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Sonntag

4. Mai 1930

Unterhaltung und Wissen

Ludwig Biro: Jazzmusik

Um neun Uhr fette die Jazzband ein. Vier Neger brüllten los und bearbeiteten diverse Instrumente mit Händen und Füßen. Der Höllenlärm erinnerte an das Schreien brünstiger Paviane, an das Wiehern wütender Hengste. Es schien unglaublich, daß Europäer ohren daran Spaß finden, es überhaupt aushalten fonnten. Gegen zehn Uhr aber füllte sich der Saal allmählich. Das andere große Hotel, das Atlantik  ", war gänzlich für die große Konferenz refer­viert und so drängten sich hier noch mehr Gäste als sonst. Die Mixer arbeiteten emfig. Einer von ihnen, ein schlanker, eleganter junger Mann, war noch vor wenigen Jahren österreichischer Husarenoffizier. In der Mitte des Saales faß   ein dunkelhäutiger Gentleman allein an einem Tisch. Sein Kopf fah aus, wie eben erft aus roham Ton geformt. Jeder kannte ihn, jeder wußte, daß er ein Levantiner mit höchst unfauberer Bergangenheit sei, ber aber im Krieg durch Heereslieferungen viele Millionen Pfund verdient hatte. Die im Saal anwesenden Damen waren durch nichts von den Kokotten zu unterscheiden, die ihre Schönheit hier zu Markte trugen. Unter diesen ein auffallend schönes Schwestern­paar, zwei russische Gräfinnen. Auch von den Konferenzteilnehmern waren einige da; der bekannteste darunter, ein junger Außenmini fter, war vor einigen Jahren noch Operettenfänger. An einem Tisch in der Nähe des Eingangs saß Franklin, neben ihm Luciani, ein junger Begationssekretär mit einem Cherubsgesicht. Franklin schlürfte ftill für sich diverse Schnäpse, indessen sein junger Freund unruhige Blicke nach der Tür warf.

Draußen war eine süße, weiche Sommernacht. Unter den Palmen sah man viele Spaziergänger. Gegen 11 Uhr aber öffnete der riesenhafte, goldbetreßte Neger vor dem Entree die Tür und ließ mit grinsender Unterwürfigkeit den Brinzen Robert und seine Gattin, die Prinzessin Beatrix, eintreten. Der junge Legationssefre­tär zudte sichtbar zusammen, und das bitter- melancholische Lächeln. auf dem Gesicht Franklins wich einem seltsamen Ernst. Der Prinz trat an einen Tisch und bot der Prinzessin einen Sessel, sie aber übersah das und setzte sich so, daß ihr Geficht zur Tür gewendet mar. Franklin lächelte schon wieder auf seine seltsame Art, aber es mar etwas lebhafter geworden und er sagte seinem Freund, er folle jezt nur ein menig Geduld haben und gut aufpassen, dann würde er bald von den Qualen einer unwürdigen Leidenschaft be. freit sein. Prinz Robert beugte den grauen Kopf über seinen Drink, die Prinzessin aber hob das Haupt mit der blonden Haarkrone und wandte es nach rechts und links. Alle sahen nach ihr hin, sie aber schien niemand zu sehen, es war, als ob sie nur ihr eiskaltes Ma­donnengesicht zeigen wollte. Die Jazzband heulte und freischte, Brinzeffin Beatrig aber faß regungslos und fah auf niemand und nichts. Jegt legte Franklin seine Hand schnell auf den Arm seines Freundes. Die Prinzessin hatte den Blick gehoben und sah einen Augenblid aus weit geöffneten Augen ins Ferne; dann jenkten sich gleich wieder die langen Wimpern auf die großen Augen. Das fonnte ein Blick ins Nichts gewesen sein, es fonnte aber auch einer Wint, ja eine vielfagende Berheizung bedeutet haben. Wenn je­mand in der Nähe der Tür scharf aufpaßte, so fonnte er glauben, dieser Blick hätte dem riesigen Neger dort in der goldbetreßten Livree gegolten. Luciani wehrte sich gegen diesen Gedanken selbst dann noch, als diese Blicke sich wiederholten. Er fonnte es nicht glauben, daß die Prinzessin diesen Reger anders betrachten fönnte als irgendein egotisches Tier. Franklin sette ihm ärgerlich ausein­ander, wie unberechtigt und sinnlos dieses Borurteil sei, das auch im übrigen von weißen Frauen selten geteilt würde.

Die Unterhaltung wurde von einem amerikanischen. Journa listen unterbrochen, der einen todblassen und vor Aufregung zittern listen unterbrochen, der einen tobblaffen und vor Aufregung zittern­den Herrn zu Franklin führte. Das Auffallendste an dem Mann waren die brennend großen, teffchwarzen orientalischen Augen. Der Amerikaner stellte ihn auch Luciani vor, aber der Blaffe achtete gar nicht darauf, sondern sprach stotternd vor Aufregung auf Frank­

lin ein. Luciani verſtand soviel, daß dieser Herr Abobian, der Abgeordneter des Karelischen Nationalfomitees war, der die drin­genden Bitten des farelischen Boltes um Hilfe und Intervention genden Bitten des karelischen Volkes um Hilfe und Intervention überbracht hatte. Drüben im Hotel Atlantit" entschieden die führenden Männer der Konferenz gerade jetzt auch über diese Frage,

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Draußen auf der Straße wandten sie sich zum Hotel Atlantik" hinüber. In dem Heinen Konferenzsaal wurden eben die Lampen verlöscht und sie famen gerade zurecht, um das Kommuniqué au hören, das in der Halle von einem Sekretär der Konferenz vor den versammelten Korrespondenten eben verlesen wurde. Es ergab sich daraus, daß die Petition der Karelischen Minderheiten der dritten Subtommiffion zur Untersuchung überwiesen wurde. Die Kom­mission habe der Konferenz in der nächsten Sigung, also in einem Jahre, Bericht zu erstatten. Unter den Journalisten sahen sie auch Adobian. Das ist unmöglich das ist unmöglich," leuchte er fassungslos, meine Herren, das ist der Tod, das bedeutet jetzt dort den Tod!" Die Journalisten, die seine verzweifelten Anstrengungen schon seit Wochen verfolgt hatten, versuchten vergeblich, ihn zu be­ruhigen. Franklin ergriff den Arm Lucianis und zog ihn rasch mit sich fort.

Sie schlenderten ein Stück durch die Straßen und lehrten dann langsam zum Hotel zurück. Franklin wählte einen Platz. von dem aus das Entree mit dem goldbetreßten Neger gut zu sehen war. Luciani wurde ungeduldig, aber Franklin rührte sich nicht. Eine ältere Dame von ehrwürdigem Aeußeren näherte sich jetzt dem Eingang und gab dem Reger einen Wint. Dann wechselte sie zasch ein paar Worte mit ihm und entfernte sich unauffällig. Frantiin machte Luciani darauf aufmerksam, daß diese Dame die Kammerfrau

Beilage des Vorwärts

der Prinzessin sei. Luciani widersprach immer noch, aber nun führte ihn Franklin hinaus in den Garten, in eine abseits gelegene fleine Gioirette, von der man einen Teil der Parterreloggien über­blicken fonnte. Es dauerte faum eine halbe Stunde, da sahen sie die ältere Dame wieder. Sie führte den Neger durch den Garten und über die Treppe in eine der Loggien hinauf. Sie öffnete die nach innen führende Tür mit einem Schlüssel und ließ den Neger eintreten, dann machte sie sofort tehrt und entfernte sich. Die Tür fchloß sich nicht sogleich, man sah durch einen Spalt in einen er­leuchteten Raum. Eine hohe Gestalt in Beiß, eine blonde Haar­frone, bewegte sich auf den Neger zu. Dann schloß sich die Tür. Der Borhang ist gefallen, die Komödie geht an," jagte Franklin. Luciani schüttelte sich vor Etel, ein kurzes, herferes Schluchzen brach aus ihm heraus. Franklin faßte ihn unter und zog ihn energisch mit sich.

Gerade als sie auf die Straße hinaustraten, hörten sie einen Schuß von der Palmenpromenade her. Sie eilten hin, ein paar nächtliche Spaziergänger umftanden erschroden einen Mann, der auf dem Rasen lag. Es war 2dobian. Franklin beugte sich über ihn, er sah, daß alles vorbei war. Er nichte Luciani zu, der er­schüttert auf den Toten starrte. Sie warteten noch so lange, bis die Leiche weggebracht wurde. Dann wandten sie sich wieder langsam dem Hotel zu.

Die Bar war noch immer überfüllt, nur der Neger am Eingang fehlte. Die Jazzband tobte und heulte, es war, als ob Teufel spielten für Irrsinnige.( Berechtigte Ueberschung von Stefan Lux  .)

ikolas Aranyoji: 100 Jahre Morphium

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Wenn große Ereignisse der Menschheit, die Meilensteine der Entwicklung von dem Staub der Kulturgeschichte bedeckt werden, mas mag fie wieder zu neuem Leben erweden? Ein blasser Schimmer der ,, dankbaren" Erinnerung, den Jubiläen, Jahrzehnte und Jahrhundertfeierlichkeiten non sich ausstrahlen, das ist alles. Und auch das verschwimmt in Tagen und Wochen. Entschwindende, ferne Kometen der Menschheitsgeschichte, sie haben dann wieder ein Jahrhundert zu warten, bis ihr einstiges Gleißen in unserem Gedächtnis aufdämmert.

Es gibt wohl nicht viele Jahrhundertfeiern, die 25 Jahre an­halten. Ein solches seltenes Bentenarium soll in diesem Jahre zu Ende gehen. Seit einem Viertel Jahrhundert feiern wir dieses Jubiläum. Im stillen nur, faum bemerkbar, ja, faum daß es jemand wüßte. Gab es doch viel wichtigere Dinge, die der Menschheil in dieser Zeitspanne den Atem raubten....

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Allerdings, als vor 25 Jahren die Feier anfing, galt fie dem Entdecker und nicht der Entdeckung. Sie gaft dem jugend­lichen, 22 Jahre alten Pharmazeuten Friedrich Wilhelm Adam Sertürner  , der es im Jahre 1805 in dem ärmlichen Labora­torium der Adlerapotheke zu Paderborn   unternahm, das Opium einer eingehenden Analyse zu unterwerfen. Bei diesen chemischen Untersuchungen vollzog sich die Geburt des Morphiums. Sie war wie es sich sehr bald herausstellte und aber eine Frühgeburt es dauerte nicht weniger als zwölf Jahre, bis das Neugeborene einen Namen erhielt. Es war eine Frühgeburt, wie so viele andere Geistestinder ihrer Art, um deren Eriftenz man fämpfen mußte, und gegen deren Aufnahme in den Kulturschay die Menschheit sich so lange wehrte. Und selbst nach der Taufe war es diesem neuen Getstestind Sertürners nicht vergönnt, von der menschlichen Gesell­Jahre, ehe das Morphium als Heilmittel in die Wissenschaft seinen fchaft freudigst aufgenommen zu werden. Es vergingen noch drei erkennung fand. Dies geschah im Jahre 1830, in dem Jahre, das Einzug hielt und mit Blizesschnelle auf der ganzen Welt An­die eigentliche Geburt des Morphiums vollzogen hat. Sertürner   war faum 22 Jahre alt, als ihm die Großtat jeines Lebens, die Entdeckung des Morphiums gelang, das ein Segen und augleich ein Fluch der Menschheit wurde. Bei seinen Untersuchungen ging er von dem Gedanken aus, das im Mohnfafte enthaltene schlafmachende Brinzip" als fristallinischen Körper zu isolieren. Als er später dessen physiologische Wirkung genauer studierte, gab er ihm nach dem griechischen Traumgotte Morpheus den Namen Morphium.

und unter den Korrespondenten ging das Gerücht, Franklin hätte, ohne das Ende der Sizung abzuwarten, an seine Blätter in Lon­ don   und New York   telegraphiert, daß die Konferenz eine Inter­Durch seine Morphiumftudien wurde aber selbst die wissenschaft vention in der Karelischen Frage abgelehnt habe. Ob das wahrliche Chemie ein gutes Stück vorwärtsgebracht, da er in dem Mor­um des Himmels willen ob das wahr sei? Die Jazzband phium die erste organische Base auffand und dadurch der Chemie eine neue Provinz erschloß. Ein weiterer Fortschritt war die Rein darstellung des Prinzips einer Droge, nämlich des in dem Opium enthaltenen Morphins, Damit wies Sertürner   neue Wege: die Auf­findung der Prinzipien der Drogen wurde zu einem Leitstern für bie Chemie, für die wissenschaftliche sowie für die angewandte. Der leitende Gedanke Sertürners, daß in jeder Pflanze, die sich durch besondere Wirkungen auf den Organismus auszeichnet, ein dem Morphium verwandter Körper enthalten sein müffe, erwies fich als Morphium verwandter Körper enthalten sein müsse, erwies fich als ungemein fruchtbar. Er führte zur Auffindung z. B. des Strydmins und Chinins  . Und zu guter Leßt reicht die Sertürnersche Entdeckung in ihrer letzten Wirkung auch in die biologische Giftlehre hinein, die eins der Fundamente der modernen Serumtherapie bildet.

tobte und brüllte und Franklin mußte feine Stimme erheben, um sich verständlich zu machen. Das ist ein Irrtum," sagte er, davon fann gar keine Rede sein. Ich weiß in dieser Sache noch nichts und konnte daher auch noch nichts darüber berichten." Adebian sah ihn zweifelnd an, aber Franklin wiederholte nachbrüdlich, er habe noch keinerlei Informationen erhalten können, im Gegenteil, er warte gespannt auf den Beschluß der vier, um so mehr, als Cran­well und Montauban  , die beiden Ministerpräsidenten, auf die es schließlich allein antoment, fich immer sehr wohlwollend fiber die Sache geäußert hätten. Adobian hörte gequält zu. Tränen standen ihm in den Augen. Es wäre auch furchtbar, Herr Franklin, Jagte er bebend, es wäre furchtbar." Unvermittelt wandte er sich an Luciani. Ein Bolf von zwei Millionen aufzuopfern," rief er ver­zweifelt, ein altes Bolt mit reicher Kultur der Bernichtung prets­zugeben. Selbst die Säuglinge würden nicht verschont!"

Luciani war bewegt, er wollte etwas Tröstliches sagen, aber Adobian hatte sich abgewendet und jah wirren Blides umher. Jezt erblickte er den jungen Außenminister und eilte auf ihm zu. Der Amerikaner folgte ihm; bald darauf verließen beide ben Saal. Luciani sah Frantin fragend an. Diefer fenkte den Kopf. In London   und New Yort weiß man es schon," fagte er feije, eine Intervention fommt gar nicht in Frage."

Luciani meinte erschroden, die vier Ministerpräsidenten ver­handelten doch noch darüber. Franklin sah ihn mit seinem seltsamen Lächeln an. Sie verhandeln über Petroleum und darüber, wie sie den Breis für das Nichtintervenieren untereinander perteilen. Die farelische Frage wird einer Unterfommission überwiesen."

Luciani starrte ihn an, wandte sich aber schnell wieder ab. Die Prinzeffin Beatrix hatte sich erhoben. Luciani betrachtete sie mit bebender Aufmerksamkeit. Sie fam langsam auf die Tür zu, hin­ter ihr Brinz Robert. Im Hinausgehen erhob sie den Blid und sah dem Reger voll ins Gesicht. Der Neger verbeugte sich grinsend. Luciani starrte ihr mit verzerriem Gesicht nach. Unmöglich

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möglich unmöglich!" stotterte er jetzt zu Franklin gewandt. Die ser zuckte die Achseln und stand auf. Sie verließen zufammen den

Saal.

lleber den Lebenslauf Sertürners ist nicht viel zu sagen. Im Jahre 1783 zu Neuhaus   bei Paderborn   als der Sohn eines Ingenieurs geboren, wurde Sertürner   zunächst für den Beruf des Baters bestimmt. Nach dessen frühzeitigem Tode jedoch ging er mit 16 Jahren aus Rücksicht auf die mittellose Familie zur Pharmazie über. Bei dem Hofapothefer Cramer in Paderborn   ging er 5 Jahre in die Lehre, im Jahre 1806 übersiedelte er nach Einbed und erst 1823 brachte er es soweit, daß er in der Weserstadt Hameln   in den Besitz einer Apotheke gelangte. Zu dieser Zeit war er aber fein alltäglicher fleiner Pharmazeut mehr, sondern Dottor der Bhilo­sophie, zu dem ihn die Universität Jena 1817 für seine hervorragen. den wissenschaftlichen Arbeiten ernannt hatte.

Wenn es der Menschheit Los ist, einen guten Teil Schmerz zu ertragen, so ist derjenige sicher ein Wohltäter der Menschheit, der es permodyte, diese Summe non Schmerz zu vermindern. Ein folcher Wohltäter ist Sertürner  , der Entdeder des Morphiums, au deffen Ehren in Hannover   in diesen Tagen ein bescheidenes Dentmal er richtet wird. Von den Wermuttropfen, die sich der Freude dieser großartigen Entdeckung beimengten, von dem vielen Unheil, das dieses zum Segen der Menschheit aufgefundene Mittel bei den der Wirklichkeit zu entfliehen suchenden Menschen geftiftet hat, foll nicht gesprochen werden. Es ist ein Stüd Geschichte der Rauschsucht menschlichen Unglüds, was das Morphium mit seinen giftigen Brüdern Opium, Kokain, Haschisch u. a. im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten vollbracht hat. Nicht ganz grundlos stand schon

in seinen Entdeckungsjahren die Aerzteschaft dem neuen Mittel, mo­von 0,3 Gramm genügen, um den Tod herbeizuführen, ablehnend gegenüber, und namhafte Aerztetonzilien haben ihr Belo wegen feiner Gefährlichkeit dagegen eingelegt. Noch in seinem späteren Lebensalter geriet Sertürner   oft in einen heiligen Zorn, wenn er an die ihm für die Morphiumauffindung gezollte Behandlung dachte. Seine eigenen Landsleute zeigten gegen seine Enidedung ein noch größeres Widerstreben als das Ausland.

Das Schicksal Gertürners war nicht niet anders als das anderer großer Entdecker und Erfinder. Doch nicht nur dies, auch noch andere Umstände trübten seine Verdienste. Im Jahre 1814 erschien eine von dem französischen   Chemiker Seguin verfaßte Abhandlung über Opium. Der Berfasser hatte sie aber bereits Ende 1804 der Pariser Akademie vorgelegt. Bei der Untersuchung war auch von ihm, auf ähnliche Weise wie es Sertürner   geglüdt mar, ein fristallinischer, stickstoffhaltiger Körper aufgefunden worden. Und als nach wiederholten Experimenten Sertürner   die gleichen be­stätigenden Ergebnisse seiner Untersuchungen von 1805 über den neuen Stoff nachgewiesenermaßen ohne den Aufsatz Seguins ge­lesen zu haben 1817 wieder veröffentlichte, hielt ihn ein franzö fischer Chemiker, der feine Arbeit von 1805 nicht gefannt hatte, für einen Plagiator und warf 1818 die Frage auf, wer der Entdecer des Morphiums und der Mekonsäure sei. Die Frage war jedoch sehr bald entschieden. Im Jahre 1831 hatte das Institut de France  Sertürner   einen Preis von 2000 Franken für seine Entdeckung zu­erkannt, und in den folgenden Jahren wurde er non nicht weniger als acht gelehrten Gesellschaften zum Mitglied ernannt.

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Gibt es nikotinfreien Tabak?

Die Tabakerzeugnisse, die als nikotinarm" oder nikotinfrei" Treffen", denn er glaubt nun, feiner Leidenschaft ohne Schädigung angeboten werden, find manchem Kettenraucher ein gefundenes für seinen Körper nachgehen zu können. Aber nach den litter­

suchungen von Barley, über die in der Wochenschrift ,, Die Umschau" berichtet wird, ist es bei vielen dieser Tabate mit der Nikotine fuchten Proben, die als nikotinarm auf den Marft tamen, war armut" recht schlecht bestellt. In den von dem Gelehrten unter­nicht mehr als ein Drittel bis höchstens die Hälfte des Nikotins wirklich beseitigt. Nos wäre ja immerhin schon etwas, wenn nur alle Tabatsorten in ihrem Nikotingehalt gleichwertig wären. Das ist aber feineswegs der Fall. Der Nitetingehalt schwankt in den Tabakjorten fetyr start, und so kann es vorkommen, daß ein Tabat, dem auf künstlichem Wege Nikotin entzogen ist, doch noch mehr Nikotin enthält als eine Sorte, die nicht behandelt, aber von Natur nikotinarm ist. Den niedrigsten Nikotingehalt bei einem behandelten Tabat fand Barley unter allen Proben mit noch 0,75 Proz. Das ist aber nicht viel weniger, als viele gute Tabale aus Havanna  , Borto Rico und der Türkei   enthalten, die etwa 1 Broz. Nikotin aufweisen. Mit der Entnikotinisterung" ist es daher nicht getan. Biel   wichtiger wäre es, den Tabat vorher auf seinen Nikotingehalt genau zu untersuchen und dann eine künstliche Behandlung vor­zunehmen.

Grabenkrieg gegen Heufchrecken Ein verzweifelter Abwehrkampf gegen die ungeheueren Heu­ist in der Umgegend von El Arisch   ausgefochten worden. Man hatte zu diesem Zwed die ganze verfügbare Armee mobil gemacht, und der Generalinspektor des ägyptischen Heeres Spinks Pascha leitete persönlich die Operationen. Das arabische Ramelforps diente als Aufklärungstruppe und verfündete rechtzeitig das Heramahen des Feindes. Ungeheuere Züge von jungen Heu­schrecken, die noch nicht fliegen können, sondern sich hüpfend vor­märts bewegen, zogen durch die Sanddünen nach dem Tal von Die Truppen El Arisch  , 15 Kilometer füdlich von der Stadt. arbeiteten vier Tage lang Tag und Nacht in einem furchtbaren Sandsturm und in drückender Hitze. Gräben von etwa 2 Kilometer Länge wurden ausgehoben, um den Vormarsch der Insekten auf­zuhalten. Verstärkungen murden von allen Seiten herangezogen und schließlich waren über 600 Sobaten tätig. Die Heuschrecken stärzten in die Gräben und wurden dort so schnell wie möglich mit angezündetem Paraffin und Petroleum verbrannt. Aber die Wasse der Insekten murde immer größer und dehnte sich schließlich über eine Strede von 11 Kilometer aus. Die vorhandenen Gräben ge­nügten nicht mehr, und neue mußten angelegt werden. Wenn die Gräben mit der wimmeinden schwarzen Maffe angefüllt waren und die auflodernden Flammen sie verzehrt hatten, dann wurden die Gräben sofort von den verkohlten Zeichen gereinigt, um neue auf­nehmen zu tönnen.

schreckenzüge, die von der Sinaihalbinsel aus Aegypten   bedrohen,