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Morgenausgabe

Rr. 258

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47.Jahrgang Casolad

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Der Borwärts erscheint wetentie lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Biffen". Frauen Stimme".

Technit". Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Donnerstag

5. Juni 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etxipelttge Ronpareillezetle 80 Pfennig Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig met fettgebrudte Borte). jebes weitere Bort 12 Pfennig Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes wettere Mor 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaber sablen für zwei Borte Arbeitsmark Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Beile 40 fennig. Anzeigenannahme im Haupt gefchäft Lindenstraße 3, mochentäglich son 81%, bis 17 Ubr

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Berlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Dönhoft 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Schwere Angriffe auf Stalin  .

" Schwindelerregende Pläne und Sprünge ins Ungewiffe."

Mostau, 4. Jumi.( Eigenbericht.)

Die Spannung in Mostau ist in ständigem Steigen be griffen. Die Parteizellen, in denen die Thesen der Berichte, die auf dem bevorstehenden Barteitongreß erstattet werden sollen, zur Dis­tussion stehen, halten sogar Nachtsizungen ab. Vielfach verlaufen die Parteizellenversammlungen überaus stürmisch und nehmen mehrere Tage in Anspruch. Die Rechtsopposition stößt immer weiter Die Prawda schreibt, die Rechtsoppofitionellen ,, erklären die Linie des Zentralfomitees der Partei für Das Zentralfomitee und dessen Führer, d. h. Stalin  , feien allein an allem schuld. Der Mittelbauer sei künstlich, durch unteroffiziersmethoden, in die Kollektiv wirtschaften hineingetrieben worden.

Dor.

banterott".

Die Polifit der Partei beschränke fich auf schwindelerregende Pläne und Sprünge ins Ungewiffe".

Gleichzeitig verlangt die Rechtsopposition weitere Sugeständ. nisse an die Bauern, um so mehr als die Liquidation der Kulafen als Klasse verfrüht sei. In der Parteizelle der Moskauer  

Handelsakademie erklärten die Rechtsoppofitionellen Andrejema und

Gleichzeitig füftet die Bramba" den Schleier über die

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Borgänge in der Moskauer   Parteiorganisation,

der wichtigsten Ortsgruppe der Partei. Sie beschuldigt die bis. herigen Führer der Ortsgruppe rechts oppositioneller Ab. irrungen, wobei diese Führer die Organisation dem Zentral fomitee entgegenstellen wollen. Die Moskauer   Ortsgruppe hätte jedoch gleichzeitig auch ints abirrungen" begangen, und zwar habe fie neben der Liquidation der Kulaten als Klaffe auch die neue städtische Bourgeoisie" liquidieren wollen. Dies hätte zu einer Aufhebung der Neuen Wirtschaftspolitit, des NEP., geführt. Un nüze und schädliche Attaden gegen den privaten Kleinhandel, die private Heimindustrie und die bäuerlichen Wochenmärkte" feien von der Moskauer   Ortsgruppe unternommen worden, die auch von dem Wunsch beseelt worden war, die eigent­lichen Getreidegebiete bei der Kollektivierung zu überflügeln, wodurch die Lintsabirrungen besonders häßliche Formen" an genommen hätten. Diese Angriffe gegen die Moskauer   Ortsgruppen leitung berühren um so eigenartiger, als mehrere Führer der Moskauer   Parteiorganisation gleichzeitig im Zentralfomitee der Gesamtpartei fizen, so daß die Parteileitung unmöglich über diese Lintsabirrungen" nicht informiert gewesen ist.

Mostauer Partei für Stalin  .

Swirtschento, daß man teine Sicherheit dafür habe, daß das Zentral­tomitee auch nicht welter Fehler begehen tömme, die es später nicht anerkennen würde. Auch zu Lebzeiten Lenins   habe sich das Zentral­tomitee vielfach geirrt, doch hätten damals Lenin und die Partei- Indessen meldet die Tll. aus Mostau, daß die Mostauer Partei­leitung stets ihre Fehler eingestanden. Das Zentralfomitee müffe tonferenz am Mittwoch eine Entschließung gefaßt hat, in der der fritisiert und es müßten Maßnahmen getroffen werden, um neuen Politit Stalins das Vertrauen ausgesprochen wird. Die Fehlern des Zentralfomitees in der Zukunft vorzubeugen. Die An- Parteitonferenz erklärte, daß sie von der Parteileitung energische hänger des Zentralfomitees nannten die beiden rechtsoppofitionellen Maßnahmen gegen die rechtsoppositionelle Be Redner Feiglinge. wegung in der Kommunistischen Partei erwarte.

Garantiert England Selbstverwaltung?

Die Kardinalfrage des anglo- indischen Kampfes.

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London  , 4 Juni.  ( Eigenbericht.)

Der Sonderberichterstatter des Daily Herald" drahtet aus Bombay   den Inhalt der Unterredung, die der Bizetönig von Indien   mit dem liberalen Polititer Sapru zwecks Vorbereitung der anglo- indischen Konferenz geführt hat. Sapru erklärte danach frei und offen,

weder der allindische Kongreß noch die indischen Liberalen würden an der beabsichtigten anglo- indischen Konferenz teil­nehmen, folange die englische   Regierung nicht die volle Selbst­verwaltung Indiens   bekanntgegeben habe.

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In allen Klassen und Parteien Indiens   herrsche großes MiB trauen gegenüber den englischen Versprechungen. Eine Zusam­menarbeit Englands mit dem indischen Bolt sei unmöglich, solange nicht eine Verständigung mit Gandhi   herbeigeführt sei. Die gemäßigten Inder seien sehr erstaunt, daß die anglo- indische Regierung in den letzten Tagen nicht die Gelegenheit zu einem Kompromiß mit Gandhi   benut hätte, das einzugehen er offen be­fundet habe. Gandhi   habe zu verstehen gegeben, daß er von seinen früheren Forderungen manchen Abstrich gemacht habe. Würde die anglo- indische Regierung den Dominion Status für Indien  als den Zweck der fünftigen Konferenz garantieren, sowie eine Amnestie für die Gefangenen, so wäre Gandhi   und der größte Teil seiner Anhänger zweifellos bereit gewesen, den Aufruf zur Gefeßesübertretung zurückzuziehen. Der im Gefängnis figende Radikale und indische Kongreßpräsident Nehru   wäre mit seinen Freunden allein und in der Minderheit geblieben. Nachdem aber die Regierung die letzten Tage tatenlos habe verstreichen lassen, würden sich die liberalen und gemäßigten Inder jetzt schnell den Radikalen nähern. Auch sie würden jede Teilnahme an der anglo­indischen Konferenz ablehnen, solange nicht die Selbstverwaltung Indiens   garantiert sei. Wenn die anglo- indische Regierung an ihrem Plan festhalte, nur eine provinzielle Selbstregierung für Indien   zu gewähren und feine indische Zentralregierung, so würde er, Sapru, nicht nach London   gehen.

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Das, so meldet der Sonderforrespondent des Daily Herald", feien die Worte Saprus gewesen, der seit langen Jahren i nengsten Beziehungen zu dem Vizekönig stehe und der bisher treu in Berbindung mit der britischen Regierung gestanden habe. Der Sonderforrespondent des Daily Herald" fügt hinzu. daß nach seinen Erkundungen andere liberale Männer viel weniger entgegenkommend feien als Sapru. Die Haltung der mohammedanischen Radikalen nähere sich immer mehr der der Hindus. Zwar beständen Eifersucht und gegenseitige Verdächtigungen zwischen Gandhi   und den mohammedanischen Führern, die große Mehrheit der Moslems wache jedoch emsig über die Ereignisse und erwarte den geeigneten Führer. Die Ereignisse in Beschawar und Bombay   hätten bereits Verzweiflung in die mohammedanischen Reihen getragen und ein Teil von ihnen

Bosticheckkonto: Berlin   37536. Bankkonto Bank der Arbeiter Angestellten und Beamten. Wallftr 65 Dt Bu Disc- Gei Depofitentafle Lindenstr 8.

Tariferhöhung?

Gerechtigkeit für die BVG.

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Die Berliner   Bevölkerung ist über die in der Deffentlich­feit erörterte Möglichkeit einer neuen Berteuerung der städtischen Verkehrsmittel mit Recht sehr beunruhigt. Zweifel­los handelt es sich bei den im Berkehr zu zahlenden Preisen um eine sehr ernste Frage, deren Bedeutung um so schwerer wiegt, als sie die Armen und nicht die Reichen angeht. Aber in der ganzen Diskussion dieser Frage zeigt sich, wie immer schon in allen Angelegenheiten der Berliner   Kommunal politit, daß Sensationsbedürfnis und Wille zu buntler politischer Geschäftemacherei im um­gefehrten Berhältnis zu dem Ernst steht, mit dem man vor­liegenden Tatsachen gerecht werden muß und zu dem Sach­verständnis, das nun einmal auch in tommunalen Wirt­schaftsdingen wenigstens in einem Mindestmaß vorhanden sein muß.

Herr Bürgermeister Scholz, erst acht Tage von seiner Auslandsreise zurüd und selbst am stärksten über seine Be­deutung als Retter Berlins   gerührt, hat das zweifelhafte Verdienst erworben, durch unmotivierte Defizitankündigun gen den Kredit der Berliner   Berkehrsgesellschaft und damit der Reichshauptstadt Berlin   geschädigt und durch taktlose Reden Magistratskollegen bloßgestellt zu haben, deren ernstes Bemühen um das Wohl der Reichshauptstadt und deren per­sönliche Integrität bisyer noch kein Mensch in Zweifel zu ziehen gewagt hat. Herr Scholtz hat es nicht für notwendig gehalten, zu berücksichtigen, daß, wenn die allgemeine Wirt­schaftslage ein Haushaltsdefizit für Berlin   von 20 Millionen Mart herbeiführt, wenn die Reichsbahn  . einen 15prozentigen Verkehrsrüdgang melden muß, wenn das Reich von einem Monat zum anderen infolge der Wirtschaftskrise ein Dreiviertel- Milliarden- Defizit feft­stellen muß, daß dann auch die BVG. teine Insel der Seligen sein tann, an der die Wirkungen der Wirtschaftskrise vor­übergehen!

Selbstverständlich hat die bürgerliche Sensationspresse auf das von Herrn Scholz gegebene Stichwort sofort auch mit schwersten Angriffen auf die Berliner   Stadtverwaltung

habe schon die Berbindung mit den Kongreßindern aufgenommen. reagiert und wieder einmal mit der Parole der sozialisti. Teilweise sei die Befreiung Indiens   von England

bereits zu einem religiösen Symbol der Mohammedaner geworden.

Der Berichterstatter schildert dann eingehend die bei den Mohammedanern herrschenden Meinungsverschieden heiten, aus denen hervorgehe, daß sich diese noch nicht zu einer einheitlichen Ansicht über die Lage durchgerungen hätten. Wie ihm Gandhi   jedoch im Gefängnis auseinandergesetzt habe, sei der indische Führer bereit, die Wünsche der Mohammedaner zu erfüllen. Der Indien   betrachtet werden möge und welche" Erscheinungen sie auch Sonderforrespondent schließt seinen Bericht: ,, Wie auch die Lage in zurzeit zeitige, die erste und letzte Frage in allen Bagern sei: Bietet uns England den Dominion Status an oder nur dessen Schatten, und wenn uns der Dominion Status versprochen wird, wie lange wird es dauern bis wir ihn tatsächlich befizen?" Von der Antwort hängt das Schickhol der anglo­indischen Konferenz ab und die gesamte Zukunft der Beziehungen Englands zu Indien  ."

Weitere blutige Zwischenfälle.

Condon, 4. Juni.  ( Eigenbericht.)

In einem Dorfe bei Madras tam es zu kämpfen wifchen Bauern und Polizei, in deren Verlauf ein Inder getötet wurde. Auch in anderen indischen Dörfern waren am Mittwoch Unruhen zu verzeichnen, die mehrere Tote und Verlegte forderten,

Friedliche Protestdemonftration in Indochina  . Paris  , 4. Juni.  ( Eigenbericht.)

Wie der Temps" meldet, ist es in der Provinz Binh in Indo. china   zu neuen Zwischenfällen gekommen. Etwa 200 un bewaffnete Bauern zogen vor das Berwaltungsgebäude der Stadt Hue und verlangten in einer Eingabe an den Stadtverwalter die Freilassung aller bisher verhafteten Demonstranten und eine Entschädigung für alle Opfer, die bei den letzten Kund gebungen von der Polizei erschossen oder verwundet worden waren. Die Antragsteller zerstreuten sich angeblich ohne Zwischenfall, nachdem ihnen der Verwalter versprochen hatte, daß er die Bittschrift an die französischen   Oberbehörden weiterleiten werde.

Unterhaus läßt sich nicht bluffen. Das Unterhaus lehnte am Mittwoch die von dem Oberhaus zum Bergbaugese vorgeschlagenen Abänderungen mit 266 Stimmen der Arbeiterpartet und Liberalen gegen 112 Stimmen der Konservativen ab. Die Re­aierung erklärte in der Debatte, sie würde sich vom Oberhaus hin sichtlich des Bergbaugesezes teinen i- Buntt rauben laffen.

schen Mißwirtschaft" Dumme zu fangen versucht. Demgegen über werden wir auch heute fortfahren, uns an die Tat­sachen selbst zu halten, an Tatsachen, die ernst genug sind, für die aber gerade die Sozialdemokratie am allerwenigsten eine Schuld trifft.

1930 aufgestellt. Dieser Boranschlag hat für das ganze Jahr Im Februar d. J. hat die BVG. ihren Boranschlag für 1930 einen Ueberschuß zwischen 7 und 8 Millionen Mart vor­gesehen. In dem Voranschlag ist selbstverständlich auch der eingeschlossen. der in erster Linie der BVG. aufgezwungen monatliche Tilgungsbetrag von 5 Millionen Mart wurde und Anlaß zu der gefährlich schematischen Tarif­erhöhung auf 25 Pf. gewesen ist. In den allerlegten Tagen ließ sich das Betriebsergebnis für die ersten fünf Monate des Jahres 1930 endlich übersehen ( die Beschwerde von Herrn Scholz, man hätte ihn früher in. formieren müssen, ist unfachlich, denn der überraschend ge ( die Beschwerde von Herrn Scholz, man hätte ihn früher in. ringe Rüdgang der Arbeitslosigkeit, von der auch die BBG. abhängt, fonnte nicht erwartet werden). Aus den fünf Mo naten Januar bis Mai fann der Schluß gezogen werden, daß für das gesamte Jahr 1930 und nicht nur für die ersten fünf Monate, falls die Arbeitslosigkeit nicht zurüd­geht, ein Zurückbleiben der Einnahmen hinter den Aus­gaben von etwa 3,8 Millionen Mart zu erwarten ist, so daß der gesamte Einnahmeausfall gegenüber dem Voranschlag 10,8 bis 11,8 Millionen Mark betragen würde. Freilich wurde in der Deffentlichkeit der Eindrud hervorgerufen, daß schon iegt ein Defizit von 12 Millionen Mark porliege! Für dieses Zurückbleiben der Einnahmen hinter dem Boranschlag ist keineswegs Schlamperei maßgebend, sondern eine Reihe sehr ernster und einfacher Gründe. Es ist fest­gestellt, daß in Berlin   bisher allein die Zahl der unterstüßten Erwerbslosen um 50 Proz. höher lag als in der gleichen Zeit des Vorjahres. Wenn man nur 70 000 Fahrgäste rechnet, die. nicht mehr zur Arbeitsstelle fahren so ergibt sich bei einem Anjaz von 20 Pfennig pro Fahrt und zweimaliger Benutzung der Verkehrsmittel am Tage allen ein Ausfall von rund 6 Millionen Mart im Jahre. Die Wirkung der letzten Verkehrsteuerung soll ge­wiß nicht unterschätzt werden sie hat der Reichsbahn  Fahrgäste zugeführt Motorräder und Fahrräder werden mehr gekauft und furze Strecken werden weniger ge­fahren- aber fein Mensch in Deutschland   hat die tata.