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werden. Wer den Löwenanteil der Arbeit und des Risitos hat, darf auch Anspruch erheben auf den Löwenanteil des Verdienstes. Unsere Forderungen sind über das Programm von Paris aus dem Jahre 1890 weit hinausgewachsen. Wir verlangen heute eine Ar­beitszeit, die unter Beseitigung einer unvernünftig betriebenen Wirt­schaft die Arbeitslosen unterbringt. Wir verlangen eine Ratio­nalisierung der Wirtschaft, in der die Lebensmittel nicht nur vor­handen sind, sondern auch von allen Schaffendeng et a uft werden tönnen. Wir verlangen einen stärkeren Einfluß der Arbeitenden auf die Wirtschaft, wir verlangen die Umwandlung der Spekulations: wiridheit in eine Bedarfswirtschaft.

Wir stehen zum Staat, zur deutschen Republik. Dieses Gelöbnis ist aber nicht nur ein Bekenntnis zur Staats: form schlechtweg, sondern die Aufstellung der Forderung, daß diese Republit wahrhaft voltstümlich ausgebaut werden und mit dem Geiste des Sozialismus erfüllt sei. Hier demon­strieren Zehntausende, in der Welt demonstrieren Millionen. Es schmerzt uns, daß noch nicht alle Arbeitenden sich zu uns, zur Sozialdemokratie, befermen. Ein Teil läuft den National­fozialisten nach, die in phrasenhafter Umkleidung ate jogia­listische Forderungen in ihre programmatischen Erklärungen auf genommen haben, in Wirklichkeit aber Knechte des Unter. nehmertums sind und darüber hinaus allen wahren Intereffen des internationalen Proletariats zuwider einen neuen Krieg propagieren.. Nur Toren können dieser Gruppe nachlaufen.( Beb= hafte Zustimmung.) Auf der anderen Seite stehen die Komm mu= nisten, die heute die Arbeit des Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie aus der Vorfriegszeit verrichten. Die Diener Mostaus maßen fich an, die Sozialdemokratie zerschmettern zu wollen. Sie haben in diesem Bestreben einen Borgänger: Er sizt heute in Doorn. Wir wissen nicht, wo in vielleicht nicht allzu ferner Zeit die Gewalthaber des Kremi fizen werden. Aber wir wiffen aus der bürgerlichen Breffe, aus der Deutschen Allgemeinen Zeitung", daß die Kommunisten nach Ansicht des Unternehmertums einen übliche Funktion" vollziehen, indem sie den Einfluß der Sozialdemptratie zu brechen versuchen. Unsere Gegner beißen auf Granit. Wir haben im Reiche die Regierung des Bürger­blods, wir haben daneben die Nationalsozialisten und die Kommu niften, es stehen Feinde ringsum.

Aber die Sozialdemokratie ist nie jo gefund gewesen, wie in den Zeiten, da sie von allen Seiten berannt wurde. Arbeite jeder von uns für die Partei und für die freien Gemert­schaften, nicht mit Schießprügeln und Bomben und der rohen Gewalt der Faust, sondern mit den Waffen des Geistes. Haben wir inuner im Auge und im Sinne die Worte aus dem Sozialisten­marsch, daß wir nicht mit dem Rüstzeug der Barbaren tämpfen. Je schwerer und herber die Tage sind, um so stärfer und größer wollen wir dastehen, in Einigkeit geschart um das rote Banner des Sozialismus, um das gelobte Land der be­freiten Arbeit zu erreichen, das Endziel unseres Weges ist. Es lebe die internationale Sozialdemokratie, es lebe die in den freien Gewertschaften organisierte Arbeiterschaft!

Die Ausführungen des Redners wurden mit stürmischer Zu stimmung aufgenommen. Das Orchester der Arbeiter spielte dann die Romanze in F- Dur von Kahnt. Die Arbeiterfänger trugen unter der Leitung von Georg Dstar Schumann Nobels ,, Morgen­rot" und Tiefsens ,, Wedruf" vor. Der gemeinsame Gefang des Sozialisten marshes schloß die riesige Kundgebung der Ber liner Sozialdemokratie.

Ausklang und Abmarsch.

Die, Maidemonstration 1930 war beendet, mur langfam wie er sich füllte, leerte sich der Lustgarten. Es war nicht wenig, was man von unseren Maifeiernden gestern verlangte: Biele waren seit 8 Uhr unterwegs, besuchten erst ihre Gewerkschaftsversammlungen,

traten von dort aus den Marsch in den Lustgarten an oder eilten nach den Stellplägen der Partei, um sich dort in Reih und Glied zu stellen. Die Sonne meinte es gut an Arbeiters Feiertag, aber nicht einer wich, alle hielten aus, der weißhaarige Genoffe, der als junger Kämpfer bereits den ersten Aufruf zur Maifeier befolgte, wie der Jungfalle, der für den Tag der Schule fernblieb. Die Mahnung Künstlers, nicht zu provozieren und sich nicht provozieren zu faffen, jondern ruhig und geschlossen, so wie eben organisierte Arbeiter marschieren, in die Wohnbezirke zurüdzukehren, wurde felbstver­ſtändlich überall befolgt. Meist rückten die Züge unter Musik ge­schlossen ab, aber selbst wo man einzeln ging, war ein Zug nicht zu vermeiden; es waren eben unendlich viele, die dem Ruf der Sozial demokratischen Partei und der Gewerkschaften gefolgt waren.

Der Arbeiter Gamariterbund

hat mie stets, so auch diesmal seine geschulten Helfer in den Dienst unferer Maifeier gestellt. Glücklicherweise wurde feine Tätigkeit nicht allzu sehr in Anspruch genommen; allein, die Arbeiterfamarifer

mußten dennoch vom frühen Morgen bis zum späten Abend in Bereitschaft sein und hier und dort helfend eingreifen. Für ihre jelbstlose Birffamfeit im Dienste unserer Sache sei ihnen Dank und Anerkennung gezollt.

Die Demonstration der Kommunisten. Ilm 10% Uhr demonstrierten die Kommunisten im Luft­garten. Der Platz war gefüllt, wenn auch die Zahl der Teilnehmer nicht ganz an die sozialdemokratische Demonstration heranreichte. Es sprachen Thälmann , Neumann und Pied. Auch am Maifelertag brachten sie nicht das Mindestmaß von Taft und prole tarischer Solidarität auf, ohne finnlose Beschimpfungen der Sozial demokratie auszutomnen. Die bürgerlichen Gegner der Arbeiter schaft hatten wieder einmal Gelegenheit, sich über die fomma nistischen Schrittmacher zu freuen.

Nur 18 Personen sistiert.

Der 1, Mai iff in Berlin , abgesehen von einigen geringfügigen Zwischenfällen, völlig ruhig verlaufen. Im Laufe des Tages wurden insgesamt 18 Perfonen festgenommen zum großen Tell handelt es sich um kommuniffen- die fich den polizeilichen Anordnungen widerseht hatten.

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In der vergangenen Nacht wurden mehrere Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterjugend, die von der Maifeier helinfehrten, in der Wichertstraße von einem größeren Trupp Nationalfozialisten überfallen und mißhandelt. Mehrere Baffanten, die diesen Roheitsaft beobachtet hatten, riefen die Polizei herbei. Es gelang den Beamten, drei der Angreifer feft. zunehmen; le murden der Abteilung Ia im Bolizeipräsidium vor geführt.

Blutiger Mai in Südamerika .

Buenos Aires , 2. Mai( Eigenbericht) 3n San Martin fam es im Verlaufe der Maldemonftrationen zu blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Ein Polizeibeamter und zwei Arbeifer wurden getötet, zahlreiche Personen zum Teil fchwer verwundet.

Die Feiern am Abend.

Am Abend des 1. mai veranstaltete die Sozialdemokratie in allen Stadtteilen Berlins wohlgelungene Feiern. Die Beranstaltun­gen wiefen einen starten Besuch auf. Leider gestattet uns der Raum nicht, über jede einzelne der Kundgebungen zu berichten. Wir geben folgende Einzelberichte wieden

Der Bezirk Mitte versammelte sich am Abend zu einer überaus stimmungsvollen Feier im ,, Clou", der bereits vor Be­ginn der Veranstaltung überfüllt war. Nach Darbietungen der Berliner Liederfreunde hielt Kultusminister Dr. H. Grimme eine tiefangelegte, wirkungsvolle Festrede über den Sinn der Arbeit. Er betonte, daß es neben der Arbeit auch noch andere wichtige Werte gebe, die unter feinen Umständen in den Hintergrund gedrängt werden dürften. Während auf der einen Seite Mangel an Muße herrsche, mas gleichbedeutend sei mit einem Verbrechen am feimenden Leben der Kultur, herrsche auf der anderen Seite Mangel an Arbeit. Es jei oberste Pflicht aller Sozialisten, alles daran zu setzen, um einen Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit zu schaffen. Es gebe ein Recht auf Arbeit und ein Recht auf Freude, beide zu­sammen seien gleichbedeutend mit Recht auf Lebensfinnerfüllung. mit einem flammenden Ausruf, mitzuarbeiten an Weltgestaltung

nálisis

schlichten, eindrucksvollen Worten sprach Landtagsabgeordnete Gera trud Hanna über die Bedeutung des Tages. 40 Jahre sind ver­gangen, feitdem die Internationale der Arbeiterschaft diesen Tag festlich begeht, 40 Jahre sind es, daß auf dem Pariser Kongreß be­schlossen wurde, für die körperliche und geistige Entwicklung des Proletariats zu kämpfen. Und über diesem Kampfeswillen schwebt der große Verbrüderungs- und Verständigungsgedanke der Völker. Tanzvorführungen der Kinderfreunde und Freiheitslieder beschlossen Die stimmungsvolle Feier.

Die Neuköllner Organisation veranstaltete ihre Maifeier in der Neuen Welt, die ein ausgezeichnetes Programm bot. Die Sprechchor- und Spielgruppe der Sozialistischen Arbeiterjugend, die Kinderfreunde, der Neuköllner Sängerchor, die Freie Turnerschaft und ein Orchester des Deutschen Musikerverbandes brachten eine Revue zur Aufführung. In einzelnen Szenenbildern wurden das Lehrlingswesen aus vergangenen Tagen und der Militarismus gegeißelt und diesen Bildern die Lebensformen der heutigen fozia­listischen Jugend gegenübergestellt. Die Kinderfreunde, die Jungen und Mädel der Arbeiterjugend und der Freien Turnerschaft zeigten ein frisches, lebendiges Spiel, daß reichen Beifall fand. Genosse

Die Massen im Luftgarten.

und Menschenformung schloß der Redner feine Ansprache. Der zweite Teil des Programms wurde durch Rezitationen Alfred Beierles und rhythmische Uebungen der Freien Turnerschaft aus. gefüllt.

In Wilmersdorf sprach bei der Abendjeier Genosse Artur Crispien pom Parteivorstand. Er gab einen Ueberblick über das Zeitalter der kapitalistischen Entwicklung und die bürgerlichen Revolutionen, in denen die Arbeiter bereits als handelnde Kraft der Geschichte mit eigenen Organisationen und Zielen auftraten. Aber zum vollen sozialistischen Klaffenbewußtsein begann die Arbeiterklasse erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu kommen. Versuche der Verwirklichung des Endziels sind mehrfach unternommen worden, aber ihre Arbeit ist heute noch nicht beendet. Kühn vorausgesehen von Marg und Engels, erleben wir noch jetzt das jahrzehntelange Ringen der selbständigen Arbeiterorganisationen, das einhergeht mit dem Machtgewinn durch Agitation und Aufklärung der noch Beiseite stehenden. Der notwendige, immer vielseitiger werdende Kampf hat viel Hindernisse beseitigt, die uns das Endziel nahe sehen lassen. Simmbild des Tagestampfes und des dahinterliegenden Endziels ist der Wortlaut des Beschlusses über die Maifeier Dom Jahre 1889. Internationalität und Solidarität der Arbeiter über die ganze Welt wurde als Vorbedingung des Kampferfolges

erkannt. Arbeiterschuß und Sozialpolitik als Recht der Arbeitenden waren die ersten Forderungen, deren Erfolge heute vom Bürgertum aufs heftigste angegriffen werden. An diesem Kampf und der Treue der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften gegen dieses Prinzip ist die leßte Regierung zusammengebrochen. Die Unvereinbarkeit der Arbeiterforderungen mit den reaktionären Ausbeuterwünschen des Bürgertums wird jetzt flarer denn je und wirkt aufrüttelnd auf die Massen der noch die bürgerlichen Parteien unterstützenden Wert tätigen.

Auch der 7. Kreis Charlottenburg, der seine Feier an die Peripherie seines Bezirks in das Restaurant Spandauer Berg verlegt hatte, gestaltete seine Maifeier sehr eindrucksvoll. unzählige rote Fahnen wehten von den Bäumen des ausgedehnten

Friedrich Bartels fand in einer Feleransprache das Gehör, der Tausende, die den ganzen Saal der Neuen Welt füllten. Mit einem Schlußwort des Genossen Schneider und dem Sang der Internationale fand die Feier ihr Ende.

Der 10. Kreis 3ehlendorf, Dahlem , Wannsee hatte diesmal seine Maifeier nach dem äußersten Westen Berlins , nach Wannsee , verlegt. Den Partei- und Gewerkschaftsmitgliedern, die mit ihren Familien zahlreich erschienen waren, wurde ein umfang­und abwechselungsreiches Programm geboten, dessen Höhepunkt die Festrebe des Reichstagsabgeordneten Wilhelm Dittmann war. Im künstlerischen Teil erfreute wieder das Ebert Manz­Quartett durch seinen gepflegten Gefang. Den größten Beifall fanden die Darbietungen der Mitglieder des Arbeitersport­tartells Zehlendorf . Die Vorführungen der jungen Männer am Red und die rhythmische Gymnaftit der Mädchen und jungen Frauen ließen erkennen, daß auch in diesem entlegenen Vorort die proletarische Körperkultur ausgezeichnete und verständnisvolle Pflege findet. Auch die SAJ. und Kinderfreunde betätigten sich mit hübschen Darbietungen. Der Verlauf der gesamten Feier war vollkommen harmonisch.

Die 111. Abteilung Bohnsdorf beging ihre Maifeier im feftlich geschmückten Lokal von Heimann. Genosse Kuttner hielt die Festrede. Er gab einen historischen Rückblid über den 1. Mai und fennzeichnete die sozialpolitschen Forderungen, die ihm zugrunde lagen, die heute bereits teilweise durch die wirtschaftliche Entwid­lung überholt seien. Zum Schluß wandte er sich an die junge Generation und forderte sie auf, den stolzen Bau des Sozialismus weiterzuführen bis zu seiner Bollendung. Reicher Beifall lohnte den Redner. Hierauf fand eine Ehrung der Jubilare statt, deren Treue zur Fahne des Sozialismus in schwerer Zeit Genosse Dorner in seiner Ansprache besonders betonte. Umrahmt wurde die Feier durch Gesangsvorträge des Gemischten Chors Bohnsdorf sowie durch Darbietungen der Kinderfreunde, der Jungsozialisten und der freien Turner.

Gartens. Das Programm war vielseitig, so daß für Unterhaltung Mandatsgeschäfte im Zentrum.

für jung und alt gesorgt war. Die Festrede hielt der Landtags. abgeordnete Otto Meier , der ein flammendes Bild von der Ge­schichte des Maifeiertags entwarf. Der Maigebante ist heute nach 40 Jahren stärker als je. Gerade in unserer Zeit, wo die Angriffe auf die Sozialpolitit nicht enden wollen, bedeutet der 1. Mai nicht nur einen Festtag, sondern stellt eine Rampfdemonstration der internationalen Arbeiterschaft bar. Um dem Endziel der Schaffung einer neuen fozialistischen Gesellschaft näherzukommen, gilt es gerade auch am 1. Mai wieder und wieder dem Bekenntnis zum Sozialis­mus die Treue zu halten.

Bei der Abendfeier in Treptow im Alten Eierhäuschen sprach Genosse Adolph Hoffmann . Bor 41 Jahren war er als Delegier. ter auf dem Sozialistenfongreß in Paris , auf dem der Maifeier beschluß gefaßt wurde. Nun erzählt er frisch und lebendig von den Kämpfen und Schwierigkeiten früherer Maifeiern. Die Worte dieses Beteranen der Arbeiterbewegung bildeten eine ernste Mahnung an die jüngere Generation, im alten Geifte den Rampf um das große Maiziel: den Sozialismus weiterzuführen.

Im Saal bes Sanssouci ", Nordend, beging die Sozial­demokratie Niederschönhausens ihre Maifeier. Musikalische Borträge leiteten die Feier ein, dann folgten Rezitationen prole­tarischer Dichtungen und Gefänge, die dem 1. Mai, dem Tag der Ar­beiter, gewidmet waren.. Weltmai" von Hendell, Sieg der Freude" von Zerfaß und andere Gedicht kamen zum Vortrag. In

Treviranus auf der Zentrumsliste.

Köln , 2. mai.( Eigenbericht.)

Die Rheinische Zeitung " enthält in ihrer Nummer vom 2. Mai folgende Mitteilung von besonderer Seite: In den letzten Tagen haben zwischen wirth, Brüning und zwischen Borstandsmit­gliedern der Zentrumspartei und Zentrumsfraktion Besprechungen flattgefunden mit dem Ziele, bei den kommenden Reichs. tagswahlen, die nunmehr in allernächster Zeit bestimmt fünf bevorstehen, der bisherige Mitglieder Reichstagsfrattion: als deutsch nationalen auf die auf Reichsliste des Spitzenkandidaten 3entrums zu übernehmen, und zwar handelt es sich um folgende fünf bisherige deutschnationale Abgeordnete: Wallraf. Klönne, Behrens, Mumm und Treviranus . In dieser Reihenfolge sollen die Abgeordneten vom Zentrum aufgestellt werden."

Die Rheinische Zeitung " bemerkt hierzu: Diese Nachricht wird Deutschlands politische Welt aufs höchste überraschen. Läge sie nicht vollkommen in der Richtung der Anjajauungen, die von der führen­den Zentrumspreffe ständig vertreten werden, so wäre man auf den ersten Augenblic versucht, ein Fragezeichen über die Mitteilung unseres Vertrauensmannes zu setzen. An ihrem Wahrheitsgehalf besteht aber nicht der mindeste Zweifel."