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BERLIN Freitag 13. Juni

1930

Der Abend

12

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Spätausgabe des Vorwärts

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Nr. 272

B 135

47. Jahrgang

66 Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezcile

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Berliner Arzt gerädert.

Vor den Augen seiner Frau. - Vier Kinder lebend verbrannt.

Auf fürchterliche Weise ist der Berliner Arzt Dr. Kalenscher aus der Kantstraße in Charlottenburg auf dem Bahnhof in Saalfeld in Thüringen ums Leben gekommen.

Die Senfung der Eisenpreise.

Alles in schönster Ordnung."

Die Eisenindustriellen haben ihre Mitteilungen zur Eisenpreis-| fonders in den Gebieten außerhalb des britischen Welt­fenfung bereits dem Reichswirtschaftsministerium ein gereicht. Ebenso haben die Gewerkschaften Erklärungen abgegeben.

Dieses Material muß zunächst miteinander verglichen und in

Dr. Kalenscher befand sich mit seiner Frau auf der Urlaubsreise. Als der Zug in der vergangenen Nacht um 1.20 Uhr in Saalfeld ein­lief, verließ R. das Abteil, um am Bahnhofsbüffett eine Erfrischung zu sich zu nehmen. Dabei überhörte der Arzt das Abfahrtssignal bes Bahnvorstehers. Er versuchte den bereits in Fahrt befindlichen Zug noch zu ersteigen, fam aber dabei so unglücklich zu Fall, daß er zwischen Bahnsteig und Trittbrett einge. quetscht und dann unter die Räder eines nachfolgenden Wagens llebereinstimmung gebracht werden. Offiziös wird hervorgehoben, Grund, warum Sheffield nicht bis zu seiner vollen Leistungsfähig­geschleudert wurde. Die Frau des Unglücklichen, die mit eigenen Augen den furchtbaren Unfall vom Fenster mit angesehen hatte, erlitt einen schweren Nervenzusammenbrud. Der Ber: unglückte wurde sofort ins Städtische Krankenhaus Saalfeld gebracht, ift dort aber feinen Berlegungen erlegen.

Vier Kinder verbrannt. Schweres Brandunglück bei Ratibor .

In der Ortschaft Stanis bei Rauden im Kreise Ratibor brach in der Wirtschaft des Bergarbeiters Kischta Feuer aus, das sich mit großer Schnelligkeit über das Wohnhaus und die Stallungen ausbreitete und die Gebäude völlig zerstörte. Vier Kinder der Familie Kischka konnten nicht mehr gerettet werden und sind in den Flammen umgefommen. Die Ehe frau und zwei andere Kinder erlitten schwere Brand­wunden und wurden ins Krankenhaus gebracht. Ihr Zu­stand ist ebenfalls lebensgefährlich.

Autounglück der Reichswehr

Laftauto stürzt über eine Brücke.

Ein außerordentlich schweres Automobilunglück hat sich bei der Reichswehr zugetragen. Bisher find a cht Schwer und zehn Leichtverlette zu verzeichnen; doch hat es den Anschein, als ob sich diese Zahl leider noch erhöhen wird.

Am Hemelberg in Betterhagen an der Weser passierte das Mindener Pionierbataillon mit mehreren Personenwagen, einer großen Anzahl von Motorrädern und 25 bis 30 Last autos mit Anhängern die Straße von Hemelberg nach Betterhagen. Infolge Versagen einer Bremse fuhr der erste Lastkraftwagen in edner unübersichtlichen Kurve mit großer Geschwindigkeit auf eine fleine Brücke und stieß dort gegen eine Mauer, wobei er sich quer über die Mauer legte. Ihm folgten mehrere Lastautos, die den ersten Wagen rammten und mit furchtbarer Wucht über die Brückenmauer hinweg in eine Tiefe von vier bis fünf Metern stürzten. Im ganzen sind vier Lastautos des Zuges, die die Kurve zu passieren hatten, auf die Brücke gerast. Nach Berichten von Augenzeugen sind etwa a cht Schwer und zehn Leicht verlegte festgestellt worden. Ob sich auf den in die Tiefe gestürzten Wagen noch Soldaten befanden, konnte im Augenblick nicht festgestellt werden.

Nächtliches Verkehrsunglück. Acht Personen bei einem Zusammenstoß verletzt.

In der vergangenen Nacht ereignete sich in der Weser­ffraße in Neukölln ein schweres Berkehrsunglüd, bei denen acht Personen zum Teil recht erhebliche Berletzungen erlitten.

Gegen 2 11hr nachts stieß an der Ecke der Weser- und Bannierstraße ein Lastauto, auf dem sich außer dem Führer pier Bersonen befanden, mit einer Autodroschte zusammen. Das 2aft auto geriet dabei auf den Bürgersteig, zertrümmerte einen Gastandelaber und stürzte trachend um Während der Führer des Laftautos mit leichten Berlegungen davonfam, wurden seine Be­gleiter, Hildegard und Maria Bansee sowie das Ehepaar Her mann und Helene Berndt, die sämtlich in der Kaiser- Friedrich­straße 216 in Neukölln wohnen, schwerer verletzt. Die Berunglück­ten mußten ins Virchow- Krankenhaus gebracht werden.

Die Autodroschke wurde gleichfalls durch die Wucht des Zu­fammenpralls auf den Bürgersteig geschleudert. Der Fahrer verlor die Herrschaft über die Steuerung und der Wagen fuhr in ein

daß eine Senkung der Eiſenpreise um etwa 4 Broz. nicht als ein Bruch der Abmachung gelten fönnte, daß die Preissenkung der prozentigen Lohnsenkung entspreche, weil die Löhne nur einen bestimmten Prozentsatz der Eisenpreise darstellen. Die Lohnfentung an den Akkordlöhnen dürfte nach offiziösen Angaben bei einer Ge­famtlohnfumme der nordwestlichen Eiſenindustrie von 500 bis 600 Millionen Mark ungefähr 30 bis 40 Millionen betragen. Die Reichsministerien für Wirtschaft und Arbeit haben bis jetzt den Ein­druck, daß alles in Ordnung(!) verlaufe, also die Berein­barung durchgeführt werde.

Danach scheinen sich also Herr Stegerwald, wie auch der Reichswirtschaftsminister Dietrich mit der bisherigen Preisfentung des Stahlfartells vollständig zufrieden zu geben Sie scheinen nicht zu sehen, daß die Preissenfung in diesem Umfang ton­juntturpolitisch noch völlig wirtungslos bleiben muß. Aber davon ganz abgesehen, es ist ein starkes Stück, zu behaupten, daß alles in schönster Ordnung sei, wo die gesamte Last der neuen Konjunkturpolitik des Kabinetts Brüning auf die Schul­tern der Arbeiterschaft abgewätzt ist.

England und die Eisenpreissenkung. Bor wichtigen Entscheidungen der britischen Schwerindustrie

London , 13. Juni.

Eine Herabsetzung der englischen Stahlpreise wird vorläufig abgelehnt und statt dessen der Schuß der Industrie durch 3ölle angestrebt. Durch die deutsche Preisherabsetzung wird nach den Berechnungen der englischen Stahlindustriellen zwischen englischem, deutschem und belgisch - luxemburgischem Stahl

ein Verhältnis von 100: 60:40. geschaffen.

Die englische Stahlindustrie in Sheffield hat auf die Preisherab­fegung der deutschen Stahlindustrie mit einem Schreiben an fämt liche Mitglieder des britischen Konsulardienstes in der ganzen Welt geantwortet, in dem darauf hingewiesen wird, daß be=

Durch Leiden Weltmeister

oder: Die noble Kunst der Selbstverteidigung" NICHT RAUCHEN!

Ausserste Ruhe!

SCHMELING

LEIDEN:

WELTMEISTER

reiches Sheffield und seine Erzeugnisse durch interessierte aus­ländische Gruppen planmäßig verdächtigt worden seien. Die gesamte Produktion in Stahl und Stahlerzeugnissen sei heute 50 Proz. höher als selbst in den besten Borkriegszeiten. Der einzige feit beschäftigt sei, liege darin, daß die Produktion während des Krieges perdreifacht worden sei. Auch die Höhe der Arbeitslosigkeit in der Stahlindustrie wird als normal(?) bezeichnet und besonders scharf gegen die Behauptung Stellung genommen, monach gegenwärtig von Sheffield minderwertiger Stahl erzeugt werde.

Bu gleicher Zeit dieser Befanntgabe veröffentlicht ,, Dailŋ Herald eine Inhaltsangabe über den Bericht eines Unter­fuchungsausschusses der Regierung, der die Stahlwerte in Deutsch­ land , Belgien und Frankreich eingehend studiert und eine aus­gedehnte Untersuchung über die Ausrüstung, Arbeitsmethoden, Löhne und die allgemeine Verhältnisse in der kontinentalen und britischen Industrie angestellt hat. Der Ausschuß tommt nach dem Daily Herald" zu der Feststellung, daß die Löhne auf dem Kontinent zwar in vielen Fällen etwas niedriger feien als in England, der Vorteil der fontinentalen Stahlmerke jedoch von anderer Quelle tomme. Die Tatsache, daß die Mehrheit der Fabriken in Nordfrankreich 3. B. auf dem Wege der Sach­lieferungen durch Deutschland auf das modernste aus­gerüstet worden sei, ſetze Frankreich in die Lage, ohne Kapital­abschreibungen zu arbeiten. Ein weiterer Borteil liege darin, daß die leitenden Posten bei der Stahlindustrie auf dem Kontinent nicht nach persönlichem Einfluß oder

sozialer Stellung besetzt würden.

Poincaré gegen Kommunistenschwindel.

Er lagt die französische Verwaltung in Indien an. Paris , 13. Juni. ( Eigenbericht.) 1

Zu der Interpellationsdebatte über die Unruhen in Indo­ china , die heute nachmittag in der Kammer fortgesetzt und wahr­scheinlich zu Ende geführt wird, hat Poincaré einen interessanten Beitrag geliefert. In seinem Wochenartikel im Excelsior" erklärt er in schroffem Gegensatz zur amtlichen These der Regierung, daß es ein allzu bequemer Jrrtum wäre, die Ereignisse in Indo­ china ausschließlich auf das Schuldfonto der tommunistischen Propaganda schieben zu wollen. Schuld sei vor allem das Durch­einander der neben- und übereinander regierenden Büros des Kolonialministers und des Generalgouverneurs. Schuld sei weiter die systematische Zurücksetzung der eingeborenen Bevölkerung. Es gebe wohl sogenannte Volksvertretungen in Indochina , aber sie bestünden nur der Form nach. Man habe den Eingeborenen freien Zugang zu allen öffentlichen Aemtern oft genug versprochen. Man habe 1926 sogar die volle Gleichheit zwischen Eingeborenent und Europäern proflamiert, aber bisher habe man nichts dergleichen getan, vielleicht aus Sorglosigkeit, schlechter Gewohnheit und übler Borurteile. Je mehr man aber die Eingeborenen in den Schulen unterrichte, umso mehr müßten sie über diese Zurücksetzung be= fremdet sein.

"

Als deutliche Illustration zu dem Artikel Poincarés veröffent­licht der sozialistische Populaire" am Freitag ein Protestschreiben des Schriftstellers Luc Durtain . Man erinnert sich, daß fürzlich 17 indochinesische Studenten wegen einer harmlosen: Demonstration vor dem Elysee in Paris für die Freilassung ihrer verurteilten Bolksgenoffen aus Frankreich ausgewiesen worden sind. Wie der protestierende Schriftsteller feststellt, müssen die Aermsten die lange Reise nach Indochina im Kielraum eines Schiffes zurück­legen, in den sie trotz der tropischen Hiße zusammengepfercht worden sind.

Das Strafgericht in Saigon hat am Donnerstag wieder 65 Demonstranten zu zwei- und dreijährigen Gefängnisstrafen

verurteilt.

Maniu soll es versuchen.

Bukarest , 13. Juni.

Der König hat heute mittag den früheren Ministerpräsidenten Maniu mit der Regierungsbildung betraut. Maniu hat nach der

Schaufenster hinein. Der Chauffeur und zwei Insassen erlitten Pst! Hier liegt der augenblicklich stärkste Mann der Welt. Audienz erklärt, daß er vom König den Auftrag erhalten hat, eine

glücklicherweise nur leichte Berlegungen,

Er leidet sich zum Weltmeister hinauf!"

Parteiregierung zu bilden.