die vornehmste Aufgabe in der Wirthschaftspolitik?Wie kann man einem so edeln Mann ernstlichgrollen, selbst wenn er sich hin und wieder in der Wahlder Mittel zu jenem schönen Zwecke irrt?So hat denn der Kommerzienrath mit wehmüthigerNachgiebigkeit gegen eine hohe Obrigkeit sich hindurchgehofftdurch die Wirthschaftsreaktion dieser achtzehn Jahre. Baldzauberte ihm der Kronprinzenliberalismus, bald der neueKurs kapitalistische Luftschlösser vor. Freude gössen dieHandelsverträge in sein Herz. Und nebenbei ließen sichimmerhin auch so noch Geschäfte machen, die den Geldschrankfüllten.Niemals wohl wäre er, so lange es noch so leidlichgeht mit den Geschäften wie bisher, aus seinem politischenQuietismus aufgerüttelt worden, wenn nicht sein alterKonkurrent in der Ausbeutung des Klassenstaats, der grund-besitzende Junker, unzufrieden damit, nur halbpart zumachen, den ganzen Profit für sich begehrte. So lange derJunkerchor nur in der Presse und im Zirkus lärmte, wares noch nicht bedenklich. Aber die junkerliche Begehrlichkeitließ sich nicht stillen durch kleine Mittel, sie will große, siewill altes.Zwar die Leute, die jetzt am Regierungsruder stehen,leisten, wenigstens zum theil, Widerstand gegen die An-sprüche; aber so gewitzigt ist der Kommerzienrath doch schondurch die Erfahrung, daß er sich nicht mehr unbedingtauf die Bureaukratie verläßt. Und dann— werbürgt dafür, daß seine Gönner morgen nicht schonvom Lucanus geholt sind? Böse Zeichen der Zeittreten hervor. Sogar diese Regierung, in der es Mit-glieder giebt, die das agrarische Treiben gemeingefährlichnennen, hat ein Börsen- Bevormundungsgesetz in die Weltgesetzt. Man tastet die Börse an, das ist die Stelle, woder Kommerzienrath sterblich ist. Er bäumt sich aus inwildem Grimm, als„Ein ehrbarer Kaufmann" in Ham-bürg, als„Schutzverband gegen agrarische Uebergriffe" inBerlin.Doch selbst jetzt, da ihm der Schreck über den agrari-scheu Ansturm durch Mark und Pfennig gegangen ist, kannsich der Kommerzienrath im Kriegsschmuck nicht völlig derallen Unterwürfigkeit gegen die weise Obrigkeit entschlagen.Er will fechten gegen die Junker, ja, aber er thuts, umder Regierung zu zeigen, daß sie an ihm einekämpf- und besonders zahlungsfähige Stütze findet,wenn sie selbst den Kampf gegen die rebellischeJunkerschaft ernstlich aufzunehmen gedenkt. Wasdann geschehen soll, wenn diese oder eine künftigeRegierung mit den Junkern gemeinschaftliche Sache machenwürde, darüber schweigt er sich vorsichtig aus.Dazu kommt noch ein Bedenken, das ihm den Wage-muth lähmt. Er weiß, daß er nicht einmal der Gefolg-schaft des Kleinbürgerthums mehr sicher ist unddaß ihm das Proletariat auf die Hacken tretenwird, wenn der Sieg seine Sache krönen sollte.Ihm winkt keine Aussicht, eines möglichen Sieges froh zuwerden. Sollte er auch mit Hilfe der Bureaukratie desJunkerthums Herr werden— und das wäre an sich wohlmöglich, da die Bourgeoisie noch eine wirthschastlich aus-steigende, das Junkerthum eine im Niedergang begriffeneKlasse ist— so müßte er doch froh sein, sofort mit denResten des Junkerthums Frieden schließen zu können,fast unter jeden Bedingungen, da ihnen beidendann erst der ernstliche Lebenskamps droht mit demProletariat. Alles das muß den kühnen Ausschwung derKommerzienrathsseele lähmen. Und deshalb, wenn wir ihnnach seiner Vergangenheit beurtheilen und nach den Zeit-umständen, haben wir keine großen Heldenthaten zu erwartenvon dem Kommerzienrath auf dem Kriegspsade.Volttifcho Mebevstchk.Berlin, 24. März.Im Reichstage dehnte sich heute die dritte Etats-Lesung mehr als sonst üblich aus Einzelheiten aus. BeimMarine-Etat brachte Genosse Metzger die Trinkwasser-Verhältnisse in Wilhelmshasen, die Maßregelungen vonsozialdemokratischen Arbeitern auf der Werst daselbstund den Boykott dortiger Geschäftsleute durch die Marine-Offiziere zur Sprache. Diesen Boykott erklärte der StaatssekretärHollmann nicht zu billigen. Beim Kapitel„Reichs-eisenbahnen brachte B u e b zahlreiche elsaß-lothringische Be-schwerden zum Ausdruck, die eine längere Diskussion her-vorriefen. Als Redner die von der Mehrheit geübteStrangulations-Taktik mit einer etwas verächtlichen Wendungbezeichnete, ertheilte ihm der Präsident einen Ordnungsruf. DerAntisemit Zimmermann hatte in einer Resolution beantragt,an den Reichskanzler das Ersuchen zu richten, daß er eineVerlegung der Postschalter-Dieuststunden an Sonntag-Nach-mittagen von 5 bis 7 ausj 12 bis 2 Uhr herbeiführe.Genosse Singer bemerkte' zu diesem Antrage, dieSonntagsruhe der Postbeamten werde durch die zweimaligeUnterbrechung mit Dienststunden illusorisch. Die sozial-demokratische Partei sei für den Wegfall des Nachmittags-dienstes. Für dringende Fälle lasse sich eine Gelegenheitder Annahme und Beförderung von Bestellungen schaffen,ohne daß durch diese Ausnahme die ganze Schaar der Post-beamten zu leiden brauche. Die Arbeiterklasse werde denPostbeamten den freien Sonntag nicht mißgönnen, trotz ge-legentlich vorkommender Benachtheiligung des Publikums.Agrarische Schmerzen mußten natürlich in der letztenSitzung vor den Ferien auch noch einmal recht kräftig ge-äußert werden. Herr Holtz und Herr Graf Arnim be-klagten sich, daß die Re,chsbank aus landschaftliche Pfand-briefe nicht genug pumpe. In einem höheren Lombard sahder erstere ein großes, der letztere ein kleines Nüttel, der„Landwirthschaft" zu helfen. Für ihren Vorwurf, daß dieReichsbank Spekulanten begünstige, vermochten beide Rednerkeine Thatsache anznführen.Bei der Gesammtabstimmung wurde der Etat gegen dieStimmen der Sozialdemokraten und des fortschrittlichenAbg. Müller-Glogau angenommen.Das Anleihegesetz fand in dritter Lesung ebenfalls An-nähme, gegen eine etwas größere Minderheit.Der Beginn der„Schuldentilgung"(wie es etwas un-genau und irreführend heißt) wurde fast einstimmig gutgeheißen; auch die Sozialdemokraten stimmten dem Be-schlusse zu.Nächste Sitzung: Donnerstag, 16. April. Tagesord'nung: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb(in zweiterLesung).Zur Veröffentlichung des kaiserlichen Gnaden-erlasses. Schmutzige Blätter, wie die Bismarck- offiziösen„Berliner Neuesten Nachrichten", wie das Organ desBundes der Landwirthe, die„Deutsche Tageszeitung", undwie die durch Ohm und Gödsche, Nathusius-Ludow undHammerstein gekennzeichnete„Kreuz- Zeitung" triumphirenüber den angeblichen Erfolg des Kriegsministersüber Liebknecht und Bebel. Wir bedauern denfierrn Bronsart von Schellendorff, daß keine anständigerenobredner sich seiner annehmen. Hätte der sonst soschneidige Kriegsminister wirklich das Gefühl des Triumphesgehabt, so hätte er sich nach den Reden unserer Abgeordnetensicherlich nicht mäuschenstill verhalten.—Der Silberlinge Roth und die Klage— das wäre eintrefflicher Stoff für ein komisches Epos im Nibelungen-Versmaß.Siegfried-Kardorff, der von dem grimmen Balfour-Hagen heim«tückisch erlegt wird—, welch' herzzerreißender Stoff! Doch wenig-stens als Mensch lebt Siegfried-Kardorff fort, wenn er auchals Silberling maustodt ist. Und vielleicht benutzt der MenschKardorff die ihm jetzt verbleibenden Mußestunden dazu, um ein-mal die Frage zu behandeln, ob es überhaupt eineDoppelwährung giebt? Gegeben hat es nochkeine. Die Geschichte weiß von keinem Beispielezu erzählen. Das frühere Frankreich, welches meistals Exempel angeführt wird, hat thatsächlich Gold-Währung gehabt, mit einem Agio auf das Silbergeld— dasheißt mit einer Ausgleichung der Preisdifferenz nach der Gold-Währung.Wenn man zwei Metalle gleichzeitig durch ein Gesetzzu Geldmetall erhebt, so erreicht man damit blos, daß eins derbeiden Metalle als Geldmetall von dem anderen verdrängtwird.Geschähe es, was die Silberlinge wünschen, so wäre es dasGold, das verdrängt würde. Und davon hätte das Volk im All-gemeinen die größten Nachtheile und unser Welthandel wäre zerstört.Vor theil hätten nur solche Personen, welche den Zwangs-k u r s des Silbers dazu benutzten, in Gold gemachte Schuldenin Silber zu bezahlen, d. h. ihre Gläubiger zu betrügen.Wenn Herr von Kardorff einen anderen Vortheil entdeckt unddarlegt/ so gelingt es vielleicht, dem nicht süß duftenden Leich-nam des Bimetallismus einiges Leben einzublasen.Ein Miqnel'scher Jnliusthurm. In der„Rh. Wests.Ztg." wird von einem neuen Finanzplane des preußischenMinisters Dr. Miquel berichtet, der darauf ausgehen soll,die Schwankungen der Einnahmen der Preußischen Staats-einnahmen in den einzelnen Jahren durch Bildungsozusagen eines Reservefonds auszugleichen. Essollen einem solchen Fonds nämlich in guten Jahrendie Ueberschüsse der Einnahmen bis zu einer gewissentöhe zugeführt werden, während in schlechten Jahren dieseronds herhalten müsse. Die Höhe dieses Fonds soll aufetwa 50 Millionen Mark gedacht sein.— Eventuellsoll der Fonds auch mit zur Eisenbahn-Schuldentilgungverwendet werden. Dr. Miquel soll sich der Zustimmungdes Eisenbahuministers schon versichert haben.)Ein solcher neuer Juliusthurm zur Ausgleichung desBudgets würde den Hauptersolg haben, die Regierung jed-weder Kontrolle noch mehr zu entziehen. Ein solcher Plansieht dem entwicklungsfähigen Herrn Miquel ganz ähnlich.—Den Herren für Ordnung, Religion und Sitteins Stammbuch. Rechtsanwalt und Notar von MetzschinfLeipzig wurde, wie die„Leipziger Volkszeitung" durch Ver-öffentlichung einiger Aktenstücke mittheilt, wegen Beihilfezum Wucher und wegen Begünstigung desWuchers(Vergehen gegen Z§ 302 a und b, 49, 257, 74Str.G.B.) aus Antrag.der Staatsanwaltschaft von der Straf-kammer des Landgerichts!zn Leipzig unter Anklagegestellt. Den Sachverhalt schildert die Anklage folgender-maßen:1. Der Barbier Hermann Lübeck ließ sich von der In-haberin eines Fuhrgeschäfts, Karoline Christiane verehel. Weder-mann und deren Ehemann wechselmäßig wucherliche Vermögens-vortheile verspreche», indem er am 19. September 1ö91 gegenGewährung von 5690 M. baarem Darlehn auf dieZeit von vier Monaten einen am 19. Januar 1892fälligen Wechsel über 5000 M. von Frau Wedermannakzeptiren, von ihrem Ehemann als Aussteller zeichnen und sichaushändigen ließ(über 36 pCt! da Herr Rechtsanwalt v. M.noch seine Kosten abzog, s. 2).2. v. Metzsch war der Rechtsbeistand Lübeck's.a) Er gab ihm in dieser Eigenschaft Rathschläge über Formund Bedingungen des obigen Geschäfts, diktirte seinemExpedienten den Wortlaut des Wechsels, nahm von Lübeck dieDarlehnssumme in Empfang und händigte sie den Weder-mann'schen Eheleuten nach Abzug seiner Kosten aus.(Beihilfe zu wechselmäßigem Wucher.)b) Er leistete dem Lübeck später noch seines Vortheils wegenBeihilfe, um ihm die Vortheile aus dem Wucher zu sichern, indemer ihm im Januar 1891 zur Zeit der Fälligkeit des Wechselsrieth, den Wechsel bei nicht zu erlangender Zahlung protestirenzu lassen, um Regreß nehmen zu können.Er hat dann für Lübeck als Jndossenten Protest erhoben,die Wedermann'schen Eheleute zur Zahlung aufgefordert, undnachdem diese erfolgt war, die 3600 M. unter Abzug seiner Kostenan Lübeck ausgehändigt."Zur Verhandlung kam es jedoch nicht. Das Verfahrenwurde nämlich durch Befehl des Königs von Sachsen, dessenGnade der Namensvetter des sächsischen Ministers vonMetzsch angerufen hatte, gegen ein„Bezcigungsquantum"von etwa 800 M. niedergeschlagen. Das Recht, einenbestehenden Prozeß niederzuschlagen, wird von einigenRechtslehrern bestritten, da ein solches Recht dem Grundsatzeines„R e ch t s st a a t s" zuwiderlaufe. Andere Juristensind anderer Ansicht; sie halten das Niederschlagungs- oderAbolitionsrecht als einen noch bestehenden Ausfluß desBegnadigungsrechts.Mit Herrn Rechtsanwalt von Metzsch beschäftigtesich auch das Ehrengericht der Leipziger Auwaltskammer.Und wie erkannte es gegen den der Beihilfe und der Be-günstigung des Wuchers fangeklagten von Metzsch? Auslediglich 200 M. G e l d st r a s e. Zur Begründungder Verurtheilung wird ausgeführt:„daß der Angeklagte in den bei Leitung und Abschluß einesDarlehnsgeschäftes aus seiner Expedition stattgefundenen Ver-Handlungen der Parteien infolge mangelhafter Prüfung diewucherische Natur desselben übersehen, in der Folge bei derVollziehung des Darlehnsgeschäftes mitgewirkt und später dieEinhebung des Darlehns mit den wucherlichen Vortheilen ver-miltelt, hierdurch aber die ihm obliegende Pflicht zu gewissen-hafter Berufsausübung verletzt habe."Wir gratuliren den Herren Anwälten zu ihrem Kollegenvon Metzsch. Wäre Herr von Metzsch vielleicht ausdem Anwaltsstande ausgeschlossen worden, wenn er nichtsUnehrenhaftes begangen, aber nicht der politischen Ueber-zeugung der jeweiligen Regierung genehm wäre?Ueber die Lage Italiens spricht der sozialistischeAbgeordnete C o st a sich in einem Brief vom 13. März anunser Wiener Bruderorgan also aus:Sobald Crispi unter der Last der öffentlichen Entrüstung ge-fallen war. stellte die sozialistische Partei, die zu seinem Sturzso viel beigetragen hat, in dem„Mauisest an die Italiener" undin den Versammlungen, wo ihre Kammerdeputirten sprachen, derneuen Regierung zwei Bedingungen: l.Die sofortige Beendigungdes afrikanischen Abenteuers und die Rückberufung der Truppen.2. Vollständige und umfassende Amnestie aller politischen Ver-urtheilten. Diese beiden Forderungen sind im Begriff, sich zu erfüllen,trotz des Wuthgeschreies der crispi'schen Bande. Unsere zwei theurenGenossen Bosco und De Felice haben vor drei Tagen dieGaleerensträflings-Kleidung abgelegt und sind inmitten einergroßen, beifallklatschenden Menge in die Kammer am MonteCitorio eingezogen. Vor drei Tagen war jeder von ihnen eineNummer, gestern waren sie bereits Gesetzgeber und Richter ihrerKerkermeister und der Henker ihrer in Sizilien erschossenen Ge-nossen. Nicolo Barbato, ebenfalls aus dem Zuchthaus entlassenund wie De Felice Deputirter von zwei Wahlbezirken, hatnicht die Absicht, ins Parlament einzutreten, aber wir vertrauenauf seine Aufopferung und seine Hingabe an die Partei,die ihn doch dazu zu bewegen versuchen wird. Mit Bosco,De Felice und Barbato sind eine ganze Masse anderer ver-urtheilter Genossen von Sizilien und Lunigiana frei geworden,auf ihrer Heimkehr mit Hochrufen der Bevölkerung begrüßt. Daviele von ihnen, um sich nach Sizilien zu begeben, fast die ganzeHalbinsel durchkreuzen mußten, konnten sie sehen, daß das Herzdes italienischen Volkes mit ihnen ist.— Auf der anderen Seiteist die Entsendung von Truppen nach Afrika suspendirt, und dieRegierung steht in Friedensverhandlungen mit dem Negus— inVerhandlung über den Frieden, den der„Unverantwortliche", derim Quirinal thront, niemals unterzeichnen zu wollen versicherte.Nun, man wird ja sehen...Gewiß, die Amnestie ist noch nicht vollständig, und Friedens-Unterhandlungen sind noch nicht die Rückberufung der Truppen,wie sie von den Sozialisten gefordert wurde. Aber ist es nichtein sehr interessantes Symptom, daß es gerade die sozialistischePartei ist, die man immer aus lauter Ideologen und Hitzköpfenzusammengesetzt erklärte, die das einzig richtige Wort für dieSituation fand, sodaß die Regierung selbst wohl oder übel damitanfangen mußte, wenigstens theilweise die Wünsche der öffent-lichen Meinung zu erfüllen, die klar und deutlich von den Sozia-listen zum Ausdruck gebracht wurden.Natürlich machen wir uns sonst keine Illusionen. Die Re«gierung des Marquis Rudini, ganz abgesehen von den persön-lichen Eigenschaften ihrer Mitglieder, wird nicht viel mehr werthsein als die Regierung Criszis. Wie überall, handelt es sichauch in Italien nicht um Personen, sondern um Einrichtungen.Die sozialistische Partei wird im Parlament und im Lande ohneUnterbrechung ihren Kampf für die Befreiung der Arbeit und fürdie Freiheil fortsetzen, welches Ministerium immer am Rudersei. Herr di Rudini hat sich übrigens beeilt, selbst die Möglichkeitzu Illusionen, wenn sie bei irgend jemandem bestanden hätte, durchsein Rundschreiben an die Präfekten zu vernichten. Und der SenatorCosta, jetzt Justizminister, erklärte, es wäre schwer, eine„Formel"zu finden(man höre den Advokaten!), um die Amnestie allenVerurtheiltcn zu ertheilen. So zeigte es sich, daß man vondiesen Herren nichts zu erwarten hat, die sich Liberale nennenund Konservative sind. Vorwärts also, sozialistische Partei! Ansie allein richten sich heute die Wunsche, die Bestrebungen derVolksmassen Italiens!— Heute, am Jahrestage des 18. März1371, wird die Kommune auch in Rom durch den GenoffenDeputirten Ferri gefeiert werden, der im Klub für soziale Studiensprechen wird.—Wo steckt der Spitzel Ehrenberg? Ein Herr Dr. Witteveröffentlicht zur Zeit in verschiedenen Blättern eine Skizze, ausderIhervorgeht, daß der saubere Herr seine schmutzigen Fingerauch in der schmutzigsten Affäre der Gegenwart hat, daß er andem räuberischen Einfall englischer Flibustier in Transvaal be-theiligt ist. Selbstverständlich hat er— seiner Spitzelnatur ent-sprechend— seine kostbare Haut nicht den Kugeln derBuren ausgesetzt; aber gewühlt hat er und gehetztund er selbst will den Plan entworfen haben, nach demder allerdings glänzend zurückgewiesene Einsall erfolgte.Dr. Witte erzählt in seinem Feuilleton, wie er in BrüsselEnde 1894 mit Ehrenberg zusammentraf. Ter„vielgereiste.welterfahrene Mann" log ihn kräftig an; er erzählte ihm, daßer in der Schweiz„offen zur sozialdemokratischen Partei über-gegangen sei", aus deren Reihen er ausgeschlossen ist,„weilman nicht an seine Aufrichtigkeit glaubte". Um in ein m ö g-lichst auslieferungssicheres Land zu kommen, begaber sich nach Süd-Afrika, wo er unter mannigfachen Abenteuernsich ernährte. Dr. Witte fährt dann fort:„Obwohl er eigentlich alle Ursache hätte haben sollen.der Transvaal-Regierung dankbar zu sein, da diese ein vondeutscher Seite gestelltes Ersuchen, ihn auszuliefem, abschlägigbeschied, so ließ er sich doch— eine echte Landsknechtnatur—durch diese Rücksichten nicht abhalte», auf die Pläne derEngländer einzugehen, die schon damals, das heißt vor drei bisvier Jahren, nichts ander s als eine Erhebung und die Ein-verleibung Transvaals in Britisch-Südasrika bezweckten. Inenglischem Auftrage fertigte er einen bis indie kleinste Einzelheit durchdachten Plan aus,nach dem der Aufstand und die militärischenBewegungen der Ausständischen erfolgen sollte.Nach Fertigstellung dieses Planes reiste er nach London, umdie dortigen maßgebenden Kreise für den Anschlag zu ge-Winnen, fand jedoch anfänglich, wenigstens in der amtlichenWelt, wahrscheinlich seiner Nationalität wegen, keine Gegen-liebe. Er verzweifelte jedoch nicht, sondern begab sich aus be-stimmten, mir unbekannt gebliebenen Gründen, nach Brüssel,von wo aus er seine Verhandlungen fortsetzte."Endlich im Frühjahr des Jahres 1895 erklärte v. Ehren-berg dann begründete Aussichr zur Verwirklichung seiner Plänezu haben und kehrte über, England nach Transvaal zurück.—Die dann folgenden Ereignisse sind ja bekannt; nicht aber, welcheehrenhafte Rolle Herr v. E h r e n b e r g in dieser Sache spielce.Herr Dr. Witte führt diese seine sonderbare Dankbarkeitgegen Transvaal zurück auf die— romantische Landsknecht-natur seines Helden; wir kennen ihn besser: es ist die Spitzel-natur, die in ihm steckt und die ihn treibt, seine besten Freundezu verrathen.—•»#Deutsches Reich.— Zum Präsidenten des Oberlandeskultur-Gerichts ist nicht der Kammergerichtsrath Rintelen, sondernder Reichsgerichtsrath Rintelen ernannt. Letzterer war vor seinerBerufung Mitglied des Obcrlandeskultur-Gerichts und ist, soweitbekannt, niemals parlamentarisch thätig gewesen. Somit ist eineNachwahl zum Reichstage nicht erforderlich.—— Zum Maximalarbeitst« ge i m Bäcker-gewerbe. Der geschäftsführende Vorstand des Zentral-Verbandes deutscher Bäckerinnungen„Germania" zu Berlin,welcher sich über das ganze deutsche Reich erstreckt und gegen-wärtig 964 Innungen mit etwa 26 000 Meistern zu seinen Mit-gliedern zählt, hat jüngst beschloffen, noch einen letzten Versuch zumache». um die durch die Anordnung des Maximalarbeitstagcsdem Bäckergewerbe erwachsenden schweren Schädigungen abzu-wenden. Es ist zu diesem Zwecke an die Vorsitzenden sämmtlicherin Deutschland vorhandenen Bäckerinnungen eine Aufforderungdahingehend erlassen worden, in den Osterferien die Reichstags-Abgeordneten in den einzelnen Wahlkreisen aufzusuchen und die-selben zu einer Interpellation im Reichstage in Sachen desMaximalarbeitstages zu guuften des schwer bedrohten Bäcker-gewerbes zu veranlassen.Wir sind die letzten, denen eine solche Interpellation nichterwünscht ist. Eine Besprechung der Bundesrathsverordnungwird den Vertretern der Arbeiter im Reichstage Gelegenheitbieten, die Zustände im Bäckereigewerbe gründlich zu beleuchtenund damit den Nachweis zu erbringen, daß die Nrbeilerschutz-Bestimmungen der Bundesrathsverordnung vollkonimen un-genügend sind. Der deutsche Reichstag wird nicht den Muth