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föeilage Mittwoch, 21. Mai 1930
ZkvÄbaid Ib&Oiflk
Dienst in der Fremdenlegion
Zwei junge Deutsche erzählen
Wir berichteten kürzlich an dieser Stelle über zwei Bücher, deren Autoren ehemalige Fremdenlegionäre sind. Heute lassen wir die Ausführungen zweier junger Deutscher   solgen, van denen der eine noch heute in der Fremdenle- g i o n dient, während der ander« entfloh. Warum ich zur Fremdenlegion ging f Lieber Onkel! Deinen Brief habe ich am 25. Februar erhalten, ich danke dir dafür. Ich freue mich, bei dir Berstandnis gefunden zu haben. Deine Mahnungen bezüglich Alkohol und Frauen befolge ich schon immer. Wenn auch Marokko   in einer gemäßigten Zone liegt, so tut es«mem doch gut. von finrüofen Leidenschaften frei zu sein. Einen Urlaub nach Paris   werde ich kaum bekommen können. Man glaubt hier, wenn«in Legionär sranzösifchen Boden betritt, ist er für die Legion verloren. Nach zweijährigem Dienst in Marokko   bekommt man 30 Tage Urlaub nach Fez, Marakeih oder Rabat  . Früher durfte man seinen Ur- taub auch in Casablanca   verleben: von dort verschwanden aber zu viel Legionäre mit deutschen   Schiffen. Du fragst mich, warum ich Legionär geworden bin? Laß mich dir ineine Erlebnisse in ihrem chronologischen Verlaus schildern: Wie du weißt, verließ ich 1924 mit 13 Iahren die Schule und begann meine Lehrzeit als Klempner. Neben der Berufs- schule besuchte ich Abendkurse der Volkshochschule  . Meine übrige freie Zeit verbrachte ich in der Sozialistischen A r- bciterjugend und im Arbeiterturnverein. Auch war ich Mitglied des Deutschen   Metallarbeiterverbandes und des Reichs­banners Schwarz-Rot-Gold. Nach ZVl-jähriger Lehrzeit bestand ich meine Gesellenprüfung und war sofort erwerbslos. Im November 1927 bekam ich in einem Dörfchen bei Halle a. d. S. wieder Arbeit. Zlber zu Weihnachten war es wieder vorbei. Meine EUcni forderten mich auf. nach Hause zu kommen. In Hannover  angekommen, mußte ich stempeln gehen. Die Mahnung, zu arbeiten, mußte ich oft genug hören. Nach einer Auseinandersetzung mit meinem Vater, noch der ich glaubte, nicht mehr dableiben zu können, verließ ich das Elternhaus. Arbeit war nicht zu finden. Es gab niemanden, der einen tüchtigen Klempner ge- brauchen konnte. So nahm ich die erste best« Arbeit an. die sich bot. Das war im März 1928 bei einem Bauern in Arpke. Bald wäre dies mein Untergang gewesen. Meine Kleidung war abge- tragen und die Schuhe zerrissen. Der Bauer gab mir einen Monats- lohn von 23 M. Also wanderte ich weiter. Weil gehen konnte ich wegen meiner schlechten Kleidung nicht. Di« nächste Arbeit fand ich in einem Kolibergwerk. Auch dort konnte ich aus keinen grünen Zweig kommen. Nach drei Wochen haute ich in den Sack und ging aus die Wanderschaft. Von Wansleben  , wo ich gearbeitet hatte, ging es mit wahren Gewalt- Märschen über Celle   nach Uelzen  . In Uelzen   war mein Geld all« und das richtige Vagabundenleben begann. Um etwas zu essen zu bekommen, mußte ich fechten gehen. Mit meinem Ge- sellenbrief in der Tasche ging das ganz leidlich. Weiter ging der Weg über Soltau  , Verden   und Bremen  . Von Bremen   ging es über Delmenhorst  , Oldenburg   und Leer   nach Holland  . Ich bildete mir tatsächlich ein, dort bestimmt Zlrbeit zu bekommen. Aber die Holländer hatten gerade auf mich gewartet. Kaum hotten sie mich spitz bekommen, als sie mich über die Grenze abschoben und meinem Schicksal überließen. Nun wollte ich mir das Rheinland ansehen. In Wesel   sah ich zum er st en mal den vielbesungenen Rhein  . Mir war recht feierlich zuimite. An einem sonnigen Tage sah ich Düsseldorf  in seiner Herrlichkeit, auch Köln   gefiel mir recht gut. Von Köln   bis Koblenz   genoß ich die Schönheit des Rheins. Und dos alles mit knurrendem Magen, ohne einen Pfennig Geld. Als ich in K o b- lenz überlegte, was ich nun tun könnte, sah ich sranzösisches Militär. Sofort kam mir der Gedanke Fremdenlegionär. In der Kaserne, wo ich mich meldete, waren schon sechs Deutsche  . Wir schienen dem Offizier zu jung zu sein, denn er schrie uns zu: Mi! alli!" Das heißt so viel wie:Macht, daß ihr fort- kommt!" Ich ging nach Trier.  10k Kilometer wanderte ich ohne einen Bissen Brot, nur einige Wallnüsse und Trauben bildeten meine Bahrung. In Trier   schickte mich der Agent, als er hörte, daß ich erst neun- zehn Lenze zählte, wieder weg. Zu jung. Aber der Gedanke saß zu fest. Ich ging über Saarbrücken   nach Frankreich  . In V o r b a ch wurde ich angenommen und mit einem Transport per Eisenbahn nach Saargemllnd befördert. Dort unterschrieb ich im Oktober 1928 den Vertrag, wo- nach ich der französischen   Republik fünf Jahre als Legionär zu dienen habe. Anfang November fuhren wir über Nancy  , Dijon   und Lyon  nach Marseille  . Den Deutschenhaß, von dem man uns so viel er- zählte, habe ich vergebens gesucht. Die Leute waren sehr freundlich und versuchten immer, sich mit uns zu verständigen. Einige Tage nach unserer Ankunft bestiegen wir einen kleinen Dampfer und fuhren hinaus ins blaue Mittelmeer  . Das war meine erst« Seereise und ich hatte bald genug. Die Seekrankheit hatte mich so gepackt, daß ich glaubt«, starben zu müssen. Aber auch die Reise ging vorüber. Wir erreichten Afrika   und landeten in O r a n. Oran   ist wohl die schönste Stadt in Algerien  . Polmenhaine und schöne Anlagen geben der Stadt ein freundliches Aussehen. Zwischen massiven Häusern liegen malerisch kleine Araberhütten. Hoch oben auf dem Berge liegt die Schanze, wo früher die zum Tod« Verurteilten hingerichtet wurden. Noch am selben Abend wurden wir auf die Eisenbahn ver- laden und nach Sidi-Bel-Abbes   gefahren. Ein Trommler- und Pfeifcrkorps führte uns nach der Kaserne. Wir bekamen Un- formen und begannen nach drei Tagen mit dem Exerzieren. Da die Kommandos nur französisch gegeben wurden, gab es anfangs viele Mißverständnisse. Nach vier Monaten Infanterieinstruktion steckte man die guten und die schlechten Soldaten in die M a- schinengewehrabteilung. Die guten Soldaten kamen ans Gewehr, die schlechten zur Munition. Ich war zwar nur ein mittel- mäßiger Soldat, kam ob« doch zu« Maschinengewehr. Jede» I
Abend hatten wir Ausgang. Unsere Prämie von 1009 Franken langte für eine Weile als Taschengeld. Das Rekrutenlcbcn kennst du ja aus eigener Anschauung. Im April 1929 war unsere Instruktion zu Ende. Die if r o ß e n M a y ö v e r begannen. Auch die CM. mußte mit. Ende April marschierten wir ob. Komplett« Tornister und alles mögliche hatte man uns an den Leib gehängt. Wir marschierten 9 3 Kilo- ineter in drei Etappen. Bei Rede au, wo die Manöver stattfanden, schliefen wir in großen Zelten(Marabu). Bei dieser Gelegenheit bekam ich auch einen der sieben Marschälle zu Gesicht. Nach Beendigung der Manöver marschierten wir die 93 Kilometer bis Sidi-Bel-Abbes   wieder in drei Tagen zurück. Dort war zu Ehren der Manöoersieger, das waren wir, alles geschmückt und geflaggt. Die Vivatruse der Bevölkerung ließen uns gleichgültig. Zu Beginn des Juli wurden wir ärztlich untersucht, bekamen eine Einspritzung und wurden nach Marokko   in Marsch gesetzt. Die Fahrt ging über Tlemcen  , Oudjda  , Guerciv und Sidi-Abdallah noch Fez. In Guerciv waren wir 14 Kilometer von der spanischen  Grenze entfernt. Viele blickten gar sehnsüchtig hinüber. Wir waren kaum 3 Minuten in Marokko  , als wir hinter jedem Busch, Baum oder Berg Kabylen vermuteten. Bald waren wir aber überzeugt, daß es nicht so schlimm ist, wie man uns erzählte. In Fez wurden wir in Bataillon« und Kompagnien eingeteilt. Am 14. Juli war das Touragcresest. Auch wir bekamen so ein Ding. Eine Touragere ist ein« ähnlich« Schnur wie die im ehemaligen kaiserlichen Heer an die Scharfschützen verliehene Schützenschnur. Es gibt ein« rote und eine grüne Schnur, neuer- dings noch eine gelbe dazu. Die rote Schnur ist der höchste Orden Frankreichs  , die grüne der Kriegsorden. Diese Schnur hatte das 3. Regiment im Weltkrieg bekommen. Deswegen das Fest. In einer Allee standen wir zu Zweien angestellt. Uns gegenüber stan- den die alten Legionäre und präsentierten das Gewehr. Der Co- lonel kam und gab jedem die Schnur. Die Musik spielteAlte Kameraden  ". Alstz unter de» klängen des Liedes.Alte Kameraden  " wurde eine einem Regiment, das im Weltkrieg gegen Deutschland   ge- kämpft hatte, verliehene Auszeichnung von einem französischeu .Offizier jungen Deutschen   angehängt. Auch das ging vorüber und keiner hatte was gemerkt. Longe blieb ich nicht in Fez. Es ging in die Bl ed. Die Bled   ist eine Steppe oder Pußta. Kleine Hügel, viele Steine und viele Bäche durchbrechen die Eintönigkeit. Spärlicher Groswuchs täuscht Fruchtbarkeit vor. Auch so eine Steinöde ist interessant. In T! m h a d i t stießen wir zur Kompagnie. Von der Kompagnie wurde ich mit einer Abteilung a»f Posten geschickt. Unser gegenwärtiger Posten ist mit 26 Mann besetzt. Diese gehöre» zu folgenden Nationen: Zehn Deutsche  , sieben Franzosen, zwei Russen, zwei Ein- geborene, zwei Pillen, ein Italiener, ein Belgier und ein Grieche. Tageslauf: 7 Uhr ist Wecken, 7.30 Uhr Antreten und Arbeitsbeginn, 10 Uhr Wegtreten, 10.30 Uhr Suppe, 13 Uhr An- treten, 17 Uhr Wegtreten, 17.30 Uhr Suppe, 20 Uhr zieht die Wache auf, 21 Uhr Appell. Unser Los ist nicht leicht. Eine falsche Romantik hat viele hierher gebracht. Ich mußte mich an das Leben gewöhnen, das Vaterland war sehr stiefmütterlich. Das nächste Mal berichte ich Einzelheiten. Nur eins möchte ich: Bücher. Es grüßt dich dein Neffe. Wie Nr. 24687 floh Drei schlimme Kriegsjahre hatte ich draußen an der Front glücklich überstanden, aber als ich dann endlich in die Heimat zurückkam, war sie mir kein« mehr. Die cnd- los« Not»nd die vielen Sorgen hatten meine Mutter noch kurz vor dem Kriegsende unter die Erde gebracht, und so stand ich nun plötzlich als Dreiundzwanzigjähriger allein und fremd in meiner Vaterstadt. Da es mit Arbeit auch schlecht bestellt war, so gelang es mir nicht, den Weg ins geordnete Leben der Vorkriegszeit zurück- zufinden. Ich verkaufte schließlich die wenigen Habseligkeiten, die mir verblieben waren, und ging auf die Wanderschaft. Fast «in Jahr lang tippelte ich in ganz Deutschland   umher, und landete dann eines Tages zusammen mit einem jungen Sachsen   in Duis- bürg auf dem Bahnhof.' Ein gut aussehender älterer Mann, der an unserem Tisch saß, mischte sich in unsere Unterhaltung und fragte, ob wir nicht Arbeit beim W ied« ra u f b au des zerstörten Gebietes von Nordfrankreich annehmen wollten. Wir schlugen ein, unterschrieben in einer mit Besatzungetruppen belegten Bor- stadtkaserne einen Vertrag und wurden noch am selben Abend mit einem Trupp von etwa fünfzig Mann zur Bahn gebracht, um die Fahrt ins Wiederausbaugebiet sofort anzutreten. Nachts schliefen wir, am anderen Morgen waren wir zu unserm nicht geringen Erstaunen statt in Nordfrankreich in Metz   und erfuhren zu unserem Schreck von einem Trupp neu Hinzugekommener, daß unser Reise- ziel die Fremdenlegion in Afrika   sei. Zwar gab es> einige ziemlich erregte Auftrstte einiger Betrogener, ober sie wurden ebenso schnell wieder unterdrückt. Von Metz   ging es nach Mar- seille, von dort nach Oran   und schließlich nach S i d i- B« l- Abbes, dem Zentraldepot der Legion. Die 300 Franken einmaligen Werbesoldes waren mit Hilfe der alten Legionäre bald verjubelt und das Elend der Legion begann. Die fünfzehn Sous, die es als tägliche Löhnung gab, reichten nicht einmal, um den Bedarf an Rauchtabak zu befriedigen. Auch der stramme Exerzierdienst und vor allein die langen beschwer- lichen Marsch'ibungen behagten uns keinesfalls. Nach etwa zehn Wochen wurden wir ins K r i e g sb a t a i l l o n nach Marokko   ein- gereiht. Es war gerade die Zeil der großen Aufstände der Araber und Rifkobylen. Nun begann ein Leben, das wir bald hundertmal ver- fluchten. Gewaltmärsche wechselte« mit blutige» und vertust-
reichen Gefechten. Ost blieb der Proviant aus. Das Schlimmste aber waren die Qualen des Durstes. Eine gefüllte Wasserflasche war neben der Mimition dos Kostbarste, was mau besitzen tonnte. Wer seine Feldslasche leergetrunken hatte, statt vorschriftsmäßig die. Hälfte zum Abkochen abzuliefern, bekam zum Mittag seine Portion Reis roh und konnte sehen, wie er seinen Hunger stillte. Nach fünf Monaten kamen wir zur Wiederherstellung und Auffüllung unserer stark gelichteten Reihen nach Fes. Kaum wieder einigermaßen zu Menschen geworden, beschlossen mein. Freund und ich, uns nach dem spanischen Rif, etwa hundert Kilo- meter von Fes entfernt, durchzuschlagen. Wir verkleideten uns als Araber, indem wir uns unsere Bettlaken wie Burnusse bis über dem Kopf zusammennähten und durchquerten in mühseligen Nacht- 'Märschen das selsige Rifgebiet. A in dritten Morgen glaubten wir unser Vorhaben schon so gut wie gelungen, als wir in dem unübersichtlichen Terrain plötzlich einem arabischen   Gendarm direkt in die Hände liefen. Da wir ihm nicht auf arabisch antworten konnten, nahm er un� ohne viel Federlesens an die Stahl kette und brachte uns im Galopp zur nächsten Station. Da wir nur kurz« Zeit von der Truppe wegwaren, so blieb uns diesmal noch das Kriegsgericht erspart und wir kamen mit der leichten Strafe von 80 TagenPrison  " davon. vormittags hieß es vier Stunden lang in glühender Sonnen­hitze mit 50 Pfund Sand oder Steinen im Tornister exerzieren und nachmittags gab es schweren Arbeitsdienst beim Straßenbau. Das Schlimmste war jedoch die Nachtruhe auf einer harten kalte» Zementpritsche, auf der man vor Kälte bibberte. Nach Lerbüßung der Strafe kamen wir zurück zum Regiment an die Front. Wieder begann dos fürchterliche Dasein mit Marschen, Gefechten und Entbehrungen aller Art. Zum Glück nahm es dies- mal für mich ein schnelles Ende durch einen B r u st s ch u h, den ich in einem Gefecht mit Kabylen bei Bybane bekam. Vier Monate verbrachte ich in Mecknes in einem Lazarett und wurde dann ins Depot nach Bel-Abbes entlassen, wo ich nicht nur neu eingekleidet wurde, sondern neben der rückständigen Löhnung für volle vier. Monate auch noch dieAgrave de Maroc", eine Art Crinnerungs- und Tapferkeitsmedaille, erhielt. Ms ich dann in Mascara, einer Station östlich von Bel-Abbäs, in einer Genefungskonrpagme «ine Reihe leidlicher Tage verlebt hatte, sollte es wieder noch Marokko   gehen. Ein unüberwindliches Grauen befiel mich jetzt davor, und so beschloß ich verzweifelt, wieder auf und davon zu gehen diesmal allein. An einem stockdunklen Abend sagte ich Mascara valet und machte nzich die Bahnlinie entlang laufend auf den Weg nach Oran  . Gegen Morgengrauen verkroch ich mich auf einer Station in einem auf einem toten Geleis stehenden Güterwagen, der mit einer Art.Heu beladen war, und schlief bald ein. Plötzlich wurde ich durch«inen Stoß geweckt: ich hörte das Fauchen einer Loko- motive und schnell näherkommende Stimmen. Ein panische? Schrecken erfaßte mich. Wenn sie mich jetzt entdeckten, war ich geliefert. In meiner Verzweiflung zog ich das lange Nadelbajonett, das ich mitgenommen hatte, aus der Scheide und wartete mit bis zum Zerspringen gespannten Nerven auf den weiteren Verlauf der Dinge, bereit, meine Freiheit auf Tod und Leben zu verteidigen. Ehe. ich mir jedoch weitere Gedanken machen konnte, ertönte ein Pfiff der Lokomotive und der Zug, in dem ich war, setzte sich in Bewegung. Zlber nun kam die Reaktion ans die Ausregung, ich begann am ganzen Körper zu zittern, vor weinen Augen tanzte es in bunten Farben und schließlich sank ich ohnmächtig zusammen. Als ich wieder zu mir kam, stellte ich die Fahrtrichtung fest. Ich hätte vor Freude laut aufschreien können: denn es ging direkt auf Oran   zu. Nach einer weiteren Stunde waren wir bereits dicht davor. Als der Zug auf freier Strecke hielt, ließ ich mich auf die Schienen hinuntergleiten, rollt« mich in die neben dem Geleise dahinlausende Erdfurche und schlich in die Stadt.. Am Ende einer engen Gasse, die auf den Hafen hinausführte, betrachtete ich wie ein Trunkener das bunte Treiben und das azurn- blau schimmernde sreiheitoerheißende Meer. In den Hafen hinunter- zugehen, wagt« ich in der Uniform nicht. Jetzt hieß es o o r allen Dingen, eine Hafenarbeiterkluft zu erlangen. In einer an verborgenen Winkeln reichen und schmutzigen Juden, gasse vollzog ich bei einem alten Krämer gegen schweres Geld diese Verwandlung. Eine halbe Stund« später schlendert« ich an den Schiffen entlang und erwartet« den Schichtwechsel auf einem zur Flucht auserwählten Schiff, ein Däne mit NamenFrederik". Un- auffällig mischte ich mich in den am Ende der Lausplanken warten- den Haufen der Hafenarbeiter und zog mit ihnen an Bord, um sofort in den Kohlenbunker zu verschwinden. Meine Geduld wuriv auf ein« ziemlich harte Probe gestellt: denn es dauerte noch 24 Stunden, bis die Anker gelichtet wurden. Obwohl wir nach einigen svtunden Fahrt die französische 5)oheits- grenze bereits weit hinter uns gelassen hatten, hielt ich mich, nach- dem ich mich in dem vorderen Laderaum einquartiert hatte, ver- borgen, bis wir die Nordsee   erreicht hatten. Es gab nicht wenig Verwunderung, als ich zum Vorschein kam und erzählte, daß ich entflohener Fremdenleglonär sei. Der Kapitän, ein gemi'tvoller Mensch, der auch deutsch   sprach, ließ n»ich dann vor ollem e r' mal richtig satt futtern und übergab mich zwei Tage später in Kvpen» Hagen   der Hafenbehörde, die mich nach eingehendem Verhör per Schub an die deutsche Grenz« brachte. In Stettin   betrat ich nach fast zweijähriger Ab- Wesenheit, um manche Erfahrung reicher, zum erstenmal wieder den heimattichen Boden. Fetzt bin ich nach vielen Kämpfen und Mühen wieder seßhaft geworden und habe ein leidliches Auskommen. Dennoch gedenke ich oft mit einem leisen Erschauern an jene Zest zurück, in der ich die Nummer 24687 der Fremdenlegion.war. W. KJodcrley.