Morgenausgabe
πr. 250
A 126
47.Jahrgang
3,60
öchentlich 8581, monetfi im poraus zahlbar, Postbezug 4,32 m. einschließlich 60 Pfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6,- m. pro Monat.
Der Bormaris erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abenbausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Juustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen"." FrauenStimme". Technit"," Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"
Vorwärts
Berliner Boltsblatt
Sonnabend
31. maí 1930
Groß- Berlin 10 pf. Auswärts 15 Pf.
She stripestige Ronpareillezetts 80 Bfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Wort 3 Bfennig( zuläffig zmet fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengefuche das erste Bort 15 Bfennig, jebes mettere Wor 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaber Arbeitsmartt gählen für zwei Borte. Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 8 bis 17 Ubr.
-
Bostscheckkonto: Berlin 37536. Bankkonto: Bant der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt. B. u. Disc.- Gef.. Depofitentasie Lindenstr 3.
Gandhi zum Frieden bereit? Ein tatlofer effe.
Wenn England Freiheitsverfaffung gewährleistet.
2ondon, 30. Mai.( Eigenbericht.) Der Sonderkorrespondent des Daily Serald" in Indien meldet, Gandhi sei bereit, seinen beim Marsch nach Wadala gegebenen Auftrag zur Gesezes übertretung zurückzunehmen, wenn die kommende englisch - indische Konferenz Indien eine Verfassung gewährleistet, durch die Indien seine Freiheit er langen könne.
Ernüchterung nach den blutigen Tagen. Bombay , 30. Mai. ( Eigenbericht.)
Die Lage in Indien hat sich seit Freitag etmis ent fpannt Außer verschiedenen Angriffen auf Salz
depots, wobei es zu mehreren Berhaftungen und Berlegungen Freiwilliger fam, waren am Freitag feine Unruhen zu verzeichnen. einer weiteren Echädigung des indischen Wirtschaftslebens zurüd. Die blutigen Ereignisse in Rangoon , die mehr sozialen Kapitalisten noch der Gandhi - Bewegung. Nur dadurch ist es zu als nationalen Ursprung hatten, lagen weder im Sinne der indischen verstehen, wenn aus den verschiedensten indischen Industrie gegenden und von allen wirtschaftlichen Organisationen zum Frieden gemahnt wird.
Es hat den Anschein, als schreckten die indischen Wirtschaftler vor
Wie der bayerische Ministerpräsident Held den Reichsverband der Deutschen Presse begrüßt.
Der Reichsverband der Deutschen Presse , eine Organisa tion, die Journalisten aller Parteien umfaßt, hält in München Fällen nun einmal üblich, eine Festnummer seiner Verbandsfeinen diesjährigen Verbandstag. Er hat, wie das in solchen zeitschrift erscheinen lassen und alle Prominenten Bayerns 3ur Mitarbeit aufgefordert, voran natürlich den Ministerpräsidenten Dr. Held.
teilhaft abhebt, beginnt Herr Dr. Held den Reigen mit einem sich durch vollendeten Taft von den folgenden Blättern vor Nach einem Vorspruch des Reichspräsidenten also, der Auffaz über„ Bayerns politische Sendung". Der geht so an:
Heimatfinn und Heimatliebe haben wiederholt das neue Deutsche Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die gemäßigten Kreise Reich aus Gefahren gerettet, die fein Gefüge von innen und von Indiens und vor allem die Führer der Gandhi - Bewegung die außen ernstlich bedroht haben. Daß die Revolution so Massen noch in der Hand haben. Viel wird natürlich davon abhnell überwunden wurde und nicht in einem alles verhängen, wieweit England zu 3ugeständniffen an die indische Frei- nichtenden Radikalismus das ganze deutsche Land überschwemmen fonnte, daß einzelne Bersuche hierzu, wie die Räterepublit heitsbewegung bereit ist. in Bayern , verhältnismäßig leicht und rasch unterdrückt werden tonnten, ist in erster Linie der Heimattreue zu danken, die, seßhaft und bodenständig, gegen das Eindringen landfremder Elemente und ihrer Ideen sich aufbäumte.
Filmoberprüfstelle gegen Frick.
Schadenersatzklage gegen den thüringischen Minister angekündigt.
Die Filmoberprüfstelle beschäftigte fidh mit dem Antrag bes thüringischen Innenministers Dr. Frid, die bereits im Dezember 1928 erfolgte Zulassung des Films ,,, Der Fall der Sonja Betroma nachträglich zu widerrufen und den Film für das ganze Reich zu verbieten. Dr. Frid hatte zu dieser Berhandlung einen feiner engsten Mitarbeiter, den Oberregierungsrat Dr. Beipel mann aus Weimar entsandt, der in der Begründung des Antrages den Film als verrohend, entsittlichend und ordnungs gefährdend hinstellte.
Dr. Friedmann trat als Bertreter der Herstellerfirma, der Venus- Film A.-G., diesen Ausführungen scharf entgegen, wobei er insbesondere darauf hinwies, daß dieser Film seinerzeit als volts. bildend anerkannt worden und seit etwa 1% Jahren in ganz Deutsch land gezeigt sei, ohne irgendwo die Ruhe und Ordnung zu stören. Dr. Friedmann fündigte gleichzeitig als Antwort auf das vom thüringischen Innenministerium erlassene Berbot dieses Films für
Dagegen ließe sich einwenden, daß die republikanische Bewegung von 1918 gerade von dem heimattreuen Bayern ausgegangen ist und daß gerade dort die Pendelschläge von links nach rechts Rätewirtschaft bis Hitler- Putsch am allerſtärksten gewesen sind. Mehr jedoch interessiert, was Herr Dr. Held unter landfremden Elementen und ihren
Nach ganz furzer Beratung wies die Oberprüfftefte Ideen versteht: den Antrag Dr. Frids zurüd.
Der überparteiliche Frid.
Eine Hugenbergsche Entdeckung.
Der Redakteur der Hugenbergschen Nachtausgabe, Dr. Kriegd, hat Weimar entdeckt. Der Magnet, der ihn anzog, mar Dr. Frid, und, um es furz zu machen, Dr. Frid hat Beimar gerettet:
Ganz anders als nach außen hin aus parteipolitischen Gründen darzustellen versucht wird, wirft sich in Wahrheit die heutige fast überparteiliche bürgerliche Regierung Thu ringens auch für Weimar als Grundlage einer allmählichen Gesundung aus."
-
Die Beslissenheit des Hugenberg- Mannes ist nicht zu über. Thüringen Schadenersagt lage gegen das Land Thüringen treffen aber seine große Entdeckung der Ueberparteifi und gegen Dr. Frick beim Landgericht Weimar und ein Verfeit der Regierung Frick ist danfenswert. Weiß man doch von waltungsstreitverfahren beim thüringischen Verwaltungsgerichtshof ießt ab ein für allemal, was das Wort überparteifiche
Die Untersuchung über Neuhöfen.
Die Kommiffion hat noch nichts veröffentlicht. Marienwerder, 30. Mai. Die zur Untersuchung des Grenzzwischenfalles in Neuhöfen eingefeste gemischte deutsch polnische Rommission tsilt folgendes mit:
Es sind in der Bresse über die Arbeiten der zur Untersuchung des Grenzzwischenfalls in Neuhöfen eingesetzten gemischten deutsch - polnischen Kommiffion Nachrichten verbreitet worden. Die Kommission stellt fest, daß bisher fein einziges Preffe. organ von der Kommission eine Nachricht erhalten hat, weil in der Kommission darüber Uebereinstimmung herrscht, daß mährend des Laufes der Untersuchung über den Gegenstand der Untersuchung Nachrichten nicht gegeben werden fönnen." Baleffi bei Briand.
द
Paris , 30. Mai. ( Eigenbericht.) Der polnische Außenminister 3alesti ist am Donnerstag auf Der polnische Außenminister 3alesti ist am Donnerstag auf der Durchreise nach London in Paris eingetroffent, wo er 48 Stun den zu bleiben gedenkt. Am Freitag vormittag machte er dem Außenminister Briand am Quai d'Orsay einen Besuch. Ob und inwieweit der deutsch - polnische 3 wischenfall in Neuhöfen in der Besprechung unter vier Augen eine Rolle gespielt hat, mar von amtlicher Seite nicht zu erfahren.( Ist aber mit 100pcozentiger Gewißheit anzunehmen. Red.)
Magnus Hirschfeld darf nicht nach Polen . Warschau , 30, Mai.
Die polnische Regierung hat Dr. Magnus Hirschfeld , der zu einem Vortrag über Serualprobleme nach Krafau einge laben worden war, das Einreise visum verweigert Die polnische Presse protestiert gegen die Baßpolitik der Warschauer Regierung, die Gelehrte und Künstler von Polen fernhalte und dem Ansehen der polnischen Kultur schweren Schaden zufüge.
Regierung" zu bedeuten hat!
Eure Kinder rufen:
Denkt an die Elternbeiratswahl, wählt Liste
,, Schulaufbau!"
3mm Reichstag begann heute vormittag die Beratung der von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Stüßung der schwedischen Landwirtschaft, die wichtigste der Fragen, die der jeßige Reichstag zu behandeln hat. Unter den umfassenden Maßnahmen der Regierungsvorlage sind die Bestimmungen über den Bermahlungszwang und die 3ollerhöhungen für importiertes Getreide besonders erwähnenswert. Während die Bestimmungen über den Vermahlungszwang mit einer fleinen bürgerlichen Mehrheit angenommen werden dürften, werden die Zollerhöhungen mit Hilfe der Sozialdemokraten und Bollsfrei finnigen voraussichtlich abgelehnt werden. Da der Chef der jezigen Rechtsregierung Admiral Lindman heute im Reichstag aus drücklich erklärte, daß die Regierung es ablehne, für eine solche Entscheidung des Reichstages die Verantwortung zu übernehmen, dürfte das Rabinett jegt zurüdtreten. Der König dürfte ten Führer der Sozialdemokraten Ber Albin Hansson mit der Bildung des neuen Kabinetts betrauen. Wenn Hansson den Auftrag nicht annimmt, was wahrscheinlich ist, dürfte der Führer der Freifinnigen C. G. Etwan den Auftrag zur
Rabinettsbildung erhalten.
-
Die aus dem Materialismus und Mechanis. mus erwachsene Staatsauffassung, die an die Stelle der Vielheit die Absolutbeit und Einheit der 3ahi sezen will, hat ihren Ursprung im Romanentum. Gleichmacherei und Zens tralismus sind dem Germanentum, den deutschen Stämmen und Bändern, immer fremd gewesen... Ein großer Teil des deutschen Reichstags erblidt noch immer in dem Absolutismus der Zahl, in der imbeschränkten Souveränität der Mehrheit allein den Urquell allen Rechts und aller Gewalt. Für sie gilt noch immer der politische Glaubensfag: Was die Mehrheit will, da ist Recht. Die Mehrheit ist absolut.
Mit aus diesem Geift ist die Weimarer Berfassung geboren und ihr fundamentaler Grundsay: Die Staatsgemalt geht Dom Bolte aus. Aus ihr leitet sich die politische Grundlehre der heutigen deutschen Formaldemokratie ab: Der Staat ist die Quelle alles Rechts, und die Mehrheit ist der Staat. Weimarer Berfassung, ist die Volkssouveränität eine landfremde Idee". Sie ist romanisch". Siehe zum Beispiel Italien , Spanien , Rumänien auf der einen Seite, England, die Vereinigten Staaten, die Schweiz und die skandinavischen Länder auf der anderen.
Also: für den lleberoberbayern Dr. Held ist die
Mit dieser vehementen Attade auf die geltende Ber faffung der Deutschen Republik und die politische Geographie begrüßt der bayerische Ministerpräsident den überparteilichen Reichsverband der Deutschen Presse .
Aber, da Herr Held schon einmal im Zuge ist, dellamiert er meiter drauf los:
Von diesem Standpunkt aus gesehen, fann eine Mehrheit in Deutschland nicht bloß das Recht des Eigentums durch einen Mehrheitsbeschluß des Reichstages jederzeit beseitigen, mit derselben Macht
fönnen Familie, Religion, Kirche, Gott abgeschafft werden. Sie alle fönnen bei diesem Grundsatz der absoluten Herrschaft der Bahl nur solange bestehen, als sie nicht ein Mehrheitsbeschluß be. seitigt. Gegen diesen Grundsaz der formalen Demokratie, gegen den Absolutismus der Zahl, hat Bayern schon in Weimar Einspruch erhoben. Gegen ihn stemmt es sich auch weiter und stellt ihm gegenüber das Prinzip der organischen Demokratie, der föderativen Autonomie, die einen organischen Aufbau der Staatsgewalten, nicht die Entrechtung der Minderheiten durch die Allheutige Deutsche Reich seit Weimar mehr oder minder heftig macht der Mehrheit vorsieht. Die politische Staatsfrisis, die das bedroht, fann nur auf diesem Boden gelöst werden.
Die staatsrechtlichen Begriffe des bayerischen Ministerpräsidenten befinden sich in einem beflagenswerten Zustande der Verwirrung. Ihm scheint es so, als ob durch die Umwälzung von 1918 die Kompetenzen der Staatsgewalt erweitert worben wären, wo doch in Wirklichkeit nur der Träger der Staatsgemalt gewechselt hat. An die Stelle der Bundesfürften ist das deutsche Wolf getreten: die Rechte des Staates gegenüber Familie, Religion, Kirche, Gott und- Dieselben wie zuvor. Eigentum find jedoch genau
heitsbeschlüffe ist keine Erfindung der Revolution. Der UnterAuch die Herbeiführung von Entscheidungen durch mehr. fchied gegen früher besteht nur darin, daß es bei der Willens bildung durch Mehrheitsbeschluß feine Ausschließung und