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Beilage

Montag, 16. Juni 1930

Um Mahagonny

Eine kritische Auseinandersetzung

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Gegen Bert Brecht wird in der Presse der Vorwurf er­hoben, daß sein Tert zur Oper Mahagonny" mit dem Drama Großstadt mit einem Einwohner" von Walter Bilbricht sehr auffällige Uebereinstimmungen habe. Das Für und Wider wird in literarischen Kreisen start erörtert, denn der Fall Brecht- Gilbricht ist bereits in ein Stadium getreten, das zur Stellungnahme nötigt. So verschieden die beiden Stüde Mahagonny " und Groß­stadt" in Auffassung und Behandlungsart des Themas auch sein mögen, jo läßt sich doch die gemeinsame Grundidee nicht wegleugnen. Die Stadt wird hier wie da von drei nicht gerade ehrenwerten Menschen in einer Einöde gegründet; eine geldgierige Frau ist bei beiden Gründungen das treibende Element. Menschen merden in ihrer Geldgier Objekte des großangelegten Geschäfis Großstadt. Geschäftstüchtige Menschen, die Hyänen der Großstadt, sorgen dafür, daß mühsam erworbenes Metall in zweifelhafte Ge­nüsse umgesetzt wird. Dabei flingt im Unterton eine gewisse Sehn­sucht nach Ruhe durch. Endlich tritt eine höhere Gewalt in Aftion ( Weltkrieg bzw. Hurrifan), sie vernichtet das Geschäft Großstadt, Teuerung fegt ein, und das Ganze nimmt ein tragisches Ende: Mahagonny geht in Flammen auf und die Großstadt friert ein.

Das alles ist schon merkwürdig genug. Merkwürdiger aber ist der Umstand, daß auch in Einzelheiten, ja, jogar in einzel­nen Redewendungen eine Uebereinstimmung vorhanden ist, die ins Auge fallen muß. Ich führe einige Beispiele an:

Großstadt:

Ort der Handlung: Blockhütte in Einöde.

Alaska .

Frau White mit der besonde­ren Note der Geldgier.

Frau White: Mir fehlt zu einer Benus nur das Gold."

Der Boden ist zäh, die Ge­sellschaft braucht weichere Kupfer­lager. Also wird sie in den Taschen der Kupfergräber graben."

Eine große Rolle spielt das Gasthaus zur Blauen Rose". Eine Preistafel drückt die je weilige Lage aus. Die Preise werden steigend notiert.

Kurz vor dem Untergang eine große Orgie.

Am Schluß im Hintergrunde Schneefelder

Mahagonnŋ:

Ort der Handlung: Alasta. Auto in Einöde..

Witwe Begbick mit der beson­

deren Note der Geldgier.

Begbick: Aber das Geld ist hin und mit ihm auch die Sinn lichkeit."

Die Leute fagten, daß die Flüsse das Gald sehr ungern her­geben. Ihr bekommt leichter das Gold von den Männern als von Flüssen.

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Eine große Rolle spielt Sie Hier darfst- du- Schenke". Eine Breistafel drückt die jeweilige Lage aus. Die Preise werden fallend notiert.

Kurz vor dem Untergang eine große Orgie.

Am Schluß im Hintergrunde die brennende Stadt.

Der gesunde Menschenverstand kann doch auf diese Tatsachen hin nur den einen Schluß ziehen: Einer von beiden Autoren muß durch das Werk des anderen beeinflußt worden sein! Nun behaup= tet aber jeder, daß es gerade bei ihm ausgeschlossen sei, und sucht das durch Angabe von Daten zu erhärten. Uns fällt es schwer, an ein solches Wunder von unabhägiger Duplizität zu glauben.

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Der Abend

Snalausgabe des Vorwärts

Reporter unterwegs...

Abenteuer im Nebenberuf

Am Montag mittag wurde im dichten Gedränge des| Vereinszimmertür aufzumachen, aber die Revolvermündung ist Chikagoer Michigan- Boulevards der Reporter der Chitago wenigstens schon gegen die Dede gerichtet, fünfundsechzig Pfennige Tribune" Alfred Lingle, durch einen Kopfschuß hinter- für den Wirt rollen über die Thefe, zwei Schritte bis zur Tür. rüds ermordet. Der Täter, der der Bande des berüchtigten taus und um die Ecke, ist alles eins. Schmugglerfönigs 21 Capone angehört, enttam im Ge­dränge.( Zeitungsnotiz.)

Wir wollen zugeben: nicht jeden Tag wird ein Reporter er­mordet. Auch nicht jede Woche oder jeden Monat. Im letzten Jahr allerdings waren es immerhin schon drei. Da war erstens jener australische Rollege, den im Neuköllner Aufstandsgebiet eine Kugel tödlich traf; dann der Kollege aus Dresden , den ein unglüdlicher Gummifnüppelhieb unglücklich der Ursache wie der Wirtung nach- ins Jenseits beförderte, und jetzt Lingle. Eigentlich vier, wenn wir Dr. Faber hinzurechnen, der im Auf­trage eines Berliner Blattes Kanada bereiste und dort vor einigen Monaten irgendwo mit seinem Faltboot fenterte und ertranf.

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Noch eins sei eingeräumt: fein Reporter schwebt ständig in Lebensgefahr. Db dies überhaupt jemals der Fall ist, kommt auf die Art des Auftrags an, den er zu erledigen hat. Wer zu Fürsten­empfängen oder Leichenbegängnissen, zu Einweihungen oder Be= fichtigungen geht, also gewissermaßen hinbestellt ist, wird schwer lich dabei erschossen oder erdolcht werden. Aber die anderen. Die, nirgends hinbestellt, überall mur ungebetene Gäste sind. Sagen Sie nicht, daß Sie von der Zeitung sind!" Wir kennen diese Warnung. Trotzdem gehen wir hin. Denn wer einen Reporter hinbestellt", holt selten nur einen, in der Regel zwanzig, vierzig, sechzig, mitunter fünfhundert. Da werden Geheimnisse natürlich nicht offenbart. Höchstens Waschzettel verteilt. Die anderen suchen für ihre Zeitung das Einmalige und wollen dabei die ersten sein. Sensationsmache" sagen dann am nächsten Morgen die Enthüllten und rümpfen die Nase. Oder drohen gar. Wir nehmen es leicht, es genügt uns, die Wahrheit gesagt zu haben.

Bisweilen fommt jemand, der die Wahrheit nicht hören will, und hält uns eine Kanone vor den Bauch. Dann ergeben sich folgende Arbeitsberichte:

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Exerzierplatz zum Bürgerkrieg

Das älteste Berlin , der Fischerties, ist nachts der Eger­zierplatz zum Bürgerkrieg. Als Demarkationslinie verläuft die Stratauer Straße von West nach Ost. Jenseits, in der Jüdenstraße, ist das Hauptquatier der Nationalsozialisten, diesseits, in der Fischerstraße, das der Kommunisten. Zwischen Nuß­baum" und Spreeufer pflegen die feindlichen Heerhaufen aufein­ander zu stoßen. Es ist gefährlich, zur Mitternachtsstunde an der Friedrichsgracht. Ich komme in eine der Kneipen. Außer dem Wirt Dorn im Schantraum tein Mensch. Mürrisch schenkt der Budifer einen Becher Bier ein und überlegt, was mag der Kerl hier wollen. Man merkt das und bemüht sich, um so harmloser zu erscheinen. Wo sind die Toiletten, Herr Wirt?" Hier links die Tür und dann über den Hof." Man muß fid gejdidt verlaufen fönnen: statt der Tür zum Hof mache ich die Tür zum Vereinszimmer auf.| Trete ins Zimmer, zwölf, fünfzehn Burschen verstummen im Nu, also richtig getippt, ich bin in das Allerheiligste des Lotterie Vereins Alt Berlin 08" eingedrungen. Lotterieverein ist nur das Aushängeschild. Geht's hier nicht zum Hof?" Hier ist fein Hof, mach, daß du rauskommst!", ist die Antwort. Raus tommen, war gut gesagt, denn das Stelldichein dieser Burschen war so gut wie aufgeflogen, die Hälfte von ihnen hatte mich schon umringt, der Vorsitzende schob die andern beiseite, so daß er mir am nächsten zu stehen fam. Unterdessen war ich so weit zurückge­treten, daß ich wieder bei meinem Glas Bier an dem hohen, run­den Stehtisch stand, in dem Menschentnäuel tauchen noch zwei Beiber auf und dann richtet sich langsam der Lauf einer schweren Mauserpistole auf mich. Junge, wenn du hier angeben willſt", schreit wütend der Vorsitzende, dabei mir immer die Kanone vor die Brust haltend, uns machst du nicht dumm!"" Wer will euch denn dumm machen? Herr Wirt, noch zehn Zigaretten." Ich öffne die Schachtel, stelle sie auf den Tisch und spekuliere, wenn nur ein einziger eine Zigarette nimmt, dann ist schon viel gewonnen, dann S. 26: Das ist verboten und sind die Leute gespalten, dann fann man weitersehen. Richtig, dieses darfst du nicht." drei Mann greifen zu, einer meint zu dem Vereinshäuptling: Erich, laß doch den Clown." Aber Erich kann sich damit nicht befreun­den, er tobt jetzt mit den anderen herum, wie ich dazu komme, die

Wägt man einmal die sprachliche Formulierung der beiden Werke gegeneinander ab, so fällt einem ein gewaltiger Unter­schied auf. Die Sprachje Gilbrichts ist schöpferisch, charakteristisch, oft eigenwillig, jedenfalls aber einzig und organisch. Die Sprache Brechts ist alltäglich, manchmal bewußt gesucht, unselbständig und an andere Sprachformungen angelehnt. Die Parallelität erstreckt sich nämlich nicht nur auf die Großstadt allein. Hier einige alte Bekannte aus der älteren Literatur, die ebenfalls in Mahagonny " auftauchen( die Bibelstellen sind nach Kaegis Bibel. bearbeitung zitiert):

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Mahagonny: Sofea 7/12: Ich aber strecke Sie soll sein wie ein Nez, mein Nch und hole euch wie das für die eßbaren Vögel ge­Vögel aus der Luft herab." stellt wird." Jejaia 1/21: Wie ist die Stadt zur Hure geworden. Einst mar sie voll Recht und Gerechtig­feit."

Jesaia 28/9: Das dürft ihr nicht und das dürft ihr nicht, und dies ist Sünde und jenes ijt Sünde."

G. 48: und hat verführet die ganze Stadt und vernichtet Ruhe und Eintracht."

Micha 3/2: Merkt euch, vor= G. 38: Auf dem Meer und nehme Schinder, ihr reißt den an Land werden allen Leuten Leuten die Haut vom Leib." ihre Häute abgezogen." Jeremia : Laßt euch nicht S. 54: Laßt euch nicht ver­

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handen gekommene Exemplar der Großstadt" oder indirekt durch Gespräche über das Stüd, ob Brecht bewußt oder unbewußt Ein­Bergleich der beiden Terte nicht zu erkennen; es ist dies aber für die Tatsache der Beeinflussung völlig unwesentlich. Fritz Voigt.

täuschen durch Wahrsager und führen, es gibt keine Wiederfälle und Wendungen aus Großstadt" benutzte, das ist aus dem Propheten. Die Heimkehr. da kehr." von sie fabeln, ist Traum und Gespinst."

Jejaia 17/13: Ja, wie große Wasser wüten, so werd: n die Leute wüten.

3ephania: Ihr Demüti­gen des Landes bleibt treu. Viel

leicht werdet ihr geborgen..

Aber der Stythensturm ging Dorüber. Sie zogen längs des Meeres und ließen Juda abfeits. Bolt und König atme! en auf."

an

G. 26: Wir brauchen feinen, Taifun, denn was er Schrecken tun tann, das fönnen wir selber tun."

G. 29/30: Haltet euch auf recht, fürchtet euch nicht.... Die Hurrikane gingen vorüber in großer Höhe und der Tod triit in die Wasser zurüd. O mun­derbare Lösung."

Schiller : Gefährlich ift's Schlimm ist der Hurritan, den Leu zu wecken, verderblich schlimmer ist der Taifun, doch ist des Tigers Zahn. Jedoch der am schlimmsten ist der Mensch." schrecklichste der. Schrecken, tas ist der Mensch in seinem Bahn."

Die Uebereinstimmung der zitierten Stellen ist verblüffend. Besonders in der Gleichartigkeit der Bilder. Uebrigens ja bereits Charlie Chaplin zwar nicht feinen Hut( f. Mahagonnn), wohl aber feinen Stiefel auf( f. Goldrausch).

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Wenn man einerseits also die von Brecht, schon früher zu­gegebene prinzipielle Larheit in Fragen des geistigen Eigentums" in Rechnung stellt, wenn man merkt, wie Mahagonny " außer den Barallelen zur Großstadt" auch sonst noch Parallelen zu anderen sprachlichen Schöpfungen aufweist, Parallelen, bei denen Brecht eine Priorität für sich taum in Anspruch nehmen dürfte, wenn man andererseits die Sprachformung und Bildgestaltung Gibrichts als und das muß man! dann selbständig und einzig anerkennt wohlgemerkt, nur auf dem Wege der Terttritif zu dem Schluß, daß, wenn einer vom anderen beeinflußt wurde, dieser nur Bert Brecht sein tann. Wie diese Beeinflussung: ox gegangen, ob direkt durch Einsicht in das bei Bistator ab

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Frauenemanzipation in China

Der gefnechteten Frau ein freiezes Dasein zu verirhaffen, ist auch in China ein schweres Beginnen. Die Grundlage des Familien­lebens müßte hierzu von Grund auf geändert werden. Heute herrscht das Patriarchat, also die absolute Macht des Familienober­hauptes über die Familie. Noch immer werden Frauen ge tauft. Ein Mitbestimmungsrecht der Heiratskandidatinnen für die Wahl des Gatten gibt es nicht. Der Hauptzweck der Ehe ist die Fortpflanzung des Stammes in gerader Linie. Die Frau muß einen Sohn zur Welt bringen, denn nur dieser darf dem Ahnen Opfer bringen. Tut sie dies, so hat sie ihren Lebenszwed erfüllt. Hat sie aber das Unglüd, einem Mädchen das Leben zu schenken, so hat der Mann das Recht, sie zu ihren Eltern zurückzuschicken, wo es ihr böse ergeht. Tausende und aber Tausende von Frauen erleiden auch noch heute dieses Los. Auch der Mädchenhandel blüht, wie ehedem. In aller Deffentlichkeit werden die Mädchen der ärmeren Klassen an die Freudenhäuser verläuft.

Kürzlich fam min aus Schanghai die Nachricht, daß die dortige Frauenbewegung der Nankinger Regierung eine Resolution übermittelt hat, in der sie Gefängnisstrafen für jene Männer verlangt, die neben ihren Frauen auch Nebenfrauen halten. Das ist immerhin ein Zeichen der Zeit.. Es flingt turios, ist aber mahr: die Frauenemanzipation hat bei den Füßen begonnen. Geit mehr als tausend Jahren leiden die chinesischen Frauen unter den zu Hufen verfrüppelten Füßen. Diese Mißbildungen machten das meibliche Geschlecht zu jeder Arbeit unfähig und degradierten es zum Spielzeug des Mannes. Vor 20 Jahren gab es noch über 20 Millionen solcher Geschöpfe, die nicht gehen, sondern nur trippein tomben. Seither hat jich ihre Zahl erheblich verringert. Das ist der

Wenn die Knarre nun losgegangen wäre?

Die Unterwelt will ungestört fein Irgendeine Sache mit der Unterwelt. Glänzender Lesestoff für

das Blatt. Also los. Aber es wird schon ungemütlich, als wir die

verräucherte Stampe am Rottbuser Tor betreten. Es ist Vor­mittag und eine Horde von Vereinsbrüdern seit zwei Tagen und zwei Nächten auf der Bierreise. Weil" Bob" vorgestern aus Sonnenburg gekommen ist. Die Leute sind natürlich nicht nüchtern, lärmen, gröhlen, umarmen sich, torfeln gegen die Tische und stoßen dabei meinem Kollegen das Bierglas um. Großer Protest, dies Wort in seiner Berliner Bedeutung genommen, das Ende vom Lied: Macht, daß ihr hier wegfommt, wir brauchen hier keine Aufpasser!" Mein Kollege ist Borer, er hat mir das eben noch er­zählt, bei Reilereien in der Kneipe immer linken Geraden und rechten Schwinger, aber hat sich was, man hört noch einen dumpfen Fall, die Glasfüllung der Tür zersplittert, auf dem Boden flirren Scherben. Mein Kollege liegt da, der Kinnhaken des anderen war schneller.

Jetzt wird es lebendig in dem Laden. Zwei Arbeiter, die feine Ahnung hatten, wo sie in Wirklichkeit waren und harmlos ihr Früh­ſtück verzehrten, wollen zur Tür, da paden, sie auch schon zwei Kerle: Hier kommt feiner raus, von wegen Polizei holen, wir find hier selbst Polizei!" Das kann ja feierlich werden, denke ich. Einer ist ganz rabiat geworden und beginnt sämtliche erreichbaren Biergläser zu zerschmeißen, mit einem Male ,, Krach!", ein Schu B. Während sich noch alles erschrect umfieht, rieselt langsam und fein­Irgendjemand hat, wie fann es gemahlen Kalfstaub zur Erde. anders sein, seine Kanone vorgeholt und brüllt jetzt, daß die Leute ,, Kaltmachen werde ich euch, ihr auf der Straße stehenbleiben: Laufejungens, was sucht ihr hier!" Krebsrot ist der Mann vor Wut und angefoffen noch dazu. Man kann nur einen Fünfziger auf den Tisch legen und machen, daß man wegkommt.

Nebenbei: wenn der Mann die Mündung der Knarre auch nur zwei Zentimeter tiefer gehalten hätte? Dann wäre der Schuß nicht gegen die Dede gegangen, sondern anderswohin. Vielleicht uns in den Bauch.

Reportage in einer Mainacht

Der Schrecken des Bürgerkrieges steigt auf. Nirgends brennt ein Licht im ganzen Kampfgebiet, wie finstere Schluchten liegen die verlassenen Straßen zwischen den Mietskasernen da. Der Fahr­damm ist aufgerissen, die glatte Ebene der Pflastersteine hat sich zur Barrikade gewölbt. Das Kösliner Viertel ist volltom­mien abgeriegelt, jenseits der Reinickendorfer Straße wird noch gebant, Stein auf Stein. Es ist zwei Uhr nachts. Irgendjemand hat auf die Weddingstraßen Barritade eine rote La terne gestellt, bfutror steht sie da und weiß nicht, warum. Zwei Autos rattern durch die Pantstraße. An der Wiesenstraßen- Ede steht eine Abteilung Sdyupo mit schußfertigem Revolver. halten!" Aussteigen!" Wo wollen Sie hin?" Da und da. Hände hoch!" Durchsuche nach Waffen.

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An­

Nanu, was ist denn mit dem Chauffeur los, der wischt sich ins Gesicht, hat die Hand voll Blut, jetzt ist das ganze Kinn be­schmiert. Es ist noch mal gut gegangen, nur Streifschuß. Denn jedes Auto, das an der roten Laterne dort unten vorbeifährt, wird unter Feuer genommen. Den Chauffeur, anderthalb Meter vor uns, hat es getroffen. Ehe das Blut schwer und dick auf die Jacke fällt, schaukelt sich der Tropfen noch an der Kinnspitze. Um uns fümmert sich niemand, wir stehen da herum in dem Feldlager, eigentlich müßten wir noch immer die Hände hochhalten, dann gehen wir los.

Inzwischen schlägt es drei. Ein leiner Trupp marschiert be­hutsam über den Brunnenplay, biegt längs der Pante ein. Das iff die Ablösung für die Kösliner Straße", sagt mir jemand. Die Leute haben Eile, über dem Humboldthain dämmert schon der Morgen. Ein paar Schüsse knallen durch die Nacht. Es ist Bürger­frieg, den Chauffeur hat's getroffen.

Fritz Köhler .

| größte bisher erreichte Erfolg der Frauene: manzipation, denn er bezieht sich auch auf die unteren Klassen. Auch die kurzgeschnittenen Haare und die kurzen Röcke bürgern sich allmählich in den Städten ein. Das flache Land beherrscht verläufig noch immer der alte Konservatismus. Seit dem Kriege ist die Chinesin auch als An­gestellte nichts Ungewöhnliches mehr, während ihr früher nur ge­stattet war, fich in der freien Zeit mit Seidenraupenzucht oder Tuchweberei zu beschäftigen.

Die Bewegung zur Befreiung der versklavten Frau ist an und für sich früheren Datums. Im Jahre 1907 wurde unter der Herr­schaft der Kaiserin Tsi die erste Frau hingerichtet: die chinesische Lehrerin Tsin Din( Reichtum des Herbstes), Tochter eines höheren Beamten, die schon damals revolutionäre Ideen hatte und den Kampf gegen Dynastie und Tradition predigte. Jun Jat Sun hat ihre Ideen in das Parteiprogramm aufgenommen. Heute sind allein in Kanton 500 Arbeiterinnen organisierte Mitglieder der Partei. Wenn auch diese Zahl, mit europäischem Maßstab gemessen, äußerst gering erscheint, so bedeutet sie für die schwierigen chinesischen Verhältnisse einen großen Erfolg.

Das erste Unternehmen in China , das eine Frau anstellte, war ein photographisches Institut in Shanghai , Kurz darauf folgten Heute sind bereits zahl­einige Banken und auch andere Firmen reiche Buchhalterinnen und Sefretärinnen unter den arbeitenden Frauen anzutreffen. Auch Ladengeschäfte stellen in jüngster Zeit Mädchen ein. Pionierdienste leistete Kanton. Im Jahre 1920 grün­deten dort einige unternehmungsluftige Frauen ein Warenhaus unter dem Namen ,, Chin Po Merchandise Store", Das Geschäft ging gut und fonnte sich vergrößern. Selbst in den Journalistenberuf beginnt die Chinesin einzudringen. Seit drei Monaten ist. Eva Chang Chying, ein junges Mädchen, das in Amerika auf der Columbia- Universität studierte, als politische Mitarbeiterin der offi­ziellen Kuo Min News" und der China Weekly" tätig.

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An der Spize der Frauenbewegung stehen heute zwei Webe. rinnen: Liu Tsang Lang und Men Tschi Tschung, die alles daran segen, um ihre Mitschwestern zu befreien. Paul Diner- Dènes.