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Beilage

Donnerstag, 19. Juni 1930

Der Abend

Dem Kinde die Werkstatt

nicht Reihenbänke und Lehrerthron!

Wer erinnert sich noch an Schulprüfungen, Prüfungen in der Volksschule? Auf dem Lande gingen sie so vor sich, daß der Herr Pfarrer sie abnahm und die Schulvorsteher die Beisitzer spielten. Der Pfarrer fragte, der Lehrer fragte, und die Kinder flizzten mit den Fingern hoch. Die Antworten prasselten wie Gewitterregen. Wenn es so war, dann war es gut, anerkennenswert, Zeichen von ficißiger Arbeit. Es gab einzelne Lehrer, die es anders machten, die auch an solchem Tage mit den Kindern wirklich zu arbeiten ver­suchten, an Probleme herangingen, Kinder denken ließen. Doch die wurden nicht verstanden, das war langweilig.

Man darf annehmen, daß solche Prüfungsmethoden heute aus­gestorben sind, aussterben mußten, weil fein Staat dem Lehrer den Sazu nötigen Unterricht gestatten würde: Wissen eintrichtern, auf Prüfungsfragen dressieren. Jeder Lehrer wird schon die leise An­deutung einer solchen Zumutung weit von sich weisen. Aber es Tommt vor, daß Eltern vom ersten Besuch im Unterricht ihrer Kinder deswegen enttäuscht heimkehren, weil sie in Erinnerung an die eigene Schulzeit hingegangen waren und nun die erwarteten Exerzier- und Paradeübungen nicht vorfanden.

Nicht das antwortende, sondern das fragende Kind ist heute das Kriterium der Schularbeit; nicht das einge, trichterte und wieder heruntergerasselte Wissen, sondern das Maß der Selbsttätigkeit und Selbständigkeit in der Arbeit. Rechnen kann z. B. noch nicht der, der die Aufgaben des Rechenbuches mit Firigkeit löst. Erst wer imstande ist, seine Umwelt, seine Le­bens- und Arbeitssituation auf die zahlenmäßigen Ver­hältnisse zu prüfen, daraus in Eigentätigkeit Rechenaufgaben zu formulieren und diese dann auch zu lösen vermag, erst der kann rechnen. Wahrscheinlich sind es recht einfache Dinge, die die Klasse dann betreiben wird, feine staunenswerten Zahlenkunststücke, dafür aber sachliche und lebensnahe. Es ist sicher nicht besonders wichtig, daß ein Kind ausrechnen kann, wieviel 7/13: 12/37 ist oder zu welchem Prozentsaz ein Kapital von 723 M. auf 3insen gegeben werden muß, wenn es in 2 Jahren 3 Monaten und 6 Tagen 145,30 m. einbringen soll. Daß ein Junge aber ausrechnen fann, ob und wie er sich einen Wanderanzug bis zu den großen Ferien ersparen kann, nun, da er eine Botenstelle angenommen hat, ist schon be= deutsamer. Und wenn er gar eine Berechnung darüber anzustellen vermag, ob und unter welchen Bedingungen der Vater imftande ist, ein Eigenheim zu erwerben und zu erhalten, so sind die dabei ent­stehenden Aufgaben wahrscheinlich nicht so schwierig wie im üblichen Rechenbuch und trotzdem würde man urteilen müssen: der Junge

tann rechnen.

Zu solchen Leistungen soll heute die Schularbeit führen. Im Wege steht dem nichts. Das Kind bringt die besten Voraussetzungen dafür mit. Eine unendliche Fragelust, die zuweilen den Eltern gar läftig werden fann, beseelt es.

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zählte ich fürzlich in einer Schule, von jedem so viel Exemplare wie Kinder in einer Klasse waren. Für jedes Alter, für jedes Ar­beitsgebiet war Gelegenheit, das Material zum Studium zu holen. Die Kinder sind bereit. Die Lehrer sind im Begriff, sich um­zustellen. Die Eltern verstehen oder fordern. Die Räume und ihre Einrichtungen lassen sich ohne erhebliche Schwierigkeiten schaffen. Unbegreiflich, daß trotzdem der Schritt von der Möglichkeit zur Wirklichkeit so zögernd und schwerfällig getan wird; aber vielleicht gibt es unsichtbare Bremsvorrichtungen.

Der Schulgarten

Aevermann.

Die letzten Jahre haben dem ,, Arbeitsschule"-Gedanken den Sieg auf der ganzen Linie gebracht. Mehr und mehr hat sich die Forde rung durchgesezt, die Schüler tätig am Unterricht und seinem Fort­schreiten teilnehmen zu lassen. Zugleich ist aber auch deutlich ge= worden, wo die Grenzen der Methode liegen. Die Arbeitsschule" ist kein Allheilmittel für sämtliche Krankheiten unseres Schul­betriebes. In manchem Fach, für viele Lehrstoffe ist der Arbeits­unterricht unökonomisch. Mit dem größtmöglichen Aufwand an Zeit und Arbeitskraft von Schüler und Lehrer wird ein gestecktes Ziel erreicht, zu dem man auf anderem Wege schneller und vor allem leichter kommen kann.

Nur die Tier- und Pflanzenkunde kennt diesen Streit nicht. Sier ist das gegebene Feld der Selbstbetätigung des Schülers. Schon bei A. H. Frande und Salzmann, bei Basedow   und Trapp, gab es einen ganz modernen naturkundlichen Arbeits­unterricht. Im Jahre 1685 legte August Hermann France in Halle einen Schulgarten an. Seitdem ist der Schulgarten als not­wendiges Hilfsmittel des botanischen und zoologischen Unterrichts mur zeitweilig verschwunden. Neuerdings ist er wieder start in den Bordergrund getreten. Die Erkenntnis der lebenden Natur erlangt man nicht durch Betrachtung des Seins, des Gegebenen, sondern des Werdens, nicht des Stillstandes, sondern der Entwicklung. Ge­wiß fann man das auf Ausflügen zeigen, aber die Großstadt mit ihren weiten Entfernungen verbietet es, ein und denselben Platz im Freien mit denselben Schülern so oft immer in den verschiedensten Jahreszeiten wieder aufzusuchen, wie es dazu nötig wäre. Die Lösung dieses Problems bietet der Schulgarten. Die praktische Gartenarbeit, die Aufzucht und ständige Beobachtung von Pflanzen auch von Tieren in fester Verbindung mit der Schule schafft da unmittelbares Verstehen und Begreifen, wo Bücher und Bilder nur totes Wissen vermitteln können.

und

-

wenn möglich

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Die Universitäts  - Verfaffung Redend, forschend, untersuchend, Kurator, Rektor und Senat, Dekane und Fakultäten

spielend, gestaltend erobert es sich bereits vor der Schulzeit seine fleine Welt. Die Schule braucht nur fortzusehen, was schon be= gonnen, und es wird keinerlei Bruch in der Entwicklung entstehen. Die Lehrpläne der Neuzeit haben dem auch durchaus Rechnung ge­tragen. Die allmähliche Entfaltung aller find­lichen Kräfte aus dem Spiel, Bewegungs- und Wissenstrieb zum sittlichen Arbeitswillen" etwa ist die Formel, mit der man diese Aufgabe umreißt.

Wenn das Kind kein Hindernis bildet, so können alle anderen Faktoren ohne weiteres in der notwendigen Richtung eingestellt werden. Der Lehrer hat es in der Hand, seine Methoden entsprechend zu gestalten. Er fann ablassen vom Frage- und Antwortspiel, von Dressur und Parade, vom Oberflächenwissen und Gedächtnisballast und hinleiten zum lebendigen Fragen, zum gründlichen Denken, zum ficheren Können, zum selbständigen Gestalten, wobei nirgend die Quantität eine Rolle zu spielen hat, sondern nur die Qualität.

Lehrerthron und Reihenbänke haben bei solchem Vorhaben keine Berechtigung mehr. Tische und Stühle stehen im Kreise oder im Viereck. Die, die miteinander reden wollen, sollen auch einander sehen können. Der Lehrer ist mitten in der Arbeits­gemeinschaft, nirgends und überall, der Leiter, der Helfer, der Be­rater. Er sorgt für den Fortgang der Arbeit, er ist verantwort­lich für die Höhenlage, er verhindert Leerlauf. Der Klassenraum ist geeignet für jede Arbeitsform. In ihm reizt es nicht nur zu Unterredungen, sondern er hat auch Platz für Malen und Schrei­ben, für Erzählen und Lesen, für Messen und Rechnen, für Basteln und Bauen. Die Tische lassen sich leicht für jeden Zweck zurecht­schieben. Das Arbeitsmaterial steht bereit, so daß fleine Kinders hände es bewältigen fönnen; die Pappe ist zugerichtet; das Auf­schneiden und Behobeln des Holzes hat die Maschine besorgt. Messer und Schere, Säge, Hammer und 3ange, mit Pinsel, Kleister und Farbe ist alles getan. Einer besonderen Werkstatt bedarf es nicht; denn die Klasse ist Werkstatt vom Morgen bis zum Mittag.

Mit

Wenn für die Grundschule, deren Dauer man besser mit 6 als heute mit 4 Jahren ansehen würde, Raum und Einrichtung wie ge Schilbert genüge: 1, fo bedarf beides auf der Oberstufe einer wesent lichen Erweiterung. Für das Zeichnen ist ein Zeichenjaal nötig mit großen Tischen und mit wünschenswerter Beleuchtung. Hobel­bänke und Schraubstöcke, Bohrmaschine und Drehbant als not­wendige Ausrüstungsstücke des Wertunterrichts erfordern auch einen besonderen Werkraum. Technif. Chemie und Biologie, die auf Gas, Basser und elektrischen Strom nicht verzichten fönnen, stellen auch ihre eigenen räumlichen Ansprüche. Alle diese Dinge fann die Volks­schule nicht entbehren, wenn sie nicht weiter rur Worte klingen laffen mill, sondern zu Taten führen. Man fann eine Schule schwerlich lebensnah nennen, wenn nicht so wichtige Dinge wie Technik und Wirtschaft eine führende Rolle spielen.

Doch das Buch soll damit nicht abgetan sein. Das gedrudte Bort wird auch für den Werktätigen( vielleicht für ihn erst recht) eine der wesentlichsten Quellen der Bildung sein. Es benutzen 311 lehren, bleibt michtige Aufgabe der Schule. Bisher gab es die Ge­famtliteratur der Welt in einem Band; aus jedem Gebiet ein Stück­chen, von jedem Dichter ein Pröbden, das Ganze nannte Lesebuch. In die Schule der Selbständigkeit und Gründlichkeit paßt dieses Buch nicht mehr. An Stelle des einen, des Sammel furiums, find viele mirtliche und richtige Bücher getreten, 370 Berte

man

Die Universitäten sind Veranstaltungen des Staates und haben zugleich nach Maßgabe der Gesetze die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts  . Sie verwalten ihre Angelegenheiten durch die akademischen Behörden"( Rektor und Senat, Großer Se­nat, Fakultäten). Die Universitäten stehen unter der unmittelbaren Aufsicht des Unterrichtsministers. In vergangenen Jahrhunderten gab es noch eine wirkliche akademische Selbstverwaltung, die an Freiheit der der Städte gleichkam. Heute ist von dieser Selbstver­waltung nicht mehr viel übrig geblieben. Die gesamte äußere Ber­waltung ist auf den Staat übergegangen und auch die innere Ver­waltung( Studiengang, Vorlesungsplan, Prüfungen, Seminarbetrieb) ist durch allgemeine und spezielle Borschriften des Ministeriums be­grenzt. Aeußerlich kommt dieser Wandel auch dadurch zum Aus­druck, daß der Vertrefer und das Organ des Ministers bei der Uni­versität, der Universitätsturator, dieses Amt hauptamtlich ausübt. Der Universitätsfurator hat gewichtige Aufgaben: Er führt über sie die Aufsicht und leitet ihre Vermögens- und Kassenverwaltung und vertritt fie in Rechtsgeschäften. Durch ihn geht der Briefwechsel der akademischen Behörden mit dem Minister.

Spalausgabe des Vorwärts

So ist der moderne Schulgarten ein Produkt der Großstadt, hat aber seine Bedeutung auch für ländliche Gegenden. Ueberall find in Stadt und Land Schulgärten entstanden. Gärten aller Größe: vom winzigen Zwerggärtchen von 15 Quadratmeter bis zum Großbetrieb von 10 Hektar Umfang. In Preußen gibt es schon über 1000 folcher Gärten verschiedenster Art: Gärten für Einzelschulen und große Sammelgärten; solche, die die im Klassenunterricht be= nötigten Pflanzen liefern und solche, deren Hauptzwed die praf­tische Arbeit ist. Systemgärten, in denen die Pflanzen nach ihrer Berwandtschaft geordnet sind, und biologische Gärten. deren An­ordnung die besondere Ausgestaltung der Arten und ihre spezielle Lebensweise zeigen; Küchengärten, Baumgärten, Blumengärten und garten nützlich sein: für Erdkunde, Wetterkunde, Himmelskunde, Spielgärten. Für alle möglichen Unterrichtsfächer fann ein Schul­Mathematik und Zeichnen sind Schulgärten schon nutzbar gemacht worden.

Die rapide Entwicklung der Schulgartenbewegung findet ihren Niederschlag in einem Buche, das M. Herberg auf Grund einer vom Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Boltsbildung ver­anlaßten Umfrage nach den Erfahrungen mit Schulgärten heraus­gegeben hat*). Als Anregung zum Schaffen, als Helfer und Weg­weiser für alle, die schon im Schulgarten arbeiten oder dies tun wollen, ist das Werk gedacht. Da es auf der ganzen Summe der bisher gemachten Erfahrungen, aufgebaut ist, stellt es ein Nach schlagewerk dar für alle auftauchenden Fragen der Anlage, Ein­richtung, Bewirtschaftung und Auswertung des Schulgartens. Es ist nach dem Maßstabe eines idealen Gartens angelegt, der allen Anforderungen genügt, so daß jeder daraus das entnehmen kann, was für die speziellen Aufgaben, denen der anzulegende Schulgarten gerade dienen soll, oder für den Raum, der gerade zur Verfügung steht, in Betracht kommt. Fehler und Irrtümmer, die bei der Be­wirtschaftung sich einstellen könnten, werden besprochen und können so vermieden werden. Besonders wichtig erscheint ein Abschnitt über die Nebenaufgaben, die Nutzbarmachung des Schulgartens für andere Lehrfächer als die Naturkunde. Den Abschluß bilden Ausführungen über die Ausbildung der Lehrer zu Schulgarten­leitern und eine Besprechung der notwendigen gärtnerischen Ar­beiten und Handgriffe. Dr. Kurt Lewin  .

*) Der Schulgarten. Auf Grund amtlichen Materials unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von Studienrat Dr. Martin Herberg. 382 Seiten mit 28 Tafeln. Geheftet 16 ,, gebunden 18,- Mt. Verlag Quelle u. Meyer in Leipzig  .

denkt, daß im Großen Senat einer mittelgroßen Universität etwa 120 bis 150 Männer sigen, die in ihrem Wissenschaftsgebiet eine gewisse Universitätsorgan gern und mit Interesse zu allgemeinen Hochschul­Bedeutung gewonnen haben, so sollte man meinen, daß sich solch ein fragen äußert. In Wirklichkeit bringt es die Ueberlastung einer großen Zahl von Professoren und eine gewisse Einseitigkeit, in die die meisten Professoren im Laufe der Zeit kommen, mit sich, daß nur wenige fich für akademische Dinge interessieren, die außerhalb ihres Fachgebietes liegen oder gar organisatorische Fragen betreffen. Das Ministerium kann dieser Entwicklung entgegenarbeiten, wenn es bei wichtigen allgemeinen Problemen seinerseits die Großen Senate um Gutachten bittet. Es ist mir nicht bekannt, ob und mit welchem Er­folge das schon heute geschieht.

Die Universitätsorgane, mit denen wir uns bisher beschäftigten, behandeln die Angelegenheiten der Gesamtuniversität. Die eigent= lichen Fachfragen liegen bei den

Fakultäten:

der evangelischen, der katholisch- theologischen, der rechtswissenschaft­lichen, der philosophischen und der medizinischen Fakultät. Katholisch theologische Fakultäten bestehen nur an wenigen Universitäten, die Nationalökonomie wird dabei meist in den rechtswissenschaftlichen Fakultäten gelehrt, manchmal ist die philosophische Fakultät in eine geisteswissenschaftliche und in eine naturwissenschaftliche geteilt. Die Fakultät im engeren Sinne, also als akademische Behörde, besteht aus den ordentlichen Professoren ihres Fachgebietes und aus einigen Bertretern der außerordentlichen Profefforen und Privatdozenten. Man darf sich darüber keiner Täuschung hingeben, daß die außer ordentlichen Professoren und Privatdozenten, die wesentlich auf das Wohlwollen der ordentlichen Professoren angewiesen sind, im ent­scheidenden Augenblick nicht gern von der Meinung ihrer" Ordi­narien abweichen werden. Den Borsiz in der Fakultät führt der Detan, ein für ein Jahr gewählter ordentlicher Professor. Die Fakultät betreut die Aufgaben ihres Fachgebietes, sie ist für die Voll­

An der Spitze der akademischen Selbstverwaltung steht der Rektor, die ,, Magnifizenz". Er wird alljährlich vom Großen Senat aus der Mitte der ordentlichen Professoren gewählt, üblicherweise wird dabei in einem regelmäßigen Turnus unter den Fakultäten gewechselt. Eine wichtige und zwar begrüßenswerte Neuerung: Früher wählten nur die ordentlichen Professoren den Rektor, heute wählen ihn auch Vertreter der außerordentlichen Professoren, der Honorar­professoren und der Privatdozenten. Es ist also eine Ver­breiterung der Wahlbasis eingetreten, die wohl geeignet sein tann, das Vertrauen der Gesamtheit der Universitätslehrer in die selbstständigkeit des Studienplanes verantwortlich, sie verleiht die akade­gewählte Spitze zu stärken. Die Wahl des Rektors bedarf der Be­stätigung des Ministers. Meines Wissens ist diese Bestätigung nie versagt worden. Der Rektor leitet die Geschäfte und Verhandlungen der Senate und ihrer Ausschüsse.

Das wichtigste Verwaltungsorgan der Universität ist

der Senat,

der aus den Leitern der Fakultäten, den Delanen, gewählten Ber­tretern der ordentlichen und außerordentlichen Professoren und der Privatdozenten besteht. Aber die Zahl der Nichtordinarien ist vor­fichtig gering. Zwölf ordentlichen Professoren stehen im Normalfall nur zwei Vertreter der nichtordinarien gegenüber. Der Senat führt die eigentliche Verwaltung der Universität, soweit nicht der Kurator zuständig ist.

Der Große Senat

ist, theoretisch wenigstens, gleichfalls ein wichtiges Universitätsorgan, praktisch tritt seine Bedeutung gegenüber der des Senats erheblich zurüd. Dem Großen Senat gehören alle ordentlichen Professoren und Bertreter der übrigen Dozentengruppen an. Aber auch hier ist dafür gesorgt, daß die ordentlichen Profefforen nicht über| stimmt werden können: Die Zahl der ordentlichen Professoren muß mindestens doppelt so groß sein wie die der anderen Universitäts­lehrer. Die Aufgaben des Großen Senats find: er wählt den Reftor, ernennt Ehrenbürger, beschäftigt sich mit Vorschlägen über die Aenderung der Satzungen und fann gutachtlich zu wichtigen allge meinen Fragen des Hochschulwesens Stellung nehmen. Besonders die leßte Funktion könnte jehr bedeutungsvoll fein. Wenn man be­

mischen Grade( Doktor und Ehrendoktor), sie läßt die Pri vatdozenten zu und wirkt bei dem Berufungsverfahren der ordentlichen Professoren mit. Ein Kollegium, das wesentlich der Aussprache von Fachfragen dient, ist die sogenannte Weitere Fakultät, die aus allen Professoren und Privatdozenten des Fachgebiets besteht. Gemeinsame Angelegenheiten mehrerer Fakul täten werden in paritätischen Ausschüssen behandelt.

Wir erwähnten bereits die Tatsache, daß die akademische Selbst­verwaltung gegenüber der durch den Kurator repräsentierten Staats­verwaltung im Laufe der Jahrzehnte start an Bedeutung verloren habe. Das liegt einmal daran, daß die Professoren ziemlich wenig 3eit, aber auch wenig Lust haben, sich mit Organisationsfragen zu be faffen, zum anderen aber auch daran, daß der Universitäts­furator das ruhende bleibende Element darstellt gegen­über dem jährlich wechselnden Rektor und Dekan. Die Rettorats. geschäfte sind umfangreich und wichtig. Ein halbes Jahr braucht der neue Mann, um sich einzuarbeiten, und dann ist seine Zeit bald wieder um. Um das professorale Element gegenüber dem büro­fratischen zu stärken, haben deshalb einige ausländische Staaten das System des Universitätstanzlers oder präsidenten ein­geführt, ein System übrigens, das es früher auch an deutschen Uni­perjitäten gab: An der Spitze der Universität steht für eine Reihe von Jahren oder auf Lebenszeit ein gewählter oder ernannter Professor mit Befugnissen, die etwa die des heutigen Reftors und des heutigen Kurators vereinigen. Der Nachteil liegt auf der Hand: Dieser Pro­feffor scheidet für die wissenschaftliche Arbeit aus.

Dr. Otto Benecke.