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Gideon GWele: ff ffCt�l VI Disssr Tage überwies mir dos anatomische Institut eines Kronkenhauses in Mitwauke«. Vereinigten Staaten von Amerika  , 100 Dollar. Auf der Rückseite des Postabschnitts stand vermerkt: Im Auftrog von Herrn Dr. phrl. Emil Banzhaf t-' Das Kreuz hinter dem Namen erschüttert« mich. Es ließ eine Freude über die <55«Mumm«, so gut ich sie auch aeb rauchen konnte, nicht mrskommen� Banzhaf war ein lieber Freund von mir gewesen. In München  hatte» wir Kollegs zusammen gehört. Ohne uns zu verabreden. lvaren wir uns dann später immer wieder über den Weg gelomen. Daß wir uns zum letzten Mal gesehen hatten, lag Jahre zurück. Und nun war Banzhaf tot. War er krank gewesen? War er einem llnglücksfall zum Opfer gefallen? Was hatte ihn veranlaßt mir hundert Dollar zu vermachen? War er, dessen Kasse, solange w,r uns kannten, an chronischer Ebbe litt, in Amerika   zu Vermögen gekommen? Am andern Tag brachte der Postbote einen Brief, der mich auf- klären sollte. Er war von der Hand meines Freundes geschrieben und lautete also: Milwaukee, 15. Oktober 1929. Lieber Freund. Ich habe etliche Mordsdummheiten gemacht. Die erste war die, daß ich mich von einer Flieg« ins rechte Bein st-chen ließ, einer richtiggehenden hundertprozentigen amerikanischen   Feld-, Wall)- und Wiesenflieg«. Die zweite war, daß ich kratzte, als es juckte, anstatt die Gemütsstärke auszubringen, nicht zu kratzen, als es juckt«. Und die dritte war, daß ich meine Flossen nicht wusch, eh« ich kratzt«, als es juckte. Resultat dieser drei Totbeslande: Blutvergiftung, die Amputation des rechten Veins nötig machte. Weil ich es mir aber sehr wenig spaßhast vorstelle, mit"dem linken Bein allein in der Welt heruMzuhumpeln, an dem überdies zwei Zehen fehlen, die ich mir in Rußland   erfror, schlucke ich nach Beendigung dieser Epistel ein halbes Kilo Vonmal, das mir der Krankenwärter zur Ver« sügung gestellt hat, ein oernünstiges Individuum, das der Auf- saffung huldigt, daß wir, wenn wir schon das Recht hätten, unser Leben zu leven, auch jenes hoben müßten, es zum Sterben zu bringen. Uober meinen Tod komme ich hinweg in dem Gedanken, daß er originell ist. Oder hast Du gehört, daß sich jemals jemand den Witz geleistet hat. sich von einer Fliege torstechen zu lösten? Ich habe ein herrliches Leben gelebt, mein Freund. Nur Hobe ich nichts Reddes mit ihm ansangen können. Ich bin stets daran gescheitert, daß es.zwei Seiten hat. Ich schlug mich nmner aus die falsche Seite, um dann erkennen zu müssen, wo die richtige ist. Weil ich also verdammt wenig nütz war, soll wenigstens mein Ab­gang nutzlich sein, indem ich meinen corpus für hundert Dollar, die an Dich auszahlbar sind» der Anatomie verschreibe. Kein« Wider- rede, altes Haus. Ware es nicht eine Zlffenschande, wenn ich davor gurückschrecken würde, meinen nochmaligen Kadaver zu efsektuieren? lind Du, mein Lieber, hast den Erlös aus ihm um mich verdient. Denn es will mich dünken, daß Du der eingige Mensch bist, der mir wohlwollte. Wenn Du dieses Gekritzel erhalten hast, mein Freund, schweb« ich bereits als Geist über den Wassern. Als solcher erwarte ich von Dir, daß Du in Deinem stillen Kämmerlein eine Flasche Wein aus mem Wohl leeren wirst. Und wenn Du ein übriges tun willst. lohst Du Dir ein n-ttes kleines Mädchen dazu ein und hast sie in meinem Nomen lieb. Letzteres jedoch mir, falls Du nicht in zarten Banden einer besteren HSlste schmachtest. Das Leben ist reichlich kurz, mein lieber Freund!... Noch Dein Emil Vanzhal. Dieser Brief machte in mir das Bild meines Freundes lebendig, wie er leibte und lebte. In nachfolgendem seien ihm.zum Gedächt­nis einige Erinnerungen aufgezeichnet. * Emil Aanghaf war ein großer dünn» Mensch, hrmer dem die Gastenjungenlanger Lulatsch" herschrien. Seine Bewegungen waren langsam und mechanisch, als ob der, der ste ausführte, nichts von ihnen wüßte. Und er wußte auch von nichts. Er war stets in Gedanken versunken und in Ideen verstrickt, die ihn gänzlich ge- fangennahmen und die er. wenn er jemand gsfunden hatte, der ihm zuhörte, mit einem Aufwand an Pathos verkündet«, das in keinem Vorhöllnis zu dem von ihm Mitgeteilten stand. Pathetisch war auch der Ausdruck seines Gesichts. Feierlich saß ihm eine Gelehrtenbrille aus dickem, bläulich schimmerndem Glas auf der klastisch geformten Nase. Die Augen leuchteten wie bei einem Boptistenprediger in erhabenem Glanz. Was aber den ganzen, verboten aussehenden Kerl so ungemein anziehend machte, war, daß man fühlte, welch großen Wstand er von sich selbst hott«, und daß er genügend Inkelligeng befaß, sein eigenes Gehl« und Gehabe zu ironisieren. Das geschah wiederum mit Pathos und die Wirkung war durch- schlagend. Im Jahr« 1912 lernte ich Emil Banzhof m München   kennen. Wir trafen uns im kunsthistorischen Seminar eines bekannten Pro- festors und gingen lang« Zeit aneinander vorüber, bis wir uns anläßlich einer Exkursion zusammenfanden, die unternommen wurde. um uns Studenten in die architektonischen Schönheiten der Isarstadt «iiMweihen. Wir standen so an die zwölf Wissens chaftsbeslisten« vor der Febdherrnhalle mit unserem Profestor. der dieses schöne Bau- werk mit der Lauge seines Scharfsinns übergoß und zum Schluß auf die Löwen zu sprechen kam. die bekanntlich die Feldherrnhalle  flankieren. Er konnte sich nicht genug darin tun. die Kraft und Schönheit der in Stein gemeißelten Wüstenkönige zu betonen. Wir Studenten murmelten beifällig. Nur Banzhaf schien nicht recht einoerstaiZden zu sein. Schon während der Profestor sprach, war mir aaefgsfallen, daß er um die Löwen herunMkrochen war und sie eingehend von vorn und hinten, von links und rechts beguckt hatte wie ein Tierhändler dos lieb« Vieh. Jetzt äußerte er unverhohlen fein Mißfallen. Aber Banzhaf", sagte der Professor,sehen Sie nicht, mit welch großem Können disse Tierplastiken gestaltet sind?" .Ich sehe!" erwiderte dieser. haben Sie denn kein Gsfühl dafür, mit welch vollendeter Harmonie diese Standbilder in das Gefamtmoiuimevt eingegliedert sind?" fragte der Projestor weiter. Ich habe das Gefühl dafür", verteidigt« sich Banzhaf. Der Profestor wurde ärgerlich: .Ja, vias in drei Teufels Namen haben Sie dann auszusetzen?" Und Banzhaf, der sich verkannt sülstte, erwidert« fei»lich und voll tiefen Ernste«: .Ich habe an dem Monument auszusetzen, daß die Löwen--- geschlechtslos sind!" Der Professor drehte Banzhaf den Rücken zu und würdigte ihn keines Blickes mehr. Die Studenten belachten den Ausspruch als Witz. Mr ober ging auf, daß er durchaus ernst gemeint sei, was mir Banzhaf dann auch bestätigt«: »Lann ich zu einer ästhetischen Wertung einer Tierplastik vor- dringen, wenn nicht einmal ihre zoologischen Vorbsdingungen er- iüllt sind? Kann eine Tierstotue Kraft ausdrücken, wenn ihr das Organ fehlt, das vorwiegend das Merkmal von Kraft ist?" Ich bot weine ganze Beredsamkeit auf, um BoniZhaf zli über­zeugen, daß er bei der Bewertung von Kunstwerken von falschen Voraussetzungen ausgehe. Cs ist mir nicht gelungen. Wir disku- tierten einen Tag und eine Nacht und noch einen Tag. Gelungen ist mir lediglich, das Vertrauen de» langen Menschen zu gewinnen»
der sich ernst genommen fühlte, was ihm selten passieren mochte und der mir deshalb in Zukunft mit rührender Treue anhing. So sind die geschlechtslosen Löwen an der Feldherrnhalle   in München  das Fundament unser» Freundschaft geworden., * Im Frühjahr 1916 hatten Emil Banzhaf und ich uns zufällig auf einer Landstraße in Rußland   zwischen WLna und Kvwno wiedergetrvffen. Banzhaf bskand sich mit seiner Batterie auf dem Vormarsch. Ich kam soeben aus dem Urlaub und suchte meinen Truppenteil. Das Wester war unwirsch und rauh. Einmal regnete«s, dann schneite es. Dann trat die Sonne an den Himmel und taute den harten Erdboden auf. Und endlich wurde es wieder kalt, so daß die unzähligen, mit Waster gefüllten Tümpel aus der Landstraße sich mit einer heimtückisch dünnen Eisschicht überzogen. Um unsere erstarrten Glieder zu erwärmen, waren wir vom Protzkasten des Geschützes, auf dem wir saßen, heruntergestiegen und trotteten, uns an philosophischen Gesprächen ergötzend, hinter einem Pferdegespann her. Da überkam einen der Gäule ein Rühren und er ließ in seiner Unschuld dem guten Banzhaf etwas vor die Füße fallen, in das dieser bestimmt hineingetreten wäre, wenn ich nicht aus Leibeskräften gebrüllt Höste: Vorsicht, Pferdeäppel!" Mein Freund Banzhaf sprang zur Seite und zwar misten in eine mit einer Eisdecke überzogene Pfütze hinein. Er sank«in über die Knie bis zu den Oberschenkeln. Der Batteriechef, der soeben vorbeigeritten kam, baiahl dem Gefreiten Banzhaf, an Ort und Stelle zu verbleiben und darauf zu achten, daß keines der nach- folgenden Gefährte in das Loch gerate. Und d» Gefreite Banzhaf blieb eine geschlagene halb« Stunde lang knietief im Eiswast« stehen, well« annehmen mochte, die drohende Gefahr auf diese Weise am anschaulichsten zu demonstrieren. Nach einer weiteren halben Stund« gelangt er wieder vorn an der Spitze der Basteri« bei mir an. Und er begann, als ob keinerlei Gesprächspause gemocht worden sei. an meine letzten Worte an- zuknüpfen: Der Ausdruck.Pferdeapfel', mein Liober, ist ein« faliche Zu- sannnenkoppelung zweier Begrifje, die nicht dos geringste mit- einander.zu tun haben und die wir endgültig aus unserem Sprach- schätz streichen sollten. Der Apfel nämlich ist die sehr nahthafte und wohlschmeckende Frucht des Apfelbaumes,«in wertvolles Geschenk der Nawr, also ein Ausbau Produkt. Die Exkrement« de? Pferdes hingegen sind weder eine nützliche Frucht noch sonst eine bedeutsame Gabe der Natur. Sie dürften weder wohlschmeckend noch nahrhaft sein. Sie sind vielmehr ein Zerfall-, Abbau- und Zersetzungs­produkt." Nach dieser Rede konnte ich den langen Banzhaf nur stumm und mit ehrnirchtigscheuer Bewunderung von der Seite anschauen. Am Wend stellte sich dann heraus, daß Banzhaf sich in der Eis- pfütze, in der er gestanden und das Wort Pferdeapfel unter die kritische Lupe feines erleuchteten Verstandes genommen hatte, zwei Zehen feines linken Fußes erfroren haste. * Zum letztenmal begegnete ich Emil Banzhoi in Berlin   1920 im Kaffee Größenwahn am Kurfürstendamm  , in destm Hallen damals die Bohdme verkehrt« und das heut« unter anderen Namen ein solideres Däfern führt. Barylhaf mar im Begriff» feinen Doktor zu
Ofe ItVibux: Sfelgiem ArbeUer schule In einem alten, schattigen Park, desten hohe Bäum« wie schützend ihr« Zweig« üher das Haus breiten, liegt Belgiens  Arbeiterbildungsschule. Etwa 40 Minuten fährt man mit der Elek- irischen vom Hauptbahnbof Brüssel   nach der Vorstadt U c c l e zuerst durch enge, alt« Gasten  , an den Proletarierwohmingen der Unterstadt vorbei, dann durch breit«, von vohen Bäumen einge- säumte Boulevards nach der Waterloo-Ehoustee. Nur wenig« Schritte von 0» Haltestelle entsernt sind wir schon am Ziel. Durch eine eiserne Pforte treten wir«in. Grüne Rasenflächen, Blumen- beete, blühende Sträucher und Bäum«, wohin auch der Blick schweift! Welch ein Bild der Schönheit und Stille, de» Friedens und der 'Sammlung! Breite, kiesbedeckte Wege führen noch den Schul- und Wohngebäuden, in denen belgisch« Sozialdemokraten ihr« geistige Schulung zum Wohl ihrer gesamten Klaste vertiefen und erweitern. Man spürt etwa» von diesem harten, ernsten Ringen, wenn man in die Räume eintritt. Man fühlt, daß hier Menschen mit Begeisterung und Eifer an der Arbest sind. Jedes BUd an der Wand«zähst, daß hier ein einziger gsfchostener Wille herrscht, daß ausschließlich Kräfte der belgischen Arbeiterschaft dieses Haus«r- füllen. Die Arbeiterbildungsschnle ist das Werk einer großen, ziel- bewußten Partei. Sie entstand nach dem Wellkrieg aus der tiefen Erschütterung der belgeschen Arbeiter, aus dem Drange, die Ideen des völkerverbindenden Sozialismus zu vertiefen. I» still» Ab- geschlossenhest sollte hier«ine Stätte»richtet werden, von der aus ein Strom von Aufklärung und Bildung weit hinaus ins Land fließen sollte. Don hl» aus aber sollte auch die Idee'des Friedens und der Verständigung hinousgesandt werden in alle Länder der Erde. Begabte, mindestens 18 Jahre alle Arbeiter, die körperlich gesund sind, und deren Eharattereigevischasten ein« Gewahr für die Einordnung in«ine sozialistische Gemeinschaft bieten, finden hier alljährlich Aufnahme. Sie müssen die Grundelemente der Volk»- schule in sich aufgenommen haben und französisch lesen und schreiben können. Einen breiten Raum der Kurse nehmen die Ausbildung in d» Muttersprache und die gründlich« Einführung in die Arbester. bewegung nach der politischen und gewerkschaftlichen, der kulturellen und der genossenschaftlichen Seit« hm ein. Daneben wird allgemeine Welt- und ftulturgeichicht« unterrichtet: die Geschichte des Sozialis- mus wird ausführlich behaXdelt. Dem Bürgerrecht, der sozialen Gesetzgebung, d» Psychologie, der Rechnungsführung ist«ine groß« Anzahl von Unterrichtsstunden gewidmet. Emen kleineren Raum nehmen Kunstgeschichte, Lfteratur, Pädagogik ein. Der Gesundheit«' pflege sind in jedem Kursus 20 Unterrichtsstunden vorbehallen. in denen di« Fragen der Hygiene, di« gerade für gehetzte Proletarier von Wichtigkeit sind, ausführlich besprochen werden. Man legt heut« bei der Aufnahme den Hauptwert nicht auf Schulwissen und gut« Zeugnisse, sondern auf Intelligenz, gute Eharaktereigenschasten und die Durchdringung der Lebensführung mst den Grundsätzen de? Sozialismus, und man hofft, auf dies« Weise wirklich wertvolle Kräfte der belgischen Arbeiterbewegung heranzubilden. Ein Rundgang durch die Arbeiterhochschule vermistest aus- gezeichnet« Eindrucke. Klein«, saubere Einzelzimmer, fliehende« Wasser, Bodeeinrichwugen, helle lustig« Klastenröum«, freundlich« Eßzimmer und«in gemütlicher Dersammlungssaal zeigen, daß die Grundsätze der Hygiene hier in der Praxis Anwendung geiunden haben. Durch ausgedehnte Körperpflege, durch Aufentholl m frisch»
fnoen.«« fehlte ihm ober wie uns allen am Geld. Als er hörte. daß ich einig« hundert Mark Ersparnisse bei mir trug, pumpte er mich an. Geheimnisvoll Msternd erzählte er mir, daß er seit Mo� naten sein Brot cm der Roulette verdiene und ein System entdeckt Hab«, das tödlich sicher fei. Er«olle mich am Gewinn beteiligen. sosern ich nur die nötigen Geldeinsätze in die gemeinsame Spiel- firma einbring«. Ich ließ mich um so leichter überreden, als ich mir darüber klar war. daß ich mit meinem kleinen Vermögen, das sich zudem von Tag zu Tag entwertet«, kein« großen Sprünge machen kannte, und daß mst Geld, das morgen oder übermorgen doch olle war. va banque zu spielen kein großes Risiko bedeutete. Uederdies haste ich Vertrauen.zu dem System meines guten asten Freundes. Wenn der schon von tödlicher Sicherheit sprach, dann mußte es auf Felsen gegründet fein. Am Abend pllgerten wir nach einem ganz bestimmten der zahl­reisten Spielsalons im Berliner   Westen, die damals behördlich kon- zsffioniert waren. Ich tauschte an der Kasse meine Baoschast in etliche Dutzend runde Zelluloidplättchen um, von denen jedes 10 Mark wert war. Banzhaf zückt« ein dickes Notizbuch, in das Seite für Seite unendliche Zahlenreihen eingezeichnet waren. Wir nahmen am Spiestifch Platz und ich setzte nach meines Freundes gebieterischen Anweisungen. DasSystem" funktionierte folgendermaßen: Im Laufe der vergangenen Wochen waren an der Roulette, an d» wir saßen, tausendgwohundertundeimmidvierzigmol mehr rote als schwarze Zahlen gekommen, was Banzhaf Coup für Coup und Abend für Abend in seinem Notizbuch registriert hotte. Nach dem Gesetz des Ausgleichs so schloß mein Freund, mußte jetzt bald die rore Periade von einer schwarzen abgelöst werden. Daß ein« ein- fache Chance wie Rot und Schwarz um mehr als taufend Treffer die andere überslugelle, hatte er in seiner Praxis als Spiel« noch nicht erlebt. Also setzten wir Schwarz. ' Und wir verloren. Und wir verloren noch cimnal. Und dann gewannen wir. Und dam: verloren wir wieder. Und wir verloren zum viertenmal. Und wir gewannen erneut. Und dann kam wieder Verlust. Und wir vertoren viel mehr als wir gewawren, weil immer mehr Rot als Schwarz kam. Und Rot kam zmn taufeitddrei- hundertstemnal mehr als Schwarz. Ich wurde zappelig, als ich mein Vermögen vevschwmden sah. Durchhalten", ermahnte mich Banzhaf,bloß jetzt die Nerven nicht verlieren!" Und wir hiesten durch. Und wir verloren di« Nerven nicht. In unerschütterlicher Ruhe spiellen wir nach dem todsicheren System, bis wir unsere letzte Aelluloidmarle verspiest hatten. Auf dem Nachhauseweg«, den wir wie begossene PuM zurück­legten, wogte ich zu bemerken, daß das todsichere System doch wohl nicht ganz so sicher sei, woraus der lange Banzhaf ehrlich entrüstet ei widerte:Ein System, das todsicher ist, ist todsicher, worauf Du Dich verlassen kannst. Wir haben nur nicht genug Geld gehabt. Du wirst doch wohl zugeben mästen, daß nach den Gesetzen der Mache- matik schließlich doch einmal der Ausgleich kommeck muß." Auf diesen Ausgleich wartete mein Freund noch wachen- und monatelang. Er wartete auch noch, nachdem ich längst über alle Berge war. Zukünftig konnte ich ihn mir nur noch als einen Men- scheu vorstellen, der ewig aus dm gerechten Ausgleich wartet«. Sein letzter Brief hat mich belehrt, daß er den aussichtÄofsn Kampf auf­gegeben hatte. Dies sind die Erinnerungen an meinen Freund Banzhaf, der di« Löwen an der Feldherrnhalle   zu München   als Kunstwerke nicht anerkannt«, der konstatierte, daß der AusdruckPferdeapfel" eine unmöglich« Wortverkoppelung fei, der Roulett« nach einem»stob- sicheren" System spiest«, und der sich hernach von einer Fliege tot- stechen ließ._
Luft und eine gesunde, einfache Kost hofft man. dm Gefahren der Usberarbeitung, denen gerade di« Eifrigsten ausgesetzt sind, wirksam zu begegnen. Wundervoll ist der Wck von dm Fenstern in dm grünenden, blühenden Park. Ein yaier, verhaltener Dust zieht durch dir Räum«, von Maiglöckchen und Hyazmthm, von Krokus und Tulpen. Auf dm Rasmfiächsn draußen tummeln sich junge Menschen. Der Klang dreier Sprachen rängt durch die Stille: etwas, das uns Deutsche   aufhorchen läßt. Flämisch, Wallonisch und Französisch, die drei Sprachen Belgiens  , begegnen uns auch in der Arbeiterbildungs- schul«, denn ihre Angehörigen stammen aus dm verschiedmsten Teilen des Lavdes. Das Flämische ist für uns leicht zu verstehen, denn es ist dem Plattdeutschen nahe verwandt. Beim Wallonischen   handelt es sich um eine oltsranzäsische Mundart, die mit fremden Sprach- testen durchzogen ist. Die offiziell« Sprach« Belgiens   ist ja das Französische. Was uns Sozialisten am meisten an diesem Drei- spracheniang int»estisrt, ist die Tatsache, daß dies« drei Formm des sprachöchen Ausdrucks die politische und wirtschaftliche Einheit Bei- ctzms keineswegs erschüttern. Ist es die wimdervoll« Schönheit und Still« dieses Frühlings- idylls, di« in dem Besucher eine Überwästigend« Sehnsucht nach Frieden und Berstündigung der Völker erzeugt? Od» wirken die stark« Geschlossenheit und d» zielbewußt« Wille, d» hier, inmitten dieses Paradieses an Landschastsschönheit, zum Ausdrucke kommt, so stark, daß sie jeden Zweifel an einer Verwirklichung der großen sozialistischen   Idee des DAkerfriedms zu verscheuchen imstande sind? Ja, dieses Gebäude, dies» Park un-d dies« Menschen, die m drei Sprachen sprechen und sich doch verstehen, sind wie ein groß«? Simt- bild. Sie vermitteln dem Besucher, h» aus der Unrast Europas  hier einkehrt, den unerschütterlichen Glanben, daß das große Ziel. das uns all« vereint, die Schassung eines geeinten Europa  , trotz ver- schieden» Sprachen verwirklicht w»den wird!
Wieviel Ahnen hai ein IJTenfrJt? Bei einer rein theorettschm Beantwortung dieser Frag« konmtt man aus dem Weg« der Berechnung zu geradezu phontastischllt Zahlenreihen. Jeder Mensch hat 2 Ellern, 4 Großeltern, 8 Urgraß. ellern. 16 Ururgrohellern und so fort. In der 10. Geschlechtersolg« nach rückwärts hat d» Mensch schon über 1000 Vorfahren, in der 16. Geschlechterfolge schon über 63 000, und bereits mit der 20. Ge- schlechterfolge ist die Million überschritten, m der 31. Geschlechter- oflge aber hat die Ahnenzahl schon eine Milliarde«reicht, und die Zahl d« Ahnen, die einer unserer Zeitgenossen zur Zell Karls des Großen gehabt haben muß, würde die Zahl von 8 Milliarden überschreiten. Soweit die Theorie in der Praxis werden diese Zahlenreihen natürlich ganz erheblich eingeschränkt. Bei obiger B-' rechnung ist nur die Zahl der Ahnen eines einzigen Menschen er- mittelt; jeder sein« Zeitgenostm hat ober den gleichm Anspruch auf dieselbe Zahl von Ahnen, die Ahnmveihe darf daher nicht per- «Inzell   betrachtet werden. Ferner ist zu berücksichtigen, daß dieselbe Person in der Regel wiederholl erscheint oder daß sich Geschwister darunter befinden. So scheidet ans der obersten Ahnenreihe aus der Zeit Karls des Großen schon etwa«in« Milliarde von Personen aus. Bei Heiraten zwischen Geschwisterkindern fällt schon ein Viertel der obersten Stammreih« weg. und durch jade Blutsverwandtschaft wird »us dm obersten Reihen der Porfohren von vornherein«ne be- deutend« Anzahl ausgeschaltet. So schmelzen die theoretisch er- rechneten Milliarden Wied» auf«in faßlich«« Maß zusammen.