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BERLIN  Freitag 23. Mai

1930

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts

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Nr. 239

B 119

47. Jahrgang

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Die Arbeitslosigkeit steigt.

Auch im Mai noch Zunahme in Berlin  .

Die Entlastung des Arbeitsmarties im Bereiche des Landes. arbeitsamtes Brandenburg   vollzog sich in der Zeit vom 1. bis 15. Mai in einem noch geringeren Ausmaße als in der zweiten Aprilhälfte. Die Zahl der Arbeitsuchenden ging zwar noch zurüd, die Abnahme entfiel jedoch lediglich auf die Provinz. 3n Berlin   stieg dagegen wieder die Arbeitslosen­siffer fowohl bei männlichen wie bei weiblichen Personen.

Der ständige Beschäftigungsrüdgang in den wichtigsten Ronjunt­turgruppen( Metall, Holz- und Schnigstoffgewerbe) sowie Saison­schluß der Mänteltonfektion im Bekleidungsgewerbe sind die Ursachen dieser erneuten Verschlechterung des Berliner   Arbeitsmarktes. Die Verminderung der Arbeitsuchenden in der Provinz ist in der Haupt­fache auf die Aufnahmefähigkeit der Außenberufe zurückzuführen. Aus dem Baugewerbe wird allgemein über eine auffallend langfame Entwidelung berichtet, desgleichen aus der Ziegel­' industrie. Jm Braunfohlenbergbau dürfte immerhin die rüdläufige Bewegung fiberwunden sein; verschiedene Betriebe hoben die Feier­fchichten gänzlich auf, andere schränkten fie bereits start ein. Im Spinnstoffgewerbe waren stellenweife Anzeichen für eine baldige Besserung der Lage erkennbar.

In Brandenburg   fant die Zahl der Arbeitsuchenden um 2725 auf 421 389 Personen, in Berlin   ffieg fie aber noch auf 316 960 Personen an. Am 15. Mai wurden in Berlin   173 106 Personen aus der Arbeitslosenversicherung, 42 498 Personen aus der Krisenfürsorge unterstützt.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist hoch ernst. Der Höchst­

Die Heimwehr  .

SELLUNG AND

und Ordnung?"

Der Landtag beschlußunfähig.

Obstruktion von Hugenberg bis Dieck.

Die Freitagsigung begann mit der dritten Lesung der erhöhter Grundvermögenssteuer. Nachdem in der Einzelberatung alle Ab­änderungsanträge der Opposition abgelehnt waren, traten bei der. Schlußabstimmung Deutschnationale, Deutsche Bolfspartei, Kommu nisten und fleinere Rechtsgruppen gemeinsam in die Obstruktion und machten das Haus beschlußunfähig.

Hierauf wurde die dritte Lesung des Haushalts fortgesetzt. Beim Etat des Innenministeriums führten die Abgg. Hein Barmen( Dnat.), Bord( Dnat.) und Lohse- Altona( Nat.- Soz.) Beschwerde über die preußische Polizei und die preußische Personal­politit. Abg. Heidenreich( D. Vp.) griff die Personalpolitit des Statistischen Landesamtes an. Die Debatte geht weiter.

Es wird geräumt.

Ueber Brückentopf Maximiliansau teht die Reichsflagge.

Karlsruhe  , 23. mai.

Die franzöfifd;: Besahung des Brüdenkopfes Magi­miliansau( gegenüber Karlsruhe   auf der pfälzischen Seite) hat geffern nachmittag in aller Stille die Tritolore einge­zogen und den Brüdenkopf geräumt. Die Garnison ist zunächst nach Germersheim   abgezogen, von wo aus ihr Rücktransport nach Frankreich   erfolgt. Kurz vor ihrem Abzug hat die franzöfifche Be­fatzung die bisher von ihr benutzten Gebäude den örtlichen Behörden übergeben, die bald darauf unter freudiger Anteilnahme der Be­

hißten.

punkt der Wirtschaftskrise scheint aber überschriften zu sein. Entwaffnen laß ich mich nicht. Wer schütt sonst Ruhe völkerung die deutsche Reichsflagge auf den Gebäuden In der Elektroindustrie hat fid) in den letzten Wochen die Lage end­lich etwas gebeffert. Deutschland   braucht schleunigst die längst fälligen öffentlichen Auslandsanleihen und die ebenfalls längst fällige Senfung der Kartellpreise; dann muß es, wenn auch allmählich, wieder aufwärts gehen.

Unternehmer in die Parlamente!

Aufruf des Industriellen- Verbandes.

Brünings Finanzforgen.

Nichts geht glatt; sogar der Finanzausgleich verschoben.

Die gestrige Sigung des Reichskabinetts, die sich mit der schwie-| steuer weniger erhalten, während Bayern   82 Millionen mehr

Flugzeughallen versteigert.

rigen Finanzlage beschäftigte, hat infolge der großen Meinungs- erhalten würde. Bayern   würde dann im Ueberfluß schymelgen verschiedenheiten innerhalb der Regierungs- fönnen, während der Freistaat Sachsen   mit seinen schwierigen parteien zu feinem Ergebnis geführt. Die Regierung Brüning, industriellen und wirtschaftlichen Verhältnissen zum dauernden die sich gerühmt hatte, durch ihre Entschloffenheit Deutschland   vor Siechtum verurteilt würde. dem Finanzchaos gerettet zu haben, muß bereits jetzt wenige Wochen später betrübt eingestehen, daß der geforderte Ruhm auf Bori fchuß nicht berechtigt gewesen ist. Nichts ist von ihren Ankündi gungen in Erfüllung gegangen. Alle ihre Prophezeiungen haben sich jetzt bereits als falsch erwiesen. Daher muß man sich heute mit Lösungen beschäftigen, die man noch vor wenigen Wochen als un­möglich bezeichnete. Daher ist es zu verstehen, daß sowohl die Er: höhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als auch alle anderen Vorschläge zur Sanierung der Reichsfinanzen auf erbitterten Widerstand innerhalb der Reichsregierung stoßen und das Tag für Tag vergeht, ohne daß die Regierung fich zu einem Entschluß aufzuraffen vermöchte..

Heute hat im Hauptausschuß des Reichsverbandes der deutschen Industrie dessen Präsident Geheimrat Duisburg eine bedeutsame politische Erklärung abgegeben. Die Industrie befinde sich an einem Bunfte der innerpolitischen Entwicklung, wo die zunehmende Mutlosigkeit und Verdrossenheit dazu zwinge, neue Bege einzuschlagen. Nach der Staatsumwälzung sei die letzte Ent­scheidung auch in wirtschaftlichen Dingen in Hände gelegt worden, die in diesen Fragen weder hinreichend sachverständig noch bereit seien, die Berantwortung für diejenigen Entschlüsse zu tragen, von deren Folgen die Masse der Bevölkerung in erster Linie betroffen werde. Das Unternehmertum habe vergeblich ge­warnt, um einen anderen Kurs der Wirtschaftspolitik zu erreichen. Diese Verhältnisse zwingen dazu, daß die Bertreter der Wirtschaft aus ihrer bisherigen zurückhaltung heraustreten, und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln attiv handelnd an der Politik sich be teiligen. Es sei zu verlangen, daß die notwendige Verstärkung der politischen Aktivität Aufgabe und Pflicht der einzelnen Persön lichkeit innerhalb der Wirtschaft werde. An alle verantwortlichen Leiter wirtschaftlicher Unternehmungen richtet Duisburg   den Appell, sich nach Maßgabe ihrer Zeit und Kraft in den Wie start aber nicht nur in der Frage der Arbeitslosenversiche: rung und über die Sanierung der Reichsfinanzen die Meinungsver Boltsvertretungen von Reich, Ländern und Gemeinden schiedenheiten innerhalb der Regierungsparteien sind, das zeigt die politisch zu betätigen. Dieser Appell Duisbergs hat zweifellos erhebliche politische Be- Tatsache, daß die für die Finanzen der Länder und Gemeinden sa beutung. Wenn Unternehmer stärker als jetzt im Reichstag ver­überaus wichtige Frage des Finanz ausgleichs unerledigt treten fein wollen, dann müssen fie diese Bertretung in den bleiben soll. Die Sigung des Steuerausschusses über die Borlage Bürgerblodparteien finden, die jest regieren. Damit wird der Reichsregierung zum Finanzausgleich, die bereits mehrfach an­der Appell Duisbergs zu einer scharfen Mißtrauenserflä gefeßt war, ist jeßt endgültig bis nach Pfingsten hinausgeschoben rung gegen die Politik des jezigen Reichstabinetts und die stüzen worden. Diese Berzögerung ist ein außerordentlich großer Nachteil den Barteien. Die Deffentlichkeit, auch die Arbeiterschaft, wird fich für Länder und Gemeinden, denen es dadurch unmöglich gemacht freuen, wenn die deutschen   Unternehmer in größerer 3ahl in den wird, thre Etats fristgemäß aufzustellen. Die Verschiebung der Be Barlamenten erscheinen werden. Wenn fie dort Verantwortung ratungen über den Finanzausgleich hängt aber auch fachlich mit übernehmen, werden sie den Unterschied von Kritisieren und ver einem Borstoß der süddeutschen Länder zusammen, die antwortungsvollem Handeln am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Berteilung der Reichssteuern nach einem ganz anderen Maßstab als Die Unternehmer sollen beweisen, was fie fönnen. Freilich bisher vorzunehmen. Würde dieser Vorstoß Erfolg haben, dann ist daran zu erinnern, daß schon im Jahre 1924 nach der Beendi­würden z. B. aus der Einkommensteuer Beträge von vielen hundert gung der Inflation die Wirtschaft im Reiche die Führung verlangt hat und der gleiche Appell an die deutschen   Unternehmer erging, sich Millionen, die in Norddeutschland aufgebracht werden, nach Süd­zur llebernahme praktischer Verantwortung in den Parlamenten deutschland   fließen. Sachsen   z. B. würde durch diesen neuen zu melden, damals war es umsonst. Verteilungsschlüffel 85 Millionen Mart Eintommens

Die rigorose Befahungsbehörde.

Zahlmeister der französischen   Rheinarmee 25 Flugzeughallen ver. Mainz  , 23. Mai.  ( Eigenbericht.) Am Donnerstag nachmittag wurden hier durch den Armeeober­steigert. Davon befinden sich 21 auf dem Flugplatz Speyer  . Lachendorf   und drei auf dem Flugplatz beim Grießheimer Lager bei Darmstadt  . Eine Halle befindet sich auf dem Flugplatz, bei Raiserslautern. Alle Versuche der hessischen Regierung, die Versteigerung der Grießheimer Hallen mit Rücksicht auf den transatlantischen Flugverkehr durch Vorstellungen bei der französischen   Bejazungsbehörde zu verhindern, schlugen fehl. Sie wurden für 100 000 Franken( 16 000 Mark( von einem Mül­hauſener Unternehmen ersteigert.

Die französischen   3ipilangehörigen der Besatzung haben heute die Anweisung erhalten, sich darauf vorzubereiten, daß fie bis zum 14. Juni das beseßte Gebiet zu verlaffen haben.

Flottenmanöver im Mittelmeersturm. Resultat: 6 Torpedoboote, 5 U- Boote havariert. Paris  , 23. mai.( Eigenbericht.) Die französischen   Mittelmeer  - 31offenmanöver find am Donnerstag vorzeitig abgebrochen worden, nachdem

noch einmal zwei U- Boote im Sturm schwer beschädigt varierten Schiffseinheiten beträgt bisher sechs Torpedo. worden waren. Die Gesamtzahl der bei diesem Manöver ha- boote und fünf U- Boote. Der Marineminister Dumes. nil, der von den Manövern direkt im Flugzeug nach Algier   hin­überflog, gab dort bekannt, daß in den nächsten Tagen ein neuer