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Der Abend™
Erfdeinttaglio anter Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition; Berlin SW 68, Lindenstr. 3
Spalausgabe des„ Vorwärts
42. Jahrgang
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Sturmzeichen im Ruhrrevier.
Gegen Feierschichten und Massenentlassungen im Bergbau.
Die gesamten Betriebsräte der Vereinigten Stahlwerke, Gruppe II, Abteilung Bergbau in Bochum , nahmen am Sonnabend zu den Feierschichten und Massenentlassungen im Bergbau Stellung. Vertreten waren: der Bergbauindustriearbeiter- Berband, der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter, der Bund der technischen Angestellten und Beamten und der Reichsverband der Bergbauangestellten. Sie richteten
eine Eingabe an den Reichsarbeitsminister,
bie folgenden Wortlaut hat:
Herrn Reichsarbeitsminister. Stegermalb, Berlin .
Die gesamten Betriebsräte der Vereinigten Stahlwerte, Gruppe II, Abteilung Bergbau, Bochum , nahmen in ihrer heutigen Bersammlung zu der jetzigen Lage im Bergbau Stellung. Sie geben hiermit dem Herrn Reichsarbeitsminister und der gesainten Reichsregierung fund, daß sie sich das weitere Einlegen von Feierschichten und die Maffenentlaffungen der Bergarbeiter unter feinen Umständen weiter gefallen laffen können. Sie fordern von der Reichsregierung energische und gefeßliche Maßnahmen, die den Bergarbeitern ein erträgliches Dasein ermöglichen.
Die Ruhrindustriellen haben vor einiger Zeit sehr hohe Reichsfubventionen erhalten, ebenso im vergangenen Jahre sehr hohe Gewinne erzielt, so daß es ihnen auch ohne Feierschichten und Massenentlassungen möglich ist, über die vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten hinwegzukommen.
Die Betriebsräte bitten die Reichsregierung um gesetzliche Maßnahmen, wonach die Betriebsräte beim Einlegen von Feierschichten bzw. Kündigungen ein Mitbestimmungsrecht haben. Wer den von der Reichsregierung geeignete Maßnahmen gegen die Feier schichten und Maffenentlassungen nicht ergriffen, so müssen die Betriebsräte die Verantwortung für die Folgen, die sich aus der Steigenden Not ergeben, ablehnen"
Diese Entschließung ist auf Anregung der Betriebsräte, die dem chriftlichen Gemertsverein angehören, gefaßt worden. Daraus geht mit Klarheit hervor, daß die Erregung und Erbitterung der Bergarbeiter im Ruhrrevier sehr ernste Formen angenommen hat.
Weltsorgen um die Weltanleihe.
Der große Mann a. D.
Tu
Hitler:„ Es ist doch merkwürdig, lieber Hugenberg, wie sich seit den Tagen des Volfsentscheids unser Ber hältnis umgekehrt hat."
Eine Mutter tötet sieben Kinder.
Darauf mißlungener Selbstmordversuch der Frau. New York , 7. mai.
In Columbus im Staate Ohio hat eine Frau fieben von ihren neun kindern erschlagen. Hierauf unternahm fie einen Selbstmordversuch, der jedoch mißlang.
Wie die Untersuchung ergeben hat, ist die furchtbare Taf in einem Zuffand vollster Berzweiflung ausgeführt worden. Der Ernährer der Familie verbüßt augenblicklich eine Zuchthausstrafe, so daß die Frau den Lebensunterhalt für sich und ihre neun Kinder allein verdienen mußte. Das war aber oft unmöglich und aus Ver. zweiflung darüber hat sie die Bluttat begangen.
30 Grad im Schatten.
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Große Waldbrände.
New York , 7. Mai. Eine große Hizewelle suchte einen Teil der Vereinigten Staaten Nordamerikas heim. Das Thermometer steigt über 30 Gradim Schatten. Trog einiger Regenschauer tritt feine Abkühlung ein. Die Hitze ist von ausgedehnten Waldbränden begleitet, die bisher nicht gelöscht werden konnten. Fünf Städtchen sind von den fortschreitenden Flammen bedroht, Hunderte von Wohnungen sind vom Feuer vernichtet, und Tausende von Menschen sind obdachlos geworden,
Der Wehretat unter der Lupe.
Der Geheimfonds unvermindert.- Reiche Unterstützung für Offiziere.
erwiesen, daß ein Verschulden des Vorgesetzten in feinem Falle vorgelegen habe. Solche Feststellungen" hätten mit einem Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchung nichts zu tun.
Die heutige Sitzung des Ausschusses für den Reichs- 1 selbstmorde. Es heißt da, die Durchsicht des Materials have haushalt begann mit 2 b ft immungen zum Wehretat. Angenommen wurde ein sozialdemokratischer An= trag, der die Vorlage des Berichts des Reichsspar fommissars über die Durchprüfung des Heere:- und Marinehaushalts an den Reichstag verlangt.
Der Wehrminister zeigte an Hand von Zahlen, daß die Selbstmorde in der Reichswehr immer mehr nach= lassen. Die Kritik des Abg. Moses werde er sich zu Herzen nehmen und dafür sorgen, daß die Militärmedizinalbehörde nicht wieder solche„ Resultate" veröffentliche.
Dann gab es eine furze, aber scharfe Debatte über den Geheimfonds des Reichswehrministers( 1 Million Mart). Die Sozialdemokraten verlangten, daß wenigstens 500 000 Mart gestrichen würden. Der Wehrminister erklärte, daß er den Ein sozialdemokratischer Antrag, der die Vorlage einer einFonds nicht erhöhen wolle, er könne aber auch keine Verminderung gehenden 3usammenstellung der von den MilitärEngland fürchtet für seine Kapitalsdecke.- Frankreich und vertragen. Der sozialdemokratische Antrag wurde abgelehnt. behörden im Jahre 1929 gezahlten Löhne, zuAbg. Schöpflin( S03.) besprach die Unterstübungen antagen usw. fordert, wurde angenommen. Offiziere und Mannschaften. Der Reichswehrminister antwortete darauf, daß bei den Offizieren eine ungeheuerliche Notlage" bestehe, dagegen bei den Mannschaften nicht.
Die Pariser Berhandlungen der Delegierten der Finanzministe rien der am Young- Plan interessierten Großmächte scheinen auf eine Reihe von Schwierigkeiten gestoßen zu sein. Während die Privatbantiers in Brüssel sich an der ersten, von der Zahlungsbant auszugebenden Reparationsanleihe start interes fiert gezeigt haben, scheint ein Teil der Gläubigerregierungen einige Einwendungen namentlich hinsichtlich der Verteilung der Zeichnungen machen zu wollen. So protestiert London dagegen, daß der Londoner Markt von der Reparationsanleihe zu start beansprucht werden soll, da er eine neue Rapitalverfnappung nur schwer ertragen fönne und da die kürzlich zur Zeichnung aufgelegte Staatsanleihe Finnlands an London nur sehr geringen Erfolg hatte. Auch Frankreich will sich, wenn man dem„ Excelsior" Glauben schenken darf, an der ersten Reparationsanleihe nicht über Gebühr beteiligen. Jedenfalls foll der auf Frankreich entfallende Zeichnungsbetrag nicht größer sein wie der Anteil Frankreichs am Anleiheertragnis. Das Blatt erklärt, Frankreich wünsche das System des Young- Planes nicht mit einer Kreditgewährung an Deutschland einzuweihen, bevor Deutschland schlüssige Beweise dafür gegeben habe, daß es den Plan auch wirklich durchführen wolle. Weiter beständen auf französischer Seite gewisse Bedenken hinsichtlich der Verzinsung der Reparationsanleihe. Während London und Amerika den Zinssatz von 5% Prozent als ziemlich niedrig hält hoch
famten franzöfifchen Staatsanleihen, soweit sie nicht zur Konvertierung reif feien, nur mit drei oder vier Prozent verzinst würden, bestehe die Gefahr, daß die Reparationsanleihe die Börsenkurse ber französischen Anleihen drüden tönnte.
Diese Bemerkung führt dazu, daß Abg. Heinig( S03.) aus dem Einzelmaterial der Rechnungsprüfung über die einseitige Bevorzugung der Offiziere und die großzügige Verteilung aus den Unterftützungsmitteln an fie Mitteilungen machte.
Daraufhin erklärte der Wehrminister, daß er nunmehr diese Unterstützungen persönlich tontrollieren werde.
Die Abgg. Biedermann( S03.) und Kuhn( Soz.) besprachen Fragen der Soldatenquälereien und der Konkurrenz der Militärkapellen gegenüber den Zivilmusikern.
Der Reichs mehrminister erklärte, er greife in jedem einzelnen Falle von Mißhandlung, der ihm zur Kenntnis komme, rücksichtslos durch. Leider urteilten die Zivilgerichte in solchen Fällen häufig milder, als er wünsche. Die Gerichte joll ten nach seiner Meinung megen Mißhandlungen scharf ur teilen. Das Ministerium fönne, wenn eine Soldatenmißhandlung zu milde verurteilt werde, nichts anderes tun, als gegen das Urteil Berufung einlegen, um strengere Bestrafungen zu erreichen. General von dem Bussche sicherte neuerliche Nachprüfung der Mißstände im militärischen Musikerwesen zu.. Mit dem Deutschen Musikerverband hoffe er zu einer Verständigung zu kommen.
Abg. Leber( S03.) machte darauf aufmerksam, es liege nicht. nur an den milden Urteilen der Gerichte, daß die Mißhandlungen noch vorfämen, sondern auch daran, daß in manchen militärischen Kreisen die Mißhandlungen immer noch als übliches Erziehungsmittel betrachtet werden.
Abg. Mojes( S03.) kritisiert das militäramtliche sogenannte wissenschaftliche Material über die Ursachen der Soldaten
Herbst übungen 1930. Abg. Schöpflin( S03.) forderte weitere Dann tam es zu einer Sonderdebatte über die großen Ersparnisse. Für die 100 000 Mann Reichswehr fönne man mit ge= ringeren Mitteln auskommen. Sozialdemokratische Streichung s anträge wurden jedoch von allen anderen Parteien, mit Ausnahme der Kommunisten, a b gelehnt.
Es folgte noch eine Sonderdebatte über die Heeresfachschulen. Abg. Steintopf( S03.) weist darauf hin, daß deren Lehrplan überlastet und zeitlich noch nicht ausgeglichen sei.
Aus Kiel wird uns geschrieben:
In Kiel gibt es eine Maschinenzentrale Wief, die der Marineintendantur unterſtellt ist. Aufgabe dieser Maschinenzentrale ist es, Reparaturarbeiten und Installationsarbeiten für die Standartsverwaltung auszuführen. Darüber hinaus hat die Maschinenzentrale die Aufgabe, festliegende Schiffe der Reichsmarine mit Strom, Dampf und Wasser zu versorgen. Diese Maschinenzentrale, in der 15 Mann beschäftigt waren, führte auch Arbeiten für das Finanzamt Kiel aus. Der Betrieb arbeitete mit einem lleberschuß. Zuschüsse vom Reich waren nicht erforderlich.
Auf Anordnung des Sparkommissars wurde auch dieser kleine Betrieb überprüft. Und siehe da: Man fandetwas zum Einsparen, nämlich Arbeiterlöhne! Auf Anweisung des Sparfommiffars und meitere Berfügung des Reichswehrministeriums wurde die Zahl der Belegschaft der Maschinenzentrale von 15 auf 3 Mann reduziert. Wenn die Arbeit für das Kieler Finanzamt eingestellt wird und die Arbeiten, die von den rest