Beilage
Montag, 12. Mai 1930
Der Abend
Shalausgabe des Vorward
Mit Tramps, Wanderarbeitern und Indianern in der Wildnis
Jad Otato, der Halbblutindianer reitet auf seinem feurigen| Schimmel voraus, dann kommen drei langsamere Packpferde, hoch beladen mit Zelten, Lebensmitteln, Schaufeln und Aerten und als letzte laufen wir, im Gänsemarsch trottend, hinterher. Alle fluchen, daß wir die 30 Meilen bis zum Fish Lake zu Fuß machen sollen und als wir bei Sonnenuntergang an eine Quelle kommen, weigern sich die wilden Gesellen entschieden, noch weiter ihrem berittenen Führer zu folgen. Der antwortet nicht weniger freundlich, doch das erhöht nur die gegenseitige Achtung und als wir bei loderndem Lagerfeuer die unvermeidlichen pork and beans( Bohnen mit Spec) aus den Dosen löffeln, wird gute Freundschaft geschlossen. Der eine leiht dem anderen eine Wolldecke, man lädt sich bei der Kälte gegenfeitig zum gemeinsamen Nachtquartier ein und die seltenen Eremplare von Seife, Handtuch und 3ahnbürste werden rasch Allgemeingut.
So wird die zusammengelaufene Bande schnell zu einer lebenbigen Arbeitsgemeinschaft, denn sie sind auf die gegenseitige Hilfe angewiesen. Noch am Nachmittag lungerten wir in dem kleinen Städtchen arbeitslos herum, bis der Agent des Fire Departements ( Feueramtes) uns auf seinen Fordwagen lud und uns furzerhand hoch in den Bergen, wo die Straße aufhört, jenem verdammten Indianer übergab, der uns jetzt in diese Wildnis hineinschleppt. Man hatte uns 40 Cents Lohn die Stunde versprochen und ich fonnte mir feine romantischere Geschichte im wildesten Westen der fanadischen Rockies vorstellen, als mit Tramps , Wanderarbeitern und Indianern als ,, Fire fighter " den riesigen Urwaldbrand einzudämmen helfen.
Vorläufig mußte die Rarawane erst ihr Standquartier erreichen und am Morgen trabte wieder einer hinter dem anderen den ,, trail" entlang, der oft taum zu sehen war und nur durch eingehackte Marfierungen in den Bäumen von Zeit zu Zeit erkenntlich wurde. Zehn Meilen durch den verwilderten, kanadischen Nadelwald find fein Spaziergang, fondern eine förperliche Anstrengung. Abwechselnd geht es durch niedriges Gestrüpp, dann wieder durch Hochwald, in dem kreuz und quer die umgestürzten Stämme herumliegen.
Es erinnert mich an wilde Stellen in den französischen Vogesen , mur daß der kanadische Wald noch viel unberührter und vor allem unheimlich groß ist. An einem der nächsten Tage fonnten mir von einem Aussichtsberge Hunderte von Meilen in der Runde nichts als Nadelwald, undurchdringlichen, noch nie begangenen Urwald sehen. 3 edernstämme von 30 bis 40 Meter Höhe find feine Seltenheit und wertlos vermodert das Holz in dem Boden. Die Tiere sind so wenig an Menschen gewöhnt, daß sie zutraulich herankommen. Ein wildes Huhn läßt sich sogar in die Hand nehmen und sieht uns mit seinen großen Augen verwundert an. Da brechen in einem der Gesellen, der mit seinem dicken, rot versoffenen Gesicht schon feinen guten Eindruck macht, die alten Raubtiergelüfte des Menschen durch: der Starke lebt vom Schwächeren mit einem dicken Knüppel zerschmettert er das Tier und schwenckt es wie eine Jagdtrophäe in der Luft: ,, we got a chicken for dinner"- ,, Da haben wir einen Braten fürs Mittagessen", schreit er uns zu, worauf mir einige Flüche erwidern. Als ihm das Tragen zuviel wird, wirft er es wieder weg, seine Urinstinkte sind befriedigt, doch er hat ja noch nicht mal hunger. Der Löwe ist friedlicher, er greift den Menschen nur an, wenn er nichts mehr zu fressen hat.
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Zeltlager am Fish Lake
Wir durchwaten ein paar Bäche und sind dann plöglich auf einer Wiese, die rund um einen fleinen See führt. Jack packt hier die Pferde ab, wirst jedem eine Decke zu und wir können es uns gemütlich machen. Außerdem bekommt jeder eine Schaufel und eine Art zugeteilt und macht sich aus Zweigen und Baumstämmen eine windgeschützte Lagerstelle, denn die Nächte sind in dieser Höhe von etwa 1800 Metern doch noch empfindlich kalt. Auf einem riesigen Lagerfeuer werden über dem Dreizack die Konserven warm gemacht, Toast geröstet und die unheimlichen Mengen Tee gekocht, die man an einsamen Abenden draußen mit den Kameraden vertrinkt.
Von dem Brand ist bis jetzt nichts zu sehen. Jack jagt, wir müssen erst noch auf den vor uns liegenden, etwa 500 Meter höheren Berg, was uns morgen ein schönes Stück Arbeit kosten wird, denn hier hört bereits jeder Weg auf.
Dem Feuer entgegen
Unser Führer und boss erweist sich als ausgezeichneter Kenner des Gebiets und verfolgt mit einer Sicherheit die Richtung durch das immer gleich aussehende Dickicht, die uns erstaunen macht. Hinter uns lassen wir eine Gasse durch das Labyrinth der umgestürzten Stämme zurück, denn jeder haut ein anderes hinderndes Etück weg. So geht es in harter Arbeit ein paar Stunden aufwärts. Schon tommt bei starkem Wind von der Gegenseite der Rauch in dicken Schwaden über den Gipfel. Von oben sehen wir noch weit weg die Brandlinie. Fast schmurgerade läuft sie in südlicher Richtung nach der Grenze der Vereinigten Staaten zu. Hunderte Don Meilen meit, soweit überhaupt das Auge sehen fann, ein einziger, blauer Rauchstreifen, der nur ab und zu schwarz aufqualmt, wenn ein Windstoß neue Baumreihen vernichtet. Sonst glimmt das Feuer ja nur weiter. Es frißt sich langsam durch die vermoderten Stämme im Boden fort und oft zwanzig Meter von der eigentlichen Feuerzone entfernt flammt es plötzlich auf, und wenn der Wind die Glut in die Zweige hineinjagt, dann rauscht und tracht es plötzlich und eine überhaushohe Flamme schießt in die Luft.
So sehen wir das schaurig- schöne Bild: Ein Gebiet, das wahr scheinlich größer ist als die ganzen Waldbestände Deutschlands , ist ein Flammenmeer, und allmählich erscheint uns die Aufgabe riesengroß: was tönnen zehn Mann gegen ein folches Naturgeschehnis tun?
Auch Jack macht ein bedentliches Gesicht. Er meint, wir können vorläufig nichts tun, als zurückkehren, denn es ist schon spät und wir müssen vor dem frühen Sonnenuntergang wieder an unserem Lager sein.
Am nächsten Morgen brechen wir in verschiedenen Kolonnen auf. Es gilt vor allen Dingen festzustellen, wo wertvolle Baldbestände sind, die besonders geschützt werden müssen. Unser indianischer Führer, ein Australier und ich gehen als besondere Erkundungsabteilung. Wir sind wohl die einzigen, die att der Sache auch Spaß haben, während es den anderen nur um den Berdienst geht, denn mir waren die einzigen, die fich zu diesem
schwereren, aber viel interessanteren Dienst freiwillig gemeldet hatten. leberhaupt ist der Australier ein besonderer Mensch: in seinen ehemals eleganten Kleidern und seinem feinen Gesicht fiel er schon von vornherein auf und auch beim Essen stürzt er nicht wie die übrige Bande wild drauflos. Er ist wegen Streitigkeiten seinem reichen Vater ausgerückt und war in dem schweren, arbeitslosen Winter in Vancouver fast verhungert. Trotzdem weigert er sich, das nachgeschickte Geld seines Vaters anzunehmen und lebt jetzt von Gelegenheitsarbeit, wie wir alle. Sein Traum ist, einmal nach Europa zu kommen. Er liebt Mufit und schwärmt von Beethoven und Mozart . Er, der Fremde, spielt uns abends beim Mondenschein deutsche Melodien vor, daß es uns schwer ums Herz wird und wir müssen ihm dafür Volkslieder vorsingen.
Heute sind wir schneller auf dem Aussichtsposten, da ja der Weg schon fertig war, und wieder überrascht uns die großartig wilde Szenerie. Wir sehen die Spuren der Tiere, die aus den zerstörten Gebieten geflüchtet sind und heute sollen wir selbst durch diesen Friedhof der Natur marschieren. Schwarz und gespenftisch, wie Grabessäulen stehen die Stümpfe der verkohlten Stämme, unsere Füße sinken bis über die Schuhe in der Asche ein und eine graue Staubwolte bezeichnet unseren Weg, den wir fast laufend zurücklegen, um unsere Schuhe nicht zu verbrennen. So geht es bergauf, bergab, bis wir auf die felsige Kuppe des höchsten Gipfels kommen.
Selbst der rote Waldläufer lobt uns für die Leistung, doch noch mehr steht uns bevor. Bir müssen einen anderen Weg zurück und
wieder heißt es, erst Platz zu schaffen. Doch wir wissen nun Bescheid. Die nächsten Tage arbeiten wir uns etwa eine halbe Meile an die Feuergrenze heran und laut flingen die Aerte, um die wertvollen Hochstämme vor den Flammen zu bewahren. Das leber springen des Feuers wird durch einen großen Zwischenraum verhindert, der dann noch mit den Schaufeln umgegraben wird, damit auch das unterirdische Durchglimmen verhindert ist. Natürlich sind das alles nur fleine Hilfsmaßnahmen, um dem Feuerdepartement Rechenschaft ablegen zu können. Im übrigen stehen wir der Katastrophe machtlos gegenüber. Glücklicherweise weht der Wind nach der anderen Seite, sonst müßten wir selbst auch noch aus rücken.
Endlich nach neun Tagen hat der Himmel ein Einsehen. Es. erhebt sich ein furchtbarer Sturm, der zunächst die Flammen mächtig anfacht, so daß wir uns schleunigst aus dem Staube machen. Doch dann kommt der allein Hilfe bringende Regen. Wir gehen zum Lager zurück, warten noch einen halben Tag und machen uns dann auf den Heimweg.
Berdrect, naß und abgerissen tommen zehn verdächtige Männer wieder im Tale an. Doch am Abend gibt es den Löhnungssched. Eine neue Khakihose, ein buntes Hemd, eine Verschönerungstur beim Friseur und fertig ist der Gentleman der Kleinen Wildwest- Stadt im fernen Britisch- Columbien. Es winken Mädchen, im Regierungsstore gibt es Whisky und in ein paar Tagen andere, genau so schmutzige und anstrengende Arbeit auf den Farmen oder in der Prärie. Karl Möller, f. 3t. Penticton, B. C.
Der Alte
Idealismus, der auf der Landstrasse endet
Lieber hätte ich draußen geschlafen, aber es regnete und ich| nicht vorstellen, daß es das gibt. Und das ist das Schlimmste: die meldete mich obdachlos. Warten Sie!" tnurrte der Gastwirt, als ich ihm den Schein hinreichte, und führte einen Streit fort, den er mit einem alten Mann hatte. Ich weiß genau was mir ausgemacht haben. Am ersten bekommst du deine Rente und am fünfzehnten sollst du von mir deinen Lohn haben."
,, Das ist nicht wahr!" antwortete der Alte ,,, ich habe am achten angefangen und will am achten mein Geld haben. Meine Rente geht Euch gar nichts an. Ihr wollt mich bloß um die acht Tage Lohn begaunern."
,, Also gut, gut! Kein Wort mehr! Du sollst morgen dein Geld haben!" erwiderte ärgerlich der Gastwirt und forderte mir meine Papiere ab.
Nach einer Weile kam der Alte und schob mir ein paar belegte Brote zu. Steck ein!" flüsterte er.
Ich sollte in der Schenke warten. Gäste tamen, schäßten und tagierten mich und ließen sich bei Bier und Tabat zum Kartenspielen an die weißgescheuerten Tische nieder. Nach einer halben Stunde wälzten sich dicke graublaue Rauchschwaden durch die Schenke und der Lärm eines Lautsprechers vermengte sich mit dem Geschrei und Gelache der Menschen die ihr Wochenende feierten. Der Alte tam und fragte mich, ob ich schlafen gehen wollte. Auf dem Weg über den Hof sagte er: Hast du gehört? So ist die Blase! Da wollen sie mich alten Knochen noch um acht Tage Lohn begaunern. Es ist sowieso bloß ein Trinkgeld. 15 Mart im Monat! Und muß mich schinden dafür von nachts bis nachts. Drei Gäule besorgen und acht Stücken Rindvieh. Und dann den ganzen Tag auf dem Felde arbeiten, das Bieh füttern ist bloß so nebenbei."
Wir waren im Stall, wo ich schlafen sollte. Du bist wohl fremd zugereift hier?" fragte ich den Alten.
,, Freilich. Bor zwei Monaten. Ich meldete mich auch obdachlos. Der Knecht wollte abhauen und ich nahm die Stelle an. Ich hatte die Landstraße ein bißchen satt und versprach mir ein paar ruhige Tage. Der Wirt sagte, ich hätte nur das Bieh zu versorgen. Es geschieht einem immer recht, wenn man sich verspekuliert. Denn für die Bauernbengels ist das Fressen und das Dienstmädchen, bei dem das Kammerfenster offen steht, die Hauptsache. Sie kennen das Gefühl nicht, das wir ,, menschenwürdig" nennen. Komm, sieh dir zum Beispiel mal das Loch an, wo ich schlafe."
Im Kuhstall war in einer Ede aus rohen Brettern eine fleine Kabine zusammengeschlagen. In einer alten Bettstelle lag loses Stroh, auf dem Stroh ein paar zerrissene Decken. Auf einem madligen Stuhl stand eine Blechschüssel. An Nägeln hingen zerlumpte Kleidungsstücke und Striegel für die Kühe. Das Licht fiel aus dem Kuhstall durch ein Loch in der Brettermand.
Er sagte nichts, zog die Tür wieder zu und ging zurück nach meinem Stall. Wir saßen auf meinem Lager und fahen uns eine Sein zerrunzeltes Geficht mar mie meichWeile schweigend an. gegerbtes Leder. Der Schatten der dicken Brauen ließ die Farbe der ruhigen Augen nicht erkennen. Um den schmalen Mund hing ein weißer Schnurrbart. Er bot mir seinen Schnupftabat. Nun, mas sagst du zu meinem Lebensabend?" Ich schwieg. Ein bitteres Lächeln zuďte um seine Lippen. Der Wirt hat einen alten Gaul, der sich kaum noch auf den Beinen halten kann. Du mußt ihn pflegen, als ob er dein franter Vater wäre", sagte er zu mir. Jch fände es unmenschlich hari, ihn dem Schinder zu übergeben, bloß weil er nicht mehr arbeiten tann. Denn sein Gnadenbrot hat sich jedes Tier verdient." Weil ich ein Mensch bin, bin ich weniger als der Gaul. Ich habe jezt 73 Jahre auf dem Buckel. Aber meine Knochen taugen noch zur Arbeit! Benn ich ,, Aber auf dem Felde mal schlapp mache, sagt der Wirt:„ Aber die Faulenzerei fann ich nicht bezahlen! Ich habe keinen Freiplay an meinem Tisch." Es ist eben ein Unterschied zwischen einem Gaul und einem Menschen."
fie
Er hielt seine gichtigen Finger um die Stallaterne gefaltet, um zu wärmen. Rote Härchen glänzten auf den vertrockneten Hand
rücken.:
,, Wir Menschen begreifen nur was wir fennen. Wenn ich nicht an mir selber erleben würde, wie für drei Mahlzeiten und ein paar lumpige Mart Schindluder mit einem getrieben wird, ich tönnte mir
meisten Menschen wissen nicht einmal, mas für Tyrannen oder Sklaven sie sind. Ihre Gedanken sind nur die Diener ihres Magens, sie haben tein Bemußtsein von der Weite des Lebens und der Tragkraft ihrer Handlungen.
Du mußt nicht denken, daß ich immer ein Sklave war. Ich begreife gar nicht, warum ich mich hier noch mißbrauchen lasse. Aber ich bin mal ein freier Mann unter hüischen Menschen gewesen. Ich war fein Kämpfer, ich habe meine Gedanken gehabt, wenn ich rückwärts gehend die Seile drehte. Ich war einsam, feiner wollte anhören, was ich erkannt hatte über die Stellung des Menschen zum Leben. So bin ich in meinen vier Wänden geblieben. Meine Frau und meine Jungen sind nach und nach meine Freunde geworden. Sie haben angefangen zu denken und erkannten wie ich: man muß offene Augen haben, Gott ist eine Spekulation und der Stadt ein Gefängnis. Wir haben eine Gemeinschaft des Geistes gehabt, denn eine Gemeinschaft des Blutes gibt es nicht. Was ich im stillen ar Erkenntnissen gesammelt hatte, trug mein Sohn als Antläger und Era wecker zu den Menschen. Als der Krieg ausbrach, wurde er era schossen und ich kam auf Festung. Meine Frau glaubte an das Berantwortungsgefühl oder den Egoismus der Mütter. Aber mo fie Liebe erwartete, sprang ihr der aß entgegen, und wo sie an Schmerz glaubte, erkannte sie verheyte, verirrte Gemüter. Man riß ihr die Kleider vom Leibe und sperrte fie ins Irrenhaus. Sie ist dem Wahnsinn durch den Tod entgangen. Als ich von Festung fam, war mir zumute wie einem sein muß. der von einer Reise zurückkehrt, und statt seines Hauses einer Trümmerhaufen, statt seiner geliebten Familie verkohlte Leichen findet. Ja, das Leben legt einem wohl mandymal mehr auf die Schultern, als die Knochen tragen können. Ja konnte nicht mehr und habe meiner Stadt und damit der Welt den Rücken gekehrt. In mir war alles zerbrochen. Meine Seele war ein rauchendes Trümmerfeld.
Bor mehr als 50 Jahren war ein alter Kunde der Bater meiner Gedanken geworden und hatte mich die Freiheit erkennen gelehrt. Und ich tam wieder auf die Landstraße. Aber es war eine andere Tippelei als die Wanderschaft damals. Ich war allein, war weder reich noch arm. Ich wollte von der Welt nichts mehr. Die Landstraße führt durch sie hindurch und ich wollte allein bleiben. Aber sie ließen mich nicht. Sie sperrten mich wegen Bettelei und wegen Vagabondage ein. Sie wollten mich bessern. Sie wollten mich zum Bürger machen und alle Mittel wären ihnen recht gewesen. Aber ich bin wie gebrannter Ton, da läßt sich nichts mehr modellieren. Und so fand ich mich allmählich wieder zusammen. Doch mein Leben liegt hinter mir, ein halbvergessener Traum. Ich bin ohne Schmerz und ohne Empörung. Ich habe wieder sehen und denken gelernt. Aber meine Gedanken gehen nach innen. Ich habe erkannt: ich kann nichts mehr verlieren, nicht einmal das Leben, das habe ich schon hingegeben. Und ich kann nichts mehr gewinnen, denn meine Seele ist verschlossen gegen alles, was von außen fommt. Ich lebe bloß, weil ich noch nicht gestorben bin." Er reichte mir den Schnupftabat, stand auf und ging.
Am Morgen weďte mich ein Sonnenstrahl, der durch eine Spalte der Tür fiel. Ich stand auf. Als ich am Ruhstall vorbei wollte, rief mich der Ate: Beh hinein, hol dir deine Fleppen und warte einen Augenblid auf mich. Ich hau mit ab."
Der Wirt hatte teine Zeit und ich mußte in der Schenfe wartex, Da hörte ich in der Küche den Alten sein Geld verlangen. Der Gastwirt schimpfte, schien es ihm aber zu geben. Und dann auf Wiedersehen, ich wünsche euch einen tüchtigen Knecht", sagte der Mite.
,, Weg willst du? Warum denn das?" fragte erstaunt der Bist.
Ich dachte bis gestern, ich sei bloß noch ein altes Stüd Arbeits tier. Aber heute nacht habe ich erkannt, daß ich doch auch noch ein Stüdchen menschliches Empfinden habe. Wißt Ihr, warum ich gestern auf dem Felde zusammengeklappt bin? Beil Ihr die müden Pferde so barbarisch geschlagen habt Ich weiß schon, Ihr sagt ,, Quatsch!" Gerade deswegen hau ich ab. ,, Das hätte ich wissen sollen!" brummte der Wirt hinter uns her. Helmut Klose.