Beilage Sonnabend, 7. Juni 1930
Der Abend
Shalausgabe des Vorwäre
Plingstflig
Schon vor fünf Jahren, als ich, ein Schiffsbillett schwenkend, ihm und seiner Mustertaffceplantage Lebewohl jagte, hatte er mich für diese Pfingsten eingeladen, mein Freund und Chef, der Afrika - Schwede Mister Klinfow ström. Denn dann sollte der berühmte Tunnel fertiggestellt sein, der durch den Kilimandscharo direft in fein herrliches Befigtum führt: im Zentrum des reichten Farmdistrikts der Belt gelegen; und ein Fest sollte gefeiert merden, dergleichen man nur in Ostafrifa zu sehen betommt, und auch dort nur bei dem schwedischen Schwärmer Stlintomström.
,, Was aber den Tunnel und den Kilimandscharo betrifft, mein lieber Lehnert," sagte ich neulich zu meinem Freund und Illustrator als wir wieder einmal zufammen bei Schmorchen faßen( der, wie auf allen seinen Speisefarten vermerkt steht, eigenhändig tocht) und u. a. auch die gemeinsame Pfingstreise durchlauten- ,,, so handelt es sich nicht um den 5000 Meter hohen Bultan, sondern um einen grünbraunen Hügel, der nicht dräuender ist wie einer von Schnorchens Schokolade Bistazzen- Buddings, aber den freien Blick und die freie Fahrt nach der Steppe hindert. Und nach der Steppenbar lenkt der gute Klinfom ström allabendlich seinen Ford, wenn ihn Die Sehnsucht nach einer großen falschen blonden Schwedin übermannt, die er in seiner Heimat zurückgelassen hat. Der Beg über dieses Kilimandscharochen bietet auf der Rückfahrt tausend Schwierigkeiten in der Gestalt von Steppentieren, die. gerne in der Nacht auf den Hügel zurüc ziehen, wo ein Wässerchen quillt. Kommt Klinfomström geladen mit vielen Pferdeund Whiskykräften des Nachts auf seine Plantage zurüdgebrauft, so wird sein Ford alle paar Minuten durch aufgescheuchtes Getier zum Stoppen gebracht, das, durch die Lichtfegel der Scheinwerfer gebannt, hilflos vor dem Wagen stehen bleibt, um im nächsten Moment von den Rädern erfaßt und zermalmt zu werden. Alsdann schwillt dem schwedischen Tierfreund das Herz voll Mitgefühl, er springt vom Bagen, dreht das Blendlicht aus und den Sucher seitwärts an und leuchtet dem Bild aus dem Wege. Wieder saust, der Ford weiter, Zebras [ prengen vor ihm her, rotäugige Steppenhafen stieben auseinander, und Strauße fliehen nach einem vergeblichen Bersuch, den törichten Kopf in die harte Erde zu stecken, nach rechts und links, bald sammeln sich wieder ängstliche Antilopenaugen an, ein versteinertes Gazellengrüppchen versperrt den Weg, und von hoch oben herab, wie aus einer anderen Welt, blickt das neugierig- scheue Auge der Giraffe. Und abermals stoppt der Ford und sauſt abermals weiter, bis er mit stundenlanger Verspätung heftig tutend am Farmzaun anlangt, gegen melden auf das Signal hin die nadten schwarzen Füße des Niggerbons eilen, um dem heimkehrenden durstigen Herrn und Meister als erstes ein geeistes Glas Whisky- Soda zu frehenzen. Bas Bunder also, daß der reidhe Farmer einen Tunnel anlegte, den er in fünf Jahren, d. h. zu Pfingsten 1930, pollendet zu haben versprach." Behnert war Feuer und Flamme. Er bestellte zwet Flaschen von einem abenteuer
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nach
lichen Bein, und in dem Maße, in dem wir dem Wein zusprachen, nahmen unsere Reisepläne stets fonfretere und fühnere Formen an! Wir be schlossen und vermorfen die Rote- Meer- Route. Lehnert wollte lieber Millandschaften mit Ibiffen zeichnen, ich bot als Ausmeg einen noch ziemlich gut erhaltenen Krajiwagen an, worauf sich Lehnert gleich einem zweiten Lindbergh glatt für einen Flug auf einem allerdings auch schon antiquarischen Eindeder aussprach( den er auf Stottern beziehen wollte).
Gar so glatt ging die Sache übrigens nicht Donstatten. Es wurden vielmehr noch zwei meitere Flaschen Wein bestellt, die die holdselig aufblühende Birtstochter Erna heranbrachte, die ( pie ich Lehnert verriet) eine frappante Aehnlich feit mit dem ebenfalls erst heranreifenden Fräulein Hedda Klinfomström an den Tag legt, der stolzen Erbin der Kaffeeplantage. Fedda hatte es sich schon zu meiner Zeit geleistet, mit einem Bierergespann von schönen Zebras nach Nairobi hineinzufutschieren.
Als er davon erfuhr, war Lehnert nicht mehr zu halten
Die Mittelmeerjahrt vollzog sich ungehindert, bis auf daß uns d'Annunzio mit einem riesigen Fernrohr argmöhnisch nachlinste und der Aetna unsere Sie anschwärzte. Darauf bogen mir beherzt in das Miltal ein, damit Lehnert die Pharaonendenkmäler und Jbiffe menigstens von oben festhalten fonnte. Wir fahen deutlich, mie 2 egypten von England abrückt und der Sudan ausgesaugt wird. 26ünderbar flar und echt bayrisch hob sich der blaue vom weißen Nil ab. In Nimule aber, wo sich ein Edjlaffrantentamp befindet, saben wir Echreckliches. Ein Rubel hungriger Löwen setzte über die Umzäunung, obwohl man sie in Brand gesteckt hatte, im Sprung hinweg, schleppte eine Reihe von Kranten aus dem Kamp und
fraß sie auf, ohne daß sie darüber ermacht wären. Wie Der Bittoria fee den Nil speist, war ebenfalls ein undergeßliches Schauspiel. Schon näherten wir uns dem Kenya ,
der feuerspeienden Schwester des Kilimandscharo , schon leuchtete mitten drin mein geliebtes Nairobi auf Die Funkstation. das Hotel Avenne mit Dachgarten und Tanzbiele,( nur, o Berfm, bis zum Tischtelephon haben sie's noch nicht gebracht), schon ging's wieder weg über die rechtwinfligen finderreichen Straßen, in denen die roten Wolldecken der schwarzen Beiber aufflammten und die Diamanten der Weißen, und da war auch schon der Affenund Elefanten Dschungel, die Wellblech
dächer der Kaffeefarm, der Forterrier,
auf dem noch immer luftig mein kleiner Blauaffe ritt.
Krach, und jeßt figen mir auf dem Schokolade- Bistazzen- Budding fest, durch den der nun feierlich einzuweihende Pfingsttunnel geht. Lehnert springt jorglos aus dem etwas verbeulten Eindecer, denn, Gott sei Dant, seine Bügelfalte hat standgehalten und er fann jetzt dem Fräulein Hedda vorgestellt werden.
Scharen von Negern im Kriegerschmud tommen über die Steppe gezogen, voren die Häuptlinge, mit wehenden Straußenfedern auf ihren Häuptern, schwarze Bantherfelle um die stolzen Schultern geworfen. Die Negerbons der Farm fegen die Gartentieswege mit ihren Hemden: ich höre wie Klintomström nach einem Whisky- Soda ruft. Freudig bewegt laufen wir den Kilimandſcharo hinab. Pfingsten, das liebliche Fest, ist gefonummen! Auto über Auto überholt uns, und wo immer möglich, steuern die Damen
Schnell, schnell", ruft Klinkomström und minft mir und Lehnert, in feinen befrängten Magen über zurfteigen: feszt gehts durch den Tunnel. Die, spaliere bildenden Festgäste winfen schwarze Beißejungfrauen und weiße Beißejungfrauen und gar feine Jung
uns
zu:
と
und
Alehner
frauen. Am Tunneleingang steht Hedda, ich halte Lehnert am Aragen fest und wir sausen dröhnend in das feuchte Gestein. Klinfomström ist wieder voller Pferde- und Whiskyfräfte, er muß in den letzten fünf Jahren sehr viel an die große, falsche, blonde Schmedin gedacht haben, er fährt wie ein Wahnsinniger drauftos. Ratternd gehts um eine leichte Kurve, da blinkt etwas... ein Splittern, ein Krachen und wir liegen in einer Eisenruine begraben.
Als ich erwachte, stand der Schwede mit vielen schwedischen Pflastern beflebt an meinem Bette und erPlärte, was geschehen war. Wir hatten einen Elefan ten überfahren, der sich den Tunnel besehen wollte. Das heißt, wir hatten ihn nicht überfahren. Wir waren an einen seiner Stoßzähne angerannt und in Trümmer gegangen. Und der Zahn das war es, was jetzt den meichherzigen Schweden bekümmerte der Zahn tat dem
armen Elefanten weh. Er hatte höllische Zahnschmerzen. Und nichts nüßt dagegen, nichts. Man wird dem Ele= fanten den Zahn ziehen müssen. Aber momit wo= mit? Ich fühlte, ob ich noch ganz sei, und dann machte ich Borschläge. Vielleicht könnte Fräulein Heddas Sebravierergespann por den Ihmerzenden Zahn spannen und hühott rufen...
man
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Abends mar großes Festessen. Alle die reichen Nairobi - Farmer mit ihren anspruchsvollen Damen nahmen baran teil, ja fogar der Gouverneur, man hörte alle Sprachen, man aß und trant vom Besten, und wie immer zuviel. da flopjte plöglich Klinfomström an sein Glas und erhob sich zu einer Ansprache. Der Tunnel, sagte er, jei gebaut worden, um die armen Tiere zu schonen, aber er hätte seinen Zwed verfehlt. Alles mögliche Getier käme aus dem Dschungel heraus, um sich an der Kühle des unterirdischen Baus zu laben, so sei es schon während des Baus gemesen, und heute, am ersten Fahrtag, sei viel Unglück geschehen. Ein Nashorn hätte sein Nashorn und ein Elefant einen Stoßzahn eingebüßt, der beim Ziehen abgebrochen ist; einer jungen Löwin wäre man über die Pfoten ge= fahren, und einem Pavian hätte man seine farbenprächtige Hinterseite aufgeschunden. Der Tunnel set also nicht wert, daß er beſtünde wohingegen die Berlobung von Herrn Lehnert und seiner Tochter
Ich führ empor, weil der Kilimandscharo , den Klinkow ström mit Etrafit hatte füllen lassen, in die Luft flog. Bie ich auf meinem zweiten Bein stand, war die Festtafel ver. schwunden und Schmorchens frischgeschrubbter Tisch stand. vor mir mit leeren Flaschen und vielen zeichnerischen Entwürfen von Lehnert, für die sich das aufblühende Fräulein Erna zu interessieren schien.
Haben Sie gut geschlafen?" lachte sie mich aus. Ich muß nach Hause gehen," sagte ich, meine Taschen umfehrend ,,, und wünsche allerfeits fröhliche Pfingsten."