BERLIN Dienstag 22. April 1930

Der Abend

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Nr. 187

B 93 47. Jahrgang

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Der Brand im Zuchthaus.

Üleber 400 Tote im Staatsgefängnis von Ohio .

New York , 22. April. ( Eigenbericht.)

Im Staatsgefängnis von Columbus ( Ohio ) er eignete sich eine schreckliche Brandkatastrophe. Das Niesenfeuer wurde nach Zerstörung eines Vierzellen blocks spät nachts gelöscht. 310 Sträflinge tamen hilflos in den Zellen um; 100 Sträflinge erlitten schwere Rauchvergiftungen, viele von ihnen liegen im Sterben. Starke Truppenaufgebote sind bemüht, die Ordnung der unruhigen Sträflinge im Anstaltshofe aufrechtzuerhalten.

wagen abbefördert. Gegen 21 Uhr amerikanischer Zeit ist das Feuer noch immer nicht gelöscht. Angeblich wurden die Wärter bei Ausbruch des Feuers topflos und ergriffen blindlings in verzweifelter Ohnmacht an die Wände pochten, die Fenster zer­die Flucht. Sie überließen die Gefangenen ihrem Schicksal, die trümmerten und um Hilfe schrien. Biele Gefangene erlitten Nerven­zusammenbrüche. Big Bill Norton, ein berüchtigter Ber­brecher, ergriff die Schlüffel eines topflosen wärters, öffnete die Türen und gab fo den Gefangenen die Möglichkeit, sich zu retten. Biele andere Gefangene, wärter und Feuerwehrleute verbrachten Wunder von Tapferkeit, durch die das noch unübersehbare Unglück wenigstens etwas gemildert wurde. Die Belegschaft des Gefängnisses betrug 4600 Mann. Gegen Abend wurden sämtliche arbeits­fähigen Gefangenen aufgefordert, sich an den Löscharbeiten zu be­

Kampf um die Jugend.

Offer Reichsfonferenz der GA3. in Lüneburg .

Die wirtschaftliche und politische Entwicklung der letzten Jahre hat die Jugend ungleich stärker als früher in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt. In allen Lagern ist man bemüht, durch einen planmäßigen Ausbau der Erziehungs- und Jugend­organisationen einen möglichst großen Teil der Jugend zu erfassen und sich so eine starke Reserve für die politischen Auseinander­fegungen der Zukunft zu sichern. Die Jugend ist aber auch schon bei den Gegenwartsentscheidungen start umworben, und feit den letzten Reichstagswahlen im Mai 1928 tann man von einem wahren Kampf um die Jugend sprechen, der wahrscheinlich in der nächsten Zeit noch an Schärfe zunehmen wird.

Die Ursache dieser Entwicklung ist in der veränderten gefell­fchaftlichen Stellung der Jugend zu suchen. Die Jugend spielt heute im Wirtschaftsleben eine bedeutsame Rolle, denn von den etwa 5,24 Millionen Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, die bei der legten Bolkszählung gezählt wurden, stehen etwa 80 Prozent, also

Das Ursprungsfeuer und die nachfolgenden Einzelfeuer sind anscheinend von den Sträflingen, um Ausbrüche zu ermöglichen, angelegt worden. Die beteiligen. freiten Sträflinge waren zuerst um die Rettung der un- Gegen einen Teil des Gefängnisses, der schon 1815 erbaut wurde, glücklichen Kameraden bemüht, wurden später jedoch un-| beffanden schon lange Zeit Bedenten besonders bei der ruhig und erschwerten die Löscharbeiten. Das Feuer Ueberfüllung, die schlimmer ist als in allen anderen amerika­breitete sich rasend schnell aus. Die Schlüssel der brennen nischen Gefängnissen. Bereits im Jahre 1928 verbrannten sechs den Zellenblocks wurden in der Aufregung verlegt, so dass Gefangene. die Insassen wie Ratten umtamen. Die Schreckens. Zwei Brände im Gefängnis von Columbus. mehr als 4 Millionen im Erwerbsleben. izenen waren unbeschreiblich. Der Anstaltshof erinnert an ein Schlachtfeld mit haufenweise umher. liegenden Leichen. Die Aerzte und Hilfsmannschaften wurden durch Radio herbeigerufen. Die Strafanstalt war mit 4300 Sträflingen überbelegt, da sie nur für 1500 Insassen bestimmt und ganz veraltet ist. Die Flammen fanden in dem ölgetränkten Dachmaterial reichliche Nah­rung; starke Westwinde förderten die Ausbreitung des Feuers und die ungeheure Rauchentwicklung. Sträflinge zerschnitten zerschnitten mitten in der größten Aufregung mehrere Waffer schläuche und drohten mit der Inbrandsekung der Feuerlöschautos. 1700 Soldaten halten die Strafanstalt umzingelt. Die Stromlieferung des gefährdeten Zellenblocks war zeitweise unterbrochen, so daß die Oeffnung der elektrischen Zellenschlösser un möglich war. Die Rettungsmannschaften verwendeten Schmiedehammer und Schweißapparate, wurden aber durch den Nauch stark behindert.

Die

Columbus ( Ohio ), 22. April. Ueber die Brandkatastrophe im Staatsgefängnis von Ohio werden weitere Einzelheiten bekannt: Das Feuer entstand im West­flügel des Gefängniffes. Es kam zu einem unbeschreiblichen Durch einander. Die Türen wurden schließlich aufgebrochen und ungefähr 500 Menschen waren imstande, auf den Hof zu flüchten; die Ge­fangenen stürzten aus den Zellen nach den Ausgängen. Doch war auch auf dem Hof der Rauch sehr start. 100 Krankenpflegerinnen wurden angefordert, um den Verletzten und Sterbenden Beistand zu, leiſten, die nicht alle im Krankenhaus untergebracht werden konn­ten. In den Korridoren der Gefängnisgebäude häuften fich die Opfer. Um 8.15 Uhr abends amerikanischer Zeit lagen 305 Leichen im Hofe des Gefängnisses.

Die sozialistische Bewegung muß sich in diesem Kampf New york , 22. April um die Jugend gegenüber den anderen Parteien zu behaupten suchen, Wie sich jetzt herausstellt, haben im Gefängnis von Columbus zwei Brände gewütet. Das zweite Feuer ist von den Gewinnung der Jugend, weil die Erfüllung ihrer Ziele in der Zukunft und sie hat vor allem deshalb das stärkste Interesse an der Ge­fängnisinfaffen, die infolge der Brandkatastrophe in furchtbare liegt, in der die junge Generation von heute die Geschicke des Volkes Erregung geraten waren, in der Wollspinnerei des Gefängniffes zu bestimmen hat. Hinzu kommt, daß die Erfahrungen des letzten angelegt worden. Es fonnte erst um 11 Uhr nachts amerikanischer Jahrzehnts deutlich die große Bedeutung einer Zeit gelöscht werden. Auf dem Gefängnishof find 2000 Gefangene zufammengedrängt. Die Lage ist noch immer sehr bedrohlich, da Ausbruchsversuche der bis zum Wahnsinn überreizten Gefangenen befürchtet werden. Alle verfügbaren Truppen und Polizeifräfte sind in der Nähe des Gefängnisses zusammengezogen worden. Der Schauplah des mörderischen Feuers bietet im Schein zahlloser Fadeln einen Anblid unbeschreiblichen Grauens. Sämtliche Lichtleitungen sind durch die Brände zerstört worden. Die Gefahr einer Meuterei wird dadurch noch erhöht. Die Löscharbeiten gestalteten sich außerordentlich schwierig, zumal die erregten Gefangenen immer wieder Angriffe auf die Feuerwehrleute unternahmen.

Man rechnet mit 400 Toten.

Columbus ( Ohio ), 22. April. Nach späteren Schätzungen beträgt die Zahl der Zoten 400, die der Verlekten mindestens 300. Das Gefängnis, das nur für 2000 Sträflinge vorge­sehen ist, hatte nahezu 5000 Insassen. Das Feuer brach um 6 Uhr abends zur Zeit der Einschließung der Sträflinge in ihren Zellen an zwei verschiedenen Stellen gleichzeitig aus und breitete sich bei starkem West­wind rasch aus, so daß die Sträflinge der oberen Zellen stockwerke wie in Fallen gefangen waren. Wäh rend ein Teil der Sträflinge Heroisches zur Rettung der Eingeschlossenen vollbrachte, zerschnitten andere die Schläuche und hinderten die Löscharbeiten. Um Mitternacht befanden sich etwa 2000 Mann Militär und Schläuche und hinderten die Löscharbeiten. Im Polizei an der Brandstelle. Etwa 1500 Sträflinge wur den wieder in ihre Zellen zurückgebracht. Ueber 1000 trieben sich jedoch im Gefängnis herum und ver

fyftematischen sozialistischen Erziehungsarbeit bewiesen haben. Die Arbeiterbewegung ist in ihrem Kampf um den Sozialismus nicht nur abhängig von der Zahl ihrer Anhänger, fondern auch von dem Maß der Schulung der Massen, die diesen Kampf führen und die neue Ordnung in Staat und Wirtschaft ge= ftalten sollen. Für den Sozialismus ist darum heute die Jugend­erziehung ebenso wie die kulturelle Arbeit nicht nur eine angenehme Feiertagsbeschäftigung, sondern eine politische Aufgabe von weit­tragender Bedeutung.

Wir hatten vor dem Krieg als einzige sozialistische Jugend­organisation die Zusammenfassung der arbeitenden Jugend durch die ,, Zentralstelle für die arbeitende Jugend Deutschlands", die bei Kriegsausbruch rund 100 000 Jugendlichen die Zeitschrift Arbeiter­Jugend" zustellte und für diese Jugendlichen eine umfangreiche Jugendarbeit leistete. Heute besteht eine große Zahl sozialistischer Jugendorganisationen, unter denen die Sozialistische Ara beiterjugend, die Jugendgruppen der Gewerkschaften und die Jugendgruppen der Arbeitersportbewegung in erster Linie zu nennen sind. Sie umfassen rund 800 000 Jugendliche. tätigen Jugendlichen, aber immerhin ist eine wesentlich größere Zahl Das sind zwar auch erst 20 Prozent der Gesamtzahl der erwerbs­erfaßt als in den Jahren vor dem Krieg. Eine bedeutsame Er­weiterung hat die sozialistische Jugend- und Erziehungsarbeit er­fahren durch die Kinderfreunde bewegung, die in der letzten Jahren einen prächtigen Aufstieg erlebt hat und die wichtige Borarbeit für die Erziehungsaufgaben der sozialistischen Organi­darauf an, die sich aus dem gegenwärtigen Kampf um die Jugend fationen der schulentlassenen Jugend leistet. Das bisher Erreichte fann freilich nicht genügen. Es kommt für uns ergebenden Konsequenzen zu ziehen und einen weiteren planmäßigen Ausbau der Jugendarbeit zu fördern. Die

Reichskonferenz der Sozialistischen Arbeiterjugend,

Am späten Abend war der Brand auf seinen Herd beschränkt. Es wurden umfassende Maßnahmen gegen etwaige Ausbruchs­versuche getroffen. Eine große Menge Tränengasbomben und Gas­masten wurden bereitgelegt. Die Erregung stieg, als auch die fuchten, neue Brände zu entfachen. Auch für die am 18. und 19. April in Lüneburg tagte, hatte aus diesem Werkstätten in Brand gerieten und nach der Löschung das Feuer wieder aufflammte, was den von verschiedenen Seiten gehegten Berdacht der Brandstiftung durch Sträflinge zu bestätigen schien.

die ersten Brände in den Zellengebäuden wird Brand­ stiftung nunmehr als erwiesen angesehen,

da an mehreren Stellen ölgetränkte Lumpen gefunden wurden.

Ein Augenzeuge berichtet. Schauerlich tönt das Stöhnen, Geschrei und Fluchen der ein. Die Ordnung war im Gefängnis am Morgen wiederher­gesperrten Gefangenen durch die Nacht, während Hunderte mit den gestellt. Der Brand stellt die folgenschwerste Feuersprißen die Flammen bekämpfen. Sämtliche Hospt. Feuersbrunst dar, die die Vereinigten Staaten in täler find überfüllt. Das Ausmaß des Unglücks ist noch den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Er ist, was die unübersehbar. Das Gefängnis liegt mitten in der Stadt Columbus. Zahl der Opfer anlangt, nur zu vergleichen mit dem Sämtliche Straßen find abgesperrt. Die Lage wird dadurch erschwert, Brand im Iroquois Theater in Chikago 1903 und der daß schwere Tumulte ausgebrochen sind. Zusammenstöße zwischen Erdbeben und Brandkatastrophe von San Franzisko Gefangenen und Truppen find im Gange. Die Ursache des Brandes 1906, two 400 bis 500 Menschen umkamen. Im Gegen ist noch nicht festgestellt. Es wird angenommen, daß unzufriedene satz zu diesen Katastrophen war bei dem gestrigen Brand Gefangene die Wollweberei des Gefängnisses angezündet haben. Scheinwerfer beleuchten die leichenübersäten der Sachschaden ganz gering. Er betrug noch nicht Gefängnishöfe, ununterbrochen werden Zeichen auf Last. 20 000 Dollar.

Grunde in den Mittelpunkt ihrer Beratungen einen Vortrag über die Aufgaben der Sozialistischen Arbeiterjugend im Kampf um die Jugend gestellt, und der der Reichskonferenz folgende Norddeutsche Jugendtag am Ostersonnabend und Ostersonntag trug ebenfalls das Motto: Arbeiterjugend im Kampf.

Der Sozialistischen Arbeiterjugend geht es bei ihren Beratungen jedoch nicht mir um schwungvolle Proflamationen, sondern um die Schaffung neuer praktischer Arbeitsmöglichkeiten. Die Lüneburger Reichskonferenz konnte bei der Erfüllung dieser Aufgaben ausgehen von der Tatsache einer gefestigten und im Aufstieg be findlichen Bewegung. Der Konferenz lag ein umfangreicher Bericht über die in den Jahren 1928 und 1929 geleistete Arbeit vor, aus dem wir hier nur einige Zahlen hervorheben wollen. Die Mitglieder zahl hat sich in den zwei Jahren

von rund 49 000 auf rund 56 000, alfo um 2000 erhöht.

Die innere Lebendigkeit der Bewegung wurde sichtbar bei den großen zentralen Veranstaltungen, so beim Dortmunder Jugendtag