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Morgenausgabe

Nr. 271

A 137

47.Jahrgang

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Vorwärts

Beeliner Bolksblatt

Freitag

13. Juni 1930

Groß- Bertin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etRipalttge Nonpareillezetls 80 Pfennig. Reflame eile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zwet fettgebrudte Borte), jedes weitere Wort 12 Bfennig Stellengefuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bor 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaber Arbeitsmarkt gählen für zwei Worte Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Be.le 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt. gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 81, bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Donboft 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Tragische Folgen einer Wahl.

Neuer Stadtbankdirektor gewählt.- Selbstmord Bern Meyers.

Der Magiftrat wählte geffern zum Borstandsmitglied der| seine Tätigkeit im elterlichen Kaufmannsgeschäft auf, studierte einige Berliner Stadtbaut und der Berliner Städtischen Sparkasse Heren Jahre und arbeitete erfolgreich mit am Aufbau der Arbeiterbant, Erich Feidner, bisher Direktor bei der Danatbant. aus der er wegen persönlicher und fachlicher Differenzen ausschied. Seitdem war er im Michaelfonzern als Bankdirektor tätig, ohne daß ihn diese Tätigkeit befriedigte. Er hatte alle Hoffnung darauf gesezt, durch seine Wahl zum Mitdirektor der öffentlichen Berliner Stadt­durch seine Wahl zum Mitdirektor der öffentlichen Berliner Stadt bank sich wieder einen seiner Gesinnung gemäßeren Tätigkeitskreis zu schaffen. Im Michaelfonzern hatte Bern Meyer noch einen mehrere Jahre lang laufenden Vertrag.

Die Wahl des neuen Stadtbankdirektors hatte tragische Folgen. Genoffe Bern Meyer, der ebenfalls fandidierte, war durch den Ausgang der Wahl derart aus dem Gleichgewicht geworfen, daß er bald nach der Mitteilung des Resultats seinem Leben ein Ende machte. Nachdem er seiner Mutter und seinem Bruder, dem fozialhygienischen Referenten Meyer- Brodwik im DGB. Briefe hinterlaffen hatte, hat sich Bern Meyer erschossen.

Der Tod Bern Meyers beraubt auch die Sozialdemokratische Partei eines treuen Anhängers. Bern Meŋer war 43 Jahre alt. Der Krieg machte ihn zum Sozialisten. Aus Gesinnungsgründen gab er

In der Magistratssigung, die die Entscheidung gegen Meyer brachte, setzten sich die sozialdemokratischen Magistratsmitglieder in erster Linie für die Wahl von Bern Meyer ein. Seine Wahl war dadurch gefährdet, daß durch Beurlaubung einige Magistratsmit glieder fehlten.

So erfolgte die Wahl Feidners.

Regierungsbildung in Rumänien .

Bauernpartei- General Prefan beauftragt.

Die Rückkehr Carols ist mit Wissen und Zustimmung der Re­gierung Maniu erfolgt. Als Carol in Bukarest eintraf und das Mi­litär auf seiner Seite hatte, schlossen sich auch die anderen Parteien ihm an. Nur die Alliberalen Bürgerlichen Bintila Bratianus traten in Opposition, was zur Abspaltung der Jungliberalen George Bra tiamus, die sich nicht ausschalten wollen, führte.

Da nun die nationalzaranistische Bauernpartei Manius bei dem Unternehmen Carols mit dabei war, erhält sie nun auch die e- gierungsbildung: Der ihr nahestehende General Presan über nimmt die Kabinettsbildung. Er wird auf Wunsch des Königs ein Konzentrationskabinett unter Einbeziehung aller Par teien zu bilden versuchen.

Im Zusammenhang mit dem

Entschluß Manius, die Bildung des neuen Kabinetts nicht zu übernehmen,

gab die Leitung der Nationalen Bauernpartei folgende Erklärung ab: Der Vorsitzende der Nationalen Bauernpartei, Maniu, ist dem König Carol tief ergeben und billigt vollkommen den neuen Stand der Dinge, der nicht ohne seine Mitarbeit herbei­geführt worden ist. Es ist also selbstverständlich, daß er den Ent­schluß des Königs, ihn' mit der Bildung des Kabinetts zu betrauen, mit großer Befriedigung aufgenommen und als ein Zeichen hoher Wertschätzung betrachtet hat. Er sah sich trotzdem nicht in der Lage, den Antrag anzunehmen, und dies aus zwei Gründen.

1. Seit 15 Jahren befindet sich Maniu ununterbrochen in dem lebhaftesten politischen Kampf und im Dienste der Deffentlichkeit. Seine Gesundheit hat darunter sehr gelitten, eine Erholung Don mehreren Monaten ist ihm durchaus notwendig.

2. Maniu glaubt nicht, daß im gegenwärtigen Augenblick seine Anwesenheit an der Spike der Regierung unumgänglich notwendig sei, er ist vielmehr der Meinung, daß es gut wäre, furz nach der Thronbesteigung König Carols eine Persönlichkeit mit der Re­gierungsbildung zu betrauen, die sich an den politischen

Wirtschaftspartei gegen Notopfer.

Eine Kleine Anfrage gegen Moldenhauer.

Die Gesetzentwürfe über das neue Dedungsprogramm sind bisher dem Reichsrat noch nicht zugegangen. Der Demokratische Zeitungsdienst kündigt an, daß das Notopfer bereits im Reichsrat auf große Schwierigkeiten stoßen werde.

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Die Wirtschaftspartei auch eine Regierungspartei hat einen sonderbaren Weg eingeschlagen, um ihren Einfluß auf die Gestaltung des Deckungsprogramms geltend zu machen. Sie hat im Reichstag eine Kleine Anfrage eingebracht! Die Anfrage lautet:

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Die Reichsregierung soll nach unwidersprochenen Nach richten zu Lasten der sogenannten Fest angestellten eine Sondersteuer in Höhe von 4 Prozent des Einkommens planen. Wenn diese Steuer auf die Angestellten ausgedehnt wird, so würde diese Belastung Bevölkerungsfreise treffen, die schon heute kaum in der Lage sind, die für Alter, Krankheit und Invalidität erforderlichen Rücklagen zu machen und deshalb mirt­schaftlich erheblich schlechter gestellt sind, als die durch Pension für Alter, Krankheit und Erwerbsunfähigkeit gesicherten Beamten. Ist die Reichsregierung bereit, bei Ausarbeitung des

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Kämpfen weniger oder gar nicht beteiligt hat. Ma niu ist davon überzeugt, dem König und dem Lande einen großen Dienst dadurch erwiesen zu haben, daß er vorgeschlagen hat, den Auftrag zur Kabinettsbildung entweder einem der Bizepräsidenten feiner Partei oder dem General Presan zu erteilen. Dieser letz­tere steht nicht mur. nicht mehr im attiven Dienst, sondern auch außerhalb der politischen Strömungen. Selbstverständlich würde ein solches Kabinett mit der Lösung gewiffer dringender Regierungs­probleme binnen einer verhältnismäßig furzen Frist beauftragt werden, und dies ohne das bisher Erreichte zu beein trächtigen und den Grundsäßen der Nationalen Bauernpartei zu widersprechen. Der Vorsitzende dieser Partei hat noch einmal beweisen wollen, daß sie das Interesse des Staates höher als das persönliche oder das Parteiinteresse stellt. Auf ein sehr herzliches und dankerfülltes Telegramm, worin Carol dem Präsidenten der französischen Republik teine Thronbestei­gung infolge des Willens der Nation" mitteilt, hat Doumergue folgende Antwort gegeben:.

Ich bin durch die Botschaft sehr gerührt, die mir Eure Ma­jeftät übermittelt haben, um von der Thronbesteigung Kenntnis zu geben und die Gefühle treuer Freundschaft zum Ausdruck zu brin­gen, die Eure Majestät gegenüber Frankreich und seiner Regierung befeelen. Ich bringe die aufrichtigsten Wünsche zum Ausdruck, daß Rumänien, ein Land, das allen meinen Landsleuten so sehr am Herzen liegt, unter der Regierung Eurer Majestät auf dem Wege des Wohlstandes weiter fortschreiten möge."

Noch nicht Gattin, aber schon Königin.

Bukarest, 12. Juni. König Carol hat ein Defret unterzeichnet, durch das die Brin seffin Selene zur Königin von Rumänien proflamiert wird. Die Ehescheidung soll aufgehoben werden; bevor das aber noch geschehen ist, wird Helene Königin. Vielleicht hat sie das zur Be­dingung der neuen Ehe gemacht.

biesbezüglichen Gefeßentwurfes diesem Gesichts­punkt Rechnung zu tragen und die in Aussicht genommene Be­lastung der Angestelltenschaft ganz fallen zu lassen, bzw. lebig lich auf diejenigen Festbefoldeten" zu begrenzen, bei denen ihrem Bertragsverhältnis, ihrer Stellung und ihrem Einkommen nach eine unmittelbare Notlage durch eventuelle Kündigung nicht ein­

treten fann."

Die Zustände im Brüning- Block müssen erbaulich sein, wenn eine derartige Kleine Anfrage" möglich ist!

Gevering spricht in Zürich. Kommunistischer Besuch" angefündigt.

Zürich, 12. Junt.

Auf Einladung der sozialistischen Studentenschaft Zürich joll Reichsinnenminister a. D. Karl Severing am 18. Juni n 3ürich über das Thema:" Parteien und Parteibindungen in Deu.schland" sprechen.

Das Züricher Kommunistenblatt Rämpfer" fündigt dazu an, daß die Kommunisten den Vortrag besuchen" werden Demgegenüber stellt das sozialdemokrat sche Boltsrecht" fest, daß die sozialistisch gesinnte Arbeiterschaft Zürichs auf der Hut sein und allen Störungsversuchen entgegentreten werde.

Bostichedkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten. Wallitr 65 Dt Bu Disc- Gel Depofitentafie Lindenstr 3.

Eine Antwort an Briand.

Der Genfer Kongreß der Bölferbundsligen.

Genf, 11. Juni .( Eigenbericht.)

Die Völkerbundstadt Genf sieht sonst nur amtliche Delegierte, Außenminister, Botschafter, Beamte und Barla­me tarier in offizieller mission auf den beiden Ufern des Sees und der Rhone zu internationalen Regierungstagungen persammelt. Zu Pfingsten waren diesmal die Vertreter der freien Völkerbundsvereine zusammengekommen. Angehörige Don 22 europäischen Staaten vert andelter drei Tage lang un­gehindert von Regierungsinstruktionen und doch in naher Be­rührung mit dem Bölkerbunde, seinen Problemen, Schwierig­feiten und Hemmungen. Gerade in dieser dämmernden Mittelstellung zwischen dem Licht, das von der öffent­lichen Meinung ausstrahlt, und der Finsternis, in der nach der Vorstellung vieler die Regierungen noch immer leben, haben die Völkerbundsligentongreffe in vergangenen Jahren vielerlei fruchtbare und dankbare Arbeit geleistet. Ganz ab­gesehen von ihrem wirksamen Einfluß auf die Erziehungs­arbeit, die jetzt zu dem Vorschlag eines vom Völkerbund ein­zuberufenden internationalen Erziehungstongresses geführt hat, sei nur daran erinnert, daß es der Kongreß der Böllerbundsgesellschaften war, der vor zwei Jahren, im Haag, zuerst die Forderung der Ständigen Minderheits­tommiffion aufstellte, die sich dann die Sozialistische Inter­nationale zu eigen machte und mit den. Antrieb dafür bildete, daß es wenigstens zu einigen Verbesserungen im Minderheits­beschwerdeverfahren fam; und es war der Kongreß im ver­gangenen Juni in Madrid, der über die Tragweite des Art. 19, über die Revision von Verträgen verhandelte, Ber­handlungen, die unmittelbar und fruchtbar auf die Völker­bundsverhandlungen im vergangenen September einwirften. Der diesjährige 14. Kongreß gewann sein spezifisches Gewicht dadurch, daß auf ihm zum ersten mal auf einer inter­nationalen Tagung nicht einzelner Persönlichkeiten, sondern ve Verbänden Stellung genommen wurde zum Briand­Memorandum über die Bildung einer Art europäischer Union.

Wie stets war der Kongreß aufgeteilt in vier Seftionen, Erziehung, Wirtschaft und Soziales, Minderheiten, politische und Rechtsfragen. Die Wirtschafts- und Sozialkommission ( Bors. Dr. Dernburg, M. d. R.) legte fozialpolitische Entschließungen vor, die eine für die Ausdehnung des Min­destalters für den Eintritt in den Beruf auf 15 Jahre ( Berichterstatter: der englische Angestelltengewerkschaftler Elvin) und die andere für die Abschaffung der 3 wangs­arbeit. Die Plenartagung über diese Frage erhielt befon­deres Gewicht durch die eindrucksvollste Rede des Kongresses, eine Ansprache Albert Thomas ', der mit tiefem Ernst auf die beiden großen Aufgaben der menschlichen Bernunft in der Gegenwart hinwies, mit der Arbeitslosigkeit und der Orgni­sation des Friedens fertig zu werden. Die Minderheiten­om mission und der Kongreß machten sich die eine der beiden von der deutschen Liga für Völkerbund durch Dr. Jung­hann vorgelegten Entschließungen zu eigen; sie fordert alle europäischen Staaten auf, in ihre nationale Gesetzgebung die kulturellen Mindestrechte der Minderheiten einzuführen. Die Politische und Rechtskommission- Borsigender der holländische internationale Anwalt und Bölkerbundsdelegierte Limburgh, zugleich Präsident des Kongresses- behan­delte vor allem die Organisation des Friedens. Aus drei von der englischen und einer von der deutschen Liga vorgelegten Entschließung destillierte eine Unterfommission einen Gesamtentwurf über die Untersagung des Krieges, die internationale Regelung von Streitigkeiten die Sicher­heit und über die Abrüstung heraus, der mit nur geringer Aenderung auch das Plenum passierte. Wie ein polnischer Vertreter mehr beschwerdeführend als beifällig bemerkte, war die Unterfommission aus Angehörigen von vier Rheinpakt­mächten zusammengesezt: dem französischen Völkerrechtler Scelle, dem kürzlich zum Professor des inter­nationalen Rechts in Brüssel ernannten Genossen Rolin, den Engländern Drury Low und Hudson und für Deutsch­land Schwarz. Die Entschließung der Unterkommission nahm den Hinweis der legten Abrüstungstagung der So­zialistischen Internationale in Berlin auf, daß die Völker­bundesversammlung bereits 1926 und dann wieder 1928 die Sicherheit für ausreichend erklärt hat, um einen ersten Abrüstungsschritt zu tun, und erklärt mit großer Schärfe von vornherein jede Abrüstungskonvention als eine unzurei= chende Ausführung des Art. 8 des Bölkerbundpaktes, die nicht gleichzeitig die Militärbudgets, das Kriegsmaterial und Bersonal und die Dienstdauer verringert und Kontroll­maßnahmen einführt. In der Vollversammlung führte Rolin gerade als Angehöriger des um seine Sicherheit besorgten Belgiens aus, daß die fortwährende Berschiebung der Ab­rüstung die größte Gefahr für die Sicherheit dar­stelle. Gerade die Staaten, die die in den Friedensverträgen festgesetzte Abrüstung bestimmter Staaten aufrecht erhalten wollten. müßten darüber klar sein, daß dies auf die Dauer nur möglich sein werde, wenn sie selbst Schritte zur Ab=