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Kabinett und Panzerschiff.

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Die Scheu vor der Verantwortung.

Es wird eine Legendenbildung versucht. Die Presse der stärksten Regierungspartei fucht die Alleinverantwortung für die Einstellung der ersten Rate für Panzerschiff B in den Etat für 1930 dem Reichsrat zuzuschieben und die Ber antwortung für den endgültigen Beschluß dem Reichstag . Wo bleibt die Reichsregierung? Sie wird sowohl in der Germania " wie im Deutschen als Brief= träger zwischen Reichsrat und Reichstag hingestellt, der keine eigene Meinung hat. Die Stellung, die damit der Reichs­regierung zugewiesen wird, ist nicht gerade würdig- namentlich gemessen an den Ansprüchen auf absolute Füh­rung, die ihre Vertreter in der Theorie erheben. Die starte Regierung der Führung als Briefträger ohne politischen Willen das ist der Preffe des Zentrums immer noch lieber, als sie mit der Verantwortung für den Panzerschiffbeschluß belastet zu sehen.

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Indessen ist es objettio unrichtig, die Regierung Brüning in dieser Rolle zu zeigen. Der Deutsche " nennt den Beschluß des Reichsrats einen törichten Beschluß". Wir teilen diese Ansicht. Aber dieser Be­schluß ist nur von einer 3 ufalls mehrheit gefaßt wor­den, und diese Zufallsmehrheit wieder ist nur dadurch zu­standegekommen, daß die Reichsregierung sich für ihn start gemacht hat. Es ist eine 3medlegende, daß die Reichsregierung in dieser Frage neutral fei: fie hat den ,, törichten Beschluß des Reichsrats peran= Iaßt. Unsere Darstellung der Geburt des Bazzerschiffs B und der Rolle der Regierung ist unbestritten.

Im Reichsr at war die Regierung für den Beschluß. Was wird sie im Reichstag tun? Der Deutsche " erwartet vom Reichstag, daß er die Panzerschiffrate a b= lehnt:

,, Die Entscheidung, ob mit dem Bau des Panzerfreuzers B begonnen wird oder nicht, liegt also beim Reichstag. Wir sind überzeugt, und wir halten es für notwendig, daß die Mehrheit des Reichstages den Beginn des Panzerkreuzerbaus ablehnen wird. Wir haben jeht, weiß Gott , andere Sorgen." Aehnliche Hoffnungen, wenn auch vorsichtiger formu-­

Die Ahnungslosen.

Moldenhauer

Brining

Gröner

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" Ja, wir haben feine Ahnung, wo das Schiff plötzlich herkommt!"

Friedensfundgebung in Straßburg

liert, äußert die Germania ". Zur Ablehnung gehört Nach dem sozialistischen Studentenkongreß.- Blum über die deutsche Republik.

eine Mehrheit, und zu einer ablehnenden Mehrheit ge­hört die Sozialdemokratie.

Nachdem der Reichswehrminister mit Rückendeckung durch den Reichstanzler im Reichsrat die erste Rate durchge­drückt hat, und nachdem das Reichskabinett den Beschluß zu stimmend dem Reichstag unterbreitet hat, hofft die Presse des Zentrums, daß eine Mehrheit gegen den Reichsrat, gegen den Reichswehrminister, gegen den Reichs­kanzler und gegen das Kabinett entscheiden werde. Eine Mehrheit, bestehend aus Sozialdemokratie, Kommu­nisten und mem noch? Der ganzen Zentrums frattion oder Teilen der Zentrumsfrattion?

Es gibt dafür einen Bräzedenzfall. Am 15. und 16. November 1928 tämpfte die fozialdemokratische Reichs tagsfraktion im Plenum des Reichstags für ihren Antrag, den Bau des Panzerfreuzers A einzustellen. Dieser Antrag und seine Vertretung veranlaßten damals das Zentrum zu einer Drohung mit einem Mißtrauensvotum. Am 16. November erflärte Herr Wirth im Reichstag:

Straßburg , 16. April .( Eigenbericht.)

wendigkeit der Abrüstung. Selbst die friedliche und neutrale Im Anschluß an einen dreitätigen Kongreß der Internationalen Schweiz verwende ein Viertel ihrer Einnahmen für Rüstungs­Sozialistischen Studentenvereinigung fand am Dienstag abend in zwecke und ein weiteres Viertel für die ebenso unproduktiven Aus­dem von über 3000 3uhörern gefüllten Sängerhaus eine große gaben der schwebenden Schuld. Der Böllerbund müsse an die Auf­internationale sozialistische Friedenskundgebung statt, auf der Vergabe der Abrüstung energischer als bisher herangehen. treter der Parteien aller dem Elsaß angrenzenden Länder sprachen. Als erstem Redner erteilte der Vorsitzende, Generalrat Georges 28eill, dem ehemaligen Abgeordneten und jeßigen Sekretär der jozialistischen Kammerfrathon, Professor Marcel Déat das Wort, der die Arbeiten und die Bedeutung des foeben abgeschlossenen Studententongresses schilderte und seinen feurigen Appell an die Profetarier und Intellektuellen, die Wiederkehr des finnlosen und grausamen Völkergemehel zu verhindern und mit den deutschen Worten schloß: Nie wieder Krieg!"

Im Auftrage der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sprach sodann an Stelle der wegen der Reidystagstämpfe unabfömm lichen Reichstagsabgeordneten Tony Sender , der Borwärts". lichen Reichstagsabgeordneten Tony Gender, der Borwärts". Im Namen meiner politischen Freunde haben wir uns um Redakteur Viktor Schiff, der seine Rede teils in deutscher, teils dieses Staates willen gestern gegenseitig gelobt, daß ein zmeiter in französischer Sprache hielt. In beiden Sprachen betonte er, daß Børfall wie der geftrige( Stebe pon els gegen Panzerschiff A. die deutschen Sozialdemokraten das Selbstbestimmungs. D. Red.) durch ein Mißtrauensvotum in Form eines Unrecht der Böller respektieren, fraft deffen die elfäffische Be troges aus der Mitte Sie( zu den Sozialdemokraten) oder andere pöfferung feit elf Jahren wiederholt ihren Willen befundet habe, überraschen wird." fortan im Rahmen der französischen Republit zu leben. Bei diesem Befenninis immer wieder von stürmischem Beifall unterbrochen, erklärte Schiff, daß damit für die deutsche Sozialdemokratie die elsässische Frage entschieden sei, nicht nur gemäß dem Geiste des internationalen Sozialismus, sondern auch in Kon­sequenz des Rheinpattes von Locarno , durch den Deutschland spontan die jezige deutsch- französische Grenze endgültig anerkannt habe. Die Fortschritte der Berständigungspolitit, die jetzt zur rein wirtschaftlichen Regelung der Reparationsfrage und zur Räumung des besetzten deutschen Gebietes endlich geführt habe, seien in erster Linie dem Zusammenwirken des internationalen, insbesondere des deutschen und des französischen Sozialismus zu verdanten.

Ein zweiter Borfall wie der von damals wird aber jegt von der Zentrumspreffe gewünscht! Es ist aber ein Unterschied: Die Regierung Hermann Müller hatte den Baubeginn von A nicht veranlaßt, sondern die vorhergehende Regierung des Bürgerblocks! Der Bau­beginn von B aber ist durch stärkste Intervention der Regierung Brüning oder doch ihrer führenden Männer im Reichsrat eingeleitet worden! Der zweite Borfall dieser Art hätte also unstreitig noch schwerwiegendere Bedeutung! Der zweite Unterschied ist der: damals wandte sich das Zentrum gegen die Sozialdemokratie heute rird ganz offensichtlich gewünscht, daß die Sozialdemokratie dem Rentrum zu einem zweiten Borfall dieser Art Unter- Delcourt, richtete einen lebhaften Appell an die Stubenten und st ütung leihe.

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Was wird das Zentrum sagen, wenn sich eine andere Gruppe etwa die der Herren Treviranus und Schiele an die Drohung des Herrn Wirth vom 16. No­pember 1928 erinnert und sie etwa wahr mad) en

würde?

Demokraten und Panzerschiff.

Der Demokratische Zeitungsdienst teilt mit: Wie die Entschei dung des Reichstags ausfallen wird, ob überhaupt eine endgültige Entscheidung fallen und die Angelegenheit nicht vielmehr wegen der obwaltenden Schwierigkeiten um ein Jahr verschoben wird, darüber schon heute Bermutungen zu äußern, erscheint verfrüht. Was die demokratische Reichstagsfrattion anlangt, sie ist ja der Osterferien wegen nicht versammelt, doch dürfte es feinem Zweifel unterliegen, daß die demokratische Frattion sich auf dem Boden der ursprünglichen Regierungsvorlage stellt.

Panzerschiff Echo in England.

London , 17. April .( Eigenbericht.) Der Beschluß des Reichsrats, in den Reichsetat eine höhere Summe für den Bau des Panzertreuzers Bein zusetzen, hat in London ebenso überrascht wie der Beschluß des Kabinetts, die Entscheidung des Reichsrats hinzunehmen.

Die Blätter beschränken sich bisher auf Meldungen ihrer Ber­ liner Korrespondenten, die teilweise der Meinung Ausdruck ver­leihen, daß der Borstoß im Reichsrat nicht ohne Wissen der Regierung erfolgt fein tönne. Der Manchester Guardian" berichtet, daß die Erregung innerhalb der beut schen Arbeiterschaft über den Reichsratsbeschluß verständlich fei. wenn man bedente, daß die Regierung megen bes Defizits die Auf Löfungsbrohung über den Reichstag gehalten habe. Im Daily Telegraph ", der die Meldung feines Korrespondenten Die deutsche Flotte am Scheidemege" überschreibt, heißt es, daß mit dem Beschluß des Reichsrats wiederum die Frage aufge worsen sei, ob Deutschland zum zweiten Male im Sinne von Tirpik und Wilhelm II ., feine Zukunft auf bem Waffer fuche

Der zwischen zwei wichtigen Parlamentssitzungen aus Brüffel herbeigeeilte belgische Abgeordnete Louis Piérard wandte sich insbesondere an die anwesenden Intellektuellen und ermahnte fie, ihre Pflicht der Solidarität gegenüber den Opfern des Faschis mus in Italien und in anderen Ländern um so mehr zu erfüllen, als der Faschismus die größte Striegsgefahr der Gegenwart Dar­stelle,

Nachdem Hinzinger Wien , als Vertreter der österreichischen Kampfes der Wiener Arbeiter gegen die faschistische Heimwehr be­tont hatte, ergriff als legter Redner Abgeordneter Léon Blum das Wort. Die maßlosen ufionen bei den Siegern feien zerron­nen, aber um welchen Preis! Welche fostbare Zeit fei durch die wirtschaftlichen Phantasien der Staatsmänner" und Sachverstän digen der Friedenskonferenz verlorengegangen, melch moralischer Schaden durch die Gewaltpolitit angerichtet worden! Beim Ruhr­einmarsch habe sich Boincaré wie Siegfried gefühlt, der mähnte, durch seinen Schwertstreich gegen Fafnir das Rheingold ( oder wenigstens etwas Ruhrtohle) zu erobern". Als er, Blum, an jenem Lage in der Kammer Protest gegen dieses Abenteuer era hoben habe, hätte ihn die Mehrheit als Berräter" beschimpft und Niedergeschrien. Die gleichen Nationalisten hätten jetzt in der Kammer die Ergebnisse vom Haag als die größte Selbstverständlichkeit der Welt ratifizieren müffen, und es sei ausgerechnet Herr Maginot, der als Kriegsminister die Rheinlandräumung werde durchführen müssen. Die Fortschritte des Friedens- und Berföhnungsgebantens im be fiegten Deutschland seien bewunderswert. Nach seiner tiefften lleberzeugung stehe die deutsche Republit nun.

Studenten herzlichst begrüßt, die internationale Bedeutung des

Jetzt gelte es,

mehr unerschütterlich feft. ben Kampf für die Abrüstung zu führen, Die Haltung der Der Sekretär der internationalen Studentenvereinigung, Labourregierung auf der Londoner Konferenz sei ein leuchtendes Delcourt, richtete einen lebhaften Appell an die Studenten und Beispiel dafür, daß der Sozialismus auch auf diesem Gebiete allen anderen vorangehe und positive Erfolge zu erzwingen fähig sei. insbesondere an die Erzieher der Jugend, den Kampf gegen Nationalismus und Militarismus Hand in Hand mit der Arbeiter. Eine stürmische Ovation dankte Léon Blum , dessen Rede dar era Ichaft zu führen. Als Redner aus der benachbarten Schweiz sprach wartete Höhepunkt dieser großartig verlaufenen mehr als drei. Nationalrat Robert Grimm , Bern , insbesondere über die Not- stündigen internationalen Kundgebung gewesen war.

Steuerfenfung in Frankreich .

3m Zeichen der Reaffion.

Paris , 17. April .( Eigenbericht).

Die seit Monaten von Tardieu angekündigten ,, massiven Steuerermäßigungen" find inzwischen in der Kammer ein gebracht worden. Sie bilden das dritte Kapitel in der wenig rühm lichen Geschichte der französischen Steuerreform, die von der Bevöl­ferung und den Linksparteien seit dem Regime Boincarés gefordert, von der Regierung aber immer wieder hinausgezögert worden lit. Die unsinnige Saarpolitik des früheren Finanzmi­nisters Chéron hat die Steuerzahler zugunsten der Staatsfasse, die an die 20 Milliarden stille Reserven aufstapeln fonnte, derartig ausgepowert, Handel und Wirtschaft so peitgehend lahmgelegt, daß sie schließlich Chéron und mit ihm dem ersten Kapi nett Tardieu den Kopf toftete. Als dann das zweite Rabinett Tardieu ans Ruder fam, mußte es, um den wiederholten Bersprechungen zum Echein wenigstens gerecht zu werden und um der dringenden öffent­lichen Meinung zu folgen, eine Sentung der Steuerlaten bemerfftelligen, die zusammen mit der ersten Steuerfenfung im Herbst etwa 3% Milliarden Fronten ausmachte. Die jetzt eingebrachte Novelle sieht mettere Steuerfenfungen im Gesamt­betrage von 1,9 milliarden vor, die aber ebenso wie die voran. gegangene

fast ausschließlich den Börsenfpekulanten, Kapitaliffen und dem Lurusgewerbe zugute fommen.

Die Steuerfenfung erstreckt sich nämlich ausschließlich auf folgende Abgaben: Kapitalertragssteuer, Börsemumfassteuer, Steuer für Auto­mobile, Belze, Edelsteine, Gold und Silberwaren, Parfümerien, Hotelredmungen ufm.

Ein Verbraucherrat in England.

Zur Kontrolle sämtlicher Preise.

London , 17. April Handelsminister Graham teilte am Dienstag im In­terhaus mit, daß in furzem ein Verbraucherrat in Großbritannien geschaffen werden soll. Der Verbraucherrat soll das Recht zur Rontrolle fämtlicher Breise von den Rohstoffer bis zu den Fertigfabritaten erhalten.

Schiffbruch an Desterreichs Küste.

Ranglisteneifer gestrandet.

Nach jahrelangen Verhandlungen ist ein Handelsvertrag mit Deutschösterreich vereinbart worden. Im Artikel 27 dieses Vertrages heißt es:

Im Falle des Strandens, des Schiffbruchs und der Seenot an den Küsten des einen Teils genießen die Seehandels­Schiffe des anderen Teils wie auch deren Bemannungen, Reisende und Ladungen Hilfe und Beistand in gleichem Umfang und die gleichen Begünstigungen und Befreiungen wie die eigenen Schiffe, ihre Bemannungen, Reisenden und Badungen.

Den beiderseitigen Konsularbehörden ist gestattet, die Ausbesserung, die Wiederverproviantierung und den Berkauf der durch Stranden oder Schiffbruch verunglüdten Schiffe ihres Landes zu überwachen.

Es sollen zwar ein oder zwei Seeschiffe unter der roiweißroten Flagge fahren. Aber eine Seetüfte hat Deutschösterreich höchstens an feinen Geen. Man hat da gar zu bequem abgeschrieben.