Direkte oder indirekte Steuern
Ein Zwiegespräch auf der Deutschen Welle.
In der Vortragsreihe ,, Gedanken zur Zeit" sprachen sich auf der Deutschen Welle die Reichstagsabgeordneten Genoffe Dr. Sert und Dr. Rademacher( Deutschhinationale Boltspartei) über das Thema ,, Dirette oder indirefte Steuern" aus.
Dr. Her sagte einleitend, daß die Unterscheidung zwischen direkten und indireften Steuern überholt sei. Heute sind die Steuern nach ihrer sozialen Wirkung zu beurteilen, ob sie eine Belastung des Besizes oder der Massen darstellen. Gegenüber dem Einmand Dr. Rademachers, daß Besitz und Reichtum heute nicht mehr identisch seien, führte Dr. Hertz aus, daß in einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Belastung mit drei Millionen Arbeitslosen die Produktion in den letzten Jahren mit Ausnahme von 1929 immer im Ansteigen gewesen sei. Die Ausfuhr habe die Ziffer von 1913 erreicht, die Produktion habe die Ziffer des gleichen Jahres überschritten. Demgegenüber sei die steuerliche Gesamtbelastung in den Haupt fonkurrenzländern, so in England, nicht niedriger als bei uns. Dabei aber habe England ein größeres fteuerfreies Mindesteinkommen und teine Umsatzsteuer. Die Löhne seien in England höher als bei uns. Man müsse zu dem Schluß kommen, daß, wie es auch die Zahlen erwiesen, die direlten Steuern dort höher sind als in Deutschland .
Dr. Rademacher betonte die Notwendigkeit, die Lohnsteuer nicht wegfallen zu laffen, wie es Hifferding erstrebt hätte, morauf Dr. Her erwiderte, daß die verantwortungsbewußten Kreise im deutschen Bolke, die den neuen Staat erhalten und stärken wollen, sich um die Lasten nicht gedrückt hätten und die Klagen um die Lohnsteuer gering gewesen wären trotz aller Härten, die 1925 zum Beschluß der nachträglichen Erstattung geführt hätten. Der Standpunkt der Kreise um Dr. Rademacher erinnere aber an die Aeußerung des früheren konservativen Führers von Heydebrand, daß über das Portemonnaie des Besitzenden nicht durch das Parlament des allgemeinen Wahlrechts entschieden werden dürfe. Kapitalbil. dung sei not, doch es sei eine Illusion, daß durch starke Massensteuern die Kapitalbildung gefördert werde. Bei jeder Kapitalbildung sei das wichtigste die Verwendung. Wenn Dr. Rademacher sage, daß zuviel Geld für Wohlfahrts- und Massenzwede unverantwortlich ausgegeben werde, so erwidere er, daß dieses Geld zur Erhaltung des arbeitenden Menschen, der die Grundlage der Wirtschaft bilde, nußbringend angelegt sei. Die Steuerbelastung sei fein Hindernis gewesen, daß 1924 bis 1928 sich
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Regierungswechsel in Sachfen.
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Wie aus einem Rechtskabinett...
... ein unpolitisches Beamtenkabinett wird.
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Keine Ruhe in Desterreich.
in imme, ſteigendem Maße aus eigener Kraft in Deutſchland Kapital Reaktionäre Provokationen.- Kampf um die Alters- und Invalidenversicherung.
gebildet be. Das Wort: Wir leben von der Substanz! sei irrig. Ein B hi ich zwischen den Mitteln, die heute und im alten Staat für unstbuftive 3wede ausgegeben wurden, beweise, daß in den öffentlichen Vertretungen feineswegs unverantwortlich gehandelt werde. Die Behauptung Rademachers, daß die Steuerbelastung des Besizes Kapitalabwanderung und Steuerflucht bedinge, sei durch den tatsächlichen Befund der deutschen Wirtschaft widerlegt.
Macht Reinhardt Opernfilme? Mar Reinhardt fauft die Zerra-Film-A.-G./Staatstheater im Aufsichtsrat.
Industriestadt St. Pölten , eine Schnellzugstunde westlich von Wien , Am vergangenen Sonntag haben sich in der niederösterreichischen Ereignisse abgespielt, die scharf gezeigt haben, wie weit das Land von der Konsolidierung" entfernt ist, die feine Regierung fo häufig verkündet. Da die Heimwehrfaschisten in ihrem steten Provokationsdrang fich gerade diese Stadt mit ihrer Arbeitermehrheit und sozialdemokratischen Verwaltung zu einem Aufmarsch ausgesucht hatten, mußte die Arbeiterwehr des Republikanischen Schutzbundes auf den Plan treten;
die werktäfigen Maffen können einfach nicht zulaffen, daß der Anschein erweckt werde, die Republik fei in der Hand der Faschisten.
Je meiter bie proletarische Revolution entschwindet, die vor 11% Jahren die Republik aufgerichtet hat, besto mehr erstarft der Angriff des vereinigten Bürgertums auf die sozialen Errungen. fchaften; zulegt noch mar die Durchsehung des Antiterrorgesetzes ein Beweis dafür und soeben hat die Regierung ben mirtschaftlichen Rörperschaften und Berbänden erhebliche Berschlechterungen der Arbeitslosenversicherung zur Begutachtung zu geschickt.
Das Raffelraten, an wen die J. G. Farben ihre Terra FilmAftien perfaufen wird, ist beendet. Das Ergebnis ist eine leber raschung. Käufer der Aftien ist Prof. Mar Reinhardt, ber erfolgreiche Theaterdirektor, und ein Herr Curtis Meinig, der frühere Direktor der Künstlervereinigung United Artists . Im Aufsichtsrat, der Terra Film 2. G. werden neben Reinhardt und Melnik auch Raimund von Hofmannsthal , der Sohn des verstorbenen Dichters, und Generalintendant Tietjen von den preußischen Staatstheatern vertreten sein. Die welchselreiche Laufbahn der Terra Film 2. G., neben der Ufa und der Emelfa der größte deutsche Filmproduzent, ist damit um ein interessantes Glied reicher geworden. 1926 ging die Terra Film an das Haus UIIst ein über, dann trat die 3. G. Farben in die Terra Film ein, um sie später ganz von Ulstein zu übernehmen. Für das Ende Juni 1929 schließende Geschäftsjahr wird wohl ein erheblicher Berlust zu erwarten sein; das und die Tatsache, daß J. G. Farben ihre Studien für die Rohfilmfabrikation bei der Terra Film A. G. nun wohl beendet haben werden, dürfte der Anloß für den Berkauf der Terra- Attien durch die 3. G. Farben gefpanische Reiter" und schußfertige Maschinengemehre wesen sein. Die neuen Erwerber haben sich übrigens verpflichtet, ihren Rohfilmbedarf weiterhin bei der 3. G. Farben, und zwar auch für den Auslandsabsatz zu decken. Die Vorführungsapparate sollen von der Tobis geliefert werden. Beide Bindungen sollen den deutschen Charakter der fünftigen Terra Film A. G. unterstreichen.
Was Professor Reinhardt mit der Terra Film A. G. mill, ift noch nicht ganz heraus. Die Bermutung wird aber richtig sein, daß er Theaterfilme und Opernfilme unter seiner Regie entstehen und aufführen lassen will. Die starte Initiative Mag Reinhardts zeigt sich hier in einem neuen Licht. Da diese Initiative auch die Intereffen der großen Spieltheater, nicht zuletzt auch hinsichtlich der Sicherung erster Kräfte, berührt, ist es zu begrüßen, daß von vornherein eine gewisse Verbindung zwischen den preußischen Staatstheatern und Reinhardts Terra Absichten durch den Generalintendanten Tietjen im Aufsichtsrat der Terra Film A.-G. hergestellt ist. Preußen ist an dem Aktienkauf nicht beieiligt; das preußische Kultus ministerium hat aber der Aufsichtsratstätigkeit des General. intendanten Tietjen auf Ansuchen Reinhardts fofort seine Zustim nung gegeben. Man wird ein bißchen aufpassen müssen, inwieweit das billig erworbene Einflußrecht Preußens hier nicht der Bor. läufer von Krediten oder gar Subventionen werden mag.
M
Die Reichsvertretung in München . Eine Erinnerung an bayerische Spionagemethoden. Der Haushaltsausschuß des Reichstags hat beschlossen, den Etattitei„ Reichsvertretung in München " als fünftig megfallend" zu bezeichnen.
Wenn die Vertretung des Reiches in München wirtlich ,, fünftig megfallen" sollte, so würde damit eine höchst überflüssige und kostspielige Institution verschwinden und gleichzeitig auch einen würdelosen Zustand ein Ende bereitet werden. Es ist bekannt, daß die Münchener Reichsvertretung im November 1923 die Reichsregierung nicht rechtzeitig über den Hitler- Butsch unterrichtet hat. Dagegen ist bis heute noch nicht aufgeklärt worden, in welch unwürdiger Weise der Vertreter des Reiches in München von den damaligen Machthabern in Bayern inste matisch hintergangen und von allem jerngehalten wurde, was in unmittelbarem Zusammenhang mit den Vorgängen steht, die schließlich zum Hitler- Butsch führten. Aus amtlichen Dokumenten jener Jahre geht einwandfrei hervor, daß alle Briefe von und an die Reichsvertretung in München noa ber Bo# der politi.
Obwohl ein genaues Programm für die St. Pöltener Beranstaltungen mit dem christlichsozialen Landeshauptmann Dr. Burefch vereinbart worden war, um Zusammenstöße auszuschließen, obwohl ihn nicht zuwidergehandelt wurde und obwohl darin auch ein Abschied der Schutzbündler von ihren St. Pöltener Genossen auf dem Rathausplatz vorgesehen war, folgte Buresch dem Befehl der Faschisten, ließ dieses Treffen durch einen Bajonettangriff der Gendarmen auf die Arbeiter verhindern, Militär aus Wien und anderen Garnisonen auf Laftautos herbeiholen, aufstellen alles, damit die 15 000 Schutzbündler, die statt der angekündigten 7000 gefommen waren, nicht durch das Stadtinnere zum Bahnhof zichen. Einwohner, die dem Schutzbund zugeminft haben, wurden mit Karabinern bedroht usw.!
Dabei war der Heimwehraufmarsch ein mahres Fiasto und es lag eine gemiffe Symbolit darin, daß die Baftautos der Hahnen schwänzler die Firma einer Leichenbestattung trugen. Auf der
der Herren
chen Polizei( Abteilung V. B.) ber Böhner und Frid ausgebändigt wurden, allerdings auch alle Briefe an fremde Behörden, Gesandte und Konsuln, die damals in München ihren Siz hatten. Ein gewiffer Kriminal. tommissar Werner rühmt sich heute noch, auf die geschilderte Beise viel Interessantes erfahren zu haben, was Bayern fehr von ut en geweſen fet. Darunter fällt auch eine Korrespondenz des preußischen Staatssekretärs Weismann.
Die der Polizei von der Post ausgehändigten Briefe wurden im Münchener Polizeipräsidium mit Dampfapparaten geöffnet. Man nahm von ihrem Inhalt Kenntnis, verschloß sie dann funstgerecht und stellte sie schließlich der Post wieder zur Verfügung. Auf diese Weise fiel den Urhebern des Hochperrats von 1923 viel wichtiges Material in die Hände, ohne daß es in den Archiven der Polizei bzw. der Funktionäre der Kahr- Regierung verblieben wäre. Auch die Putschisten, wie Hauptmann Röhm, gelangten in seinen Besitz. Röhm scheute sich nicht einmal, folche Briefe, die etwa von München aus gerichtet waren, in seinem vor einigen Jahren erschienenen Erinne rungsbuch über den Hitler - Putsch abzudrucken.
an den Oberreichsanwalt
Bauern als Bergwerfsfflaven.
„ Kulaten" im Ural und im bohen Norden.
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Staatspolizei wieder frech werden, z. B. fich zur Durchsuchung eines Heimfahrt konnten dann die Faschisten unter dem Schutz von Wiener Hauses anschicken, aus dem das Kinderfreundelied erflungen. sein soll. Auch ließen sie in Mödling einen Arbeiter verhaften, mit dem einer der Hahnenschwänzler mal einen Zusammenstoß gehabt haben wollte. An der Wiener Stadtgrenze notierte man die Num mern der 94 Lastautos, auf denen Schutzbündler heimkehrten, man lenkte sie vor der Ringstraße ab, fonnte freilich ihre jubelnde Begrüßung dem Bolt nicht verwehren.
Unter dem Schutz der Waffen hatten sich ein paar Gelbe erlaubt, die Massen zu verhöhnen; fein Wunder, daß man es ihnen später heimzahlte. Das hat mun der Landeshauptmann zum Anlaß ges nommen;
dem Bürgermeister, unferem Genoffen Schnofel, auf Grund der Berfaffungsreform die Polizeigewalt zu entziehen.
St. Pölten hat vor furzem die Berstaatlichung der Polizei abgelehnt, mun mird sie einfach diftatorisch verländert.
Während man die Mieten erhöht, die Berfaffung reformiert", das Antiterrorgesetz durchgedrüdt hat und die Arbeitslosenversiche rung abzubauen vorbereitet, tritt die Arbeiterschaft in neuen Kampf um eine Einichtung, die in anderen Ländern, besonders im Deutschen Reich längst besteht: die Alters- und Invalidenversiche rung, die Witwen- und Baisenversorgung. Das betreffende Gesetz ist längst beschlossen, sein Geltungsbeginn aber von der Steuer. fentung abhängig gemacht, die der Wirtschaft die Tragung der neuen Last ermöglichen soll. Die Steuersentung wieder hängt nen der Erlangung der Anleihe ab und Schober hat bei seiner Heimfehr mieder versichert, daß die Anleihe so gut wie sicher sei. Darum fordert die Arbeiterschaft die
Infrafffehung der Versicherung sofort nach Sicherung der Anleihe,
zumal die Borbereitungen für die Arbeit der Versicherung ein halbes Jahr brauchen. Sollte diese Forderung nicht erfüllt werden, so milf unsere Bruderpartei mit den freien Gewerkschaften ein Bolts. begehren einleiten, was durch die Verfassungsänderung era möglicht ift.
,, Soziale Kunstpflege."
Lösung des Vertrags zwischen Bolfsbühne und Krolloper.
demofraten und Kommunisten einen gemeinsamen Antrag der Der Preußische Landtag nahm am Mittwoch gegen die Sozial. bürgerlichen Parteien an, der das Staatsministerum beauftragt,
alsbald mit der Stadt Berlin in Berhandlungen zweds Webernahme der sozialen Kunstpflege der Krolloper auf die Berliner Städtische Oper einzutreten. Es soll weiter versucht werden, den Vertrag zwischen der Krolloper und der Volksbühne zu lösen.
Wie wir dazu aus zuverlässiger Quelle mitteilen tönnen, denkt die Boltsbühne nicht daran, auf ihre ver traglich festgelegten Rechte bezüglich der Kroll. oper zu verzichten. Solange dieser Verzicht aber nicht er. folgt ist, ist die Stadtverwaltung außerstande, mit der Regierung in Berhandlungen wegen llebernahme der sozialen Kunstpflege" durch die Städtische Oper einzutreten. Diese Tatfaden waren ben bürgerlichen Parteien des Landtags bekannt, als sie ihren Beschluß faßten.
Eine Karl- Marr- Büffe.
Der Salon", die Kunstausstellung, die die Bariser Société nationale des Beaux arts, wie alljährlich am 1. Mai eröffnet hat, zeigt eine interessante Porträtbüste von Karl Marg, In Wie der Ostexpreß" meldet, liegen aus den Turiniti tereffant als Kunstwert, das den großen Vorfämpfer und theore Bergwerten im Uralbezirk Tagilst briefliche Nachrichten dar tischen Wegbahner des Sozialismus mit überzeugender Herzensüber vor, daß ein Teil der aus der Sowjet ufrdine als u wärme gestaltet. Interessant aber auch durch ihren Schöpfer, der, laten" angesiedelten deutschen Bauern dort zur Bergwertsarbeit fein anderer ist als Carl Longuet, Urenfel von Karl Marg, verwendet wird. Ein anderer größerer Teil dieser Bauern muß ein junger Plastifer von großer Begabung. Die Büste wird wahr. schon seit einiger Zeit in den nördlich von Wologba gelegenen Bälscheinlich in Frankreich bleiben. Es wäre aber zu wünschen, daß dern Holzhauerarbeit verrichten, so beispielsweise beim Dorj bgüsse des Werkes auch nach Deutschland gelangten und hier AufTichurilowo und bei der Station Nonojcha an der Nord- Eisenbahn. ftellung fänden,