen. Da die Eni- schlelerung der Damen nicht mehr zieht,„entschleiert dieser Film die Geheimnisse des U-Bootkri«ges". Der Film„Blockade" wurde unter Benutzung von deutschen, und englischem Material hergestellt. Er sit, trotz wiederholter Ver- wendung von Kulissen, ein« vollkommen sachliche Arbeit, ein ziemlich nüchterner Tatsachenbericht über den U-Bootkrieg und fein« Abwehr. Der Film hat keine Tendenz, er will kein Für und Wider in die Gedankenwelt de« Zuschauers hineintragen. Der Kriegshetzer kann mithin nach wie vor den Krieg als eine Herosich« Angelegenheit feiern, und de' Friedensfreund kann für sein« Idee der Völker- verbrüdinmg werben, indem er auf die unsinnigen Zerstörungen himveist. Bei der Uraufführung war die Jugend sehr stark vertrete« und kaum schul pflichttge Kinder sahen sich den Film an. Dieses große, furchtbar» Massensterben des Weltkriege», das»hn« Blutvergießen und ohne Todesschrei auf der Leinwand vorüberzieht, e» wird für die von der schweren Zeit nichts wissende Jugend eine glänzende optsiche Parade versinkender Schiffe. Darin liegt ein« Gefahr, denn so kommt nie und nimmer die wahre und unbedingt nötige Eni- gsitung der Atmosphäre, wenn nicht Elternhaus und Schule alles daran setzen, um echte Friedensfreund« zu erziehen.«, h.'