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Metallarbeiter gegen Lohnabbau. Einftimmige Ablehnung des Nordwest Schiedsspruches. Bochum  , 30. Mai.  ( Eigenbericht.)

Eine Bertreterkonferenz des Deutschen Metallarbeiterverbandes, Bezirk Effen, befaßte, sich am Donnerstag mit dem Schiedsspruch für die Eifenindustrie, Gruppe Nordwest. Der Bezirksleiter Wolf betonte vor allem

die Notwendigkeit einer gefchloffenen Front der Arbeitnehmer. Die Taktik der christlichen Gewertschaften verurteilte er aufs schärfste. Als die Sozialdemokratie den Arbeitsminister gestellt habe, hätten sich diese Gewerkschaften an endlosen Forde rungen nicht genug tun können, während sie nach der lebernahme des Reichsarbeitsministeriums durch den 3entrumsminister Steger wald die Front gewechselt hätten und zu Bundesgenossen der Unternehmer bei ihren Lohnabbauforderungen geworden wären. Während die christlichen Gewerkschaften ihre Taktik, den Rahmen­tarif nicht zu fündigen, damit zu begründen verfuchen, sie hätten die Severing Klausel retten wollen, so sei dem entgegen zu halten, daß sie die ärgsten Verlästerer des Severingschen Schiedsspruches gewesen seien. Der Plan der Unternehmer, die Verdienste abzubauen, durch das Verhalten der Christen geradezu provoziert morden. Wenn die Industie durch den Abbau der Eisenpreise eine Be= lebung der Wirtschaft hätte herbeiführen wollen, so hätte sie daran im vorigen Jahre bei ihrer Dividendenpolitit denken müssen. Die sechs größten Werke des Gebiets hätten im vergangenen Jahre bei einem Aftienfapital von 1308 Millionen Mart für 129,67 Millionen Mart Abschreibungen vorgenommen und 96,9 Millionen Mart Reingewinn ausgewiesen. Dabei hätten die Bereinigten Stahlwerke allein in den drei Jahren ihres Bestehens 300 Millionen Mark für Neubauten und Erneuerungen ihrer Werte ausgegeben.

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Theater und Mufit.

Julius Cäsar  ."

Theater am Bülowplak.

Das Spiel geht um Brutus, der Rom   befreien will por der nahenden Einzelherrschaft des Cäsar. Um Brutus, der sein Bolt nicht tennt. Um einen Träumer, der aufwuchs, ohne hinter die Maste seiner Mitmenschen zu blicken und nicht wußte, daß über den gefällten Löwen   Aasgeier freisen. Und nicht wußte, daß er umgeben mar von einer Welt, die Eigennuß und Heuchelet ebenso barg, mie Ebelmut und Treue. Und zuletzt: das Spiel geht um Brutus, der sich selbst erst erkannte, als er das Spiel verlor. Die Legionen herrschten in Rom   und Roms Bolf war flein, hündisch und versNavt genug, um einem Cäsar zu dienen: Julius war der schlechteste nicht. So wird, wie oft bei politischem Umwälzen, der reine Mensch ( Brutus) Werkzeug eigennütziger Heger und verblutet an einer Idee, an die nur er glaubt, und die den anderen Mittel zum Zwed ist.

feileber seinen Leib rollt der Wagen der Revolution. Andere befreien heißt auch dann sich selbst vernichten, wenn die Unterdrückten, um die es geht, die Befreiung wollen. Denn immer muß Lebendiges zer trümmert werden, um die Fesseln der Gefnechteten zu lösen. Und wer Lebendiges zerschlägt, lädt Schuld auf sein Haupt. Schlimmer noch ist die Selbstvernichtung hier, wo es um die Befreiung des römischen Boltes geht, eines Boltes, das nicht befreit merden will. Eines Bolles, das durch eigene Schwäche preisgegeben ist der Demagogie und Gewalt. Hier löst sich das Shakespearefche nicht nur sich selbst, auch den Gedanken der Freiheit, den er als Problem. Brutus erschlägt sich selbst, als er Cäsar erschlägt. Und Letter in fich trägt und für den dieses Volk ertaubt ist. Und dies, das Opfer eines Mannes an seinem Bolt, wurde seit Shakespeare   nirgendwo gewaltiger geformt. Caffius führt die Rotte der Hetzer an, die ihren Eigennuk hinter Brutus' Rheinheit verschanzt.

Wolf bezifferte den von den Unternehmern geplanten Abzug pro Arbeiter und Woche auf 5,61 Mart und pro Arbeiter im Jahr auf 286 Mart.

Die Konferenz faßte nach den Darlegungen von Wolf ohne Diskussion folgende Entschließung:

Eine start besuchte Bertreterkonferenz des Deutschen Metall­arbeiterverbandes, Bezirk Effen, und der beteiligten übrigen frei­gewerkschaftlichen Organisationen der Angestellten und Beamten nahm am Donnerstag, dem 29. Mai, zu dem am 26. Mai 1930 ge­fällten Schiedsspruch über den Rahmentarifvertrag für die Arbeiter der nordwestlichen Gruppe Stellung. Die Vertreterkonferenz lehnt den Schiedsspuch einstimmig ab, weil die den arbeitsgerichtlichen Entscheidungen zuwiderlaufenden Bestimmungen über den Rahmen­farifvertrag, über das Betriebsrisiko und die Urlaubserteilung ent­gegen dem Antrag des Deutschen   Metallarbeiterverbandes und des Gewertvereins Hirsch- Dunder nicht beseitigt, sondern von der Mehr­heit der Schlichtungskammer unverändert wieder aufgenommen wurden. Sie lehnt ihn weiter ab, weil die Mehrheit der Schlich­tungskammer die Affordficherungsklausel( Severing- Klaufel) beseitigt hat. Die Vertreterkonferenz sieht besonders in der letzten Maßnahme sowie in der Ankündigung eines zehnprozentigen Abbaues der Ueber­verdienste durch die Unternehmer eine ungeheure Provota. tion der Arbeiterschaft, die geeignet ist, starte Beunruhigungen in den Betrieben hervorzurufen.

Karlheinz Martins Inszenierung betónt das Schifal hafte des Geschehens. Es ist irgendwie schon im ersten Bild spürbar, fülle vor dem Capitol, vom Bolt umjauchzt. Der Wahrsager Artemi­was geschehen soll nicht wird). Cäsar steht pruntend, die Macht dorus zerreißt sein Hemd und warnt ihn vor dem Schicksalstag. Bei allem Pathos will Shakespeare   das Derb- Menschliche. Hier aber sind die Gestalten zu sehr ins Allegorische gesteigert. Das hängt auch zum Teil mit der ganzen, visionär- pruntenden, verwirrend- groß artigen Aufmachung der Szenen und dem gespenstisch gesteigerten bilder bei der Erscheinung von Cafars Geist wirkten ernüchternd. Wirkungsspiel zusammen. Weniger wäre mehr gewesen. Die Licht Die Szene auf dem Forum, in der die papierenen Füße von Cäsars Leiche unbedeckt gegen den Himmel starren, ist sehr illusionsraubend. ist diesmal fein Casar, sondern wie eine nervöse, ältliche Frau in Vom Spiel wäre zu sagen: 5 ans Beppler, der Bielbegabte, Männertleidung. Walter Frand leiftet als Brutus Herrliches, aber man leidet mehr mit dem Schauspieler als mit Brutus. Hans Riemann   quält sich mit übersteigertem Pathos und wird erft frei in der Rede an das Volk. Kurt Horwit spielt die Rolle des Caffius so, daß es ihm gelingt, Mittelpunkt dieses Abends zu werden. Wenn er spricht, werden sogar die sonst verzerrten Mitdarsteller vom Widerschein wirklichen Lebens erhellt. Ueberlegenes, Mares Spiel zeigt Erich Thormann als Octavius. Kräftig geformt hat Adolf Manz   die Rolle des Meffala. Lebendig ist Ernst Gins. berg als Titinius, Cäcilie Loofty tonnte als Calpurnia nicht paden. Erita Wagner fand als Portia den Weg zu mensch­Gestaltung.

Die Vertretertonferenz verurteilt auf das schärffte, daß der Christliche Metallarbeiterverband schon vor Bildung der Schlichtungs­fammer bei Parteiverhandlungen Vorschläge machte, die Afford­überverdienste( wie beim Stahlwert Beder) abzubauen in einer Zeit, in der die Existenzbedingungen für die Arbeiterschaft ohnehin von Feierschichten und dergleichen stark beeinträchtigt werden. Die Kon- licher ferenz beauftragt ihre Vertreter, eine etwaige Berbindlich- Klaus Bringsheims Mufit fonnte in dieser Aufführung teitserklärung des Schiedsspruches durch das Reichs- nicht zur Geltung fommen, arbeitsministerium mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verhindern."

Auch die Christen lehnen ab.

Effen, 30. Mai.

Eine Delegiertenkonferenz des Berbandes Christlicher Metall­arbeiter fand heute in Witten   statt, um zu dem vor einigen Tagen gefällten Schiedsspruch für die Metallindustrie Nordwest   Stellung zu nehmen. Nach eingehender Aussprache ergab die Abstimmung einstimmig die Ablehnung des Schiedsspruches.

Blutiger Familienstreit.

Der Gohn in der Notwehr gegen den Vater.

Heute früh spielte sich in der Wohnung des 65jährigen Arbeiters Hermann Offo in der Neuen Hochstraße 11 ein blutiger Familienstreit ab.

nicht.

Julius Cafar", die Tragödie der Unzufriedenen, erschütterte Alexander von Sacher- Masoch.

Klaffische Deklamationen. Goethes Iphigenie  " in den Kammerspielen. Reinhardt Jubiläum und Berliner   Festspielwochen fallen zu­sammen. Und merkwürdigerweise bietet gerade jetzt der Spielplan der Reinhardt Bühnen keine Vorstellung von Format, die den würdigen Hintergrund für das Doppelfeft abgeben könnte. Die Männer um Reinhardt fühlten daher wohl die Berpflichtung, aus eigenen Mitteln zum Glanz dieser Tage beizusteuern. Das mag der Anlaß gewesen sein, in den Kammerspielen 3phigenie auf Tauris" herauszubringen. Die Formenschönheit des dramatischen Gedichts und die Mufit der Goetheschen Sprache sind eble fünft­lerische Mittel, die über Festesfreude den Schimmer feierlicher Weihe lerische Mittel, die über Festesfreude den Schimmer feierlicher Weihe breiten tönnen. Aber leicht ist die Aufgabe nicht, die sich damit der Otto, der als Trinker bekannt ist, fehrte heute früh wieder Regisseur Richard Beer Hofmann   gestellt hat. Die Ge schwer betrunten nach Hause zurück und begann mit seiner dankenwelt der griechischen Sage ist uns in der heutigen Zeit der Frau Streit, der schließlich in Tätlichkeiten ausartete. Als der Haft und der Sorge noch fremder geworden, als sie noch vor ein­Mann mit einem Stuhl auf seine Frau einschlagen wollte, blieb ihr einhalb Jahrhunderten gewesen ist. Goethe hat die Iphigenie, die nichts weiter übrig, als die Wohnung zu verlassen. Ihr 19jähriger ihm von Euripides   vorgezeichnet war, verinnerlicht; bei ihm ist die Sohn Hermann begleitete fie. Nach einiger Zeit fehrten Mutter und verschlagene und pläneschmiedende Priesterin eine stille Dulderin von Sohn zurück in der Annahme, daß sich der Vater inzwischen befindlicher Empfindung. Und doch hat er schon bei seinen Zeitgenossen findlicher Empfindung. Und doch hat er schon bei seinen Zeitgenossen ruhigt und schlafen gelegt habe. Otto hantierte aber noch in der für seine Iphigenie tein rechtes Verständnis weden fönnen. Das Küche herum und als er seine Frau und seinen Sohn zurückkehren Schauspiel ist arm an dramatischem Geschehen und daher auf die sah, fing er wieder an zu toben und schlug auf seine Frau ein. Als Melodie der Verse und die zarten Schwingungen der Seele gestellt. Melodie der Verse und die zarten Schwingungen der Seele gestellt. er auch gegen seinen Sohn tätlich wurde, griff der junge Mann in Um diese Mufit in uns flingen zu lassen, braucht man Schauspieler, Um diese Mufit in uns flingen zu laffen, braucht man Schauspieler, feiner Bedrängnis zum Küchenbeil und brachte dem Vater die das Wort erleben und beleben. Die Vorstellung in den schwere Kopfverlegungen bei. D. fand im Virchow- Rammerspielen bietet nichts dergleichen. Helene Thimig  Krankenhaus Aufnahme. Der Täter stellte sich selbst der Polizei. als Iphigenie fagt mit bewunderungswürdiger Routine die Es besteht jedoch taum ein 3weifel, daß er in Notwehr handelte.

Tragödie zweier Schwestern. Selbstmordverfuch im Gee nach vergeblicher Arbeitssuche. In den Anlagen von Köpenid, in dem sogenannten Kleinen See, wurden am Freitag morgen die Leichen zweier Frauen gesehen und gelandet. Frische Fußspuren führten rückwärts zu einer Bant, auf der die beiden Selbst­mörderinnen noch am Donnerstag abend gesehen worden waren. Es handelt sich um zwei Frauen, die Anfang dieser Woche nach Röpenid famen. Sie nannten sich Anna und Else Hoyer, find etwa 23 bzw. 26 Jahre alt und wollten aus Chemniz stammen. In Köpenißer Wäschereien hatten sie nach Arbeit gefragt, waren aber überall abgewiesen worden.

Piscator und Frick.

Auf Einladung der Gemeinschaft proletarischer Freidenfer fand am Mittwoch abend im Großen Saale des Voltshauses in Jena  am Mittwoch abend im Großen Saale des Voltshauses in Jena  eine öffentliche Protestversammlung statt, die sich mit dem Berbot der Biscator- Aufführung" Paragraph 218- Frauen in Rot" be­schäftigte. Die Bersammlung war von etwa 500 Personen besucht. Als erster Redner gab Piscator einen Bericht über die Unterredung, die er im Laufe des Tages in Gemeinschaft mit dem Rechtsanwalt Dr. Apfel- Berlin mit dem thüringischen Boltsbildungs­minister Frid in Weimar   über das Verbot gehabt hat. Der Minister hat das Berbot aufrechterhalten und das Angebot Piscators, einer Aufführung nur vor Nationalsozialisten abgelehnt. Redner bemerkte Rechtsanwalt Dr. Apfel, die rechtliche Seite der Als zweiter Angelegenheit mache eine Klage beim Oberverwaltungsgericht um eine Entschädigungsforderung an den Minifter notwendig, weil das Bolt und Zeit", unsere illustrierte Wochenschrift, liegt Berbot zu spät bekanntgegeben worden sei. Als dritter Redner übte der heutigen Postauflage bei. der tommunistische Landtagsabgeordnete Heilmann Rritit an der Frickschen Rulturpolitif in Thüringen  .

Wetter für Berlin  : Trocken, teils woltig. teils heiter, leichte Abkühlung mit nordwestlichen Winden. Für Deutschland  : In West, Süd- und Mitteldeutschland   beständiges und warmes Wetter, in Nordosten veränderlich mit Abkühlung.

Goethejchen Berse auf. Der Zuschauer hat das Gefühl einer form­vollendeten Deklamation, aber er bleibt vom ersten bis zum letzten Wort falt und unbeteiligt. Gustav Gründgens   nimmt als Orest   den Anlauf zu einer Art von klassischem Pathos, das in seltsamen Gegensatz zu der leiernden Sprechweise und der burschi­fofen Manier steht, mit der Günther hadant seinen Bylades ausstattet. Die menschlichsten Züge finden wir noch bei dem Thoas des Mathias Wiemann   und dem Artas des Theodor 200s. Aber bei allen hat der Zuschauer das peinliche Empfinden, daß sich die Darsteller in ihren Rollen selbst nicht wohlfühlen. Ueber dem Abend liegt erhabene Langeweile. Dgr.

Die Reinhardt Schule jubiliert. Kammerspiele.

Als der Jubilar Mar Reinhardt vor 25 Jahren in das Deutsche Theater   einzog, dachte er auch an den Nachwuchs. Er gründete die Theaterschule, deren Leiter Berthold Held im Laufe dieser Zeit eine ungewöhnlich große Zahl bedeutender Talente ent deckte und ausbildete. Die 3öglinge der Atademie wurden bald für die besten deutschen   Bühnen engagiert. In der Himmelfahrtsnacht wurden die Jubilierungsehrungen für Reinhardt durch das Fest der Jugend eingeleitet.

Auf der Bühne der, Rammerspielè" stand die Jugend, und in der ersten Reihe des Theaters faß Mag Reinhardt, um die Fest­genossenschaft, sprach als Patron der Suchenden und Strebenden. redner anzuhören. Wallauer, der Präsident der Bühnen­Dr. Redslob  , der Reichskunstwart und Vertreter der Behörden, definierte die besondere Natur des Schauspielers, der am poll kommensten dramatische Dichtung und damit den Abglanz der Lebenswirklichkeit gestaltet, wenn er es lernt, die Vielfältigkeit der Menschennatur aus seiner sonst begrenzten Individualität hervor zufoden. Alfred Braun  , einst 3ögling der Schule, beschrieb das Glück der Gewordenen in feierlicher Stunde dem berühmten ihre Reverenz. Sie stammelte, fie verlor sich in Befangenheit. Lehrer danken zu dürfen. Eine junge Schülerin machte dem Meister Bielleicht sollte diese Unsicherheit ein hübscher Regieeinfall der Fest­ordner sein. Das junge Fräulein wirfte auf jeden Fall durch ihre Bertegenheit rührend und wahrhaftig. Denn das, was in dieser Schule vor allem gepflegt werden soll, das ist der Respekt vor der Bollendung, daß ist die Berachtung der Routine, die heute nicht selbst, jetzt schon ein ergrauter Mann. Er versprach, die Schule zu selten den Kunstbetrieb verpöbelt. Schließlich redete Reinhardt behüten, solange er seine Berliner   Theater behüten wird.

An der Theaterschule sollen alle Künste gelehrt werden, die Kunst der Bewegung und auch die Kunst des Wortes, darum zeigten die Schüler, was sie lernten, indem sie tanzten und dann eine Szene aus dem Sommernachtstraum" aufführten. Als Epilog die Rüpel­poffe aus dem Shakespearefchen Märchen, gespielt von den ehemaligen Reinhardt- Schülern Wallburg, Ehrlich, Gottowt, Granach  , Beierle und Braun, und als Chor all die berühmten Damen und Herren, die

von der Schauspielerschule des Deutschen Theaters" den Weg zum

Glück fanden.

Reinhardt und Held wurden mit Blumen und Hochrufen M. H. beschenkt.

Toscanini Abende.

Wie für die Festspiele 1929 bedeutet auch für die Kunstwochen 1930 Arturo Toscaninis Erscheinen den Höhepunkt der Kunst­ereignisse. Voriges Jahr fam er mit der Mailänder Scala  , und es war eine überwältigende Offenbarung italienischer Opernfunft. Diesmal an der Spize des New- Yorter Philharmo nischen Orchesters, das eine Konzertreise durch die großen Musikstädte Europas   unternimmt.

Dieses Orchester, das auf eine Ueberlieferung von drei Menschen­altern zurückblickt und von dessen Können wir Märchenhaftes hatten erzählen hören, übertrifft alle Erwartungen, weil es in der Tat die denkbar höchsten erfüllt. Hier ist absolute Bollkommenheit jeder einzelnen und der gesamten Leiſtung; das ist eine summarische Fest­ftellung, mit der alles und mit der nicht zu viel gejagt ist. Wie fonnte solche Bollkommenheit erreicht werden? Sie ist wohl nur unter Bedingungen zu erzielen, die in den Verhältnissen unseres Mufiflebens nicht durchzusehen oder jedenfalls nicht gegeben sind.

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Wie weit es die künstlerische Führerarbeit Toscaninis ist, der das amerikanische   Orchester die Fähigkeit zu so wunderbaren Leistungen verdankt, ist nicht sicher zu sagen. Bollkommen wie das ganze dieses Instrumentalförpers ist die geistige( und technische) Souveränität, vermöge deren dieser Musiker Genie und Meifter aller Mufit ihn nach seinem Willen lentt. Toscanini- das ist mehr als eine Persönlichkeit; das ist ein menschlich höchster Begriff und seine höchste Verwirklichung. Inbegriff der Echtheit, tiefften, überzeugteften Aufrichtigkeit, strengften Sachlichkeit, gläubigfter Kunstbesessenheit, wahrhaft religiöser Pflichterfülltheit, der Unter­werfung unter den kategorischen Imperatip innersten Müffens; es ist, um es auf eine Formel zu bringen: heiliger Dienst am Wert; und nichts anderes als dies. Dienst am Wert, das durch ihn so flare, reine Gestalt empfängt, als träte es ohne Medium eines Ver mittlers unmittelbar ins Leben; unmittelbar das Wert, das es von Beethoven   oder Haydn  , Strauß oder Debussy   ist. Und doch ist es Toscanini gewesen, aus dessen Hand wir es empfangen. Eine magische Kraft geht von diesem reinen, großen, starten, einfachen Künstler aus. Seine Wirkung auf die Ausführenden und auf die Hörer ist unbeschreiblich und unvergleichlich.

Klaus Pringsheim.  

schließung heißt es, die Bersammlung erblice in dem Verbot einen Anschlag auf die angeblich durch die Verfassung gewährleistete Frei­heit der Kunst. Wenn sich die deutsche Arbeiterklasse und darüber hinaus die gesamte fortschrittlich eingestellte Bevölkerung nicht bald gegen die Thüringer   Kulturschma ch wende, werde es in Thüringen   in Zukunft unmöglich sein, die Bevölkerung mit den Fort­schritten in der Kunst und Literatur bekanntzumachen

., Das Herz auf der Schallplatte." Zu unserem unter diesem Titel erschienenen Beitrag im Abend" vom 28. Mai wird uns mit geteilt, daß die Registrierung der Herztöne auf Parlophon- Platten erfolgt( nicht Grammophon).

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Erich Kleiber   wird in der nächsten Saison sechs Wochen lang bie großen Konzerte des New Vorter, Philharmonischen Sinfonieorchesters in New York   und Philadelphia   dirigieren. Die Berufung erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch und besondere Empfehlung Toscaninis, der der der ständige Direttor dieses Orchesters ift.

Oskar Kuh, der langjährige Herausgeber des Prager Montagblattes, 72. Lebensjahr und war der Gatte der berühmten deutschen   Schauspielerin ist an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Dstar Kub stand im

Am Schluß der Bersammlung wurde eine Entschließung ange= nommen, die gegen das fulturschädigende Verbot der Piscator­aufführung von Frauen in Not" Einspruch erhebt. In der Ent- 1 Else Lehmann.