Bernhard verläßt die„ Boß".
Er wird Geschäftsführer des Warenhausverbandes.
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Die Boffische Zeitung" bestätigt jest, daß Georg Bernhard am Ende dieses Jahres aufhören mird, ihr Chefredakteur zu sein. Sie erklärt, daß sein Ausscheiden in feinem Zusammenhang mit dem Ulsteinschen Familienprozeß stehe, sondern lediglich auf seinen Bunsch zurückzuführen sei, feine politische Tätigkeit in anderer Weise auszubauen". Als Mitarbeiter werde er dem Blatt und dem Berlag erhalten bleiben.
Zugleich gibt der Verband Deutscher Waren und Kaufhäufer bekannt, daß er sich veranlaßt gesehen hat, seine Geschäftsleitung in der Form zu erweitern, daß zum Schluß des Jahres an die Spitze des Verbandes ein geschäftsführendes. Präsidium gestellt wird, in das neben Herrn Professor Georg Bernhard auch der bisherige langjährige geschäftsführende Borsitzende Direktor Bach eintritt.
Georg Bernhard war in jungen Jahren Sozialdemokrat, war aber damals schon Journalist im Uustein- Verlag, den er jetzt nach 32jähriger Tätigkeit verläßt. Seine journalistische Unabhängigkeit hat er in diesem großfapitalistijden Breffebetrieb stets zu wahren verstanden, und wenn der Ulstein- Verlag politisch vorwärtsgerichtete Tendenzen zeigte, so war das zu nicht geringem Teile sein Berdienst. Die Zukunft dieses großen Verlags wird durch das Ausscheiden Bernhards noch um einige Grade dunkler.
Run wird Bernhard nach einem Menschenalter freien journalistischen Schaffens Geschäftsführer eines großfapitalistischen Interessentenverbandes. Er hört damit auf, ein nach allen Seiten unab=: hängiger Vertreter öffentlicher Interessen zu sein. Er geht denfelben Weg, den vor ihm zahlreiche Abgeordnete der bürgerlichen Barteien und Beamte des öffentlichen Dienstes gegangen sind, einen Weg, der nach sozialistischer Auffaffung kein Weg nach oben ist.
Um den Kopf des Verurteilten. Appell der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion.
Stuttgart , 20. Juni. ( Eigenbericht.)
Die für Sonnabend vormittag in Ravensburg angesetzte Hinrichtung des Batermörders 3ell aus Oberschwelm scheint nicht mehr verhindert werden zu können. Der württembergische Staatspräsident Bolz hat am Freitag von Berlin aus die bestimmte Weisung nach Stuttgart erteilt, daß es bei seiner Entscheidung, d. h. der Ausführung des Todesurteils, verbleibt.
Bolz erteilte diese Weisung, obwohl die Reichsregierung der mürttembergischen Regierung am Freitag die Erklärung der Regierung Müller im Strafrechtsausschuß des Reichstags in Erinnerung bringen ließ, nach der alle Länderregterungen gebeten worden sind, bis zur Entscheidung über die Todesstrafe Todes
urteile nicht mehr zu vollstrecken.
Die sozialdemokratische Reichstagsfrattion fandte folgendes Telegramm an den württembergischen Staatspräsidenten: Sozialdemokratische Reichstagsfraktion er jucht nach drücklichst Todesurteile nicht vollstreden zu laffen." Das gleiche Ersuchen hat die demokratische Frattion des Reichstags an den demokratischen Wirtschaftsminister der württembergischen Regierung gerichtet.
WANN
KOMME
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DRAN
MOLDENHAUER
3
CURTIUS
„ Los
tretet alle hinter euren Minister!"
Dazu kommen Spioneverhaftungen bei Ventiniglia, eine
In der Finanzkommission der Kammer erklärte antifranzösische Kundgebung in Bari , die italienischen ZetteMinisterpräsident Tardieu, es sei mit absoluter Gewißlungen in Tunis und nun die Erklärung des französischen heit bekannt, daß Italien in den letzten Wochen beträcht. Ministerpräsidenten mit ihrer persönlich treffenden, fachlich liche Truppenkontingente an der italienisch- französischen durchaus berechtigten Kritik an dem problemischen Duce. Grenze konzentriert habe. Zur Beruhigung ihrer eigenen sommertage vor sechzehn Jahren erinnern. Es dürfte hoch an Das alles sind Symptome, die fatal an ähnliche HochBevölkerung sei daher die französische Regierung ge der Zeit für die übrigen Großmächte und dem Böllerbund zwungen gewesen, das gleiche zu tun, nämlich ebenfalls sein, durch nachdrückliche Erinnerung an Böllerbundsvertrag, Truppen an der Grenze zusammenzuziehen und dort zu Schiedsabmachung und Kellogg Bakt zu bremsen! nächst zu belassen. Der aggressive Ton der Reden Musselinis sei schlechthin unanständig; er selbst habe Italien gegenüber nur den einen Wunsch ,,, daß man Frankreich in Ruhe lassen möge".
Faschistische Kriegshehe.
London , 20. Juni. ( Eigenbericht.) Der ,, Daily Herald" berichtet aus Rom , daß die
In der Kammerfigung über Indochina machte der sozialistische Abg. Varenne, ehemals Gouverneur von Indochina , der Kalenial. verwaltung den Bormurf, daß fia piel zu langsam an die Reform
Kommunistischer Schimpfbold verurteilt spannung solchen Italien und Frankreich feit erheit herangehe; fie folle durch die Zuſammenarbeit mit der einge
einigen Tagen fichtlich zunehme. So habe n. a. Zurati, der Generalsekretär der faschistischen Partei, in einer An sprache vor Studenten erklärt, der Krieg mit Frant. reich sei unvermeidlich geworden. Die gleiche Rede und die gleichen Worte hat am Freitag Turaii wiederum bei einer anderen Versammlung wiederholt.
borenen Bevölkerung und durch die Gewährung von autonomen Rechten ein befriedigendes Berhältnis zu den Annamiten herstellen. Wenn man aber so weiter mache wie jezt, merde Indochina nicht französisch werden, sondern chinesisch. Es gehe nicht an, alle Schuld den Bolschemisten in die Schuhe zu schieben. Es gebe in Indochina bolfschemistische Agitatoren, doch nützten diese lediglich die
Wegen Beleidigung fozialdemokratischer Redakteure. Frankfurt a. M., 20. Juni. ( Eigenbericht.)' Die in Frankfurt a. M. erscheinende kommunistische Arbeiterzeitung hatte in zwei Nummern, die der in Hanau wohnende Redakteur Georg- Handle verantwortlich gezeichnet hatte, die Rebatteure der sozialdemokratischen Frankfurter Aehnliche private Propagandaveranstaltungen und An. ohnehin vorhandene Unzufriedenheit der Bevölkerung aus. Bolksstimme" als
Diese Bezeichnung hat der Redakteur Handke auch in einer fommumistischen Versammlung in Langenfelbod bei Hanau , in der er als Referent aufgetreten mar, gebraucht.
Die Folge war, daß die genannten acht Redakteure der Frantfurter Bolfsstimme in Frankfurt Privatflage gegen den tommunistischen Redakteur Georg Handke angeftrengt hatten, die hcute vor dem Amtsgericht Hanau zum Austrag fam. Der Ber treter der Kläger, Genosse Rechtsanwalt Dr. Hochstädter, erklärte, daß es den Redakteuren der Boltsstimme nicht leicht gefallen sei, Klage anzustrengen, daß aber auch alles seine Grenzen haben müsse.
Der beklagte Redakteur Handke gab an, er habe in Langenfelbod erklärt, daß die Redakteure der Volksstimme nach den Methoden der Achtgroschenjungen arbeiteten. Das Gericht verurteilte ihm wegen Beleidigung in zwei Fällen zu je 100 mt. Geldstrafe und erkannte außerdem auf Veröffentlichung des Urteils in der Frankfurter Boltsftimme" und in der Arbeiterzeitung". Wieder Kommunistenüberfall auf Parteigenoffen.
Frankfurt a. M., 20. Juni. ( Eigenbericht.)
Die kommunistische Hehe gegen die Sozialdemokratie, die in der Hauptsache von der kommunistischen Frankfurter Arbeiterzeitung" gegen die Hanauer Genossen geführt wird, und die kürzlich zut dem Friedhofsüberfall auf den sozialdemokratischen Landtagsabge ordneten Karl Rehbein jührte, hat heute einen neuen lleberfall zur Folge gehabt. Der Genaffe, Georg Bintler, der seinerzeit benfalls von der kommunistischen zur sozialdemokratischen Partei bertrat, wurde im städtischen Freibad in Hanau von mehreren Rommunisten überfallen und schwer mishandelt. Die Täter haben ihn auf dem Wege zum Freibad aufgelauert und bn zunächst bedroht. Genose Wintler hielt sich die Angreifer vom Leibe; erst als er seine Kleider abgelegt hatte, fielen sie wieder über ihn her und verlegten ihn schwer.
Beamte und Volksentscheid. Ausgewählte Entscheidungen des Staatsgerichtshofes. Der Präsident des Reichsgerichts, Dr. Bumte, hat jest unter dem Titel„ Teilnahme der Beamfen- an Boltsbegehren und Bolts entscheid" ein erftes eft ausgewählter Entscheidungen des Staatsgerichtshofes und des Reichsgerichts herausgegeben.( Verlag Franz Bahlen, Berlin .)
Wie der Reichsgerichtspräsident in seinem Vorwort bemerkt, Jollen die gerichtlichen Entscheidungen in dieser vielumstrittenen Frage der Allgemeinheit durch die Sonderdrucke schnell und leicht zugänglich gemacht werden, was durch eine Sammlung der Gerichtsen scheidungen in einem längeren Zeitraum nicht erreicht
werden fann
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Die italienische Presse äußert sich sehr erregt über franzöfifche Rüstungen an der Grenze in Italien gibt es feine in Italien gibt es feine Preßfreiheit, nichts erscheint ohne Gutheißung der Zensur, nur geeichte Faschisten dürfen Redakteure sein. Dieser Pressesturm ist also das Werk der Regierung.
Neue Offensive in Maroffo.
In der Gegend von Tadla gingen überraschend in drei Kolonnen französische Truppen vor und haben nachts, anscheinend ohne Widerstand, die französische Linie ungefähr 10 Kilometer vorverlegt. Diese plötzliche Offensive ist allem Anschein nach der Ansang neuer Operationen oder von Grenzberichtigungen", wie es in der offiziellen Sprache heißt.
Bauernaufstand in Kaufasien.
Folge der Kollektivifierung.- Fürchterlicher Terror der Regierung.
Das Georgische Pressebüro teilt mit: Die Zwangskollektivi| ist Kriegszustand verhängt. Massenerschießungen fierung hat in Kaukasien seit dem Februar dieses Jahres eine Reihe find wieder in vollem Gange. Bauernaufstände hervorgerufen, die zugleich einen ausgeprägten nationalen Charafter tragen. Diese Aufstände, über die selbst die Sowjetpresse nicht vollkommen schweigt, dauern frog aller grau samen Unterdrückung an. Die blutigsten Kämpfe waren in Aser beidschan( das Land der kaukasischen Türken mit der Hauptstadt Batu). Die Kämpfe von Sáfatali, Nucha, Agdasch, nachitschewani und der nachfolgende bolschewistische Terror
haben
mehrere tausend Menschenleben gefoffef. Tausende aufständische Bauern halten sich weiterhin in Gebirgen auf und unternehmen verwegene Ueberfälle auf die Truppen. Tausende andere flüchten nach Persien .
Auch in Georgien und Armenien herrschen Unruhen und äußerste Erregung. Die letzte Korrespondenz aus Georgien beschreibt die Lage folgendermaßen:"
,, Besonders ernsten Charakter haben die Unruhen in Westgeorgien angenommen. Hier waren mehrere blutige Zusamman stöße der aufständischen Bauern mit den Somjettruppen; die opferreichsten waren die Schlachten von Didi Dschichaischi und Wani.
Die georgischen . Abteilungen der Roten Armee weigerten sich, auf die Aufständischen zu schießen, weshalb zwei Regimenter duf-. gelöst und nach anderen Teilen Sautajiens und Rußlands übergeführt wurden.
Auch Absch asien( mohammedanisches Georgien um Batum ), wo erst vor einem Johre ein Aufstand so grausam unterdrückt wurde ,. ist, wieder in Lewegung. Die Welder und Berge Georgiens wimmeln von Flüchtenden und Aufständischen. Ueber das ganze Land
1500 politische Gefangene sind wieder nach Rußland deportiert. Im ganzen Lande herrscht äußerste Spannung, die an 1924( bas Jahr des allgemeinen Ausstandes) erinnert. Die Geduld der gefamten Bevölkerung selbst der Kommunistentsteht vor dem 3erreißen."
3ugeständnissen, woran niemand mehr glaubt, und durch
Die Sowjetregierung sucht sich durch Versprechen von
weitere Verschärfung des Terrors und zum Teil auch durch die Maßregelung von Sündenböcken zu helfen. Der Führer der taukasischen Roten Armee Lewandowsty wurde durch Dibento ersetzt. Eine besondere Untersuchungstommission wurde eingesetzt mit der rechten Hand Stalins, S. Ordfchonikidze, an der Spitze, der als blutigfter enter Georgiens betammt ist....
Kämpfe in Bombay.
Erft dreingehauen, dann Umzug erlaubt!
Bombay, 20. Juni 1930. Ein Umzug von 400 Studenten befolgte nicht die Aufforderung auseinanderzugehen. Die Polizei verlegte mit dem Gummifnüppel 16 Perfonen, darunter zwei- schwer. Später fonnten die Studenten ihren limzug un bebelligt fortsetzen.
In lebereinstimmung mit den Beschlüssen der indischen Sport-vereinigungen, feine Spiele mit Europäern auszutragen, find alle Criquet- Treffen abgefagt worden.
Den in Buna gefangengehaltenen Anhängern Ghandis foll ven den Gefängnisbehörden erlaubt werden, den zweiten und wichtigsten Teil des Simon Berichtes zu studieren,