Nr. 183 47. Jahrgang
Bergleiche die vorhergehenden Artikel über die ameritanische Wirtschaftskrise in den Nummern 171 und 163. Das Balten des Gewinnprinzips als entscheidende fapitalistische Triebkraft steht im engsten Zusammenhang mit der Verteilung der Einkommen, wie sie der kapitalistischen Gesellschaft eigen ist. Die Steigerung des Einkommens der breiten Massen fördert die Befriedigung der physischen und kulturellen Bedürfnisse und ein nach zukünftigen Bedürfnissen geregeltes Sparen. Auf diese Weise wird die Kaufkraft des Marktes gestärkt und gefestigt, zugleich aber Die eine gleichmäßig steigende Kapitalbildung gesichert. Steigerung der Einfünfte in den höheren Einkommensstufen bewirkt dagegen auf der einen Seite sprunghafte Steigerung des Lurustonjums, auf der anderen aber ein geradezu leidenschaftliches Bestreben zur möglichst rasch en Bereicherung, zum Glücksspiel, zur Spefulation.
Diese spekulative Manie" hatte in Amerika in den letzten Jahren ohne Zweifel auch die am besten gestellten Arbeitnehmer ergriffen,
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Freitag, 18. April 1930
der Spekulation steden blieb, auf der anderen Seite aber die produktiven Anlagen nicht ausreichten, um den vorhandenen Arbeitsfräften Beschäftigung zu verschaffen. Amerita war zu reich" und gleichzeitig nicht reich genug". Die Lösung dieses Wider fpruchs ist einiach. Sein Grund liegt darin, daß die Steigerung der Kaufkraft nicht Schritt mit der Kapitalbildung hielt. Wäre die fähige Nachfrage nach Industriewaren viel größer gewesen, und das hätte auch die entsprechende Bergrößerung der produttiven Anlagen bewirken müssen. Diese theoretische Möglichkeit stellt sich aber in der Capitalistischen Wirtschaft immer wieder als eine praktische Unmöglichkeit heraus, und hier liegt auch die Ursache des unerhörten amerikanischen Börsen und Konjunkturzusammenbruchs. Die tapi talistische Wirtschaft, ist und bleibt eben fapitalistisch, d. h. sie ist zu fehr Gewinn und zu wenig Bedarfswirtschaft.
trächtliche Summen fanden so dauernde Verwendung in der Speku- Kaufkraft der Massen stärker gestiegen, so wäre auch die zahlungslation anstatt in produttiven Anlagen. So erhöhten viele Gefellſchaften ihr Aftienkapital, nicht um das neue Rapital in ihren Unternehmungen zu investieren, sondern um die Erlöse aus dem Attienverkauf in der Spekulation zu verwenden! Die Attie, die normalerweise einen Bruchteil des in irgendeinem Unternehmen angelegten Kapitals darstellt, wurde zur Karte in einem Glüds piel, die nur noch der Einsatz des Spielenden, nicht mehr der Repräsentant von Fabrikgebäuden und Maschinen war. Wie ein französischer Geschäftsmann in seiner außerordentlich lebendigen Schilderung der amerikanischen Krije jagt, wachten alle Leute jeden aber auf dem Papier. Morgen reicher auf; als sie gestern waren und diese Neulinge des Glücks lebten in der Illusion, daß dieser Zustand immer dauern wird!"
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Diese Entwidlung beeinflußte auch den Charakter des Konsums
gesteckt haben.
Die Entwicklung der Automobilindustrie gibt ein besonders trasses Bild eines stürmischen Aufschwungs, dann einer Ueber produktion und schließlich eines ungewöhnlich starken Rückschlags. Aufschwung, Ueberproduktion und Rückschlag in der Autoproduffion. 339 000 1929 Junt. 1929 Juni... 453 000
Wer diesen Zusammenhang durchdenkt, dem wird es flor, daß die Arbeiterschaft zugleich an der Steigerung der Massenfaufkraft und an regelmäßiger ausreichender Kapitalbildung, namentlich an der produktiven Verwendung des Kapitals, stärkstes Interesse hat. Sie muß aber gegen die fapitalistische Beherrschung der gesellschaftlichen Produktivträfte sein, da diese Beherrschung infolge der Ausbeutung der Arbeitenden mit sich immer wiederholenden Störungen des Gleichgewichts zwischen der Entwidlung der Der Produktionsmöglichkeiten und der Entwicklung Rauftraft des Marties verbunden ist. Diese Störungen wirten letzten Endes hemmend auch auf die Entwicklung der Produftionsmöglichkeiten und bemirten eine furchtbare Verschwendung der Produttivfräfte. Die Borgänge in 132. geben in einer geradezu tlassischen Form ein Abbild dieser Widersprüche der kapitalistischen Wirtschaft und sind beshalb besonders dazu geeignet, die Arbeiterschaft an ihr sozialistisches Ziel zu erinnern. Das soll aber richt heißen, daß sich die Arbeiterschaft, um die leberwindung der tapitalistischen Wirtschaft mit ihren Widersprüchen tämpfend, der jeweiligen Zuspizung dieser Widersprüche gegenüber untätig zu verhalten hätte. Sie führt ihre gemerfidhaftlichen Kämpfe, die nicht mur die Besserung der Lage von einzelnen Arbeitern, sondern, wirtschaftlich gesehen, auch die Steigerung der Kauftraft des Marktes und damit die Stabilisierung der Beschäftigung bewirken. Ueberall, wo die Arbeiterschaft zu einer politischen und also wirtschaftspolitischen Macht geworden ist, hat sie die Aufgabe, um den Aufstieg der Wirtschaft durch die gleichmäßige Entmidlung der Produktionsmöglichkeiten und der Massenkauffraft zu ringen.
sehr stark. Die bessere Beschäftigung erhöhte ohne Zweifel auch der Massenverbrauch, am stärksten nahmen aber verschiedene Formen des Luruskonsums zu. Zu Hilfe tam das Auslandsgeschäft. ist in gewissem Sinne zu einer Massenerscheinung geworden. Man Es wird behauptet, daß manche Cohn- und Gehaltsempfänger ihre pilegt die starke Zunahme der Spareinlagen als eine natür- USA . liche Folgeerscheinung, fogar als eigentlichen Ausdruck der wirt- regulären Berdienste für zwei Jahre im voraus in folche Lurusfäufe schaftlichen Prosperität zu betrachten. Nun sind in Amerika im Laufe des Jahres vom 1. Juli 1928 bis 29. Juni 1929, also in der Zeit des gewaltigsten wirtschaftlichen Aufschmungs und der sich überstürzenden Börsenhausse, die Einlagen in den Sparabteilungen der Banken sogar zurückgegangen, nämlich um 195 Millionen Dollar( rund 820 Millionen Mart), mährend sie im vergangenen Jahre um 2300 Millionen Dollar( 9,6 milliarden Mark!), zugenommen hatten. Es wurde also bedeutend mehr Spargeld abgezogen als neu angelegt. Mindestens 2½ Milliarden Dollar( über 10 Milliarden Mark), die sonst als Spareinlagen angelegt worden wären, sind entweder direkt oder indirekt durch die sogenannten ,, Investment trusts" in Wertpapieren angelegt worden, und zwar bedeutend stärker in Aktien als in festverzinslichen Anlethen.
Das Gewinnspiel mit Affien.
Die Verschiebung der Anlagen zugunsten der Aktien ist typisch für die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Man begnügt sich nicht mehr mit den sicheren und festen Einfünften aus Anleihepapieren, die, eben weil sie sichere und feste Einfünfte bringen, für die Spekulation wenig geeignet sind. Das Gewinn papier ist die Aktie, deren Preis normalerweise nach der zu ermartenden Dinidende bewertet wird. Man faust aber die Aktien
1928 Oftober
November Dezember
1929 Januar. Februar März 1929 April
Mai.
217 000 205.000
347 000
•
406 000
513-000
Juli 426 000 Auguſt 442 000 September 365 000 Oftober. 320 000 November. 169000 537000(!) 1929 Dezember 91000(!) 516 000
Im Dezember 1929 hat die Automobilindustrie mit weniger als 20 Proz. ihrer Kapazität gearbeitet!( Saisonwirtungen spielen hier natürlich mit, geben aber nicht den Ausschlag.) Es zeugt von der außerordentlichen finanziellen Stärke der Autoindustrie, daß sie einen solchen außerordentlichen Ausfall der Beschäftigung überstehen
tonnte.
Der Börsentrach von Ende Oktober hat sofort auf das Abzahlungsgeschäft gewirkt. Das läßt sich wiederum genau für den Verkauf der Automobile feststellen. Die Statistik des Verkaufs auf Abzahlung ist zwar nicht ganz vollständig, umfaßt aber mährend der Zeit starter Spekulation nicht zu den Zweck, hobe einen größeren Teil des Abzahlungsgeschäftes. Bon 407 GesellDividenden zu beziehen, sondern, um an der Spekulation zu gefchaften, die den Berkauf der Wagen auf Abzahlung jinan winnen. Die Attie verliert jede Beziehung zur Dividende. Wenn nämlich eine Attie an Stelle ihres nominellen Kurses von 100 zieren, wurden abgeſetzt: schon 300 tostet, jo bedeutet auch eine zehnprozentige Dividende effettiv nur eine Berzinsung von 2 Proz. In Amerika standen die Aktienkurse vor dem Börsentrach so hoch, daß die tatsächliche Berzinsung( Rendite) in vielen Fällen nicht mehr 1 Proz. ausmachte.
Welchen Umfang die Börsenspekulation in Amerita ange. nommen hat, davon gibt die Zunahme der Kredite für die Börsenmakler eine eindrucksvolle Vorstellung. Die Gesamt fumme dieser der Vermittlung spekulativer Geschäfte dienenden Stredite jchmanfte 1926 in New York zwischen 2,7 und 3,5 M11liarden Dollar, seit August 1927 stieg sie mit gewissen Unterbrechungen von 3,6 auf 8,55 Milliarden Dollar im September 1929, also von 15 auf 36 Milliarden Mart! Sehr be- I
de sy Fates
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im Oftober 1929 267 000 Wagen für 123 Millionen Dollar im November 1929 203 000
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Keine Statistik gibt Aufschluß darüber, wieviele Kunden, die ihre Wagen früher gekauft haben, nach dem Börsentrach zahlungsunfähig wurden. Es wird aber berichtet, daß der Berkauf von Autos zur Dedung früherer Zahlungsverpflichtungen zu einer Massenerscheinung geworden ist. In den anderen Branchen wird übereinstimmend von Ausverkäufen zu niedagewesenen billigen Preisen und deshalb überfüllten Läden berichtet.
Es liegt also in der tapitalistischen Art der Berteilung des Sozialprodukts, wenn man in Amerika auf einer Seite eine übermäßige" Kapitalbildung hatte, so daß ein beträchtlicher Teil des neugebildeten Kapitals nicht produktiv angelegt wurde, sondern in
PORT A
Politische Stillegungen?
Siemens und Stahltrust. Borbereitung sozialpolitischer
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Reaffion.
Die Großindustrie hat sich die Ditermoche ausgesucht, um Im zahlreiche Arbeiterentlassungen durchzuführen. Berliner Wirtschaftsbezirk kündigte der Siemens- Konzern umfangreiche Entlassungen an. In der Westindustrie verfügte der Ruhrtrust gleiche Maßnahmen, und zwar haben die Vereinig ten Stahlmerte bei den zuständigen Regierungsstellen beantragt, die Abteilung Duisburg- Ruhrort( früher Phönig) und die Abteilung Hörderverein bei Dortmund stillzulegen.
Ueber die Berechtigung dieser Stillegungen wird geftritten. Es ist zunächst festzustellen, daß plößliche umfangreiche Arbeiterenfassungen nicht im Einklang mit der allgemeinen Ko juntturentwidlung stehen. Das gilt fomohl für die Montan als auch für die Elektroindustrie. Für die letztere ist ganz besonders
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sondern mitunter gezwungen ist, seiner Maschine auf steiler Bergstraße ein hartes Stück Arbeit zuzumuten,
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