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Mittwoch 23. April 1930

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Unterhaltung und Wissen

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Andreas Latzko : Der Doppelpatriot

Theophil Banner wurde als der Sohn eines Grenzwächters in einem Grenzwächterhäuschen geboren. Bor feutem Geburtshause stand ein Schlagbaum, der auf der einen Seite rot, auf der anderen schwarz angestrichen war, und wir wollen die beiden Königreiche. die sich rechts und links von diesem Grenzzeichen erstreckten, der Ein­fachheit halber das rote und das schwarze Land nennen.

Nun traf es sich, daß zwischen beiden Ländern ein Grenzstreit ausgebrochen war. Eine Kommission, zusammengesetzt aus Geo­metern, Politifern, berühmten Juristen und hohen Würdenträgern beider Länder, durchstreifte die Grenzgebiete und machte nach furzem Spaziergang schon die sensationelle Entdeckung, daß die Grenze tat fächlich falsch gezogen sei. Nicht mur, daß rund einundzwanzig und fieben Achtel Baumstämme irrtümlich dem roten Lande zugefallen waren; nein, auch das rote Wächterhäuschen stand mit seiner ganzen rechten Hälfte im schwarzen Lande da drüben.

Erregt ob der historischen Tragweite diefer Erkenntnis, drang bie Kommission in die Behausung des Grenzwächters ein, just in hem Augenblid, als Theophil Banner das Licht der Welt erblickte. Der legte Schmerzensschrei der glücklichen Mutter, der erste Gruß bes neuen Beltbürgers empting die illuftre Gesellschaft.

Der Geometer des schwarzen Landes erholte fich als erster von ter Ueberraschung.

Die neue Grenzlinie geht mitten durch das Kind!" schrie er. Sofort wurden die Dreifüße aufgestellt; alle Mitglieder der Kommission lugten der Reihe nach durch die Apparate, und der Aus­ruf des scharfsichtigen Geometers bewahrheitete sich.

Da trat der Justizminister des schwarzen Landes mit feierlicher Miene aus der Reihe. Er war ein gefürchteter Jurist von cußer­gewöhnlicher Spitfindigkeit und brannte darauf, sich den Gelben Drachenorden zu perdienen.

,, Diefes Kind gehört zu uns!" erflärte er mit schlauer Miene. Der rote Teil der Kommission ficherte höhnisch: ,, Exzellenz irren fich!" hieß es ,, Der Vater des Kindes ist roter Untertan und der Neugeborene somit, ohne Rücksicht auf seinen Geburtsort, ebenfalls."

Der ehrgeizige Justisminister ließ sich dadurch nicht abschreden. ,, Der Vater des Kindes ist auch in diesem Hause geboren, auf diesem Bette, das mit seiner rechten Hälfte in unser Land hineinragt. Er ist roter Untertan geworden auf Grund einer vorhergegangener falschen Abmarkierung. Es handelt sich hier um ein Judicium finum regundorum, und in solchen Fällen ist es allgemein üblich, das zweifelhaft bleibende Areal zugunsten der Beteiligten zu halbieren. Wir haben euch den Vater überlassen und nehmen uns nun das Kind..."

"

Großer Lärm folgte diesen Borten. Die Schwarzen schrien Bravo!" und Hoch!", während die Roten mit Rücksicht auf den ihrem Layde herrschenden Soldatenmangel Dor einem Miß­trauensnotum im Barlament zitterten.

Nach endlosem Hin und Her, nach glänzenden Reden und Gegen­reden faßte die Kominission endlich einstimmig den Beschluß, beider feits an allerhöchfter Stelle über die unerwartete Komplitation zu referieren.

Jahre vergingen.

Der Streit um die Staatsangehörigkeit Theophil Banners mütete immer noch. Spezialfommiffionen tagten; die Sache wurde cinem internationalen Schiedsgericht vorgelegt; und die Farben des Regenbogens genügten nicht mehr, um die diplomatischen Elaborate, die über diese Frage ausgearbeitet worden waren, mit entsprechenden Umschlagdeckeln zu versehen.

zu werden.

Der fleine Theophil war einigemal nahe daran, ein Casus belli Zum Glüd hatte er selbst teine Ahnung von seiner Wichtigkeit. Er muchs und gedieh, mar ein munterer träftiger Junge geworden und benugte den Schlagbaum vor seinem Elternhaufe zur Einübung turnerischer Kunststücke. Im Alter von sechs Jahren hatte er es bereits zu einer tadellosen Erefutierung des Bauchaufschwunges gebracht.

Nichts lag seinem reinen Kindergemüte ferner als der Gedante an eine fymbolische Bedeutung des zweifarbigen Turngeräts. Da erreichte ihn auch schon sein Echicfal.

In der Wohnung feines Vaters erschienen zwei Boten und ver tündeten dem verblüfften Grenzwächter, daß es an allerhöchster Stelle beschlossen worden sei, die Zugehörigkeit seines Sohnes Theophil auch fürderhin in Schwebe zu belassen. Gleichzeitig wurde

dem Vater, Karl Banner, im Namen des Gesetzes beider Länder streng befohlen, feinen Sohn an jedem Montag, Mittwoch und Frei­tag in die zunächst gelegene Volksschule des roten, an den anderen Tagen der Woche hingegen in eine Schule des schwarzen Landes zu schicken. Derselbe Lehrplan war laut Beschluß auch für die Gym­nasialzeit Theophil Banners vorgesehen.

Im Alter von einundzwanzig Jahren sollte es dann Theophil Banner felbst überlassen werden, sich auf Grund seiner innigften Ueberzeugung das Baterland zu wählen.

( Natürlich war man auf beiden Seiten gleich jest davon über­zeugt, die glorreiche Geschichte des Landes werde Hand in Hand mit der augenfälligen, auch historisch genügend erwiesenen Minder­wertigkeit des Nachbarlandes Theophil zu einem begeisterten Roten refpettive Schwarzen machen; und beide Teile freuten sich darauf, dem verhaßten Gegner eine so glänzende Niederlage zu bereiten.) Theophil Banner selbst blieb bis auf weiteres auch jetzt noch ahnungslos. Gleichgültig trottete er bald diesseits, bald jenseits feines geliebten Turngerätes in die Schule, bis endlich auf beiden Seiten der Buchstabe ,, i" an die Reihe tam. Es gehörte nämlich zu den heiligsten Gütern der schwarzen Nation, das i" als ei" as zusprechen, und es zirkulierten in diesem Lande unzählige spöttische Scherze und Lieder gegen die ganz alberne und bornierte Aussprache der Roten . In den Kaffee und Wirtshäusern wurden die Leute, die das i" als solches aussprachen, unhöflich bedient, und die Kauf­leute vertauften an solche ,, Ausländer" nur mit erheblichem Zuschlag.

In die Waldeinsamkeit des Grenzwächterhäuschens, das über­dies im roten Lande lag, war dieser Sprachenhaß noch nicht ge drungen, und so sah der ahnungslose Theophil auf Grund der tags vorher in der raten Schule empfangenen Lehre das ,, i" überzeugt für ein ,, i" an.

Der schwarze Lehrer war einer Ohnmacht nahe. An der Wand hing das Bild seines höchsten Vorgesetzten, des schwarzen Unter­richtsministers, der als außerordentlich begeisterter Batriot besonders Gewicht auf die tüchtige Gesinnung der Volksschullehrer und auf die streng nationale Erziehung der Jugend legte. Getrieben von der Berehrung für den großen Mann und von der Sehnsucht, sich her­vorzutun, ergriff der Pädagoge sein geschmeidiges Rohrstäbchen und verabreichte dem armen Theophil vor allem eine mörderische Tracht Prügel. Hinterher schüttete er auch noch das Füllhorn seiner Beredsamkeit über den jugendlichen Verräter aus und war ehrlich bemüht, alle patriotischen Schlagwörter, die anläßlich des letzten Lehrertages von Seiner Erzellenz dem Unterrichtsminister in Umlauf gebracht worden waren, der Reihe nach anzuwenden.

Theophil nahm die flammenden Borte ebenfosehr zu Herzen wie die Hiebe; was ihm tags darauf wie jeder Scharfblickende bereits erraten haben dürfte- eine nicht minder beträchtliche Tracht Brügel und eine nicht minder flammende Rede zugunsten der ent gegengesezten Aussprache eintrug.

Dieses erste tragische Erlebnis bereitete der schönen Boraus­fehungslosigkeit und edlen Naivität Theophil Banners ein jähes Ende.

Er wußte mun, daß die zweifarbige Stange vor seinem Eltern haus nicht nur ein Turngerät sei, sondern vielmehr ein ernſtes Wahrzeichen, das die Welt in zwei Teile teilte.

hier endigten die Keile für ei", setzten die Keile für i" ein! Hier endigten die Keile für ei", setzten die Keile für" ein! Das merkte er sich genau, stellte als ffuger Junge sein Gehirn vor jedem Schulgang auf die dem Tage entsprechende Aussprache cin und blieb mun längere Zeit ungeschoren. Erit auf dem Gymnafium zeigten sich neue Schwierigkeiten. Der Unterricht in den arakten Wissenschaften wies nur unwesentliche Unterschiede auf. Nur über den Geburtsort und die Zuständigkeit einzelner berühmter Erfinder herrschten teilweise entgegengesetzte Meinungen.

Schwerer hatte er es schon mit der Literaturgeschichte. Da mußte er ängstlich darauf bedacht sein, die Begeisterung, die ihn mußte er ängstlich darauf bedacht sein, die Begeisterung, die ihn Montag, Mittwoch und Freitag für die Dichter des roten Landes erfüllte, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend auf achselzuckende Anerkennung herabzustimmen. Der Dichterfürst", der am Montag ,, die Sonne seines Geistes über den ganzen Erdball leuchten ließ. war Dienstag cin ,, begabter Mensch", dessen zwei bis drei Haupt­merfe als ,, nemenswert" galten. Und vice versa. Glücklicherweise war Theophil ein heller Kopf und hatte sich bald an diese Art doppelter Buchführung gewöhnt.

( Schluß folgt.)

Ein drittes Bild: Der junge Herr Prinzipal, Inhaber Max Cervus: Mehr Höflichkeit Höflichkeit eines größeren Geschäftshauses, spricht mit der stellungsuchenden Ein Straßenbild: Eine alte Streichholzverfäuferin Kontoristin, die schüchtern vor ihm steht und der die Ermüdung und geht mit einem fleinen Henfefforb, der mit Streichholzschächtelchen die Hoffnungslosigkeit der vielen Bittgänge und Anfragen von dem gefüllt ist, den Fußsteig entlang, den Passanten ihre Ware ent- blaffen Gesicht abzulesen ist, Und doch hält der Chef es nicht gegenhaltend und zum Rauf anbietend. Ein Zündholzkästchen fällt für nötig, dem jungen Mädchen einen Stuhl anzubieten. aus dem vollen Korb zu Boden, ohne daß die Alte es bemerkt.

Ein Herr geht vorüber. Gut gefieidet, in Aussehen und Wesen den Gebildeten verratend. Er sieht das Kästchen fallen, stößt, die Alte am Arm und deutet im Weitergehen stumm mit dem Finger auf das Verlorene hin. Die Frau dankt eifrig, bückt sich mühsam und hebt die Zündholzschachtel auf, worauf sie dem Davongehenden nochmals ein Danteswort nachruft.

Der Herr ist weitergeschritten. Der Zufall will es, daß vor ihm wieder eine Frau etwas verliert. Ihr Taschentuch. Es ist eine vornehm gekleidete Dame. Eilig bückt sich der Herr, hebt das Tuchy auf, zieht vor der Dame den Hut und überreicht ihr das Tuch mit einem verbindlichen Wort.

Ein anderes Bild: In den besetzten Straßenbahnwagen steigt eine Markifrau ein, wirft einen furzen Blick in den über­füllten Wagen und stellt sich dann mit ihrem Korb auf die Platt­form. Sie erwartet offenbar gar nicht, daß einer der im Innern des Wagens fizenden Herren ihr Platz macht; sie ist daran gewöhnt. Sie findet es selbstverständlich, daß sie stehen muß.

Eine Dame steigt ein. Sie ist nicht jünger und nicht älter als bie Marttfrau. Aber sie gehört den guten" Ständen an. Thr Belzumantel verrät es, und auch ihr sonstiges Aeußere, das Gepflegt heit und ausgeruhte Bornehmheit zeigt. Sie schaut auf die bejezten Plätze. Lange, prüfend und wartend. Erwartend. Und sie hat sich nicht getäuscht Swei Herren erheben sich beinah gleichzeitig und seren thr höflich den Siz an. Freundlich, aber ohne besondere Geberraschung danteno, fest fie fich nieber,

Am gleichen Tage aber erhält er einen anderen ,, Damenbesuch", den er mit ausgesuchter Höflichkeit empfängt und mit vollendeter Artigkeit und Liebenswürdigkeit, die es an nichts fehlen läßt, behandelt.

Warum in all diesen Fällen zweierlei Maß? Warum diese frassen Unterscheidungen? Wahre, echte Höflichkeit, die man die Gefittung des Herzens nennt, äußert sich ohne Ansehen der Person. Sie macht nicht Halt vor dem Kleid, sie ist weit eher gegen Aermere noch um einige Grad herzlicher. Nach dem Wort Platens, daß man gegen Geringere höflicher sein soll als gegen Höhere. Oder, wie es Raimunds Tischlermeister Valentin im ,, Berschwender" in seiner simplen, aber schönen Weise ausdrückt: Mit Unglücklichen muß man subtil umgehen. Die Glücklichen können schon eher einen ichen könn Buff vertragen."

Gott sei Dant, es gibt Tausende, die in der Höflichkeit zwischen reich und arm feinen Unterschied machen. Aber es sollten nicht nur Taufende sein, sondern alle.

Die gefürchtete Zahl Dreizehn hat in Richard Wagners Leben eine auffallende Rolle gespielt. Er wurde 1813 in Leipzig geboren; auch die Quersumme diejer Jahreszahl ergibt die Zahl 13. Der Name Richard Wagners enthält 13 Buchstaben. Richard Wagner hat 13 große Tonwerte geschaffen. Der Tannhäuser " murde am 13. April vollendet und am 13. März des nächsten Jahres aufgeführt. Schließlich farb Wagner am 13. februar 1883

Beilage des Vorwärts

1. Lebedeff: Kinder in Moskau

In der in Brag erscheinenden Reitschrift Wolia Roffii" fchildert ber belannbe Gozialrevolutionär W. Lebedeff. der im Serft vorigen Jahres eine illegale Reife durch Cowietrußland unternahm, feine Ein bride. Wir entnehmen diesen Schilderungen einige intereffante Ab. schnitte.

Die Schönheit und Mannigfaltigkeit Mostaus berauschte mich. Gierig genoß ich das bunte Treiben der Menge, welche die Straßen der inneren Stadt füllte.

Welch eine farbenprächtige Menge.

Kurze Joppen wechseln mit Tolstoiblusen und russischen Hemden, Hüte mit Müßen. Man sieht viel rote und weiße Kopftücher, aber auch viel barhäuptige Frauen. Auffallend ist die Menge der afia­tischen

tüfen Gefichter: Chinesen, Berser, Mongolen, Burjaten und Kir­gisen und dazwischen plötzlich Westeuropa , ein häuflein ,, euro päischer" Touristen mit dem Führer in der Hand.

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Eine bunte Menge. Eine farbenprächtige Menge. Aber wie verbraucht, wie abgenutzt.

Abgenutzt sind die langen Reihen der Schlange an den Koope rativen. Abgenutzt die Straßen. Abgenutzt die Häuser. Abgenutzte Stutscher Tenten abgenußte magere Gäule an abgemusten Droschten. Bastwagen und Automobile alles abgenutzt.

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Hier und da flist ein neues Auto eines Sowjetbeamten vorüber. Aber über dem einförmigen Lärm der Straße ichwebt wie ein heller Ton das fröhliche flingende Lachen und Gingen der Kinder. Die Kinder laffen die Berbrauchtheit und Abgenuhtheit der Er. wachsenen noch fühlbarer werden.

Bon Zeit zu Zeit marschieren ihre Abteilungen vorüber. Mit mehenden Fahnen, Trommlern und Hornisten.

Die Augen glänzen. Und die Füße marschieren im Taft­Moskau grüßte mich mit feinen Kindern. Und es loďte midj mit ihnen durch die Straßen zu gehen.

Kinder gibt es überall

Auf dem ganzen Erdenball. Aber Kinder fo wie mir,

Werdet ganz gewiß vergeblich In Berlin

In Petin( Beting),

Ja, in Rom ihr suchen gehen..

Das waren die Pioniere, die sich in Moskau zum erstenmal ans allen Teilen der Sowjetrepublit zusammengefunden hatten. stupsnäfigen Gesichter der russischen Kinder; Kaukasier, Armenier­Ben konnte man hier nicht alles sehen... Die braungebrannten ſtupsnäfigen Gesichter der russischen Kinder; Kaukasier, Armenier­finder mit gebogenen Näschen, Tataren, Grusier und Mongolenkinder. wunderbarsten Bertörperung ihren Kindern. Alle Länder, alle Völkerschaften sah man hier vertreten in ihrer

Das grüne Pionierabzeichen auf dem Aermel; die rote Schleife frohes Lachen und glänzende Augen. Welch ein erfreulicher Gegen­an der Bluse, Turmsweater, furze Rödchen; braungebrannte Beine; fatz zu der finsteren zerschliffenen Menge der zerschliffenen Er­fatz zu der finsteren zerschlissenen Menge der zerschlissenen Er-.

wachsenen est

Sa wanderte ich durch Mostaus Straßen, bis ich mich schließlich einer Gruppe älterer Kinder anschloß, die nicht bloß Mostqu studierten, sondern das revolutionäre Moskau .

Die Gruppe stand unter der Führung eines Jungfommunisten. der Hand hielt er ein Buch, aus welchem er den Kindern Notizen Er war ebenso fräftig, strahlend und vergnügt, wie die Kinder. In Dorlas.

Hier fand 1905 ein Zusammenstoß zwischen Studenten und dem Schwarzen Hundert " statt; hier war 1906 das Standquartier der Sozialdemokraten; hier war eine Maffenversammlung der Bolsche wifi; dort nahm Benin an einer Versammlung teil. Hier waren die illegalen Komitees, Propaganda und Barrikaden. wurde die Revolution gemacht! So fämpften die Bolschewifi gegen das schwarze Hundert, gegen Polizei, Kosaten und Militär

S

Hier

Schweigend zog ich mit der Kinderschar durch die Stadt, mit den einen studierte ich das revolutionäre Mostau, mit den anderen besuchte ich das Große Theater und genoß mit ihnen den phan tastischen Anblick des vieltöpfigen ,, Waffili Blaschennij", freute mich an den Zinnen und Türmen des Kreml , bemunderte das grandiose Bild der Torgowie Rjadi" und staunte gemeinsam mit den Kindern über die Größe des fommunistischen Friedhofes, der sich an den Mauern des Kreml entlangzieht.

Der Friedhof ist licht und freundlich, von Alleen durchzpgen. und Gräber, Gräber, Gräber. Wieviel Hunderte von Gräbern! Hier ruhen die Toten, Lenin , seine Marschäle und Soldaten. Was diese Kinder auszeichnet", sagte mir eine Freund, das ist das Gefühl des Eigentums am ganzen Lande. Ganz Rußland ist erfüllt von diesem Gefühl: Kinder, Jungtomumisten, Arbeiter, Soldaten, Bauern Dieses Gefühl hat die Revolution erzeugt: alles gehört uns." ,, Und der Bolschemismus?" fragte ich. Sie haben alles mit ihrer Ideologie angefärbt."

GOO

Werfte"?" Einen Bolfchemismus gibt es nicht mehr," ant wortete mein Freund ,,, auch eine Bolschewistische Partei gibt es nicht mehr, ebenso wenig wie eine bosscheinistische Ideologie. Ste" tönnen nicht färben, denn ,, sie" existieren nicht mehr."

Bas existiert denn?"

,, Die Macht epistiert, die Maschinerie der Macht, die Magie der Macht, die Anziehungstraft der Macht. Diese Anziehungskraft übt auf die Jugend feine Wirkung aus. Lassen Sie sich nicht durch die fommunistische Glaubenssymbole verwirren. Das ist Formalität."

,, Hören Sie," sagte mein Freund ,,, ich war selbst dabei, als am Todestage eines Führers"( er nannte einen fommunistischen Namen von Klang) ein Professor der Botanik seinen Vortrag mit einer Verherrlichung des Verstorbenen begann. Der Professor war fein Kommunist, die Studenten waren feine Kommunisten. Aber in den vordersten Reihen saß die Belle" und wartete darauf, was der Professor sagen würde. Weder der Professor, noch die Studenten, noch die Zelle hatten die geringste Beziehung zu dem Verstorbenen. Aber bei Nichtbeachtung dieser Formalität wäre der Professor un­weigerlich geflogen. Das wäre doch einfach Wahnsinn bei unseren Berhältnissen, wegen einer solchen Dumanheit feine Stellung zu ristieren."

Protest? Lieber Freund, wir befinden uns nicht in der Bankettperiode der russischen Revolution. Man hätte den Professor vielleicht auch nicht eingestedt. Man hätte ihn nur aus dem Amt gejagt. Seine Frau wäre gejagt morden. Seine Kinder wären gejagt morden. Aus der Behnung hätte man sie gejagt. Und mit der großen Menge der Unglüdlichen wären sie untergegangen, schweigend, ruhmlos, namenlos."

Lassen Sie sich also nicht durch das fommunistische Glaubens bekenntnis auf den Lippen der Kinder irritieren." ( Sus be Staffifchen sou Mina Bepere.)