Sonntagsreden.
Lohnabbau als Notopfer. Hugenbergs Kolumbusei.
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Wenn Reden das Defizit der Reichsfinanzen decken und der Wirtschaft auf die Beine helfen könnten, so würde das Reich in Geld schwimmen und die Arbeitsämter würden leer sein! Gestern sind wieder an allen Ecken und Enden des Reiches Sonntagsreden gehalten worden Herr Scholz sprach in Münster , Herr Moldenhauer in Breslau , Herr Hugenberg in Halle, Herr Oberfohren in Dortmund , und in Stettin und Breslau traten Stahlhelmredner halbdugendweise auf.
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Herr Scholz sprach auf einem Wahlkreisparteitag der Deutschen Volkspartei . Er sang das Lied vom Lohnabbaunicht so brutal wie sein Parteifreund Schmid, der von der Notwendigkeit eines brutalen Angriffs auf den Lebens standard gesprochen hatte, aber dennoch deutlich gemug. Herr Scholz hat für die Unternehmerforderung einen neuen Namen gefunden: Lohnabbau ist Notopfer!
Also sprach er:
,, Es sei falsch, das sogenannte Notopfer auf Beamte und Festbesoldete zu beschränken. Ein solches einseitiges Notopfer fei mit Entschiedenheit abzulehnen. Mit gewissen 3 wangs. maßnahmen für eine Preissen tung ließe sich viel leicht ein Motopfer erreichen, das alle Schichten der Bevölkerung umfaffe. Auch die Beamtenschaft würde sich wohl bereitfinden, mit den anderen Volksgenossen zusammen
ein solches Notopfer in Gestalt gekürzter Löhne und Gehälter zu bringen."
Man beachte die wirkungsvolle Vorbereitung der Pointe. Einseitiges Notopfer für Festbefoldete ist falsch. Hier ruft jeder: ganz richtig! Ein Notopfer muß alle Leistungsfähigen er
Es ist erreicht!
QURG
Josef Goebbels
Total- Anzeiger
-Berliner
S
fassen, nicht nur den Briefträger, sondern auch den Bant direktor und den Großindustriellen! Aber so war es nicht gemeint! Herr Scholz mill ja überhaupt fein Steuernotopfer! Was will er denn? Preissentung, sogar mit 3 mangsmaßnahmen. Also verschärftes Kartellgesetz, Drud auf das Unternehmertum, Notopfer des Besizes in Gestalt von Preissentung? Aber nein doch, Herr Scholz ist Boltsparteiler, und wenn er Notopfer sagt, dann meint er, daß die opfern sollen, die selber Not leiden! Denn nicht wahr: wenn ein Reicher vom Reichtum abgibt, ist es doch kein Opfer!
8 Tote- 25 Schwerverletzte.
In der vergangenen Nacht um 22,30 Uhr ereignete sich wenige hundert Meter vor dem Bahnhof des etwa 100 kilometer von Paris entfernten kleinen Städtchens Monterau ein schweres Eisenbahnunglü d. Der Schnellzug Paris - Marseille fuhr auf einen auf bisher noch ungeklärte Weise auf dem Gleis stehenden kleinen Materialwagen auf. Die Lokomotive entgleiste und legte sich auf die Seite. Die ersten drei Wagen, die ausschließlich 1. und 2. Klasse führen, schoben sich ineinander. Aus den Trümmern wurden 8 Tote und 25 Schwerverlegte geborgen. Der Heizer und der Lokomotivführer wurden schwerverletzt.
Im ersten Wagen befand sich eine fünftöpfige Familie. Der Mann, die Frau und die beiden 15 und 9 Jahre alten Söhne wurden getötet, die 19jährige Tochter schwerverletzt. Aus dem zweiten und dritten Wagen zog man noch drei Tote hervor. Ein vierter Toter fonnte. bisher noch nicht identifiziert werden. Obschon zahlreiches Hilfspersonal sofort zur Stelle war, vergingen Stunden, bis die Toten und die Verletzten aus den zertrümmerten Wagen geborgen werden konnten. Ein schwerverletztes junges Mädchen hielt vier Stunden lang feinen foten Bruder im Arm. Das Mädchen konnte sich nicht rühren und mußte unausgesetzt das furchtbar verstümmelte Geficht seines toten. Bruders anstarren,
Die Untersuchung des Eisenbahnunglüds hat mit einiger Bestimmtheit ergeben, daß es sich um ein Attentat handelt.(?) Bie verlautet, hatte Ministerpräsident Tardieu die Absicht, diesen 3ug zu benutzen. Er fuhr dann aber mit einem Sonderzug und entging so dem Verhängnis. Der Materialwagen, auf den der Zug auffuhr, hatte nämlich 20 Minuten vor Passieren des Schnellzugs noch nicht auf dem Gleis gestanden, da um diese Zeit ein Schnellzug die Stelle passierte. Um 22,30 Uhr fuhr dann der Marseiller Schnellzug auf das Hindernis auf. Innerhalb dieser 20 Minuten muß der fleine Wagen auf die Schienen gestellt worden sein. Die Polizei hat bereits gewisse Spuren von den Attentätern gefunden. Sie hofft, binnen furzem die Täter verhaften zu können. Eisenbahnunglück in Darmstadt. - 14 Berletzte. Darmstadt , 1. Juni.
Am Sonntag vormittag wollte im hiesigen Hauptbahnhof eine Rangierabteilung von dem im Bahnsteig haltenden Personenzug Wiesbaden - Aschaffenburg einige leere Bagen abziehen. Dabei rannte die Lokomotive auf den Personenzug zu stark auf, so daß 14 Reisende der vorderen Abteile verlegt wurden. Alle Berlegten fonnten ihre Reise fortsetzen. Der Sachschaden ist nur gering. Zu Betriebsstörungen fam es nicht.
Frauenmord am Stettiner Bahnhof
Bierzehn Tage tot in der Wohnung gelegen
Ein mutmaßlicher Frauenmord in der Bergstraße in der Nähe des Steffiner Bahnhofs beschäftigt zur Zeit die Mord. fommiffion des Berliner Polizeipräsidiums.
Am Sonntag mittag wurden Bewohner des Hauses Bergstr. 15 durch starken Berwesungsgeruch auf die Wohnung der 68jährigen Witwe Franziska Baumert aufmerksam. Die alte Frau hatte vor einem Vierteljahr ihren Mann durch den Tod verloren und lebte seitdem allein in der aus Stube, Korridor und Küche bestehenden Wohnung im zweiten Stock des Quergebäudes. Der Geruch war den Hausbewohnern um so auffälliger, als fie Frau B. seit 14 Tagen nicht mehr gesehen hatten. Nur einmal, am 1. Mai, wollten Leute aus der Wohnung ein Stöhnen ge hört haben, man hatte aber nicht weiter darauf geachtet. Polizei beamte des 5. Reviers verschafften sich Zutritt und nach dem ersten Befund wurde die Mordtommission des Polizeipräsidiums in Kenntnis gesetzt. Kriminalkommissar Werneburg und Quoos sowie der Gerichtsarzt Dr. Weimann, die in der Wohnung erschienen, nahmen eine Besichtigung der Räume vor. In einer Ede in der Küche lag völlig angekleidet Frau Baumert tot da. Zu ihren Füßen fand man ein Beil und etwas weiter entfernt eine Geldbörse, aus der ein Groschen herausgefallen war. Auf dem
feiner Kultur, der muß mittragen heffen an den Lasten, die uns die Welt im Bunde mit deutscher Torheit, Schwäche und Untreue auferlegt hat. Das heißt wir müssen- neben den davon unabhängigen Zöllen
eine„ Reparationsabgabe" auf alle Waren legen, die vom Auslande nach Deutschland eingehen, auch auf die Rohstoffe. Diese Reparationsabgabe wird, solange der Young- Plan besteht, das Ausland zahlen. Denn es braucht unseren Markt. Es wird uns auch keine Rohstoffe sperren, weil es für alle unferen Markt braucht. Das Ausland wird uns deshalb nicht einen Zentner Ausfuhrwaren weniger abnehmen. Denn wir werden den deutschen Exporteuren auf ihren Ausfuhrmengen selbstverständlich die darin steckende Reparationsabgabe 3urüderstatten. Fünfzig Prozent oder mehr von den Young- Lasten wollen wir auf solche Weise dem Ausland auf erlegen. Darüber, was wir mit den anderen 50 Proz. machen, wollen wir später einmal reden. Wir können nicht erfüllen. Aber vielleicht können es die anderen an unserer
Statt."
Es ist wirklich furchtbar einfach! Die anderen werden sich Der brutale Angriff auf den Lebensstandard" des Herrn Staatssekretärs Schmid und das Notopfer des Herrn Scholz- Bielleicht schenken sie uns noch die anderen 50 Broz. in bar hinzu? geradezu darum reißen, uns die Reparationsabgaben zu zahlen! das ist die Sozialethit der Deutschen Bolkspartei.
Herr Scholz hat ferner über das Scheitern der Berhandlungen über die Sammlung der Mitte gesprochen. Daran interessiert nur der betonte Hinweis, daß Reichstanzler Brüning diefe Sammlung gewollt habe. Womit festgestellt ist, daß auch auf dieſem Sammlung gewollt habe. Womit festgestellt ist, daß auch auf diesem Gebiete die Pläne Brünings gescheitert sind die Sammlungs pläne wie die 3erschlagungspläne. Die ganz große Zer
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schlagung der Hugenberg - Partei ist noch nicht gelungen, und so konnte Herr Oberfohren, der Vorsitzende der deutschnationalen Reichstagsfraktion, in einer Rede folgendermaßen Bedingungen formulieren: Gegenüber dem Vorwurf, daß die Deutschnationale Bolkspartei traffe Oppofitionspolitik treibe, erklärte er, daß die Partei eine verantwortliche Teilnahme an der Regierungsbildung erstrebe, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Parteien, die dem Young Plan zustimmten, in einer zufünftigen deutschen Regierung eine überragende Stellung mehr einnehmen dürften. Der Landesparteitag der Deutschnationalen für Westfalen- Süd nahm nach dieser Rede eine Entschließung an, in der es heißt:
,, Der Parteitag bekennt sich mit größter Nachdrücklichkeit zu der Auffassung, daß nur durch rücksichtslosen Rampf gegen das bestehende parlamentarische Regierungssystem und durch Niederwerfung des Margismus die Freiheit nach innen und außen wieder erworben werden fann."
Hugenberg und Scholz find zwei Gemütsmenschen. Der eine will die Löhne drücken, damit die Preise fallen, der andere will durch sein Reparationszollprojekt die Preise in die Höhe treiben, damit die Reallöhne fallen. Der Weg ist ver ſchieden, aber das Ziel ist das gleiche: die Arbeiterschaft treiben, damit die Reallöhne fallen. Der Weg ist versoll die Lasten tragen.
Herr Moldenhauer sprach in Breslau über das Ostprogramm. In Sfettin und Breslau redeten Stahlhelm führer aller Garnituren über die Wiedereroberung des Korridors, und Herr Seldte verkündete die Hoffnung, daß das deutsche Bolt eines Tages aufwache.
Bei solchen Reden muß es aufwachen, zumal wenn ihnen entsprechende Taten folgen sollten. Nur werden die Sonntagsredner an diesem Erwachen feine Freude haben!
Plänfeleien mit Kommunisten.
Im Berlauf des gestern hier abgehaltenen Stahlhelm tages tam es wiederholt zu Reibereien zwischen Kommunisten und Stahlheimleuten. Zahlreiche Kommunisten wurden von der Polizei zwangsgestellt.
In den frühen Nachmittagstunden tam es im Osten der Stadt zu einem Zusammenstoß, wobei drei Personen verlegt wurden, fonen festgenommen worden, von denen einige allerdings wieder entlassen wurden.
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Korridor zwischen der Stube und der Küche lagen außerdem die Scherben eines Weinglases. Nach dem Zustand, in dem die Leiche sich befand, konnten äußere Verlegungen, etwa von Beilhieben, nicht mehr festgestellt werden. Das Beil scheint auch zu einem etwaigen Totschlage nicht benutzt worden zu sein, denn es befand sich daran kein Blut. Irgendwelche Anzeichen für einen Rampf wurden in der ärmlichen und vernachläffigten Wohnung nicht gefunden. Ob in der Tat Frau Baumert das Opfer eines Verbrechens geworden ist, läßt sich daher noch nicht sagen. Nach den Bekundungen der Hausbewohner betrieb der Ehemann einen kleinen Handel mit Kurzwaren, der von der Witwe fortgesetzt wurde. Frau B. soll auch, wie die Leute sagen, öfter getrunten haben. Von Wichtigkeit ist die Aussage einer Hausbewohnerin. Sie gab an, daß sie vor etwa acht Tagen vor der Tür der Frau Baumert eine fremde Frau habe stehen und anflopfen sehen. Auf ihre Frage, ob Frau B., die sie schon länger nicht gesehen hatte, denn zu Hause sei, antwortete die Fremde, Frau B. sei da, ziehe sich aber gerade um. Diese Frau, die dort geflopft hat, fann vielleicht zur Aufklärung beitragen. Sie wird deshalb ersucht, sich im Zimmer 80 des Polizeipräsidiums zu melden. Die Leiche wurde beschlagnahmt. Durch Obduktion wird versucht werden, die Todesursache festzustellen.
Beileisflage abgewiesen.
Der Kurpfuscher muß die Kosten tragen.
Die 17. Zivillammer des Landgerichts III verkündete heute früh unter Borsik von Landgerichtsdirektor Kohler die Entscheidung in der Zivilklage, die Valentin Zeileis und sein Sohn Dr. med. Zeileis gegen den Berliner Universitätsprofeffor Lazarus , den schärfften Gegner der Gallspacher Behandlungsmethode, angestrengt hatte. Die Klage wird abgewiesen, die kosten des Rechtsstreifs werden den Klägern auferlegt.
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Die sehr ausführliche Urteils begründung leitete Bandgerichtsdirettor Dr. Kohler mit der Feststellung ein, daß die Langwierigkeit des Verfahrens die Klage war am 8. Februar 1930 beim Gericht eingegangen dadurch bedingt gewesen sei, daß der Alageanspruch eingeschränkt und abgeändert worden sei. Die Klage stügte sich insbesondere auf zwei Vorträge von Professor Lazarus in der Berliner Medizinischen Gesellschaft und außerdem auf einen Die Kläger fühlten sich namentlich durch diese Rundfunkvortrag. stelle, so habe der Betlagte doch nicht dartun können, daß die Vorträge in ihrer Ehre getränkt und beruflich geschädigt. Wenn auch das österreichische Strafgesetzbuch Kurpfuscherei unter Strafe Kläger , die seit Jahren ihr Behandlungsinstitut in Gallspach führten, wegen Kurpfuscherei bestraft worden seien. Die angebliche Be hauptung von Professor Lazarus, das Verfahren von Zeileis in jei aber geeignet, Nachteile für den Erwerb und das Fortkommen Gallspach studiert zu haben, ergebe zwar feine Ghrverletzung, fie der Kläger herbeizuführen. In der Urteilsbegründung kommt das Gericht zu dem Ergebnis, daß Professor Lazarus die hier zu unterschränkt habe, unter Angabe der Quellen, aus denen er sein Wissen laffende Behauptung gar nicht aufgestellt, sondern sich darauf begeschöpft habe, die Behandlungsmethoden als ihm bekannt zu bezeichnen. Dabei habe er ausdrücklich betont, daß ihm der Zutritt zu dem Behandlungsraum in Gallspach selbst verwehrt worden sei.
Was die Behauptung von Profeffor Lazarus angehe, daß er in den Beileis- Instituten in Weinchen nach dem Beileis- Verfahren falsch diagnostiziert worden sei, so erweise sich auch hier ein Unterlaffungsanspruch der Kläger als unberechtigt. Professor Lazarus habe teineswegs gesagt, daß beide Institute Zweigstellen des Hauptinstitutes in Gallspach seien, sondern er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Institute von Schülern Zeileis' geleitet würden. Damit entfalle die Legitimation der Kläger , denn Professor Lazarus habe 3eileis mit diesen Instituten wirtschaftlich nicht identifiziert. Ebensowenig wie ein Hochschullehrer bei falscher Anwendung seiner Lehren durch seinen Schüler gegen die Kritiker seiner gefundenen und erprobten Grundfäße vorgehen tönne, so tönne auch Zeileis nicht ein dahingehender Anspruch zuerkannt werden.
Von dort ist für„, staatsbürgerliche Sammlung nichts zu holen! jedoch niemand ernstlich. Insgesamt sind von der Bolizei 27 Per Staatsanwalt gegen Goebbels : Urteil.
Herr Hugenberg endlich hat das Ei des Kolumbus entdeckt, die Zahlung der Reparationsverpflichtungen durch die anderen. Deutschland bann nicht zahlen aljo müssen zu 50 Prozent die anderen zahlen. Wie macht man das? Nun, ganz einfach:
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Ber immer von dem Raume Mitteleuropas - das ist, so longe wir ihn nicht erweitern, der deutsche Raum- Gebrauch ingen mill, non feinem Martie , von seiner Berkehrslage, von
Am Sonntag gegen Mitternacht tam es im Westen Leipzigs zu einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. Dabei wurden zwei Nationalsozialisten durch Messerstiche so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Drei Personen wurden leicht veriezt.
Er legt Berufung ein.
Gegen das Urteil des Erweiterten Schöffengerichts Charlottenburg, das am Sonnabend den Führer der Berliner Nationalsozialisten, Dr. Goebbels , nur zu 800 Mart Geldstrafe megen Beleidigung des Reichspräsidenten verurteilte, hat der Oberstaatsanwalt jetzt Berufung eingelegt. Der Antrag des | Staatsanwalts lautete auf 9 Monate Gefängnis.