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Ullstein kontra Ullstein.

Um den Spionageverdacht gegen die Frau Franz Ullstein.

Der Familienstreit im Hause Ulstein beschäftigt wegen der po­litischen Bedeutung des Ullstein- Verlages seit einiger Zeit die Deffent­lichkeit. Gestern wurde er zum ersten Male im Zivilprozeß vor dem Einzelrichter ausgetragen. Dr. Franz Ulstein und Frau flagten gegen die drei übrigen Brüder Ullstein, den Chefredakteur der Bossischen Zeitung", Georg Bernhard  , und den Pariser  Korrespondenten des Ulstein- Berlages, Stahl, auf Unterlassung der Behauptung vom Spionageverdacht gegen Frau Ulstein( ge­borene Rofi Grävenberg) und auf Schadenersatz; das Verfahren megen Enthebung Dr. Franz Ulsteins vom Generaldirektorposten schwebt an anderer Stelle.

Aus dem wirren Durcheinander der zweieinhalbstündigen Ber­handlung, in deren Verlauf sich die vier Anwälte der Beklagten   und die zwei Anwälte der Kläger   unendlich wiederholten, kristallisierte sich nur ganz allmählich der Tatbestand heraus; manche bisher unbe­fannte Einzelheit zeigte, mit welcher Beidenschaft von beiden Seiten gefämpft wurde.

Noch vor der Verheiratung Dr. Franz Ullsteins mit Frau Rosi Grävenberg wurden Gerüchte laut über ihre angebliche Spionage. tätigkeit. Niemand nahm sie ernst. Georg Bernhard   empfing Frau Grävenberg bei sich, machte sie mit verschiedenen Persönlichkeiten be­fannt, da sie sich mit der Absicht trug, einen politischen Salon zu gründen, sie war überall gern gesehen und angesehen. Dann ver­dichteten sich aber die Gerüchte gegen sie. Das französische   Blatt ,, Aug Econtes" brachte einen scharfen Artikel, in dem es gegen Frau Grävenberg, jetzt Frau des Dr. Franz Ullstein, den Vorwurf der Spionage erhob. Justizrat Dr. Löwenstein begab sich nach Paris  und erhielt vom Separatisten Mathes die Abschrift eines aus der Abteilung für Gegenspionage stammenden Dokuments, das den Spionageverdacht zu bestätigen schien. In Berlin   sezten Verhandlungen zwischen den Anwälten beider Parteien ein, Als berg fuhr nun seinerseits, ausgerüstet mit einem Brief von Dr. Paul Levi   an Leon Blum   nach Paris   und bat ihn, Feststellungen über Frau Rosi Grävenberg zu treffen. Leon Blum   sezte sich mit Tardieu tn Berbindung, dieser ließ sich die in Frage kommenden Aften vorlegen; es ergab sich, wie Rechtsanwalt Dr. Alsberg in der Gerichtsverhandlung behauptete, rein gar nichts. Auch die Aus­funft in der deutschen   Gesandtschaft war günstig. Die Verhandlungen in Berlin   wurden fortgesetzt. Georg Bernhard   richtete an die Gegen­partei einen Brief, in dem er all die Sachen als untragbar für ein politisches Blatt bezeichnete, Dr. Franz Ulftein wurde vom Bosten eines Generaldirektors enthoben, gewisse Blätter wie der Deutsche Herold  ", Das fleine Journal" ,,, Die Welt am Abend" ,,, Berlin   am

Morgen" hatten sich des Falles bemächtigt, der Streit im Hause Uuftein mar zu einer öffentlichen Angelegenheit geworden. Jede Partei verdächtigte die andere, die Presse informiert zu haben; der Schwager von Louis Ulstein war übrigens hervorragender mit

arbeiter des Kleinen Journals".

In der gestrigen Verhandlung erklärten die Anwälte der Be­flagten, daß sie nie den Berdacht der Spionage gegen Frau Ulstein ausgesprochen hätten; sie hätten bloß behauptet, daß Aften existierten, in denen dieser Vorwurf enthalten sei. Mehr behaupten fie auch heute nicht. Daß solche Atten vorhanden feien, unterliege boch feinem Zweifel. Erst heute morgen fei ihnen ein umfangreiches Aftenstüd zugegangen, aus dem hervorgehe, daß Frau Roji Grävenberg während ihres Aufenthaltes in Paris  , wo fie drei Wohnungen inne gehabt habe, ununterbrochent beobachtet worden sei und im Berdacht gestanden habe, Spionage für einen oder selbst für zwei Staaten betrieben zu haben. Auch im Reichs nie den Verdacht der Spionage ausgesprochen haben, so sei eine Be­weiserhebung überhaupt nicht erforderlich, die Klage fönne ohne weiteres abgewiesen werden. Die Anwälte der Kläger   waren anderer Ansicht. Sie erklärten, daß der Verdacht der Spionage von der Gegenpartei wohl ausgesprochen sei, daß eben durch diesen Verdacht sowohl Dr. Georg Bernhards Brief als auch die Enthebung vom Bosten eines Generaldirektors bedingt, und daß dieser Berdacht auf Grund des von Justizrat Löwenstein aus Panis mitgebrachten ge­fälschten Dokuments, hergeleitet worden sei. Beide Parteien erklär. ten, die Presse nicht informiert zu haben. Der Richter beschloß Beweiserhebung. Es soll u. a. die Atte aus dem Reichswehrministe­rium eingefordert, respektive ein Beamter des Ministeriums ver­nommen werden. Die Sensationen in diesem Bruderstreit des Hauses Ulstein stehen noch bevor.

Wechsel in der Wilhelmstraße? v. Bülow Staatssekretär, v. Schubert Botschafter in London  ? Der Sozialdemokratische Pressedienst" teilt mit:

Der gegenwärtige Staatsfefretär im Auswärtigen Amt  ,

Schubert, soll in allernächster Zeit durch den Ministerialdirigen­ten im Auswärtigen Amt   v. Bülow ersetzt werden. Bülow leitete vor Jahren das Völkerbundsreferat. Unter seiner Leitung bezeich nete man diese Abteilung als Referat gegen den Bölker Staatssekretär Schubert ist als Botschafter in

bund.

London   ausersehen.

Witing geschieht nichts.

Ein bemerkenswerter Freispruch.

Kiel  , 2. Mai.  ( Eigenbericht.) Das Kieler   Gericht sprach am Freitag fünf ehemalige An­gehörige des Wiking- Bundes frei, die in dem Verdacht standen, den aufgelösten Wiring Bund fortgeführt zu haben. Die Biting- Leute wurden im Mai 1928 verhaftet und bereits in der ersten Instanz freigesprochen. Gegen dieses Urteil legte der Staats­anwalt Berufung ein.

In der Berufungsverhandlung erklärte Kapitän a. D. Ehr. hardt, daß er die Unterführer des Wiking nach dessen Auflösung wiederholt ermahnt habe, die Auflösung restlos durchzuführen. Bulegt habe er im Dezember 1927 in besonders bringendem Tone ble Auflösung nochmals befohlen. Bon einer Fortsegung des Wiring- Bundes in Riel sei ihm nichts befannt geworden. Obwohl die Aussagen der Angeklagten für eine Fortsetzung des Biting. Bundes sprachen und einer der Angeklagten in einem Brief an den Rathenau  - Mörder schrieb, daß sie unter einem Dednamen weiter. arbeiten" den Decnamen hätten sie in dem Verein Sturm­fahne" gefunden und trotzdem der Staatsanwalt schließlich gegen den Hauptangeklagten sechs, gegen die übrigen vier An geflagten je vier Monate Gefängnis beantragte, erklärte fich das Gericht von der Schulb der Angeklagten nicht über zeugt und sprach sie frei.

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Gevering spricht im Rundfunk.

Genosse Severing spricht im Rahmen des Arbeiter. funt am Sonnabend, dem 3. Mai( 17,55 bis 18,20 Uhr) vor dem Mitrophon der Deutigen Welle" über Staat und Bolt".

Ein Angsttraum des Ministers Frick.

47

Singer raus

Offrida,

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Suil Fitles

Deutschland

erwache!

14

Der Borfämpfer gegen die Bernegerung" Deutschlands   träumt, daß er bei Bemalung eines Hottentottenfrals mit Hafenkreuzinschriften von Eingeborenen erwischt und wegen hineins tragens fremdraffiger Einflüsse in die nationale Negerfultur" zum Bratspieß verurteilt wird.

100 Prozent Schiele- Kabinett.

Schieles Einfuhrscheinprogramm unverändert geschluckt.

Ueber die gestrige Sigung des Reichskabinetts, in der u. a. bie Frage der Einfuhrscheine zur Debatte stand, liegt folgendes Rommuniqué vor:

Das Reichskabinett hat unter dem Vorsik des Reichs. fanzlers in Ausführung des von ihm geschaffenen Ge sekes zum Schute der Landwirtschaft vom 15. April 1930 die Anträge des Reichsministers für Ernäh rung und Landwirtschaft auf Neuregelung der Einfuhrscheine für Roggen, Gerste, Hafer und Erzeug­nisse daraus sowie für Müllereierzeugnisse aus Weizen Ferner sind die Einfuhrscheine für genehmigt. Schweine und Schweinefleisch geändert und für Rindvieh, Schafe und Fleisch daraus neue Einfuhrscheine geschaffen worden. Bei der ganzen Regelung ist darauf Bedacht ge­nommen, daß entsprechend dem vorstehend genannten Ge­sek die Belastung der Reichskasse durch die Einfuhrscheine nicht über diejenige des Jahres 1929 hinausgeht. Die entsprechende Verordnung wird Anfang nächster Woche erlassen werden.

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Eine neue Tat des Brüning- Kabinetts! Was die Bier­Stimmen- Mehrheitsfoalition am 14. April in Ausführung der Befehle der Grünen Front in einem Ermächtigungs­gefeß dem Brüning- Kabinett aufgetragen hat, das hat das Brüning- Kabinett hundertprozentig ohne jeden Abschlag, ohne jedes Abhandeln Herrn Schiele in der gestrigen Ka­binettssigung en bloc bewilligt. Schamhaft werden die Säße, um die die Einfuhrscheine erhöht werden, noch verschwiegen, wahrscheinlich um die Spekulation des Getreide und Viehhandels nicht sofort ins Kraut schießen zu faffen. Aber es ist vergeblich. Schieles Forderungen sind bekannt, und der spekulative Handel weiß, daß Spekulation a la Hausse zu dieser Junkerpolitik des Brüning- Kabinetts gehören und sich auch bezahlt machen. Es geht ja auf alle Fälle nach oben. Wenn in der nächsten Woche die Verord­Roggen und Hafer auf 6-9 m. erhöht, für Gerste von 6,50 m. auf 9 M., für Müllereierzeugnisse einschließlich der Weizenprodukte auf die volle Zollhöhe, und nur die Höhe der Einfuhrscheinsäge für Bieh und Fleisch bleiben noch un­

nung bekanntgegeben wird, dann sind die Einfuhrscheine für

bekannt.

die

soll diese unter Reichsaufsicht stehende Bant Schazan mei. Hier droht fungen unter Reichsgarantie ausgeben. eine neue Verlustquelle für das Reich, denn mit Reichsgarantien follen Kapitalfrebite eröffnet werden, die auf normalem Wege offenbar nicht zu beschaffen sein würden. Ein weiteres Gesetz will die Funktionen der Rentenbant Kreditanstalt, eigentlich schon längst hätte verschwinden sollen, noch erweitern, und zwar soll einmal die bisherige Beschränkung der Bank bei der Personalfrebitgewährung beseitigt und sodann die Möglichkeit er­öffnet werden, sich an der Preußischen Zentralgenossenschaftstaffe zu beteiligen und weitere Anleihen aufzunehmen. Die Mittel. standspartei hat auch diesmal offenbar wieder noch besondere Zugeständnisse für die Hausbesiger des Oftens ver.

langt.

Für die Instandsehung verfallender Alfwohnungen in Stadt und Land sollen nach dem dritten neuen Gesetz besondere Haushaltmittel verlangt werden. Also eine neue Belastung des Reiches und auch des Ansehens der Brüning- Regierung durch einen neuen Streich der Mittelstands­partei. Vor dem Generalmoratorium für den Dsten hat man Angst bekommen. Man will jezt ein befristetes Mora. torium auf 3 Monate, das offenbar dazu dienen soll, die Durch führung des Ostprogramms sicherzustellen, ohne daß in der zwischenzeit Bersteigerungen durchgeführt werden dürfen.

Nach alledem wird das Ostprogramm ein immer gefähr

licheres Monstrum. Man muß die Rechtsparteien dieſes Bürgerblocks bewundern, mit welcher naiven Selbstverständlichkeit sie der Deffentlichkeit immer wieder neue Unmöglichkeiten vor­zusetzen wagen.

Gesetz über den Polenvertrag.

Das Reichskabinett verabschiedete in seiner gestrigen Sigung ferner den Entwurf eines Gefeßes über das deutsch  - polnische Wirtschaftsablommen und über den Beitritt der freien Stadt Danzig   zu diesem Abkommen, der unverzüglich dem Reichsrat zugeleitet wird.

Ermächtigung zur Steuerfenfung.

Der Reichsrat ftimmt zu.

Der Reichsrat stimmte am Freitag dem Gesetz über die Ermächtigung zur Ergreifung von steuerlichen Maß­nahmen zur Erleichterung und Berbilligung der Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft zu. Dieses Gesetz ermächtigt die Reichs­regierung, mit Zustimmung des Reichsrats und des Steueraus ertrags und der Kapitalverkehrssteuer vorzu­nehmen und auch steuerliche Erleichterungen für die Kapitalver­waltungsgesellschaften, die sogenannten Investment Trust zu schaffen. Bei der Ausschußberatung im Reichsrat hatte die Reichs­regierung noch einen Antrag nachgereicht, wonach sich diese Steuer­erleichterungen auch auf die Grunderwerbs- und Wertzuwachs steuern der Länder erstrecken sollen. Eine Reihe von Ländern hatten Bedenten, die Mehrheit der Ausschüsse stimmte jedoch dieser Er­mächtigung zu, unter der Vorausseßung, daß dann eine Verlänge­rung des fogenannten Steuermilderungsgesetzes nicht mehr in Frage tommt. Das Plenum des Reichsrats schloß sich dem Botum der Ausschüffe an,

Es iſt ,, darauf Bedacht genommen", daß bei diesen Maß nahmen die Belastung der Reich staffe nicht über biejenige des Jahres 1929 hinausgeht. So erklärt die Re- schusses des Reichstags Erleichterungen der Kapital. gierung   entsprechend dem Wortlaut der Ermächtigung. Im Jahre 1929 hat das Einfuhrscheinsystem rund 75 mill. M. getoftet. Es ist wohl selbstverständlich, daß die Erklärung der Reichsregierung in dem Sinne irreführend ist, daß man die erhöhten 3olleinnahmen des Reiches aus den neuen Agrarzöllen, die besonders beim Weizen sehr ins Geld gehen, bei diesem Bedachtnehmen auf die Einfuhr­scheinkosten des Jahres 1929" in absolut unzuverlässiger Weise bereits einfaltuliert hat, denn sonst würde die Erhöhung der Einfuhrscheine der Grünen Front ja nicht den gewollten Nugen bringen.

"

Wir verlangen Aufklärung darüber, ob die Reichs­regierung wirklich nach dem Wortlaut des Gesetzes vom 15. April verfahren will, daß die Belastung der Reichstaffe nicht über die Belastung hinausgeht, die die Einfuhrscheine im Jahre 1929 gebracht haben und zwar ohne Anrechnung der Mehreinnahmen aus den erhöhten Zöllen.

Schacher ums Offprogramm.

Ofthilfe auch für Hausbesitzer.

Das Rabinett brütet noch immer über das Subventions. programm für die Ostjunter und es scheint, als ob die Page immer schwieriger und der Ostenoten immer unentwirrbarer würde. Aus den bisherigen sechs sind jezt bereits neun Oft gefeße geworden, zu denen das Rahmengesetz und noch eine befondere Moratoriumsvorlage hinzukommen,

Neu ist der Borschlag eines Gesetzes über die Errichtung einer deutschen Ablösungsbant, die vor allem zweifftellige Hn potheten beschaffen und gewähren soll. Zur Kapitalbeschaffung

Ferner ftimmte der Reichsrat dem Gefeß zur Liquidierung der Bank für deutsche Industrieobligationen zu, die allmählich abge­baut werden kann, da mit dem Inkrafttreten des Young- Planes die Industrieobligationen felbft in Fortfall tommen. Zum Borfizenden der Berufungstammer in Börsen- Ehren­gerichtssachen wurde Staatssekretär Dr. Trendelenburg ernannt.

Schwarzrotgold nach Uebersee  .

Reichspofiflagge auf den großen Dampfern. Im Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost war von foglal demokratischer Seite bemängelt worden, daß die großen deutschen Bostdampfer auf den Ueberseelinien nicht die schwarzrot goldene Reichsflagge mit dem goldenen Posthorn führen. Daraufhin hat der Reichspoftminister mit der Hamburg  - Amerita­Linie, dem Norddeutschen Lloyd  , der Hamburg  - Südamerika  - Linie und der Moermann- Linie vereinbart, daß die Reichspoftflagge fort­ab am Großmaft zu hissen ist.