Rr. 196 47. Jahrgang 96 × 47.
1. Beilage des Vorwärts
Conntag, 27. April 1930
Frühling treibt hinaus
Langsam rollt der Pariser Expreß in die weite Halle des Schlesischen Bahnhots, der hauchdünne Reit auf den Wagendächern glänzt matt in der fahlen Morgensonne. Halb neugierig, halb staunend pressen sich gegen jedes einzelne der kühlen Abteilfenster die übernächtigten Gesichter von vier, fünt oder auch sechs Menschen; in der oberen Reihe eine Galerie von jungen Männern slawischen Typs, darunter, die Köpfe ineinandergesteckt, Kinder mit roten Pausbacken. Die ganz Kleinen küm mern sich nicht um Berlin , sie haben gestern in Warschau geschrien und gestrampelt und werden es morgen früh in Paris ebenso machen. Ueberfüllt scheinen die Wagen der dritten Holzklasse mit den von Kartons, Bündeln und Körben vollgeollptropften Gepäcknetzen, aber das kommt einem sicher nur so vor, denn von Baranowicze oder Bialystok , irgendwo zwischen Wilna und Minsk , von wo die Reise dieser Auswanderer geht, bis nach Cherbourg , der französischen Konkurrenz Ham burgs und Bremens wird niemand stehen, sondern ein jeder seinen teuer bezahlten Platz haben.
Wenn alles gut gegangen ist, dann haben diese Bauernfamilien aus den schweren, düfteren Ebenen Osteuropas vor einer Woche endgültig liquidiert, was für sie die Heimat war, das letztemal find fie die ungepflasterte, ausgefahrene Dorfstraße entianggegangen, etwas besinnlicher als sonst und jetzt, teils mit einem Kopfschütteln, teils mit einem Achselzucken von den Fahrgästen der Berliner Stadtbahn betrachtet, mögen sie wohl daran denken, wie es in Brasilien oder in Argentinien aussehen wird, wo sie dort schlafen merden und ob sie der Joseph Serowka, der nun schon das sechste Jahr drüben ist, auch abholen wird. Unterdessen notiert sich der Zugführer mit seiner rotlackierten Lederschärpe die Nummern der Waggons, die bis auf die beiden belgischen, eben angehängten und nach London fahrenden, und dem deutschen Speisewagen, der von Strentsch bis Aachen mitläuft, alle das Hoheitszeichen der polnischen Republik, den weißen Adler auf rotem Grunde, tragen. Deshalb steht auch nicht an den Türen Erst öffnen, wenn der Zug hält!", sondern„ Nie otwierac drzwi..." usw. und über die weichen Bolster der ersten und zweiten Wagenklasse find obendrein noch meiße Spizendeden gelegt. Bier fromme Schwestern mit sonderlich fpizen Hauben, die an die Kopfbedeckungen der Holländerinnen er
"
Wiedersehen
innern, nur noch größer sind sie, machen es sich in ihrem Abteil bequem und schlagen ein altertümlich gebundenes Buch in polnischer Sprache auf, die Kellner des Speisemagens beginnen die Tische zu decken und ehe man es sich versicht, gleitet fautlos der Zug hinaus in den taufrischen Frühlingsmorgen. Aus den vorderen Wagen mird gewinkt und mit den beiden letzten suchen Freunde der Reisenden Tritt zu halten, bis es nicht mehr geht, nur aus den mittleren Wagen der Ausmanderer redt sich teine Hand, flattert tein Taschentuch, und da auch die Fenster verschlossen sind, rollen die Wagen ohne einen Gruß aus der Halle. Man muß es sich förmlich ins Gedächtnis rufen, daß in diesem Zuge Menschen sitzen, hinter denen nach etlichen Stunden an irgendeiner Hafenmole für immer die Tore Europas ins Schloß fallen werden.
Wir gehen hernach in den großen Durchwanderersaal, der im Erdgeschoß ganz abgeschieden von dem ununterbrochenen Strom der Reisenden liegt und an dessen Tür ein Schild jeden Unbefugten marnt: Franden ist der Zutritt strengstens verboten!" Das ist notwendig, denn menn in diesem Durchmanderersaal jeder herum spazieren könnte mie er wollte, dann mürde er bald fein mohlbehüteter Ruheplatz für immerhin schüchterne, ängstliche Auswanderer sein, sondern ein Eldorado für das Bauernfängertum jeglicher Couleur. Der Saal selbst ist so groß und so hoch mie eine recht geräuschweren Tischen davor, in der Mitte thront der Berwalter und mige Berliner Turnhalle, mit Pritschen längs den Wänden und schöpft sich gerade seinen Tee löffelweise aus der brühend heißen Tasse, denn nach der allmorgendlichen Abfahrt seiner Pfleglinge öffnet er aufatmend die Fenster, läßt den Sonnenschein herein und fängt an zu frühstüden. Alle Ausmanderer sind heute nicht mitgefahren, die zurüdgebliebenen Männer haben sich eine Kiste ans Fenster gerüdt, find hinaufgeklettert und sehen fich nun die Augen aus an der grauen Steinmüste des weiten Bahnhofsvor plates, schade, daß sie einen so wenig schönen Eindrud von Berlin in ihre Heimat mitnehmen müssen. Die Frauen dagegen holen sich warmes Wasser aus dem dampfenden Kessel, der hinten an der Wand steht oder haben den Kopf auf den Tisch gelegt und machen cin Nicerchen. Nur die Platate der Schifffahrtsgesellschaften, die, dicht nebeneinander an den Wänden hängend, um das Geld der Auswanderer werben und auf denen die Schiffe so stolz und die Farmen so glückverheißend zu sehen sind, beachtet tein Mensch, trotzdem die Uni ted States Lines versprechen, jeden Auswanderer mit„ comfort, courtesy und safety", mit Bequemlichkeit, Ge fälligkeit und Sicherheit zu befördern.
Ewige Nomaden
chens und heute am Rande Berlins . Draußen an der Reinidendorfer, Pantomer und Weddinger Grenze, an diesem idyllischen Dreieck, das noch ganz das alte geblieben ist mit seinen Sandmegen, Laubenkolonien, Pferdehändlern und Wagenverleihern, dort sind jetzt wieder sechs, acht, zehn solcher bunten Wagen mit Fenstern an den Seiten und einer Stiege vor der Tür hinter einen wackligen Zaun geschoben worden. Hühner laufen herum und gucken vom Hof mitunter auf die Straße, zmei kleine Zigeunersprößlinge spielen mit einem Fußball, ein junges Weib mit blauschwarzem Haar und in rotseidener Bluse steht vor einem Waschtrog und wäscht Strümpfe, vielleicht sind es ihre, denn sie selbst hat keine an. Die Alten sind unterwegs auf die Pferdemärkte, aber aus ist es mit den Pferden, seitdem wir eiserne haben, die sich mit Benzin begnügen, da scheint die Wahrsagerei der Weiber mehr einzubringen, besonders wenn sie jung sind, in die Kneipe fominen, ihre Bluse auftnöpfen und sagen: Nämmen Sie großes Geld, gnäddigerr Herr und stecken Sie hier hinein, es wird Ihnen bringen viel Glick in Ihre ganze Läbben." Trostlos sieht es in diesen Zigeunermagen aus, die Betten sind mehr schwarz als meiß oder eigentlich Betten ist zuviel gesagt. Eierfisten scheinen das zu sein, ein schmutziger, vollgepackter Tisch, unter allem möglichen Gerümpel ein zerbrochener Stuhl, obmohl es 2 Uhr mittags ist, schlafen in dem einen Wagen noch zwei Mädchen, gefocht wird in diesem Kasten auch und geliebt noch dazu, wir haben eine Bildtelegraphic, eine Hochfrequenzchirurgie, bereiten uns auf den Ueberseeflugdienst nor, und hier hausen diese ewigen Nomaden unberührt von jeder Kultur. Aber die Sonne des Frühlings scheint gleichermaßen auf Barbaren und Zivilisierte. Diese Zigeuner haben immer noch ihren Wagen, wo sie sich abends zur Ruhe legen fönnen, aber was
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and Das Schafkopp- Paradies im Humboldthain
Auch das Reisen mill gelernt fein. Fast krank sind diese litauischen, polnischen und slowakischen Bauern, menn fie das eine einzige Mal in ihrem Leben Dom Niemen an den Mississippi , von der Duna an macht der alte Sonnenbruder, der ganz betrübt an der Theke des den Amazonas fahren. Dagegen ihre braunen Nachbarn, die„ Ollen Fritzen" steht und sich einen Sauern mit Persiko" nach dem Zigeunerstämme vom Bod- tarpatfa- ruß, geboren im Wagen, lebend anderen bestellt. Junger Mann, die Kneipe is jut," meint er zu im Wagen und zu sterben bestimmt im Wagen, steht ihre wandernde mir, der Schnaps foft' nen Iroschen und imma frischet, Bier." Wohnstatt gestern noch auf dem Anger eines italienischen Dörf. | Was wir ihm gern glauben, denn in dieser verräucherten Kunden
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