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Nadolnys Patentlösung.

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Wie der rührige Diplomat die Südtiroler Frage bereinigen wollte.

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Der deutsche Botschafter in Angora, Herr Nadolny, weilte dieser Tage in Genf , um Dr. Curtius zu bewegen, ihm einen wichtigeren. Botschafterposten anzuvertrauen als die Bertretung des Deutschen Reiches bei Mustapha Remal. Lange Zeit hatte Nadolny sein Augenmert auf Rom ge­richtet, doch ist durch, die in Aussicht genommene Rombination -Neurath in London und Schubert in Rom das Ziel seiner Sehnsucht einstweilen unerreichbar. Aber Herr Na= dolny hat es eilig. Er hat bereits viele Wochen hin­durch im vergangenen Herbst in Berlin verbracht, um seine römischen Pläne persönlich zu betreiben und mußte unver richteter Dinge schließlich seinen alten Bosten wieder antreten, weil das Auswärtige Amt es nicht länger mitansehen konnte, wie die Botschaft in Angora monatelang vermaist blieb, nur meil Herr Nadolny seine Beförderungsschmerzen heilen wollte.

Butschnaubend tehrte er nach Angora zurück, aber die Aussicht auf das Trevirement" hat ihn natürlich sofort wieder in Europa auftauchen lassen. Jezt, wo der Weg nach Rom wieder versperrt ist, hat er es auf Moskau abgesehen und will Herrn von Dirtien verdrängen, ob­wohl gegen den lehteren nicht das geringste vorliegt. Aber Herr Nadolny hat mächtige Protektoren in der Umge bung des Reichspräsidenten . Er denkt sich, daß in einer Zeit, wo eine schwache Reichsregierung fast aus­schließlich davon lebt, daß sie mit dem Namen des Reichs­ präsidenten jongliert, man es nicht wagen wird, Wünsche, die aus dieser Umgebung stammen, unberücksichtigt zu lassen. Daher die recht auffallende Reise nach Genf . Ünd gerücht­weise verlautet, daß diesmal Herr Botschafter Nadolny sich nicht umsonst bemüht habe.

Wir wollen diesen Gerüchten trotzdem noch keinen Glauben schenken, denn im Auswärtigen Amt weiß man genau, was von den sachlichen Fähigkeiten dieses rührigen Bewerbers zu halten ist. Als Herr Nadolny sich vor einem Jahre um den Bosten in Rom bewarb, wollte er seiner Kandidatur besonderen Nachdruck durch einen Bericht ver­leihen, in dem er einen großzügigen Plan für deutsch­italienische Annäherung entwarf. Er setzte darin auseinander, daß die Voraussetzung für eine solche Freund­schaft die Bereinigung der Südtiroler Frage sei. Sei erst dieses Hinderenis beseitigt, dann stehe einer engen Freundschaft zwischen Berlin und Rom nichts mehr im Wege. Was fchlug nun Herr Nadolny für die Beesitigung dieses Hindernisses vor? Man lese und staune: Er regte an, daß man die gesamte deutsch - südtiroler Bauernbevölkerung, also eine Viertelmillion Men schen, von Südtirol nach Ostpreußen ver: pflanze und sie dort ansiedle. Damit wären zwei Fliegen mit einem Schlage getötet: einerseits wäre die Bahn frei für eine hundertprozentige deutsch - italienische Freund. schaft, andererseits würde Ostpreußen durch einen neuen Wall deutscher Menschen gegen die Polonisierungstendenzen stärker geschützt.

Als Stresemann von dieser genialen Patentlösung" genialen ,, Patentlösung" Kenntnis erhielt, pacte ihn ein wahrer Lachframpf. In jenen Lagen fonnte der Name Nadolny in den eingeweihten Kreisen des Auswärtigen Amtes gar nicht ausgesprochen werden, ohne daß die anwesenden Herren fofort in vers gnügtes Lachen ausbrachen. Solange Strejemann lebte, war von irgendeiner Beförderung Radolnys auf einen wichtigeren Boften, trotz aller Brotektionen aus dem Nachbarhause in der Wilhelmstraße, natürlich nicht mehr die Rede. Raum war Stresemann gestorben, da tauchte der Name Nadolny prompt wieder auf, ja er selber trat wieder auf den Plan, um sich in empfehlende Erinnerung zu bringen.

Reichsaußenminister Dr. Curtius hat bisher das per fonelle Erbe Stresemanns nicht gerade im Sinne seines ver­storbenen Borgängers und Parteifreundes verwaltet. Bir wollen aber nicht glauben, daß, wenn er erst über diese Tat­fachen unterrichtet ist, er es dennoch verantworten wird, einen so unmöglichen Diplomaten auf einen so exponierten Poften wie Moskau zu stellen!

Das geschändete Hindenburgbild.

Die Gesinnung der Hafenkreuzler.

Der Berliner Polizeipräsident teilt mit: Am 4. Mai d. 3. veranstaltete die Ortsgruppe Mehrom, Kreis Niederbarnim , der NSDAP , in Ahrensfelde einen Deutschen Abend". Zu dieser Ver­anstaltung wurde von einem Mehrower Führer die Schalmeien­tapelle einer Berliner Abteilung bestellt, die gegen 17% Uhr in Mehrow cintraf und im Lokal von Meißner eine Ruhepause machte. Der größte Teil der Anwesenden hatte im Garten des Lotals Platz genommen; nur wenige, darunter die Spielleute, hatten den Saal aufgesucht. Zwei Spielleute brachten dann das Bild des Reichs präsidenten, das im Scale des Lofals hing und das den Reichspräsidenten in Generalfeldmarschallsuniform der alten Armee darstellte, in den Garten. Hier wurde das Bild an einem dürren Zweig eines Baumes aufgehängt. Der eine Spielmann st a ch mit einem Stod dem Bilde die Augen aus und schlug mit dem Stock nach dem Bilde, so daß es in zwei Hälften herabfiel. Hierbei sollen Worte gefallen sein wie: Judas , der Verräter", und Das ist der Retter von Ostpreußen ". Nunmehr wurden die Teile des Bildes zusammengeballt und verbrannt. Tags darauf hat das Mitglied der NSDAP. , Müllermeister Rudel aus Mehrom, der bei der Tat anwesend war, ein gleiches Bild beschafft und der Be­fizerin des Lokals überbracht. Die polizeilichen Ermittlungen wer den fortgelegt.

Zardieu und die Militärs.

Sie wollen die Räumung verzögern.

Paris , 16. Mai. ( Eigenbericht.) Am Freitag fand im hiesigen Auswärtigen 2mt unter dem Vorfih Tardieus eine Konferenz über die zu ergreifenden Maßnahmen zur Räumung des Rheinlandes statt. An der Sigung nahmen u. a. teil der Oberkommandierende der Rheinarmee, General Guillaumat und der Chef des französischen Generalstabs, Weygand . Ob es Tardieu in dieser Sihung gelang, die wider. stände der Militärs und gewiffer politischer Cliquen zu brechen und seinen eigenen wie Briands Willen zur Einhaltung des vereinbarten Termins, des 30. Juni 1930, durchzusehen,

Ein Verkehrs" Hindernis.

VERKEHRS MINISTERIUM

V.GUERARD

TREVIRANUS

Platz da für das Gardestellenjägerregiment!

Der Kampf um die Abrüstung.

Die Resolution der Sozialistischen Internationale.

Die Grefutive der Sozialistischen Arbeiter- Inter- Wertes gefährden können und mißt darum dem Kampf der nationale hat auf ihrer Berliner Tagung einstimmig folgende französischen Sozialisten gegen die Entwicklung der französischen Resolution über die Abrüstungsfrage be Geerüftungen die größte Bedeutung bei. schlossen:

Arbeiterregierung um die Flottenabrüstung und betrachtet Die Eretutive begrüßt die Anstrengungen der britischen den auf der Londoner Konferenz zwischen den drei größten See­mächten abgeschlossenen Vertrag als einen, wenn auch bescheide: men, so doch wichtigen Schritt zur Beschränkung der Rüftungen 3ur See.

Mit um so größerer Besorgnis betrachtet die Exekutive die Tatsache, daß es der Londoner Konferenz nicht gelungen ist, die Seemächte des europäischen Kontinents in die Verein. barung einzubeziehen.

Die Befürchtung, der die SAJ. in ihrem Barijer Manifest 8. Mai 1930 Ausdrud gab, ist bestätigt worden. Italien besonders hat sich Prestigeerwägungen überlassen, die es zur Forderung nach Parität ohne Rücksicht auf seine jetzigen räfte zur See führten. Frankreich hat sich auf absolute Bedürfnisse" berufen, deren Aufrechterhaltung, ein dauern. des hindernis für eine Beschräntung der Rüstungen zur See darstellen würde. So, hot fi ein teilmeierigerfolg der Konferenz ergeben.

Wenn Franfreich vor dem Beginn der Ronferenz ein er­meiteres Schiffsbauprogramm befanntgegeben und nicht aufge. geben hat, so hat die italienische faschistische Regierung, die fich geweigert hat, ihre wirklichen Absichten der Konferenz befannt zu geben, unmittelbar nach der Konferenz neue Seerüstun gen angekündigt. Die ernste Gefahr eines Wettrüffens zur See, die sich nachdrücklich im Charakter und Umfang des italienischen Rüffungsprogrammes anfündigt, droht,

Der nationalistische und militaristische Geist des faschisti

ichen Regimes in Italien ist die größte Gefahr für den Frieden, er bedroht auf diese Weise mehr noch als bisher den Frieden der Welt.

Die Erefutive hält es daher für notwendig, den stärt st mög lichen Drud auf das despotische und triegerische Regime Ita. liens auszuüben, um es zur Einschräntung seiner Rüstungen zu veranlassen und zum Abschluß eines Bertrages über die Einschrän­fung der Rüstungen bereit zu machen.

Es besteht die ernste Gefahr, daß die italienischen Forderungen mißbraucht werden, um die französischen Magimal forderungen zur See zu rechtfertigen. Die Erekutive rechnet darauf, daß die französischen Sozialisten den stärksten Drud auf die französische Regierung für die Einschränkung der französischen Seerüstungen und für den Beitritt Frankreichs zum Londoner Abrüstungsablommen ausüben werden.

Die Eretutive erinnert daran, daß die Londoner Konferenz daß durch den Beitritt Frankreichs und Italiens zum Londoner nicht geschlossen, sondern nur vertagt wurde. Sie erwartet, Abkommen die Grundlage geschaffen werde für eine weitere Einschränkung der Rüstungen aller Seemächte.

Des weiteren stellt die Erefutive fest, daß der

beabsichtigte Bau des deutschen Panzerfreuzers B den Admiralstäben der anderen Staaten einen willkommenen 2orwand für die technische Erneuerung der Kriegsflotte und damit für eine Ausdehnung der Rüstungen liefert. Ohne zu bestreiten, daß der Bau dieses Panzerkreuzers im Rahmen der dem Deutschen Reich im Vertrage von Bersailles auferlegten Rüftungsbeschränkungen bleibt, und ohne zu verkennen, daß die nichterfüllung des feierlichen Versprechens der internationalen 2b­rüstung die deutschen Militariffen in ihren Bestrebungen ermufigt, begrüßt die Exekutive doch den Kampf der deutschen Sozialdemo frafie gegen den Bau des Panzerfreuzers B als eine wertvolle und notwendige Unterstübung des Samples der Arbeiterparteien gegen die Berstärkung der Seerüftungen.

Die Erefutine macht die sozialistischen Arbeiterparteien aller Länder nachdrücklich darauf aufmertiam, daß derselbe Geist des Militarismus, der sich in den fortschreitenden Seerüstungen offen­bart, sich derzeit auch. in neuen neuartigen Formen der Rüstungen zu Lande betätigt.

Die Bestimmungen des Versailler Vertrages haben Frankreich und Belgien für den Fall eines bewaffneten Konflittes mit Deutsch­ land Vorteile gewährt. Es ergibt sich daraus die Schlußfolgerung, daß

die Grenzbeftigungen, die Frankreich zu errichten begonnen hat und Belgien in Aussicht nimmt, infolge ihrer Bedeutung nicht als bloße Verteidigungsmittel erscheinen fönnen, Der Krieg hat gezeigt, daß im Schuße von Befestigungen der Be­ginn der Offensive vorbereitet werden kann. Die Ere tutive begrüßt und unterstügt den Kampf gegen diese neue Tendenz des Nationalismus und des Militarismus. Es sei meiter betont, daß auf beiden Seiten der Grenze die entmili­tarisierten 3onen festgelegt werden sollten, auf denen weder Befestigungen errichtet noch Truppen stationiert werden dürften.

Indem die Eretutive auf alle diese Gefahren der Kriegs­rüstungen zu Lande und zur See hinweist, fordert sie die fozialistischen Arbeiterparteien aller Länder neuerlich auf, nicht Die Erefutive gibt sich feiner Täuschung darüber hin, daß die nur ihren Kampf um die internationale 2brüstung fortzusetzen, fon­franzöfifchen Seerüstungen in ihren weiteren Konfedern auch in jedem einzelnen Lande gegen den Mili­die Fortsetzung des von der Londoner Konferenz begonnenen tarismus und für die Einschränkung der Rüstun­Wertes, ja selbst die schon erreichten Resultate dieses gen zu fämpfen,

quenzen

Estländischer Besuch in Berlin .

Politiker und Journalisten.

Eine Reihe von Parlamentariern aus Estland ist, wie wir schon turz berichteten, unter Führung des Parlaments präsidenten Ein bund zu Besuch in Berlin eingetroffen.

Unter ihnen befindet sich auch der sozialistische Abgeord nete Roi, der frühere Staatspräsident vón Estland . Mehrere Ber­treter estländischer Zeitungen haben sich ihnen angeschlaffen.

Die Besuchsreise erfolgt in Erwiderung des Bejuches, den deutsche Reichstagsabgeordnete und Journalisten früher in Estland machten. Die politischen Beziehungen Deutschlands zu dem nördlichsten der drei baltischen Freistaaten sind immer durchaus freundschaftliche ge. mesen, wenn auch die Frage der Entschädigung für enteigneten Grundbefig an reichsdeutsch gewordene frühere Befizer zumeilen unangenehme Schärfen zeitigte. In allgemeinen sehen wir in Estland das Bestreben, die tulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland zu pflegen und weiter zu entwickeln, ein Bestreben, bas

,, Skandal im Gavon."

Erstaufführung in der Tribüne.

Gine hübsche und originelle Anekdote hat der Verfasser Vittor wird weder in einem offiziellen Communiqué über den Berlauf der Kelemen geschickt zu einem leichten, mit witzigen Einfällen ge­Sigung gefagt, noch ist in der offiziösen Preffe eine befriedigende Er- würzten Luftspiel verarbeitet. Das Publikum amüsiert sich föstlich. Flärung über diesen Punkt zu lesen.

Drg.

besonders bei unseren estländischen Genossen ebenso start ist wie bei den deutschen Sozialdemokraten. Wir hoffen, daß die Gäste in Deutschland beste Eindrüde gewinnen, daß sie besonders unsere Landsleute bei der Arbeit kennenlernen. Dann, so zweifeln wir nicht, werden sich alte Bande der Freundschaft festigen und neue fnüpfen. ir heißen die Gäste aus dem Norden auf deutschem Boden und in der Reichshauptstadt herzlich willkommen!

Das Radio den Arbeitern!

Großer Erfolg in Holland . Amsterdam , 16. Mai.

( Eigenbericht.)

Der holländische Verein der Arbeiter Radio- Amateure BARA. hat nach jahrelangem Kampf von der Regierung ein Biertel der gesamten Sendezeit beider Sender des Landes zugeteilt er halten, und zwar so, daß dem Verein dreieinhalb ganze

age pro Woche auf beiden Sendern zusammen zur Verfügung stehen. Einen Tag muß er mit einem allgemeinen, nicht partei­mäßig gebundenen Progranum füllen. Die übrige Senbezeit ift unter der gleichen Bedingung den tirchlichen, tonservativen und liberalen Radiovereinen zugeteilt worden.

Internationalen Arbeitsamtes Albert Thomas einen furzen Besuch Außenminiffer Curtius stattete am Freitag dem Direktor des ab. Um 2 Uhr verließ er Genf . Die deutsche Delegation reiste abends um 6 Uhr ab. Dr. Curtius wird noch einige Tage in Baden­ weiler bleiben.