Mann oder Frau, ob alt oder jung, wird beim Anblid dieser Zahlen ein Gefühl des Stolzes und der inneren Genugtuung empfinden, daß er mitwirken fonnte an der Ausbreitung unserer Ideen und an der Stärkung unserer Organisationen, die deutliche Zeichen für die Machtentpidlung des Sozialismus find. Aber in dieser Organisation und in den parlamentarischen Vertretungen erschöpft unsere Kraftentfaltung fidh nicht. Daneben bestehen die zahlreichen Sondereinrichtungen der Partei, die auf Spezialgebieten fruchtbringende Arbeit leisten. Wir erinnern nur an das umfassende Bildungswesen, an die Tätigkeit des Sozialistischen Kulturbundes, an die erfreuliche Ent widlung der Sozialistischen Arbeiterjugend und der Arbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde, an die Zusammenfassung fommunalpolitischer Arbeit in der Zentralstelle für Kommunal. politik , an die Buchverlage und den wachsenden Einfluß der Parteipresse.
Rechnet man dazu die innige Zusammenarbeit der Sozialdemo fratie mit den Gewerkschaften, den Genossenschaften, der Arbeiter sportbewegung und den Nebeneinrichtungen dieser Organisationen, so ergibt sich eine so
fiefe Berwurzelung der Partei in der deutschen Arbeiterwelt und im gesamten öffentlichen Leben, daß sie für sich schon eine erhebliche politische Macht und damit, um Lassalles Wort zu ge brauchen, ein wesentliches Stüd Berfassung darstellt. Der Rechenschafts- und Tätigkeitsbericht, der hier furz besprochen wurde, sollte von jedem unserer Parteigenossen eingehend studiert und verwertet werden. Er gibt jedem von ihnen das stolze Bewußtsein, Mitglied einer umfassenden und unzerstörbaren Bewegung zu sein, die ihren Weg gehen muß, allen Fußangeln und Gegenströmungen zum Troß, die unüberwindlich ist, weil sie, tief im Bolte verankert, aus dem Leben des arbeitenden Volkes ihre Kraft zieht, Bahrerin der Boltsrechte in der Gegenwart und Bahnbrecher in die 3utunft zu gleicher Zeit sein darf!
12 Millionen Staatsrentner? Maßlose deutschnationale Uebertreibungen.
Im Haushaltsausschuß des Reichstages hat der deutschnationale Abgeordnete Dr. Reichert am Freitag behaup tet, Deutschland unterhalte gegenwärtig ein Heer von 3 mölf Millionen Staatsrentner. Das ist selbstverständlich eine durch nichts gerechtfertigte Uebertreibung. Sie enthält nicht nur Doppelzählungen, sondern auch die Angehöri gen. Ja, sie zählt sogar die Beamten von Reich, Ländern und Gemeinden mit, obwohl sie doch wie alle übrigen Beschäftigten ihr Gehalt nur für ihre Arbeitsleistung erhalten.
Will man feststellen, wie groß die Zahl der ohne Gegen leistung aus öffentlichen Mitteln unterstüßten Bersonen ist, so muß man von den Zahlen der Sozialversicherung ausgehen. Sie ergeben, daß in der Unfall, Invali den, Angestellten und Knappschaftsver= sicherung 4849 000 Renten gezahlt werden. Da aber häufig mehrere Renten in einer Berson zusammentreffen, so ist die Zahl der Empfänger geringer als die Zahl der Renten. So erhalten z. B. von den Bergleuten, die wegen ihrer Unfähigkeit zur Untertagearbeit Bensionen beziehen, 61 Broz. fähigkeit zur Untertagearbeit Bensionen beziehen, 61 Broz. zugleich Invalidenrenten und 2,6 Proz. auch Unfallrenten. Die Bergmannsmaisen erhalten fast alle Baisengeld aus der Knappschaftsversicherung und aus der Invalidenversicherung. Doppelrenten entstehen auch sonst im Berhältnis zwischen Invaliden und Unfallversicherung. Das gleiche ist der Fall bezüglich der Invalidenversicherung und der Krankenversiche rung Die wirkliche Zahl der Rentenempfän ger in der Sozialversicherung ist deshalb ge ringer als pier Millionen.
Zu dieser Zahl fann man bestenfalls noch die Empfänger von Arbeitslosen unterstübung, Krifenunter stügung und Wohlfahrtsunterfügung der Gemeinden hinzurechnen. Sie betragen gegenwärtig in der Arbeitslosenversicherung 1,7 Millionen, in der Krisenfürsorge 300 000, zu denen noch rund 250 000 Wohlfahrtsermerbslofe hinzukommen. Insgesamt sind das 2250000 Erwerbs
Ioje.
Betrachtet man diese Rahlen, so erkennt man bereits, mie unberechtigt es ist, davon zu sprechen, daß die deutsche Wirtschaft ein Heer von 12 Millionen Staatsrentnern unter halten muß. Eine solche Behauptung, die von den ununter richteten Kreisen des Inlands und des Auslandes als Beweis für beispiellose Verschwendung angesehen merden muß, ist lediglich geeignet, das Ansehen und den Kredit Deutschlands auf das schwerste zu gefährden.
Das preußische Defizit. Dedung durch Erhöhung der Grundvermögenssteuer.
Die Zentrumsfraktion des Preußischen Landtages hielt am Freitag nachmittag eine mehrstündige Fraktionsfügung ab, um die Frage der Dedung des Fehlbetrages im preußischen Haushalt in Höhe von 100 Millionen zu erörtern. Finanzminister Dr. Söpter Aschoff hielt zu Beginn der Sigung einen Vortrag, um den Borschlag der Regierung zu präzisieren.
Nach Schluß der Zentrumssigung begaben sich die Beauftragten der Fraktion in die interfrattionelle Sigung, die um 18% 1hr begann und sich bis gegen 20 Uhr hinzog. Das Sentrum erflärte feine Bereitwilligteit, grundsäßlich auf den Boden des Vorschlages des Finanzministers zu treten, den Fehlbetrag durch Erhöhung der Grundsteuer auszugleichen. Es wird durch den Vorschlag auch ein angemessener Schullaften ausgleich ermöglicht.
Das Zentrum forderte, daß Sicherungen gegeben werden, daß der Hausbesig teine Mehrbelastung erfährt. Die Beratungen wurden noch nicht abgeschloffen. Eine Annäherung der Meinungen wurde jedoch erzielt. Sonnabend nach mittag 2 Uhr wird abermals eine interfrattionelle Beratung ftattfinden,
Der torpedierte Kreuzer.
KREUZER B
ICH WOLLTE IHN GARNICHT
00
CROENER
Enthaltsamkeit ist das Vergnügen
An Dingen, welche wir nicht friegen.
( Wilh. Busch)
ſtehen.
Seit amei Tagen ist in der sogenannten ,, Deputiertentammer"| Abrüftungsfrage verharren, dann würden schließlich die Freundnatürlich diesen Namen nicht verdient, weil es sich ja um ein rein Anziehungskraft selbst auf solche fremden Regierungen nicht ver von Rom eine außenpolitische Debatte im Gange, die schaftstodrufe, die Rom nach allen Seiten sendet, eine gewisse faschistisches Parlament handelt. Diese Kundgebung ist deshalb von fehlen, die dem Faschismus im Grunde tief ablehnend gegenüberInteresse, weil sie unmittelbar im Anschluß an die neue italies Aufregung hervorgerufen hat. Der friegsblinde Abgeordnete Delnische Flottenvorlage erfolgt, die besonders in Paris große croig richtete scharfe Worte an die Adresse Frankreichs und betonte, das Italien von seiner Baritätsforderung gegenüber Frank reich nicht abgehen werde. Anspielend auf den fürzlich deut
en flottenbesuch in italienischen Häfen, der von der Pariser Presse kritisiert worden ist, wies Delcroig auf den fürzlichen Besuch französischer Kriegsschiffe in jugoslawischen Häfen hin und sagte: Italien wünsche keine Bündnisse gegen irgendeinen Staat, es bedrohe niemanden und sei bereit, seine Freundschaft allen zu schenken. Frankreich möge diese aufrichtige Bereitschaft anerkennen, sonst würde Italien gemäß der römischen Tradition
handeln"..
Später spray Außenminister Grandi, der über feine Haltung sowohl im aag wie in London Bericht erstattete. Hinsichtlich der Dstreparationen rühmte er das faschistische Stallen, daß als erstes einen friedlichen ausgleich(?) zwischen den Staaten Osteuropas in Angriff genommen habe( indem es nämlich die einen gegen die anderen instematisch ausspielt und Jugoslawien von allen Seiten planmäßig umfreift. Red.)
Wichtiger maren feine Ausführungen über die Flottenton. ferenz. Er erklärte, das Abrüstungsproblem fei in Berfailles geboren und besonders im Artifel 8 der Bötter. bundsfagungen festgelegt worden, der eine Berpflich tung der Siegerstaaten darstelle, die noch auf eine Erfüllung warte. Die english ameritanische Einigung habe Italien zu der bedingungslosen Annahme der Londoner Einladung veranlaßt... Da Italien überzeugt sei, daß eine vorhergehende italienisch französische Einigung für den Erfolg der Londoner Konferenz eine ebenso notwendige Vorbedingung darstellte, wie die Einigung zwischen Amerifa und England, habe Italien Frankreich zu einem Gedantenaustaus über diese Fragen aufgefordert. Trotzdem Italien Frankreich gegenüber erflärt hatte, daß es die von Frankreich für sich nach eigenem Ermessen festgesetzte Gesamttonnenzahl ohne weiteres auch für Italien annehmen würde, habe die französische Regierung aus meichend geantwortet. Die Einigung in London sei nicht endgültig, solange die Frage der Abrüstung Staliens und Frankreichs offen bleibe. Durch Neubauten tönnten Italien und Frankreich die Rüstungen der drei Bertragsmächte jederzeit beein. fluffen. Italien sei bereit, die unterbrochenen Verhandlungen sofort aufzunehmen und glaube nicht, daß eine endgültige. Einigung ausge. schloffen sei. Er bereite fich schon jetzt vor, an der allgemeinen brüstungstonferenz in demselben Geiste teilgumehmen, in dem es an der Londoner Konferenz mitgearbeitet habe.
Zum Schluß erklärte Grandi, daß der Bölferbund den geeigneten Boden für die allgemeine Abrüftungstonferenz dar ftelle. Italien merde darüber wachen, daß im Rahmen des Bötterbundes alle Staaten, die großen und die kleinen, gleiche Rechte und gleiche Pflichten allen anderen Staaten gegenüber behielten. Der Bölkerbund sei nicht als Berband der Sieger gegen die Besiegten aufgefaßt worden, im Gegenteil, die Sieger hätten sich selbst gegenüber somie gegenüber den besiegten Staaten und gegenüber dem Bölkerbund Diese ganz festumrissene Berpflichtungen libernommen, Berpflichtungen warteten noch auf ihre Erfüllung.
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Diese Erklärungen Grandis verfolgen offenfundig den 3med, bie eigene folierung, in die sich der Faschismus in den letzten Jahren hineinmanovriert hat, zu beenden, dafür aber Frankreich zu isolieren. Manche Bendungen zeigen fehr deutlich das Bestreben, die Sympathien Deutschlands zu gewinnen. Indessen find diese Ausführungen des faschistischen Außenministers& u ab rüstungsbefliffen und zu vollerbundfreundlich, um aufrichtig zu In der Freitagsigung des Haushaltsausschusses des Thürin fein, denn der Faschismus hat fich bisher zu sehr als ein Regime gischen Landtags wurde der Butschift und Bolfsbildungs- der Gewalt nach innen und des Imperialismus minister Frid von den sozialdemokratischen Vertretern nochmals nach außen erwiesen, als daß er mit feinen jeßigen, faft wegen seiner voltsfeindlichen Gebete festgenagelt. Auf eine sozial pazififtisch anmutenden Beteuerungen Glauben finden darf. demokratische Anfrage, was er unter den Ausdrücken ,, Mach' uns frei von Betrug und Berrat" verstehe, versicherte Frid, er stehe Mussolini für die Zukunft auf diese Rede fest nageln. AndererDennoch muß man Grandi, oder vielmehr seinen Gebieter zu der Auslegung der Schulgebete durch die sozialdemokratische Breffe. Damit gab er zu, daß seine Freiheitsgebete" a B- feits ist es für Frankreich eine nübliche Warnung, daß Rom gefänge für fünftige Kriege und Erziehungsmittel gegen so oftentatio neue Sympathien in der Welt zu erweden sucht. Würde die französische Regierung bei ihrer bisherigen Haftung in ber ben Geift der Reichsverfaffung find.
Soll Henderson vermitteln?
Paris , 9. Mai. ( Eigenbericht.) tag abend um 11.25 1hr in Paris eintraf, hatte am Freitag mit Der englische Außenminister Henderson, der am Donners Briand eine zweistündige Aussprache
Der Unterredung wird in den hiesigen politischen Kreisen große Bedeutung beigemessen. Ein offizielles Kommuniqué betont, daß die Aussprache die schwebenden Fragen der internationalen Politik zum Gegenstand" hatte und zwar unter besonderer Be rücksichtigung der die englisch - französischen Interessen berührenden Probleme". Darunter fällte vor allem das
neue Floffenbauprogramm Italiens .
Mit einer Deutlichkeit, die nichts zu münschen übrig ließ, haben die französischen Blätter in den letzten Tagen an England zweds Intervention gegen den unverhütten Seerüstungsvorstog Staliens appelliert. Mit großem Eifer sucht insbesondere der Temps die Gemeinsamteit der Intereffen zwischen Frankreich und England den Gefahren faschistischer Agreffinität gegenüber nach zumeifen. Bon englischer Seite ist in der Frage bisher fein Wort gefallen, das Rückschlüsse auf die Tattit, die England der italienischen Seepolitif gegenüber einzuschlagen gedenkt, erlaubt. Doch dürften die Gerüchte zutreffen, nach denen Henderson in seiner Unterredung mit Briand die
Bermittlung Englands in dem italienisch- franzöfifchen Konflikt angeboten
hat. Bermutlich wird dazu die Anwesenheit des italienischen Außene ministers in Genf benötigt werden.
Haager Verträge ratifiziert. Die letzten Etappen vor der Räumung.
Paris , 9. Mai. ( Eigenbericht.) Am Quai d'Orsay fand am Freitag der feierliche Aft der Sinterlegung der auf den Young Plan bezüglichen Ratifikationsurkunden statt. Das Protokoll wurde von Außenminister Briand und den Botschaftern der Gläubigermächte unterzeichnet.
Die Ratifikationsurkunden beziehen sich auf drei Verträge: 1. auf das im Haag zwischen den Gläubigermächten und Deutsch land getroffene Abkommen über die vollständige und endgül tige Regelung der Reparationsfrage"; 2. auf das von den Res gierungen übernommene Memorandum der Young- Sachver ständigen vom 7. Juni 1929, das bestimmt, daß Deutschland bei jeder Ermäßigung der interalliierten Schulden auf eine entsprechende Herabsetzung seiner eigenen Zahlungen Anspruch hat; 3. auf das Abkommen zwischen den Gläubigermächten über die Berteilung der deutschen Zahlungen, das gleidfalls am 20. Januar 1930 im Saag abgeschloffen wurde.
Durch die Hinterlegung der Ratifitationsurkunden am Quai d'Orsay ist der legte politische Att auf dem Wege zur Young Planes vollzogen Ingangsetung des Immerhin bleiben noch einige technische Formalitäten zu regeln, che der Young Plan offiziell in Kraft tritt. Zunächst muß die Internationale 3ahlungsban? in aller Form ins Leben gerufen merden; dann muß Deutschland die Schuldzertifikate bei der Bant hinterlegen und schließlich find noch die Verträge zwischen der Internationalen Zahlungsband und den Gläubigermächten zu unterzeichnen. Sind alle diese Bedingungen erfüllt man hofft in werden die Vertreter der Reparationstommission und der KriegsBaris, daß dies bis zum 15. Mai der Fall sein wird dann faftentommiffion in einer gemeinsamen Sigung ihre Auflösung beschließen,
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Was die Räumung der dritten Rheinlandzone betrifft, so haben die einstigen Alliierten vom 15. Mai bis zum 30. Juni genügend Spielraum, um den bei der ersten Haager Konferenz vereinbarten Termin für die endgültige Befreiung des Rheinlandes einhalten zu können.