Nr. 218 47. Jahrgang
Max
5. Beilage des Vorwärts
Barthel: Streifzug durch Venedig
In den Dogenpalast führen zwei Treppen, die Goldene Treppe,| über die früher mur der Noel schreiten durfte, und die Treppe der Gemeinen, die für das gemeine Bolt bestimmt war. Heute gehen auch die Fremden, die den Balast besuchen, über die Goldene Treppe, und der Führer erzählt gern, wenn man in die fahlen Zimmer der Dogen fommt, daß hier Napoleon gründlich aufgeräumt hat. Dabei pergißt er aber zu sagen, daß dieser Balaft zum großen Teil weiter nichts ist als eine Anhäufung geraubter Schäße aus der ganzen Belt, als die Republit Benedig jahrhundertelang Napoleon spielen turfte.
Bon der Goldenen Treppe geht man dann zur Treppe der Gemeinen, und hier zeigt der Führer einen Schlitz neben der Tür, den früher ein Löwenmaul bedeckte. Und nun erzählte der alleswissende Mann, daß eben durch diesen Schliß die Briefe der Denunzianten geworfen wurden und daß ein hohes Gericht mit den Verdächtigten grausam umging. Der Herr Führer trug das faschistische Abzeichen an der Brust und konnte nicht befragt werden, wo in der Stadt Benedig das neue Löwenniau! der Denunziation grinst, wo die neuen Henter lauern, wo die neuen Opfer der Diktatur schmachten.
Ueber eine Stunde geht die Führung und zum Schluß steigt man in den dunklen Grund, über dem alle Macht und Schönheit errichtet ist. Bon der Seufzerbrüde geht man zu den zweiundzwanzig Kerfern, den blutigen Fundamenten, und sieht genau dieselbe Schich tung, wie sie in Leningrad in der Peter- Paul- Festung zu sehen ist. Es gab auch in Benedig Bellen für die politischen und Zellen für Die friminellen Verbrecher, die Zellen der politischen Verbrecher liegen, wie in Leningrad , unter dem Wasserspiegel und sind duntet und erbarmungslos. Diese Zellen wurden meistens nur verlassen, um den letzten Weg zu gehen. Und dieser letzte Weg endete schon noch einigen Metern und führte an die Richtstätte, an der die Adligen gelöpft und die Gemeinen aufgehangen wurden. In den schweren Quadern des Bodens fieht man noch das dunkle Loch, das welches
das Blut der Gerichteten abfloß.
Dann verläßt man die finsteren Kerker, die Fundamente der Macht, und steht auf der Piazza in der Sonne und in den Flatter schwärmen der vielen tausend Tauben. In Venedig soll es rund fünftausend Tauben geben. Wieviel politische Gefangene es aber unter der faschistischen Diktatur gibt, wird nicht verraten. Bon der Piazza, sie ist so schön, daß sie der„ Salon Europas " genannt wurde, stößt der Fremde in das unbekannte Gaffenlabyrinth vor. An den Mauern, an den Brüden und Kanälen und auch noch an den Kirchen sieht man die Parolen und Lobgefänge der Schwarz hemden. Mussolini ist überall in theatralischen Bosen zu sehen, Blas fate, Inschriften, Filme, Bücher und Broschüren fingen seinen Ruhm. Wir begegnen einigen faschistischen Offizieren, an den Bruftriemen ihrer pompösen Uniform schimmert der Totentopf. Von der Rialtobrüde her tappt militärisch ein Trupp venezianischer Jungens: die Ballila, die faschistischen Kindergruppen marschieren auf. Aus allen Manifesten brüllt es ,, Evviva! Es lebe!" Ja, aber wie lebt es sich in Benedig?
Auch durch Benedig geht die grausame Klaffengrenze. Es gibt gelaffen über den Grenzen und stellt auch den Schmuß einer dunklen
Balazzos Bendramin im alten Ghetto bei italienischen und portugie fischen Juden. Die Stanäle in diesen Bezirken sind eng und schmuhig. Wie ausfäßig steigen die verwahrlosten Häuser aus der Blut und bauen schwarze Schluchten, in denen die Kinder wimmeln, der qual volle Reichtum der armen Leute.
Wir verlassen die dunklen Gassen und wenden uns dem Bahnhof zu. Und nun beginnt die schönere Seite der Stadt: die Hotels, die Cafés, die alten Kirchen, der Canal Grande mit dem Betrieb der Dampfer, Motorboote und Barten. Die Führer wimmeln um die Hotels, die Händler bieten Bornographien oder Ansichtspostkarten und Andenten an: jetzt ist Benedig wieder eine Stadt, die von den Fremden und von ihrer Bergangenheit lebt.
Die Fremden sieht man auch, wenn sie durch die Kirchen und Baläste streifen oder in den berühmten schwarzen Gondeln auf dem Canal Grande fahren. Man findet die Fremden in den Cafés. in den Hotels, auf dem Lido und auf dem Markusplag, dem vollendeten Steinwunder, wo sich scheinbar ganz Venedig trifft, auch die Vorstädte. Der Fremde weiß wenig von dem verbitterten Kampf der Gondoliere gegen die neuen, fleinen Fährdampfer, er weiß nichts von den armen Fischern und den bedrückten Glasmachern von Murano und den bleichsüchtigen venezianischen Perlenstickerinnen. Der Fremde sieht meistens nur das romantische Benedig.
Das romantische Benedig? Nun, auch hier geht nach dem Krieg das Herz der Zeit schneller. Viele Marmortirchen gehen langsam zugrunde. Auf alten Fassaden nisten die Tauben. Strebepfeiler und Zierftüde zerbrödeln. Gras, Moos und Gebüsch wächst aus einigen grandiosen Portalen. Ich sah zwei Kapellen, in denen Kinos cingebaut waren.
Wenn der Mond, die Silberbarte, über den schwarzen Barten auf dem Canal Grande schwimmt und über der Kirche Maria tella Salute geistert, suchen die Gondeln der Musikanten die Fronten der großen Hotels ab, die am Wasser liegen und in denen die Fremden tafeln. Dann beginnt ein Singen über dem faminen Wasser. Der Anführer der schwimmenden Kapelle wirbt deutsa, französisch und englisch für seine Leute. Aber auch dieses romantische Brot wird schwer verdient. Aus zwei großen Hotels holte sich das fingende Schiff für acht Menschen gegen zehn Mark. Auch den Libo müssen wir besuchen. Wir fahren durch die Lagunen und haben die kleine Insel bald erreicht. Um sie führt tragischer Unfim- eine Straßenbahn. In Benedig gibt es feine Bahnen, keine Autos, feine Radfahrer. Wir wandern die herrliche Biale San Maria Elisabetta zum Strand, berühren die prúnfvollen Hotels und hören die babylonische Sprachenverwirrung aller Länder. Die sogenannte Welt und ihre fongeniale Gdywester, die halbwelt, treffen sich auf dem Lido. Bir bleiben nur eine Stunde, um fagen zu fönnen, wir sind dagewesen, wir haben in das tiefe Blau der Adria geftarrt, wir fennen dieses füße Eiland, und fahren dann Abria geftarrt, wir kennen dieses süße Eiland, und fahren dann nach Venedig heim. Auf der Via Garibaldi flattern die Fledermäuse. 2m anderen Tag fahren wir vom Neuen Fundament nach der Insel Murano hinüber. Dort liegen die Glesfabriken, rauchen die Schornsteine, glühen die Defen. In Murano arbeitet das venezianische frißt Glasstaub. Und die schönen Tächter dieses Bolles derblühen
Arme und Reiche, Herren und Knechte. Die Fremdenindustrie thront Bolt und bläft die edlen Gläser. Es fist in den Schleifereien und
Gaffe neben den strahlenden Glanz alter Palazzos in ihre Kaltu lation. Wir wandern auf der vielverfchlungenen Merceria, die von der Martuskirche nach der Rialtobrüde führt, sehen viel Betrieb und glänzende Raufläden, aber in den fleinen Gaffen hodt bie Armut, stehen, aus dem Licht verjagt, die Bettler und Bettelfinder. Auf dem Campo di San Bartolomeo wartet auf Arbeit und Verdienst ein zerlumpter Trupp von Arbeitern vom jenseitigen Markt. Diese Romantit hat Hunger und ist schon im Rhythmus der Internationale marschiert. Diese Arbeiter sind gezwungen, in die faschi ftischen Gewerkschaften einzutreten. Nur Mitglieder dieser Gemert schaft bekommen Arbeit. Und so hat mancher Genosse ein schwarzes Hemd angezogen und sein rotes Herz bewahrt.
Bon der Rialtobrücke stoßen wir in die Bezirke der Armut vor. Man tommt in verjinsterte Baffen, die so schmal sind, daß man ihre Fassaden mit ausgestreckten Händen berühren tann. Dann steht man am Neuen Fundament und sieht die Rauchfahnen der Glasmacher insel Murano . Nicht gleichgültig geht man an den blaffen, unterernährten Kindern vorüber und verweilt dann unweit des berühmten
Die griechische Erotik
Man darf bei der griechischen Erotik feinesfalls an die Formen der modernen und der mittelalterlichen Lebensempfindung denten. Denn es bestanden zwei fardinale Unterschiede. Der erste war der Mangel an Sentimentalität; ob freilich dieses Unsentimentale im Sinne Schillers dem Naiven gleichzusehen sei, läßt fich bezweifeln. Freud sagt in feiner Abhandlung über die feruellen Abirrungen": " Der ergreifendste Unterschied zwischen dem Liebesleben der alten Welt und dem unserigen liegt wohl darin, daß die Antite den Atzent auf den Trieb selbst, wir aber auf dessen Objekt legen. Die Alten feierten den Trieb und waren bereit, auch ein minderwertiges Objekt durch ihn zu abeln, während wir die Triebsbetätigung an sich gering schäßen und sie nur durch die Vorzüge des Objekts entschuldigen lassen." Dies ist auch der Grund, warum es im Altertum ,, unglückliche Liebe" nur als pathologisches Phänomen geben konnte ( die Griechen betrachteten die feltenen Fälle, in denen sie vortam, so wie wir eine Infektionskrankheit), da diese sich notwendig auf ein bestimmtes Objett beziehen muß, während der Trieb" sich nie versagt und nie enttäuscht, so daß die beiden Hauptquellen, aus denen der Komplex unglückliche Liebe" gespeist wird, nicht vor
handen waren.
Noch wichtiger aber ist die Tatsache, daß die Erotik der Griechen fich fast ausschließlich auf dem Gebiet der Homosexualität bewegt hat. Hierfür hat man mit Borliebe ihre sehr eble, aber zweifellos bis zur Manie getriebene Pflege des Leibes burch stete Turnübungen, Ritte, Ringtämpfe, Bettläufe, Wurfspiele verantwortlich gemacht. Auch ihre starte Beeinflussung durch den Orient dürfte ins Gewicht fallen. Jedenfalls hat die Bäderastie bei ihnen eine beispielloje Extensität und Intensität erreicht. Bei den Dorern: in Sparta und Kreta , bildete sie geradezu einen Bestandteil der öffentlichen Erziehung; in Athen wurde sie mit der Strafe der Atimie, der Ent ziehung der bürgerlichen Ehrenrechte, nur dann belegt, wenn es sich um Notzucht oder Kinderschändung handelte, also in jenen Fällen, wo auch die normale Geschlechtsbetätigung verpönt ist; auch gab es dort öffentliche, und zwar besteuerte, männliche Prostituierte. Seit
sehr schnell, während sie die schönen Gläser mit leuchtenden Farben bemalen. An den Schmelzöfen sehen wir in die schwere Arbeit gebeugt vierzehnjährige Knaben.
Murano ist eine schmutzige Stadt und feine heitere, wie das Reisehandbuh persichert. In dem fleinen Museum aber ist das Glas und feine Geschichte zu studieren und baut sich wie ein fristal Tener Turm aus etristischen Funden bis zu den Tagen von heute auf. Man sieht herrliche Spiegel, edle Kristalle, Basen und Blumen, die alte Glaspofaune der Republit Venedig wird gezeigt und Tiere aus Glas, Mosait aus Glas, Porzellan aus Glas. Das Bunder der Arbeit wird sichtbar: die geschliffene und reine Form aus dem Feuerofen der Mühe und Anstrengung.
Zwischen der Insel Murano und den vielen Inseln Benodigs liegt die fleine Infel San Michele , auf der die Venezianer ihre Toten begraben. Die Glasarbeiter aus Murano und auch die Nichts tuer vom Lido. Die schwarzen Flammen der 3ypreffen lodern in den vertiärten Himmel. Aber das ist fein Troft, die Gleichheit im Tode.
Sonntag, 11. Mai 1930
nimmt, aber eine ausschließlich homosexuelle. Es gibt zwet Göttinnen der Liebe," sagt Pausanias im„ Symposion", und darum auch zwei Formen des Eros. Der Gros der irdischen Aphrodite ist indisch und überall und gemein und zufällig. Und alles Gemeine bekennt sich zu ihn. An der Zeugung und Geburt der irdischen Aphrodite hatten beide Geschlechter, der Mann und das Beib, Anteil. Die hohe Liebe stammt von der himmlischen Aphrodite und die himmlische Aphrodite ist eine freie Schöpfung des Mannes. Und himmlische Aphrodite ist eine freie Schöpfung des Mannes. Und darum streben alle Jünglinge und Männer, die diese Liebe begeistert, Dell Sehnjudit zum Männlichen, zum eigenen Geschlecht hin: fie lieben die stärkere Natur und den höheren Sinn." Die Stoiter zählten unter die zahlreichen„ Adiaphora", die Gleichgültigkeiten des Daseins auch den Unterschied des Geschlechts. Dies war aber eigentlich noch zu wenig gefagt: er war fein Adiaphoron, vielmehr für die Griechen das eigene Geschlecht viel bedeutsamer als das weibliche. Die Erotik mit allen ihren Begleiterscheinungen: der Efstaje, der Eifersucht, der Hörigkeit, der Verklärung des geliebten Gegenstandes hat er nur unter der Form der Knabenliebe gekannt. Erst Euripides entdeckte die Frau als psychologisches Problem, aber auch er schildert sie fast immer nur als Subjeft, nicht als Objekt der Riebesleidenschaft. Wer sich aber in ein Weib unter ähnlichen Symptomen verliebte wie in einen Geschlechtsgenoffen, galt selbst noch in der alexandrinischen Zeit, die das Geschlechtsleben bereits mit ganz anderen Augen ansah, für einen„ Dnferos", einen von der Gottheit zu seinem Unheil verblendeten Liebhaber.
Die bedrohte Birke Früher war die Birte bei uns ein weit verbreiteter Baum, aber mehr und mehr durch die auf Nadelholz eingestellte Forstwirt. schaft zurückgedrängt worden und fristet jetzt in unseren Wäldern, meist aber bloß an Baldrändern, ein fehr bescheidenes Dasein. Die Birte ist eben ein Baum zweiter Größe und erreicht nur in Teilen Ostpreußens annähernd die Ausmaße der baltischen und mittelrussischen Birken. Darum hieß es: Fort mit ihr! So verschwindet der freundliche, weiße Baum mit den zarten, zierlichen Zweigen und dem anmutigen Laube mehr und mehr, und mit ihm der herrliche hellgrüne Frühlingsschimmer und das goldene Herbstleuchten der Wälder. Die wenigen Reste unserer Birken aber müffen alljährlich noch dazu herhalten, die unglückseligen Pfingstmalen" zu liefern. In Mengen ziehen jung und alt vor dem Feste in die Auen und Wälder und berauben die Birfen ihrer grünen Zweige oder, was noch schlimmer ist, sie hacen die jungen Bäumchen einfach ab, bringen die Stämmchen nach Hause, stellen sie in allen vier Stuben eden, vor der Haustür und vor dem Garteneingang auf und haben ihrer alten ,, Boltsfitte" Genüge getan. In Rußland , Schweden und Norwegen mag das ja noch angehen, da dort die Bevölkerung nicht dicht, und an Birten fein Mangel ist. Bei uns aber ist diese Volksfitte zu einer bebentlichen Unfitte geworden; denn sie wird in absehbarer Zeit dazu beitragen, daß einer der schönsten Bäume unferes Landes aus der Liste der Lebenden getilgt wird. Das mag noch Jahrzehnte dauern, endlich aber wird die Stunde schlagen, wenn dem Unfug nicht durch Polizeiverordnungen oder besser noch durch Geseze gesteuert wird.
Lola Landau : Frühling im Rinnstein
Bieber mag der Frühling die Menschen auf einer Wiese, an Herzen der Klopfenden Erde, unter dem Taumel blühender Bäume erschüttern. Ich erblickte fein Gesicht in einer grauen, fahlen Straße. Eine Großstadtstraße, wie tausend andere mit der schnurgeraden Reihe der gefangenen Bäume, die fast leblos in ihren Gittern stehen und faun atmen, mit der Dede des Pflasters, auf dem sich das Sonnenlicht stumpf und schläfrig dudt, mit seinen Steinwaben der Mietshäuser, aus denen Fenster bei Fenster der gleiche Alltagsbunſt hervorquillt. In solchen Straßen fcheint es feinen Frühling zu geben, wo auf hellgrünen Blättern der Bäume schon Staub wie leichter Schimmel liegt und die Gesichter der Menschen durch Mühjal ecig und scharf wie Steine abgewegt sind.
3n solder Straße, wo die Kinder mit Kreide ihre Spiele auf die Pflastersteine malen und wo die Frauen in den schweren Markttaschen ihre Stimmernisse mitschleppen, gibt es eigentlich feine Jahreszeit, die sich von der anderen unterscheidet. Hier brauft die Luft nicht von den Stimmen des Frühlings. hier ticht nur das fleine Geld seine eintönige, flappernde Melodie und teilt das Leben in gute und böse Tage. Und doch war auch in diese Straße der Frühling eingebrochen.
hältnis ftanden, bekam sie einen geradezu heroischen Glanz. Boefic- fie mit ihrem gebeugten Rüden wie ein sonderbarer Bogel vor
der Ermordung des athenischen Tyrannen Hipparch durch die beiden Jünglinge Harmodios und Aristogeiton, die in einem Liebesver umflossen sah man auch das Verhältnis Alexanders zu seinem früh dahingerafften Liebling Hephästion . An den Diadochenhöfen wurde fie nicht gern gefehen, aber nicht aus moralischen Gründen, sondern weil man hinter Männerbünden immer Verschwörungen argwöhnte. In den Schlachten hatten die Liebespaare den höchsten Gefechtswert: fie bildeten sozusagen die kleinste taktische Einheit; die berühmte heilige Schar" pon Theben, die für die beste griechische Truppe galt, bestand aus lauter Homosexuellen. Nicht nur fast alle prominenten Griechen von Solon bis Alfibiades waren Päderaften, son bern auch viele Götter und Heroen, wie Apollon und Boseidon, Herakles und Ganymed wurden dafür angesehen. Am entscheidendsten aber ist die Tatsache, daß die hellenische Kunst und Philosophie ihre wunderbaren Kreise so oft um dieses Phänomen ziehen läßt.„ Man muß zur rechten Zeit von der Liebe pflücken," singt Pindar als resignierender Alter, in der Jugend! Aber wer des Theogenes ftrahlende Augen gesehen und nicht aufwogt in Sehnsucht, dem ist an talter Flamme aus Stahl und Eisen geschmiedet sein schwarzes Herz. Aphrodite aber verachtet ihn! Oder er müht sich mit aller macht um Gelb oder, ber Gier nach dem Weibe sein Herz opfernd, schwankt er haltlos umber. Ich aber schmelze um der Göttin willen dahin wie Wachs der heiligen Benen unter dem Biß der Hize, wenn ich auf des Knaben jugendschöne Glieder blicke." Man beachte, daß hier die Weiberliebe mit der( für den Griechen und zumal für dent aristokratischen Altthebaner besonders verächtlichen) Geldgier auf eine Stufe gestellt wird und Aphrodite als die Göttin der Knabenliebe gilt! Das weibliche Gegenftüd aber zu Pindar ift Sappho . Auch sie betet zu Aphrodite um Beistand im Gram ihrer uneingestandenen Liebe zum Mädchen und schildert der Geliebten die fühle Leidenschaftslosigkeit des Mannes, wenn er die füße Stimme und das liebliche Lachen der Braut hört, im Kontrast zu ihrer eigenen Ergriffenheit:„ Das Herz schlägt, die Stimme versagt, Feuer läuft unter der Haut hin, die Augen sehen nicht, die Ohren sausen, Schweiß rinnt herab, Bittern befällt mich und fahl wie weltes Gras gleiche ich einer Toten. Auch die berühmte platonische Liebe" ist zwar ohne überfinnfide, fublimierte, wie der Sprachgebrauch richtig an
Aus einem Hausflur trat eine Frau mit den unjungen Zügen der Sorge und ging langsam über den Fahrdamm. Plöglich schoß wärts, der auf einen seltenen Bissen zuſtößt. Was hatte sie foftbares erblickt? Eine Geldmünze vielleicht, die jemand verloren hatte? Tief bückte sie sich über den Rinnstein und las umständlich etwas auf; allmählich erfante man, es war ein Bündel fortgeworfener halbverschmutzter Blüten, Blumenabfall von Stief mütterchen, Anemonen und Brimein. Sorgfam griff die Frau jede Blume mit ihren Fingern auf und fügte sie zärtlich aneinander, jo selbstvergeffen, als pflückte sie mitten auf einer Wiefe. Die Markt. tajche log neben ihr, und immer holte sie neue Blumen hervor, bis die Farben in einem Dreiflang von violett. rot und goldgelb feurig zwischen ihren Fingern glühten, und es schien als bräche sie aus dem Rinnstein selber einen Strauß, der ihr aus einer geheimnis vollen unterirdischen Tiefe entgegenwuchs. Als sie endlich ihr Gesicht hob, glänzte es von Jugend.
,, Daß die Leute aus dem Blumenladen so etwas Schönes wegwerfen." murmelte fie in die Blumen hinein. Ohr erholt euch wieder bei mir."
und eilig, als wollte man ihr ein lebendes Wesen entreißen, das sie im Arme trug, preßte fie den Strauß an fich und lief wieder mit den sonderbaren hüpfenden Sprüngen eines Vogels in das Haus zurüd.
Hinter ihr aber wirbelte der Frühling auf. mächtig wie eine Sturmfluit, die die Steine aufriß. Die Gewalt der atmenden, von Lebenswillen berftenden Erde brauste durch die graue Straße. Alle Häufer fangen.
Die Dahlie als Kartoffelerjah. Daß die Dahlie anfänglich in Europa eingeführt wurde, um die Kartoffel zu erfeßen, ift wenig bes tannt. Die Dahlie war ursprünglich eine merikanische Wurzelfrucht, die der schwedische Naturforscher Dahl, ein Schüler Lines, im achtzehnten Jahrhundert nach Europa brachte. Man fand jedoch keinen Geschmack an diesem neuen Nahrungsmittel und wollte die Knollen nicht haben; die Gärtner dagegen erlannten die großen Entwidlungsmöglichkeiten der Pflanze, die eine 3erde unserer Güter geworden ist. Die sehr scharf semedenden Knollen werden noch heute in manchen Orten in Frankreich gegessen.