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47.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Sonntag

18. Mai 1930 Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

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INTERNATIONALER FRAUENTAG

Tag der Frauen.

Von Marie Juchacz .

Ms die Genoffinnen auf der Internationalen Frauen. fonferenz in Kopenhagen 1910 beschlossen hatten, in jedem Jahr und in jedem Lande einen Frauentag abzuhalten, handelte es sich in erster Linie um die Erwedung ber Masse der Frauen für die Forderung des Frauenwahlrechts. Die Genoffinnen fühlten die Pflicht zur Propaganda, die große Mehrzahl der Frauen war von dem Gedanken noch nicht er faßt. Mit dem Augenblid, wo proletarische Frauen von der fozialistischen Bewegung ergriffen wurden, war es für sie und für die Gesamtpartei selbstverständlich, das Wahlrecht für die Frauen, zu fordern und darum zu fämpfen.

Wir leben sehr schnell. Wer kann sich heute noch eine Borstellung machen von der politischen Unfreiheit der da maligen Zeit? Und doch, wir sahen und sehen heute die Emigranten aus Italien , aus Rußland in den demokratischen Ländern heimatlos herumirren. Sie genießen Gastrecht und Gesinnungsfreundschaft. Aber sie sind nicht zu Hause. Ihre Volksgenossen sind mit ihnen politisch gefnechtet. Wir sehen z. B. die Arbeiter in Litauen , in Georgien um die politische Demokratie fämpfen. Und schließlich sind wir, die deutsche Arbeiterklasse, felbff bedroht in unserer politischen Freiheit, wenn wir sie nicht als fost barstes Gut und als wertvollstes Mittel des Fortschritts mit ganzer Kraft zu wahren missen. Die Sozialdemokratische Partei braucht die gesamte Arbeiterflaffe, wenn sie ihre Macht zur Erhaltung und zum Ausbau der Demokratie entfalten will.

Deshalb ist es doppelt zu begrüßten, wenn die Partei in diesem Jahre zum Frauentag ihre ganze Kraft aufbieten will, um Frauen für die Sozialdemokratie zu werben. Der Frauen tag wird überall im Reich vom 18. Mai bis 1. Juni gefeiert werden. Wir ehren damit das Andenten August Bebels. Jugendfrisch und zugleich prophetisch mutet es uns an, wenn wir in seinem vor 50 Jahren erschienenen Buch heute lesen:

Die revolutionäre Umgestaltung, die alle Lebens. beziehungen der Menschen von Grund aus ändert und insbesondere auch die Stellung der Frau verändert, vollzieht sich bereits Dor unseren Augen. Es ist nur eine Frage der Zeit, daß die Gesellschaft diese Umgestaltung in größtem Maßstab in die Hand nimmt und den Umwandlungsprozeß beschleunigt und verallgemeinert und damit alle ohne Ausnahme an seinen zahllosen pielgestaltigen Borteilen teilnehmen läßt."

ſomeit ihre Stellung zur politiſchen Gleichberechtigung der

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands fann, auch die uns damals in unserem Kampf geführt haben. Ich nenne spmeit ihre Stellung zur politischen Gleichberechtigung der Frauen in Frage tommt, stolz auf ihre Vergangenheit sein. Sie hat sich stets großzügig und selbstverständlich zur politi ichen Gleichberechtigung der Frauen bekannt und in ihrem Handeln die Konsequenzen gezogen.

necht in seinem Bericht zum Barteiprogramm: Auf dem Parteitag in Halle 1890 fagte Wilhelm Lieb ,, Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands fordert als Grund­lage des Staates:

1. Allgemeines, gleiches, direktes Wahlrecht und Stimmrecht mit geheimer und obligatorischer Stimmabgabe aller Staatsangehörigen vom 20. Lebensjahre an, für alle Wahlen und Abstimmungen in Staat und Gemeinde.

"

nur einige, die nicht mehr unter den Lebenden weilen: Emma Jhrer, die Frau, die flar erkannt hatte, daß die wirtschaftlichen Existenzbedingungen der Frauen im fapita­liftischen Zeitalter ihre politische Entwicklung bestimmen müssen, Luise 3ie ß, die seit 1908 mit ihrem großen organi­fatorischen Geschick die Frauenbewegung Deutschlands leitete und die schwierigen Debatten der Genoffinnen bei den internationalen Frauenzusammenfünften start beeinflußte, Ottilie Baader , die bis 1908 als Zentralvertrauens person der Genossinnen Deutschlands die Frauenbewegung geführt hatte und die als alte Frau wieder und wieder dank­bar davon sprach, wie ihr Leben durch Kampf und Sozialis­mus eine einzige schöne Erfüllung gewesen sei. Wir machen uns heute faum noch eine Vorstellung von der Begeisterung, mit der die Genofsinnen damals im Kampf um Arbeiter- und auch heute noch die Notwendigkeit im Rampf um Begeisterung ist Frauenrechte standen. Und doch- das Recht. Das Wahlrecht, das wir heute befizen, um das wir nicht fämpfen müssen, ist unsere Waffe, deren Gebrauch die Frauen besser und beffer lernen müssen. Der Sozia­lismus ist das Ziel unserer Arbeit!

Diese sozusagen felbstverständliche Forderung hat auch noch heute ihre volle Bebeutung für uns und bedarf teiner Erörterung. Ich habe nur auf eines aufmerksam machen wollen. Es ist in der neuen die Gleichberechtigung der Frauen auszusprechen, und so hat man Zeit wieder die Notwendigkeit betont worden in unserem Programm vorgeschlagen, hier ausdrücklich zu erklären, daß auch die Frauen das Stimmrecht erhalten sollen. Diese Frage wurde schon auf dem Einigungstongreß( Gotha , 22. bis 27. Mai 1875. Die Red.) be­handelt. Damals wurde das Bort Staatsangehörige gewählt, im Gegensatz zu dem im Eisenacher Programm befindlichen Wort Was fordern wir am Frauentag? Selbstverständlich ist Männer", bloß um ein Wort zu haben, das sowohl Frauen wie Männer umfaßt, also die Gleichberechtigung in sich schließt. uns die Solidarität mit unseren Schwestern in allen Ländern, Wohlgemerkt: es heißt Staatsangehörige, nicht Männer. Ob sich in denen die Frauen noch rechtlos find. Wir haben den nun aber nicht doch empfiehlt, in diretter positiver Form die Gleich bitteren Kampf um unser Recht noch nicht vergessen und berechtigung der Frauen auszusprechen, das gebe ich den fünftigen fühlen mit denen, die noch darum kämpfen müssen. Ebenso Revisoren anheim. Notwendig ist es nicht, denn wenn die Sozial selbstverständlich soll den Frauen und Müttern der Welt der demotratie die Gleichberechtigung aller Menschen mill, so versteht Kampf um die Erhaltung des Weltfriedens sein. fich die Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne einfach von mir wissen, daß die Kraft für diesen Kampf nur in der felbft. Für die Sozialdemokratie gibt es überhaupt teine Frauen- tlassenbewußten Arbeiterschaft liegt. Noch sind die Frauen frage, die Frauenfrage ist in der sozialen Frage einfach inbegriffen, fie ist ein Teil der sozialen Frage, die mit der Umgestaltung der heutigen Gesellschafts- und Produktionsverhältnisse von selbst gelöst

wird.

Liebknechts Rede war die Vorbereitung für ein neues Barteiprogramm nach dem Fall des Sozialistengesetzes. Auf dem Parteitag in Erfurt 1891 wurde dann der Programm punft für das Wahlrecht wie folgt beschlossen:

auch in Deutschland rechtloser als die Männer. Darum: Reform des öffentlichen Rechtes dort, wo der Ausgleich notwendig ist. Auch das ist nur mit einer starten Sozialdemokratie zu erreichen.

Die Reaktion in Deutschland ist sichtbar und fühlbar er­starkt. Lebensmittelzölle und Steuern, die bewußte wirt­schaftliche Belastung der Konsumentenorganisationen durch gemeines, gleiches, direktes Wahl. und Sfimmrecht mit die Regierung Brüning, werden sich im Laufe der Zeit geheimer Stimmabgabe aller über 20 Jahre alten Reichsangehörigen lasteten Frauen die Pflicht auf, sich gegen diese und weitere schmerzlich auswirken. Das legt den dadurch empfindlich be­ohne Unterschied des Geschlechtes für alle Wahlen und Abfflan- Schädigungen der Arbeiterklasse zu wehren. Die Sozial gefeßgebung ist in großer Gefahr. Es wird der ganzen Wenn wir heute den Frauentag feiern, dann ge- Kraft der Sozialdemokratie bedürfen, um einen empfindlichen denten wir neben August Bebel auch an die Genossinnen, Abbau zu verhindern. Die Arbeitslosenversiche

mungen."