Einzelbild herunterladen
 

Massen abhängig und die Konservativen würden vollkommen von der Bildflöche verschwinden, wenn man an ihrer Selb- ständigkeit zweifelte. Im übrigen brach Gras Mirbach eine Lanze für den Bund der Landwirthe, während er die faltung der Regierung in der Währungsfrage, in der rage der Rückerstattung der Grundsteuerentschädigung und ihre Stellung zum Antrag Kanitz einer scharfen Kritik unterzog. Wenn das Eingeständniß des Grasen Mirbach, daß die Landwirthe angesichts der großen Roth auch die Feste des 18. Januar nicht mit dem Herzen seiern konnten, die Regierung noch nicht mitleidig stimmt, dann scheint sie in der That kein Herz für die nothleidenden Agrarier zu haben. Die scharfen Worte des Grafen Mirbach, der noch von seinem Freunde Graf Klinckow ström unterstützt wurde, reizten den sonst so schweigsamen Ministerpräsidenten F ü r st zu Hohenlohe zu einer kurzen aber entschiedenen Er- widerung, in der er die gegen die Regierung erhobenen Vorwürfe, namentlich in bezug auf die Währungssrage, zurückwies. Seine Ausführungen deckten sich im wesentlichen mit der kürzlich im Reichstage abgegebenen Erklärung. Anstatt sich bei dieser neuen Absage zu beruhigen, suchten die streit- lustigen Junker den Kampf weiter zu führen, an dem sich von der Gegenpartei die Oberbürgermeister Becker, Struck- mann, Schmieding und Westerburg, sowie in bedingter Weise der frühere Minister v. Lucius be- theiligten. Nachdem die übliche agrarische Nothstandsdebatte ihr Ende erreicht hatte, wurden noch einige Spezial-Etats in schnellem Tempo erledigt. Am Freitag wird der Etat hoffentlich zu Ende berathen. Die Zeugnißzwangsschraube wird weiter gedreht. Wie gegen dieSaale-Zeitung" hat, wie verschiedenen Zeitungen ge- meldet wird, der Reichskanzler das Zeugnißzwangsverfahren auch gegen die.Kölnische Zeitung ", dieVossische Zettung" und das FachblattDeutsche Zuckerindustrie" wegen vorzeitiger Ver» öffentlichung von Regierungsvorlagen beantragt. So sehr wir prinzipiell das Zeugnißzwangsverfahren gegen die Zeitungen mißbilligen. so vortheilhast ist die neue Praxis der Regierung für die Bekämpfung der Reaktion im schönen Baterlande. Wir werden alle Verfolgungen gerne tragen, wenn überall gleiches Maß angewandt wird. Würde gleiches Recht für alle gelten und nicht Herrn Schönstedt's Grundsätze, dann wäre bald die Reaktion hinweggefegt. Der Aerger über das Verhalten der sozialdenio' kratische» Abgeordneten in der Monlagssitznng des Reichstags veranlaßt den Berichterstatter derKölnischen Zeitung ", über. Bebel's Austreten einen durchaus verlogenen Bericht in die Welt zu schicken. Dieser Bericht wird jetzt, um Bebel eins auszuwischen, von einem Theil der bürgerlichen Presse(Nordd. Allg. Ztg.",Deutsche Tagesztg." u. s. w. u. s. w.) abgedruckt, unter dem Vorwand, der Bericht der Oldenberg'schen Korre- spondenz, den jene Blätter zuerst abdruckten, sei ungenau gewesen. Die Absicht dieses Verhaltens liegt aus der Hand, es gilt den Eindruck, den Bebel mit seinen Anklagen gegen Peters x. bei der öffentlichen Meinung erzielte, um jeden Preis zu verwischen und um das zu erreichen, ist auch das kindischste Mittel recht. Um unfern Lesern ein Bild von dem Verhalten der Gegnerschaft zu geben, drucken wir zunächst den ver- l o g e n e n Bericht derKölnischen Zeitung " ab und lassen daraus den amtlichen stenographischen Bericht folgen. DieKölnische Zeitung " berichtete und das Geschwister druckts nach: Bebel: Ueber den Königsberger Fall ist mein Gewährs» mann ein angesehener Bürger, der auch eine Beschwerde an den Kriegsminister eingereicht hat.(Minister v. Bronsart: Anonym, anonym I) Dann dann dann(Große Heiterkeit.) Herr Kriegsminister, Sie irren!(Unruhe. Der Kr i e g s- minister, ans Bebel zutretend: Die Beschwerde war anonym!) Anonym! Ja, dann, dann(Heiterkeit, Zwischenrufe.) -- dann(Große Heiterkeit.) Nun jedenfalls verwahre ich mich dagegen, daß der Kriegsminister sich herausnimmt(lebhafte Rufe: Oh, oh! Unruhe rechts), mich der Unwahrheit zu zeihen. Präsident Frhr. v. B u o l: Der Minister hat Ihnen lediglich gesagt, daß Sie unbewußter Weise objektiv unwahre That- jachen vorgebracht hätten. Bebel: Wenn Miller jetzt ableugnet, was er früher ge- schrieben hat, so hätte er sich das seinerzeit besser überlegen sollen." Im soeben ausgegebenen amtlichen stenographischen Bericht lauten die bezüglichen Stellen: Meine Herren, mein Gewährsmann ist ein sehr angesehener Königsberger Bürger, den ich jeden Augenblick bereit bin» dem Herrn Kriegsminister privatim namhaft zu machen. (Zurufe links.) Meine Freunde rufen mir zu: thu das lieber nicht! Der Mann ist übrigens auch bekannt. (Zuruf vom BundeSrathstisch.) Herr KriegSminister, Sie irren. Ist die Beschwerde anonym eingelaufen? (Zustimmung vom Bundesrathstisch.) Mir ist der Mann bekannt. Er ist eine sehr angesehene Persön» lichkeit in Königsberg , und jedenfalls konnte ich, gestützt auf diese, diesen Fall berichten wie geschehen. (Zuruf rechts.) Auf alle Fälle verwahre ich mich dagegen, daß der Herr Kriegsminister sich herausnimmt (Oho! rechts; Unruhe rechts; Zustimmung bei den Sozial- demokraten), Mich hier grober Unwahrheiten zu zeihen. (Andauernde Unruhe rechts. Glocke des Präsidenten.) Präsident: Der Herr Kriegsminister hat ausdrücklich betont:undewußterweise", alsoobjektiv unwahr". Abg. Bebel: Die Aeußerung ist gegen mich persönlich gerichtet gewesen, gegen meine Person, und das lasse ich mir Weiter ist der Herr Kriegsminister auf den Lieutenant ich glaube nicht, daß der Herr Hauptmann ist Edmund Miller zu sprechen gekommen und dessen Broschüre. Ich bin einiger- maßen erstaunt, daß der Herr Kriegsminister diesen Fall über- Haupt hier erwähnte. Vor etwa drei, vier Jahren da war er allerdings, soviel ich weiß, noch nicht im Amte habe ich an der Hand der Miller'schen Broschüre hier ausführliche Er- örterungen gemacht, aber in der letzten Rede umfaßten meine Aeußerungen über Miller kaum sechs Zeilen, das glaube ich behaupten zu dürfen, und die gipfelten darin: der Lieutenant Miller habe seiner Zeit selbst in seiner Broschüre ausgeführt. wie sein Vorgesetzter ihm bei einer Revue über eine Kompagnie Ersatzreservisten, die bekanntlich nach den früheren Anordnungen zunächst zehn Wochen zu üben hatten, das Zeugniß ausgestellt, er habe diese Leute innerhalb zehn Wochen so weit kriegs- tüchtig ausgebildet, daß sie sich von einer Linieukompagnie in nichts unterschieden. (Zuruf.) Das war alles, was ich neulich in meiner ersten Rede über den Lieutenant Miller äußert«. Herr Miller hat heute auch keine Veranlassung genommen, sein Urlheil von damals irgendwie zurückzunehmen; er hat nur aus einem Grunde, der mir vor­läufig ein Geheimniß ist, sich veranlaßt gesehen, sofort, nachdem sein Name in den Berichten des Reichstages genannt war, an den Herrn Kriegsminister zu schreiben und eine Art xator xeccavl zu sagen und zu bedauern, daß seine Broschüre noch nach K Jahren dazu benutzt würde, um auf- hetzende Reden zu halten. Nun, was ich damals über Miller sagte, war durchaus nichts aufhetzendes; hält Herr Miller es dafür, dann hätte er seinerzeit es sich besser überlege» sollen, was er schrieb." Dies der offizielle Bericht, der denn doch ganz anders lautet, als der Bericht des Reptils derKölnischen Zeitung". Die Verlogenheit tmd sittliche Verkommenheit der Ordnungsparteien haben sich nie glänzender bethätigt als jetzt bei Besprechung der jüngsten Rcichstagsverhandlungen über den Fall Peters und über den sogenannten Gnaden- erlaß-Prozeß. Die größten Anstrengungen werden gemacht, um den christlich-germanischen Mädchenmörder reinzuwaschen. Der arme Märtyrer seiner patriotischen Flottenpläne sei unschuldig wie ein nengeborcnes Kind der angebliche Brief an den Bischof Tncker sei nie geschrieben worden. Und statt des Peters wird Bebel beschimpft. Das Ordnungsgesindcl bedenkt nicht, daß, selbst wenn dieser Brief, dessen Vorhandensein Bebel aus englischen und deutschen Missionsblättern erfahren hat, nicht geschrieben worden wäre, er ist aber geschneben worden der christlich- germanische Recke Peters als ein genau ebenso großer Hallunke dastehen würde aus grund seiner eigenen Erzählungen undGeständnisse. Bei einem so ungeheueren Schuldkonto kommt es auf ein bischen niehr oder weniger nicht an. Das ist ja gerade so belastend für diese Ordnungssippe, daß sie den Peters als Mustermenschen verehrte und beweihräucherte noch Jahre nachdem sie aus seinem eigenen Munde seine Infamien erfahren hatte. Es ist dasselbe Spiel, wie beim Fall Hammerstein, dessen Verbrechen für diese Sippe ja auch blos ist, daß er sich hat erwischen lassen. Und diese Peters- und Hammerstein-Ge- scllschaft sucht nun die Gnadenerlaß-Lappalie zu einem Verbrechen schwärzester Art aufzubauschen! DerDiebstahl" von Makulatur im Werthe nicht eines Hundertstel Pfennigs ! ea, wenn die Makulatur ein Bündel Werthpapiere im etrag einiger Millionen gewesen wäre dann hätten diese Entrüstungskomödianten sich demüthig vor dem redlichen Besitzer verneigt vorausgesetzt, daß er von der Polizei und dem Staatsanwalt nicht gepackt war was den Wiillionenspitzbuben ja nicht so leicht passirt. Und von Liebknecht sagt dasselbe Gesindel, er habe den Diebstahl vertheidigt! Die Vertheidiger der Millionen- diebe und Großverbrecher, die über die Wegnahme eines werthloscn Papierwisches ein Zetergeschrei anstimmen und ihreheiligsten Gefühle" dadurch verletzt fühlen nein, diesen Abgrund heuchlerischer Verlogenheit haben die französischen und amerikanischen Staatslangfinger auch nicht annähernd erreicht. Wir können stolz sein auf unsere nationalen" Früchtchen. Ten sozialdemokratischen Redakteuren wird es mit jedem Tage schwerer gemacht, es dem Gesetze oder richtiger der Rechtsprechung recht zu machen und so der Strafe zu entgehen. Bekanntlich hat unser Minister der Gerechtigkeit, Herr Schönstedt im Reichstage die Losung ausgegeben, daß es ein alter Rcchtsgrundsatz sei, daß, wenn zwei dasselbe thun, es nicht dasselbe ist. Ganz in diesem Geiste hat der Reichsgerichtsrath Stenglein in der Zukunft" einen Artikel veröffentlicht, in dem er verlangte, daß die Richter bei der Rechtsprechung sich nicht nur an den That- bestand halten, sondern vor allem auch sich die Person an- sehen sollten, welcher das Vergehen zur Last gelegt ist. Ueber diese Rcchtsauffassung des Herrn Reichsgerichtsrathes hat sich nun derUlk" lustig gemacht und einenSang an Stenglein' gedichtet, welches Gedicht unser Erfurter Partei- organ zum Ausdruck brachte. Die Folge davon war eine Anklage und ein Monat Gefängniß wegen Richter- beleidigung, da das Gedicht dem Beleidigten den Vor- wurf mache, er swünsche eine ungleichmäßige Recht- sprechung, was einer Beugung des Rechtes gleichkomme. Nun sage uns einer, wie es ein sozialdemokratischer Redakteur machen soll? Der Herr Minister lehrt: wenn zwei dasselbe thun, ist es nicht dasselbe. Das kann doch nur den Sinn haben, daß die Strafbarkeit einer Handlung unter Ansehung der Person d. h. des Thäters zu bemessen ist. Ist man anderer Ansicht und für uns trifft dies allerdings zu so wird man bei Wiedergabe derselben sehr vorsichtig sein müssen, soll man sich nicht der Gefahr einer Ministerbeleidigung aussetzen. Giebt man aber zu, daß wirklich Urtheile gefällt werden nach dem Grundsatze: wenn zwei dasselbe thun«., und wie Herr Stenglein sie in derZukunft" verlangt hat, dann kommt der Staatsanwalt und belangt einem wegen Richter- beleidigung, wie das Beispiel in Erfurt zeigt. In Frankreich nimmt die Debatte über das Ein- kommcnsteuergesetz von Tag zu Tag eine größere Heftigkeit an. Daß die Panama -Leute das Prinzip der Einkommen- steuer für ein sozialistisches und sie selbst für den Anfang des Sozialismus erklären, zeigt, wie der Kapitalismus das Hirn ebenso wie das Herz einschrumpfen läßt. Der Ausgang läßt sich nicht absehen. Das aber steht fest: die ungeheuere Mehrheit des Volks steht aus Seiten der Regierung, und sollte diese durch ein Kammervotum gestürzt werden, so würde sie durch das Volksvotum bald wieder an die Spitze des Staates gebracht. Tie Idee der britischen Reichsföderation ist von dem Kolomalminister Chamberlain einmal wieder in einer Rede erörtert worden. Nach einer vorliegenden Depesche sagte er: Die Reichsföderation sei eine zn große umfassende Frage, als daß sie augenblicklich gelöst werden könne, sie müsse sich ihrem Ziele aber auf anderem Wege nähern. Er erkläre, die größte Verpflichtung liege in der Vertheidigung des Reiches, die größten Interessen in dem Handel des Reiches. Das erster« müsse durch das letztere erreicht werden, wie dies bei der Schaffung des Deutschen Reiches der Fall gewesen. Be- züglich des Vorschlages der kanadischen Regierung, auf Ankünfle aus dem Auslande einen Zoll zu legen, meinte Chamberlain, er sei«in ausgesprochener Freihändler, aber gleichzeitig nicht ein solcher Pedant, daß er nicht, falls ihm genügende Vortheile ge- boten würden, eine Abweichung von dem strikten Dogma in belracht zöge. Aber so lange nicht ein genügendes aniä pro gno geboten werde, um England zu veranlassen, einen sicheren Verlust und ein möglicherweise darin eingeschlossenes Risiko hinzunehmen, sehe er, im Hinblick auf die ganze augenblickliche Handelspolitik Eng- lands, in einer Zollunion des ganzen Reiches keine unmögliche Alternative." Herr Chamberlain vergißt nur völlig bei seinem Hin- weis auf das Deutsche Reich , daß die deutschen Staaten, ganz abgesehen von nationalen Gemeinsamkeiten, durch wirth- schastliche Interessen zusammengeführt werden, während die englischen Kolonien durch gar keine natürliche Wirthschafts- Gemeinsamkeit untereinander und mit dem Mutterlande verbunden werden. Crispi's letzte Regierungsarbeit war, wie seine erste, die Staatskassen zu leeren. Er stahl, stahl, stahl. Seine ganze Regierung war eine Kette von Dtebstählen und Unterschleisen. Und da dieVossische Zeitung" ihn zu einem Heiligen zu machen sucht, so empfehlen wir ihr als Wappen für ihn das Wappen seines Urahns und Namensvetters, des Heiligen Crispinus: einen Stiefel. Aber einen umgekehrten denn ein Unterschied war doch; er hat zwar ebenso eifrig gestohlen wie sein Urahn, jedoch niemals für a n d e r e. In welchem Zustand die neue Regierung beim Einzug in die Ministerien die Kassen vorfand, darüber schreibt man derFrankfurter Zeitung " aus Rom : DerMessagero" meldet, daß Rudini die geheimen Fonds nicht mehr vorgefunden habe; die Kaffe war, trotzdem das Finanzjahr erst am 30. Juni endet, nicht nur schon leer, sondern auch schon mit einem Defizit von 50 000 Lire belastet, die unter der Rubrik:Uniformen für die Sicherheitswachleute" gebucht waren. Ein witziger Abgeordneter soll die Rubrik als falsch bezeichnet haben; es müsse nämlich heißen:Für Livreee» der Crispi'schen Journalisten." DieStampa" von Turin schreibt: In den letzten Tagen des verflossenen Ministeriums wurden ganze Kisten voll Akten aus dem Ministerium des Innern und dem des Aeußern hinweggeschafft, aus dem letzteren sogar vier gewaltige Exemplare von Kisten. Darinnen haben sich. 5�, wie man sagt, alle Papiere, die über die letzten Monate des Afrikakrieges Aufschluß geben, befnnden, besonders aber schien die Akten über die Uebergabe von Makalle. Das neue Ministerium war also gezwungen, sich von Massauah eine Kopie de? Ueber- gabevertrages zu erbitten. DerMessagero" erzählt ferner: Die Kassen der verschiedenen Ministerien wurden geradezu ge- plündert; im Ministerium des Ackerbaues wurden nur 3000 Lire gefunden; im Ministerium des Innern fand sich von der etat-- mäßigen Summe von 100 000 Lirezu wohlthätigen Zwecken" nichts Mehr vor. Einige Minister und Unterstaalslekreläre ver- anftalteten sogar einen Umzug aus den Amtszimmern zu gunste» ihrer Privativohnungen." DerDon Chisciorte", der schon früher gefragt hatte, wo die großen Summen geblieben seien, die einst für die Erdbebengeschädiglen in Calabrien gesammeltj worden seien, erhält einen Brief, in dem sich ein Wissender danach erkundigt, wo die Gelder geblieben sind, die zur silbernen Hochzeit des Königspaares für den Zweck gesammelt wurden. ein Heim für die Waisen vernnglückler Arbeiter zu bauen. Das Heim ist bis jetzt noch nicht gebaut. DieUuita Cattolica" von Florenz bringt die Meldung, daß wegen obiger Unregelmäßig- leiten vom neuen Ministerium schon Untersuchungen an- besohlen seien, und knüpft daran die Forderung, daß endlich auch einmal über die Gelder, die zur Entschädigung für die Opfer von Aigues Morles gezahlt worden sind, öffentlich Rechenschaft abgelegt werde. Die französische Regiernng zahlte bekanntlich 420 000 Franks in Gold, also mit ülufgeld 450 000 Lire; außerdem brachte eine Nationalsubskriplion 200 000 Lire ans. Bis jetzt weiß man aber noch nichts über die Vertheilung dieser 050 000 Lire. Zum Schlüsse noch eine Mittheilung desSecolo" i>ber den verflossenen Minister des Auswärtigen.Als Rudini sein voriges Ministerium bildete, wurde Baron Blaue als Gesandter zur Disposition gestellt: kaum aber wurde er unter Crispi Minister des Auswärtige», so reaktivirt« er sich selbst mit 12 000 Lire Gehalt. Später befand er sich in Castella- mare in der Sommerfrische und berief dorthin amtlich den Ge- sandten Antonelli. Diese Berufung faßte er als Amtsreise auf und liquidirte dafür 14 000 Lire; der Rechnungshof widersprach dem, Alane ließ mit sich handeln und nahm nur 7000 Lire. Außerdem ließ er die zahlreichen Depeschen, die ihm Nachricht brachten von den Besitzungen seiner Familie in Kuba , als Staats- depeschen buchen, Kommentar überflüssig." Die egyptische Frage ist jetzt wieder einmal in das bekannte Stadium der türkischen Mißstimmung getreten. Aus Konstantinopel wird nämlich tele- zraphirt: Der Sultan und die Pforte sind dadurch unangenehm be- rührt, daß man es untcrlfssen hat. die Türkei bezüglich der Expedition nach Dongola um Rath zu fragen. Auch gegen den Khedive macht sich eine erregte Stimmung bemerkbar, weil dieser die Pforte übergangen hat. und Mukhtar Pascha ist getadelt worden, daß er es nicht verstanden hat, die Expedition zu verhindern. Nach stattgehabter Erwägung im Ministerrathe hat die Pforte an Frankreich und Rußland appellirt, durch ihre Intervention eine Regelung der Lage in Egypten herbeizuführen, die Pforte hat auch Deutschland um seine guten Dienste in dieser Angelegenheit gebeten und Instruktionen an Kostaki Pascha nach London ge- 'chickt bezüglich der Schritte, die er beim Marquis Salisbury zu unternehmen hat. Unterrichtete Kreise versichern, das Vorgehen der Pforte stütze sich auf Rathschläge Frankreichs und Rußlands , welche durchblicken ließen, daß der gegenwärtige Augenblick für die Pforte günstig wäre, die egyptische Frage aufzurollen, und die beiden Mächte hätten ihre Unterstützung zugesagt. Wenn die Sultansregierung sich zum Ausrollen einer trage bewegen läßt, so pflegt dazu der rollende Rubel den nstoß zu geben. Meist geht es dem armen Ausroller aber dann so, daß er unter die Walze geräth. Vorläufig ver- läuft die egyptisch- sudanesische Angelegenheit noch nach Wunsch Englands, denn aus Kairo wird gemeldet: Die Kasse der Dette publique beschloß, der egyptischen Re- gierung aus dem Reservefonds 500 000 Pfund zur Expedition nach Dongola vorzuschießen, 200 000 Pfund sofort anzuweisen." *« Internationale Solidarität. Zu dem Fraktions- est vom vorigen Dienstag waren herzliche Glückwunsch- Telegramme an Liebknecht von sämmtlichen sozialistischen Orga- nisationen Englands und Frankreichs , und von den sozialistischen Fraktionen der französischen, italienischen und belgischen Kammer. des dänischen Reichstags, des bayerischen und sächsischen Land- tags, der sozialistischen Organisationen Oesterreichs . Schwedens und Dänemarks , von polnischen und russischen Sozialisten und von zahlreichen Genossen Deutschlands , der Schweiz und Amerika's eingelaufen. Bei dieser Gelegenheit sei mitgetheilt, daß die int er- parlanientarifche Konferenz sozialistischer Abgeordneter während des Internationalen Arbeiter- kongreffes in London stattfinden wird. Deutsches Reich . Der Bundesrath überwies in seiner heutigen Sitzung den Beschluß des Reichstages zu einer Petition wegen Vornahme periodischer Erhebungen über die gesammten Arbeiterverhältnisse in den Be- trieben des Reichs k. dem Reichskanzler. Der Vorlage vom 10. März d. Js. betreffend die Revision der Brennstener- Vergülungssätze wurde die Zustimmung ertheilt. Das Etats-