Der Landtag tagt wieder.
Beratung fleinerer Haushaltspläne.
Nach längerer Osterpause trat der Preußische Landtag am Dienstag wieder zusammen, um vor allem eine Reihe tleinerer Haushaltspläne aufzuarbeiten. Es ging dabei im wesentlichen ohne größere Debatten ab, so daß die umfangreiche Tagesordnung in einer knapp vierstündigen Eizung erledigt werden fonnte. Die Kommunisten unternahmen einen Borstoß gegen die Verordnung des Wohlfahrtsministers, fünftig den Anträgen auf Herabsetzung des Zinssages der Hauszinssteuerhypothefen non 3 auf 1 Broz, mur dann stattzugeben, wenn die Gesamtbelastung 150 Proz. der Friedensmiete überschreitet. Diese Frage soll im Wohnungs- und Siedlungsausschuß näher geprüft werden.
Die einzige längere Debatte tam bei der Beratung des Haushalts des Landtages, wobei die Bertreter der Oppositions parteien sich mit feinen Bemängelungen begnügen mußten, stich haltige Kritik aber faum übten.
Berbunden mit dieser Beratung war der schon länger lagernde Antrag der Wirtschaftspartet auf Auflösung des Landtags, einen Antrag, den die Antragsteller offenbar felbft schon vergessen hatten und den jetzt Herr Ladendorff in einer 5- Minuten- Rede ebenso furz mie fläglich begründete. Die Abstimmung über diesen Antrag wird am Mittwoch erfolgen, gleichzeitig mit den wichtigen Abstimmungen über den Haushalt des Kultusministeriums.
leber die Tagungszeiten des Bandtags hat der Aelteftenausschuß in seiner Dienstagfizung beschlossen, die Woche vom 12. bis 17. Mai freizulassen, dafür aber vom 19. bis 24. mai zu tagen und dann in die Pfingstferien einzutreten, die voraussichtlich bis zum 23. Juni dauern sollen.
Peter Schlack vor Zentrumsarbeitern.
Glaubst du an Wunder?
Unter den Arbeitermassen des Zentrums gärt es. Die Empörung und Erbitterung über die neuen unsozialen Steuern, die. die vom Zentrum geführte neue Reichsregierung zu verantworten bat, schlagen in den katholischen Arbeiterversammlungen hohe Wogen. So ging es auf einer Protesttundgebung der christlichen Genossenschafter in Essen überaus stürmisch zu. Der Hauptredner war Reichstagsabgeordneter Schlad, derselbe Zentrumsabgeordnete, der den Kurs der neuen Reichsregierung am treffendsten charakterisiert hat durch den Satz: Das Kabinett Brüning ist die reaktionärste Regierung seit der Revolution."
Immer wieder gab es bei der Protestfundgebung gegen die Belastung der Konsumvereine aus den Massen heraus sehr ein deutige Zwischenrufe, die dem Unmut über die un gerechten Steuern Luft machten. Stürmische, minutenlange 3u stimmung fand die Bemerkung des Redners: Je weiter wir von der Revolution wegkommen, umso näher rückt die Reaktion heran." Wiederholt machte sich die Empörung fo elementar bemerkbar, daß über die wahre Stimmung der chriftlichen Arbeiterschaft fein Zweifel mehr bestehen kann. Kein Wunder, wenn Schlad außer ordentlich scharfe Töne anschlug. Er schloß mit den Worten:„ Wir sind nicht bereit, die Peitsche zu tüffen, die uns chfägt; mir werden uns eine solche ungerechte Behandlung nicht mehr gefallen laffen."
Den jest plöglich sehr arbeiterfreundlichen Versicherungen des Zentrums stehen aber die fatholischen Arbeiter allem Anschein nach sehr steptisch gegenüber; denn als der Referent mit erhobener Stimme rief, es müsse endlich Schluß gemacht werden mit der Maffenbelastung, da tam spontan der Zuruf: Glaubst du an Wunder?"
Razigeschäft mit Chriftusspielen.
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Der gesamte Bilderdienst über die Oberammer: gauer Bassionsspiele ist der New York Times " als Monopol vertauft worden. Die Augsburger Postzeitung" erfährt dazu von der Festspielleitung in Oberammergau :
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Seit 1910 hat die Festspielleitung die gesamte Bilderbericht erstattung sowie das unbeschränkte Berlagsrecht aller offiziellen Oberammergauer Spielaufnahmen einem einzigen deutschen Kunst perlag übertragen. Auch für das Spieljahr 1930 hatte dieser Vertrag seine Gültigkeit. Lediglich dem Münchener Kunstverlag Brudmann war das alleinige Berlagsrecht übertragen. Dieser deutsche Kunst verlag verlaufte ohne Wissen und Wollen der Ober. ammergauer Spielleitung die gesamte Bilderbericht erstattung dem erwähnten amerikanischen Unternehmen. Auf fofortige Anfrage bestätigte der Brudmann- Verlag seine Handlungs. weise und suchte sie mit allen möglichen Ausreden zu beschönigen. Der Verlag( deffen führende Leute der Hitler Bewegung nahestehen, die sie auch schon materiell unterstützt haben. D. Red.) wurde von der Festspielleitung sofort nach Bekanntwerden diefes Schachers gezwungen, unverzüglich und ohne Kompromiß den Vertrag mit der New York Times " zu lösen."
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Sowjetruffischer Geschäftsträger verhaftet und ausgewiesen. Megito, 6. Mai.
Der sowjetruffische Geschäftsträger Jakob Friedmann, der seit dem Bruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Megiko und Somjetrußland hier amfierte, wurde wegen fommunistischer Umtriebe festgenommen. Er wird unverzüglich außer Landes gebracht werden.
Auf der Flucht erschossen.
An der bulgarischen Grenze.
Sofia , 6. Mai. ( Eigenbericht.) Am Donnerstag versuchten zwei bewaffnete junge Männer bei Berfompiga illegal die Grenze nach Südslamien zu über schreiten. Obwohl sie bereits fübflawisches Territorium erreicht hatten, schossen die bulgarischen Bosten ihnen nach, wodurch einer der beiden Männer getötet, der andere schwer ver= mundet wurde. Die Feststellungen ergaben, daß beide kom munisten find, die vor der politischen Bolizei ins Ausland flüchten wollten.
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Demokratische Fortschritte.
Dietrich
Brüning
Meyer
Treviranus
Lemmer
Tantzen
Die älteren finden schon ganz gut in den neuen Stall, nur ein paar junge Lemmer versuchen noch bisweilen auszubrechen!"
Blut in Delhi und Kalkutta geflossen.
New Delhi, 6. Mai. ( Eigenbericht.)
In allen größeren Orten Nordindiens wurde der Dienstag als Trauertag wegen der Verhaftung Gandhis durch Arbeitsruhe begangen. An zahlreichen Orten fam es zu mehr oder minder schweren Zwischenfällen und Zusammenstößen. In Delhi feuerte bie Polizei auf eine Menschenmenge, die eine Polizeistation umlagerte und sich troß Aufforderung nicht zerstreute. Mehrere Ein
geborene wurden verlegt, zwei sind gestorben. In Kalkutta wurden ein Polizeiinsepttor und ein Polizeisergeant durch Steinwürfe aus der Menge verlegt. Sie antworteten mit Revolverschüffen. In Bomban versuchten Tertilarbeiter eine Spinnerei in Brand zu stecken. Auch hier feuerte die Polizei auf die Menge.
Wie aus Buna gemeldet wird, hat sich die Regierung durch die Gerüchte über schlechten Gesundheitszustand Gandhis veranlaßt gesehen, Gandhi durch drei Aerzte unterfuchen zu laffen. Sein Zustand nirb als befriedigend bezeichnet. Tausende Menschen pilgern zu Gandhis Gefängnis.
Im Laufe des Dienstag verbreitete sich durch ganz Indien die Nachricht von dem Erdbeben in Birma , dem 6000 Menschen zum Opfer fielen. Die Bevölkerung betrachtet
Die Unruhen im Universitätsviertel bauerten auch am Montag nachmittag noch an und fanden erst ein Ende, als der Rektor und der Genat beschlossen, die Universität bis auf weiteres zu fchließen. 3wei von den bei den Zusammenstößen am Montag verwundeten Beuten liegen im Sterben, so daß sich die Zahl der Todesopfer auf drei erhöhen wird. Die fatholischen Studenten befinden sich in schärfstem Gegensatz zu den Rebellen und klagen Unamuno wegen seiner Heyreden" als indirekten Urheber der blutigen Zwischenfälle an. Der Straßenverkehr war am Montag mittag nach verschiedenen Teilen der Stadt bis zu drei Stunden unterbrochen. Die Arbeiterschaft verhält sich bis jezt neutral.
Aehnliche Zwischenfälle wie an der medizinischen Fakultät haben sich auch an der juristischen Fakultät abgespielt. Als Professor Unamuno dort heute vormittag erschien, um dem Rettor der Universität einen Besuch abzustatten, wurde er von einer Gruppe von Studenten mit Jubel empfangen, während andere protestierten. Studenten erstiegen das Dach, demolierten die Turmuhr und rissen Dachziegel ab, die sie nicht mur gegen die Gendarmen, sondern auch gegen Passanten schleuderten, von denen mehrere verletzt wurden.
Zu den Zwischenfällen in der Universität wird mitgeteilt, daß die Getöteten nicht Studenten sind. Die Regierung hat den Vortrag des republikanischen Führers
Zum Ballettmeister der Staatsoper ernannt. Die Frage, mer ols Nachfolger von Terpis an die Spike der wichtigsten deutschen Theatertanggruppe treten werde, hat monatewichtigsten deutschen Theatertanzgruppe treten werde, hat monatefang die Gemüter beschäftigt. Alle Projekte zerschlugen sich, feine Kandidatur tonnte aufrecht erhalten werden. Schon schien die ganze Sache hoffnungslos verfahren, die günstigste Gelegenheit verpaßt, eine Reform an Haupt und Gliedern reinlich durchzuführen. Da tommt die Nachricht, Rudolf von Laban , der Schöpfer des modernen Tonzes, der Mann, der der neuen Kunst der rhythmischen Körperbemegung die theoretischen und praktischen Fundamente gelegt hat, übernimmt als Choreograph und Regiffeur die Leitung des hat, übernimmt als Choreograph und Regiffeur die Leitung des Tanzensembles an der Berliner Staatsoper. Nach Beendi gung der Bayreuther Festspiele , bei denen er die Bewegungsregie führt, wird Laban sein neues Amt antreten.
lleber die fünstlerischen Leistungen Labans , namentlich in den letzten Jahren, mögen die Ansichten geteilt sein. Der ungeftüme Drang, unbedingt Neues zu schaffen, auf unerprobten Begen Zielen zuzustreben, die nicht immer ganz far erfchout waren, und darüber
Der Sonderforrespondent der Times" in Simla vertritt in einem langen Telegramm die Anficht, daß, die Verhaftung Gandhis im richtigen Augenblid erfolgt sei. Er sagt: Die Geduld der Regierung hat ihr faktische und materielle Vorteile gesichert; vor allem Gandhis abkühlte. Die große Mehrheit der Landleute und der hat fie erreicht, daß sich die anfängliche Begeisterung der Anhänger Stadtbewohner fängt an, der Störung des normalen Lebens und der Stodung des Geschäftsverkehrs müde zu werden. Außer. dem hat die unauffällige Verhaftung zahlreicher Unterführer Gandhis , während dieser selbst in Dandi im hellen Rampenlicht stand, die Infalen Attionstomitees der Nationalisten geschmacht und in Unordnung gebracht. Während der nächsten Tage wird in den großen Sentralpunkten, wie Bomboy, Ralfuita ufm., ameifellos Anlaß zur Gorge beftehan Aber es ist Tatsache, daß hem nationalistischen Tiger die meisten seiner Zähne gezogen morden sind.
Domingo am 8. Mai im Athenäum sowie alle Bersammlungen, die zu Zwischenfällen führen könnten, verboten. Brofessor Unamuno wurde aufgefordert, nach Salamanca zurüdzukehren. Die
Behrlörperschaft der Madrider Universität hat ben nom Refior ge faßten Beschluß, die Universität vorläufig zu schließen, gebils ligt. Eine Erklärung der Regierung bedauert die Zwischenfälle sehr und betont, daß sie ihre Pflicht zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande hun werde.
Ersparnis am Wehretat.
In Spanisch- Maroffo.
Tetuan, 6. Mai.
In Ausführung des Sparplanes in Spanisch- Marokko werden demnächst mehrere Infantericbataillone, sowie einige Ab teilungen Artillerie, Pioniertruppen und Militärperwaltungsein. heiten nach Spanien zurüdfehren. Die Kavallerie wird ebenfalls vermindert werden. Dieses Jahr werden 5000 Mann heimbefördert, was eine Erfpornis von 11 Millionen Bese ten bedeutet. Die fünftige Besatzung von Spanisch- Marotte wird ausschließlich aus einer kleinen mit spanischen und einheimischen Freiwilligen gebildeten Kolonialarmee bestehen.
Nicht von Schubert, sondern von Neurath soll deutscher Bob. schafter in London werden, dafür soll Schubert nach Rom .
Tangens Mandalsniederlegung. Der frühere demokratische Reichstagsabgeordnete Tanzen hat nunmehr sein Reichstagsmandat niedergelegt.
bas ruhige Ausarbeiten und Ausreifenlaffen zu vernachläffigen, mag an manchem äußeren Mißerfolg schuld sein. Bestehen blieb und bleibt die überragende Bersönlichkeit, der aus unverfiegbaren Quellen Schöpfende, der vam heiligen Geist des Tanzes Besessene, dem die Kunst Leben und Gein bedeutet.
Labans Name hat Weltruf. Seinem Träger mird es, wenn überhaupt einem, gelingen, fich gegenüber den allmächtigen musi talischen Opernbeherrschern durchzusetzen, die heute noch vielfach Hemmnisse einer gefunden Entwicklung des Bühnentanzes find. Er
wird sich faum dazu verstehen, als dienender Bruder der Kapell meister zu fungieren und die Mitglieder seines Ensembles Statiften. dienste tun zu lassen. Ein Rudolf von Laban hat den Anspruch den berühmtesten Tafiſtockſtrategen gleichberechtigt zu sein.
Hoffen mir, daß die maßgebenden Instanzen sich der Erkenntnis diefer Tatsachen nicht verschließen. Hoffen wir, daß sie sich der histo rischen Bedeutung des Augenblics bewußt find, eines Augenblics, wie er in der Entwicklungsgeschichte des modernen Tanzes nicht so bald wiederkehren dürfte. Hoffen mir, daß sie nicht nur den rechten Mann an den rechten Platz zu feßen verstanden, sondern auch willens find, ihm diesen Platz zu sichern.
J.S.