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Grenzen der Kraftübertragung

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Daß die gegenwärtig in Berlin   tagende II. Belt traft.| tonferenz fich fast ausschließlich mit den Fragen der Energie übertragung und Verteilung befaßt, beweist wohl am besten, welche zentrale Stellung fie in unserem ganzen technisch- wirtschaftlichen System einnehmen. Ist doch ohne die Hochspannungs leitungen, die fast alle Länder wie mit einem Spinnwebennet überziehen, die heutige Verteilung der Industrie ganz undenkbar, eben­so wie die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft vollkommen davon abhängt, daß ihr immer genügend elektrische Antriebsfraft zur Ber­fügung steht. Denn Kraftverteilung bedeutet heute, darüber müssen wir uns flar fein ,,, elektrische" Kraftverteilung, die Elektrizität ist das allgemein gültige Wechselgeld der Kraft. Die mechanische Kraft strömenden Wassers, die Wärmekraft der Kohle oder des Erdöis, fie werden alle zunächst einmal in elektrischen Strom umgewandelt, in dieser Form mehr oder weniger weit befördert und dann wieder in mechanische Kraft zurüdverwandelt.

Daß dem nicht immer so war, ist bekannt, wenngleich sich allzu viele nicht darüber klar sind, wieviel an Annehmlichkeiten und Vor­teilen sie dieser Entwicklung verdanken. Nur diejenigen, die noch nicht an ein elektrisches Leitungsnetz angeschlossen sind, wissen es zu schätzen und bringen oft gerne die größten Opfer, um diesen Anschluß zu erreichen. Als vor etwa 20 bis 25 Jahren die Aera der Ueber­landzentralen begann, da war diese Entwicklung freilich noch nicht vorherzusehen, und man begann recht vorsichtig mit dem Ausbau der Leitungsnetze. Es liegt aber in der Natur der Dinge, daß man die Beistungen ständig zu steigern versucht, nicht mir die Größe der über­tragenen Energie, sondern auch die Entfernung, auf die sie übertragen werden soll. So tam man zu immer höheren Spannungen, weil nur dadurch die gewünschte Steigerung erzielt werden konnte. Aber damit gelangte man nerhältnismäßig früh, schon vor mehr als 20 Jahren, an eine Grenze. Es handelte sich damals um die Ver­sorgung der Goldminen von Johannesburg   in Südafrika  , am soge­nannten Rand, mit elektrischem Strom, den man wegen der Kohlen­arnaut Südafrikas   gerne durch Wasserkraft erzeugen wollte. Dazu bot sich auch Gelegenheit, denn einer der größten afrikanischen Ströme, der Sambesi  , entwickelte in seinen Vittoriafällen eine für die Randminen vollkommen ausreichende Energiemenge. 3war waren diese Fälle 1200 Kilometer vom Rand entfernt, aber da mußte es genügen, wenn man die Spannung für die lebertragung genügend erhöhte, vielleicht auf 80 000 bis 100 000 Bolt. Doch mit einem Male zeigte es sich, daß das keineswegs genügte, daß man vielmehr auf eine unüberschreitbare Grenze gestoßen war. Die aus rein technischen Gründen gezogene Entfernungsgrenze ließ sich mit den Mitteln, die damals der Elektrotechnik zu Gebote standen, nicht überschreiten.

Seitdem find natürlich Fortschritte gemacht worden, die diese Grenze längst aufgehoben haben. Den unregelmäßigen Berlauf von Spannung und Strom auf einer langen Leitung bekämpft man, in­dem man besondere Maschinen an sie anschließt, und zwar an mehreren Punkten zwischen Anfang und Ende, deren Aufgabe es nicht ist, Strom zu liefern, sondern lediglich die, einen bestimmten Wert von Spanmung und Stromstärke zu erzwingen, der festge­halten werden soll. Sie sind, um ein Bild zu gebrauchen, Kanäle und Schleusen, die den Strom in ein bestimmtes Bett zwingen, ihn verhindern, falsche, für die Uebertragung unerwünschte Richtungen einzuschlagen. Auch große Drosselspulen werden zum gleichen Zwecke

Von Dipl.- Ing. Dr. A. Hamm

verwendet. Die bekannte 220 000- Bolt- Leitung des Rheinisch Westfälischen Elektrizitätsmertes von Köln   bis Vorarlberg  , die eine Länge von über 600 Kilometer hat, war mit diesen neu geschaffenen Mitteln möglich geworden. Schon 10 Jahre vorher hatte sich im Telephonwesen eine ähnliche Ent­wicklung vollzogen, als durch die Schaffung der Pupinspule eine Telephonie auf weite Entfernungen ermöglicht wurde. Auch die Bupinspule ist weiter nichts als eine Droffelspule. So wäre heute eine Uebertragung auf prattisch unbegrenzte Entfernungen technisch durchaus möglich, und in Amerita find durchaus ernstzunehmende Pläne entwickelt worden, die eine Kraftübertragung von der pazi­fischen bis zur atlantischen Küste, d. h. auf eine Entfernung von 4000 bis 5000 Kilometer vorsehen.

Ein nicht ganz so weitreichender, aber immer noch sehr groß zügiger Plan wurde fürzlich der deutschen   Oeffentlichkeit vorgelegt. Es handelte sich darum im südlichen Norwegen   gelegene Wasserkräfte, die dort nicht völlig ausgenutzt werden können, in Form elektrischen Stromes nach Deutschland   zu versetzen, sie hier Motoren treiben und Lampen leuchten zu lassen. Diese lebertragung, die schon in der Luftlinie 800 bis 900 Kilometer lang ist, erfordert eine noch weit höhere Spannung als sie für die Leitung Köln  - Vorarlberg   notwendig gewesen war, und in der Tat waren 380 000 Bolt dafür vorgesehen. Nun ist aber eine glatte Durchführung der Leitung ausgeschlossen, denn in 150 Kilometer Breite liegt das Meer dazwischen, das wegen seiner Stürme be­rüchtigte Stagerraf. Wie soll man darüber hinwegkommen? Mit Unterfeekabeln geht es nicht, denn für so hohe Spannungen gibt es feine. Die Kabeltechnik ist stolz darauf, ein Kabel für 110 000 Volt geschaffen zu haben, das gegenwärtig in Berlin   erprobt wird, an 380 000 Volt kann sie noch auf lange hinaus gar nicht denken. Und wenn ein Kabel auf dem Meeresboden durchschlägt, also außer Betrieb fommt, wie soll man es instandsetzen? In dem Falle kann man wohl von einer dauernden Unmöglichkeit reden. Es ist des­halb auch vorgesehen, die Leitung über Südschweden zu führen, wo die dänischen Inseln nahe genug an das Festland herankommen, um eine Ueberspannung der schmalen, dazwischen liegenden Sunde zu ermöglichen. In diesen sollen schwimmende Masten verankert werden, die die Leitungen tragen und voneinander genügenden werden, die die Leitungen tragen und voneinander genügenden Abstand haben, um die Schiffahrt unbehindert zu lassen. Auf diese Weise erlangt die Leitung freilich die stattliche Länge von 1300 Kilo­meter, und sie dürfte, vorsichtig geschäßt, 150 Millionen Mark fosten. Da ergibt sich sofort eine neue Schwierigkeit nicht technischer, sondern wirtschaftlicher Art, nämlich die Frage der Rentabilität. 150 Millionen müssen verzinst und getilgt werden. Die einzelne Kilowattstunde würde dadurch um weniger als 1 Bf. besteuert werden. Kann denn das etwas ausmachen? Nun für den einzelnen Verbraucher, der doch mindestens 25 bis 30 Pf., häufig aber 40 bis 50 Pf. für die Kilowattstunde zahlen muß, möchte es scheinen, als ob Pfennigbruchteile gar teine Rolle spielen fönnten. Das heißt aber, die Selbsttostenrechnung der Elektrizitätsmerke völlig ver fennen, denn die eigentlichen hohen Kosten des Stromes entstehen erst im Kleinverkauf. Da nun gerade Norddeutschland mit seinen große Braunkohlenlagern außerordentlich billigen Strom erzeugen fann, müßte der norwegische Wasserstrom schon unvorstellbar billig sein, wenn er nach der Belastung durch die Transporttosten noch mit dem einheimischen Erzeugnis in Wettbewerb treten fönnen soll. Er

Die

Edward Stilgebauer  : Ein Galgenstrick

,, Einen erschossen, Louis?"

Die Führung des ,, Café zur Blutwurst", es lag an der alten Darfe in Toulon  , und sein vielsagender Name ,, du Boudin" ist Mutter Baubans entsetzte Frage mar mehr aus den meitauf­alles eher denn romantische Erfindung, war ein saures Geschäft. gerissenen Augen der alten Frau zu lesen, als daß sie sie in ver Denn der Hafen mit seinen füdlichen, ab und zu afrikanischen Geständliche Worte gekleidet hätte, dem ihre Sprache ging in lautem pflogenheiten mid die Größe einer Garnison, die Ausschreitungen Geschluchze unter. auf den verschiedensten Gebieten unvermeidbar machte, bestimmten fein Gesicht.

Damit hatten sich Bater und Mutter Bauban ein für allemal abgefunden und fich redlich in Tag- und Nachtschicht geteilt. Unter Ach und Weh, aber doch. Denn ihr Betrieb war der schlechteste noch lange nicht. Alljährlich warf der schon ein nettes Sünnnchen ab, und da Louis, der Baubans einziges Kind, sich in Lyon   des Studiums der Medizin befleißigte, meil aus ihm einmal ein großer Herr werden sollte, hatte das viele hier aus den Lastern der Welt Herausgeschlagene Geld schon seinen vernünftigen Zmed.

In den heißen Tagesstunden des provencalischen Sommers, wenn die dicken Fliegen an der großen Scheibe furrten und, vom 3uder angelodt, in die ihnen gestellte Glasfalle torfelten, hatte das Café zur Blutwurst seine stille Beit.

Dann saß Mutter Bauban strickend hinter der Theke und ihr Mann zog sich auf das Bett in die eheliche Schlafkammer zurück. Die lag zu ebener Erde wie das Café selber, und wurde von diesem durch Tür und Glasverschlag getrennt. Trotz seiner intimen Bestimmung ein den hier verkehrenden Stammgästen nicht unbe­tannter Raum, der schon manchem Rettung gebracht hatte, weil aus ihm eine Treppe hinab in den Keller und von diesem wieder eine Fallklappe in ein verschwiegenes Seitengäßchen führte.

Revidierenden Patrouillen und recherchierenden Polizisten hatte diese wie oft schon ein Schnippchen geschlagen, wenn es einen über Zapfenstreich ausgebliebenen Soldaten oder einen das weite Meer suchenden Flüchtling vor dem Arrest oder dem Polizeigewahrsam zu retten galt!

Vor diesem Glasverschlag und seiner Tür pflanzte sich Mutter Bauban mit Vorliebe in ihrer ganzen Größe auf.

Und die Eingeweihten lächelten, menn fie fie in dieser Position ermischten und nannten sie zutraulich:" Engel vor dem Paradies!" Der Engel" fuhr von seinem Stridstrumpf auf.

Eine Fliege, die den vergeblichen Kampf in der Falle auf­gegeben hatte, torfelte in das tobbringende Naß. Mutter Bauban schrie:

"

Du, Louis!"

Ich, Mutter!"

Wie sieht du denn aus?"

Die Frage der an allen Gliedern bei des Sohnes Anblic zitternden Frau war nur allzu berechtigt. Denn der Jüngling, aus dem nach dem Willen seiner Eltern in Lyon   ein großer Herr werden sollte, war abgeriffen wie ein Bagabund.

Ich komme zu Fuß aus Lyon  , Mutter!"

Zu Fuß aus Lyon, Louis?"

Auf der Flucht! Es ist etwas Schreckliches passiert! Ich habe men erichollen

-

Aber Louis antwortete trotzdem:

"

,, lm Ariennes millen, Mutter! Ich weiß selber nicht, wie es tam! Die Eifersucht Hilf mir, Mutter jede Minute Und noch ehe die Mutter alles so recht begriffen hatte, stand Bater Vauban mitten im Café.

Sein Gesicht war aschfahl, und der Schweiß perite auf seiner

Stirn.

| dürfte dann an Ort und Stelle noch nicht einmal 1 Pf. fosten, und das ist kaum anzunehmen. So sehen wir hier, nachdem alle tech­nischen Fragen gelöst worden sind, eine wirtschaftliche Grenze sich auftun.

Grenzen der Kraftübertragung? Es ist ja alles nur relativ. Auch diese wirtschaftliche Schwierigkeit ist noch lange feine Unmög­lichkeit und besteht nicht für ewig. Denn die norddeutschen Braun­fohlenlager haben auch feine ewige Dauer, an manchen Stellen reichen sie noch für 30 bis 50 Jahre aus, an manchen etwas länger, die Stadt Berlin   aber wird dann immer noch weiter bestehen und Strom verbrauchen, fogar noch viel mehr als jetzt. Dann mag sidh für den norwegischen Wasserstrom willkommener Absatz eröffnen, bei dem auch ein Preisunterschied einiger Zehntel Pfennige feine große oder entscheidende Rolle mehr spielt. Aber bis dahin ist es noch lange. Indessen: mangels Bestellungen arbeitet die Wissen­schaft auf Vorrat". Dann, wenn sich die Notlage kaum bemerkbar gemacht hat, mit fertigen Lösungen aufwarten zu können, ist die Aufgabe des vorausschauenden Ingenieurs. Das ist ja schließlich auch der letzte Zweck der Weltkraftkonferenz, auf der dieses nor­wegisch- deutsche Projekt auch zweifellos großes Interesse finden wird.

Der elektrische Stuhl für Fische

Durch die Fischereigesetze wird im allgemeinen streng verboten, die Fische durch elektrischen Strom zu töten. Dennoch kann dies unter besonderen Bedingungen gestattet werden. Ein solcher Fall erignete sich bei Sendenhorst   in Westfalen  , wo Sandgruben mit Waffer vollgelaufen waren. Da zurückgelassenes Baumaterial und Baumstümpfe den Boden bedeckten, war das Aussischen dieser neu­gebildeten Seen mit Netzen sehr erschwert. Die Tümpel waren mit Karpfen, Karauschen und Regenbogenforellen besetzt worden, die dort gut gediehen. Um die Fische wieder herauszuholen, wurde vom Regierungspräsidenten ausnahmsweise die Genehmigung zum elet­trischen Fischen" erteilt, unter der Bedingung, daß der Oberfisch­meister und die Ortspolizei dabei anwesend sein mußten.

Wie F. Schumann mitteilt, wurde der Strom durch einen vier Millimeter starten Kupferdraht geleitet, der durch Holztlöße 10 Zen­timeter unter der Wasseroberfläche gehalten und an Isolierungs­drähten durchgezogen wurde. Dieses Sendegerät wurde von einer Ueberlandleitung mit Strom von 220 Volt Ampère gespeist. Mit der Hand tonnte man noch in zwei Meter Entfernung vom Draht die Elektrizitätswirtung verspüren. Die Wirkung auf die Fische mar ganz gewaltig. Kurz nachdem der Strom eingeschaltet worden war, kamen die ersten Karpfen in Seiten, Schräg oder Rüdenlage und starr oder in Zitterbewegungen hoch. Die betäubten Fische sanken rasch wieder unter, so daß viel Geschicklichkeit dazu gehörte, um sie mit Reschern aufzufangen. Burden sie außerhalb des Teiches wieder in Fischläften in fließendes Waffer gefeßt, so erholten sie sich in menigen Minuten; nach einer Stunde war feine Schädigung mehr zu erkennen. Von den etwa 1,3 Kilogramm schweren Karpfen gingen nur 5 Proz. ein. Da der Fang nur 58 m. loftete und dabei drei Zentner Fische gewonnen wurden, ist der Beweis für die Wirtschaft­lichkeit dieses Verfahrens erbracht. Es ist ein wertvolles Hilfsmittel beim Fischen in schwer zugänglichen, nicht ablaßbaren geschlossenen Gewässern.

,, Ein flotter Bursche, Euer Louis, Bater Bauban! Das ist in dem richtigen Alter und genießt sein Leben. Ich sah ihn vorhin am Bahnhof. Er nahm den Zug nach Paris   zusammen mit einem Mädel, das gar nicht zu verachten ist! Ja, ja, ja! Wer auch noch einmal jung sein und es so haben könnte!"

Bater Bauban sagte auch nicht ein einziges Wort.

Aber als Lerond glücklich draußen war und Mutter Bauban aus dem Keller zurückam, machte er seinem ganzen Ummillen Luft. Stillschweigend ließ Mutter Vauban das eheherrliche Unge­mitter über sich ergehen.

Dann aber sagte sie:

,, Gott   sei Dant, daß er nach Paris   gefahren ist und nicht nach Tunis  , dann ist doch Hoffmung vorhanden, daß ich ihn wiedersehe."

,, Sobald er wieder Geld braucht, Alte!" Freilich, Vater Bauban!"

Heute kommt Lerond," stanumelte er. Er kann jeden Augen Die russischen Schreckensinseln

blick da sein!" ,, Wer ist das," schrie da Louis.

,, Der Kommissar unseres Bezirts, wer denn sonst?" Während dieser Erklärung hatte Vater Vauban die Brieftasche

gezogen.

,, Schnell, schnell, schnell, Louis! Hier durch die Schlaftammer, die Kellertreppe hinunter und dann durch die Fallklappe in die Rue Malin, hier, hier, hier."

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oder noch

Schon drängte er den Sohn in der Richtung des Ausweges und drückte ihm drei Tausender in die Hand. ,, Mach dich fort nach Algier   nach Tunis  besser über die italienische Grenze. Nur fort, fort, fort." Was mun folgte, schien in Sekunden vor sich zu gehen. Louis Sprung in die elterliche Schlaftammer, sein Hinabstürzen über die Kellertreppe, das Heben der Fallklappe, das Erreichen

der Rue Malin.

Mutter Bauban flagte und jammerte: ,, Mein Kind, mein armes Kind!"

Und Vater Vauban metterte und fluchte:

"

Wenn sie ihn erwischen, bin ich ruiniert."

Die Solowesky- Inseln im Weißen Meer   sollen jetzt zu einer selbständigen ,, Republik der Verdammten" erklärt werden, und damit würde die Sowjetunion   eine ihrer furchtbarsten Schöpfungen mit einem Schein der Freiheit umkleiden, der nur als billiger Fohn wirten tann. Ist doch schon der Name dieser Inseln der Nachti­gallen" eine blutige Ironie, denn es gibt dort keine Vögel und teinen Vogelgesang. Die Geschichte dieser Inseln seit dem Jahre 1920 ist eine Kette furchtbarer Tragödien und grausamer Schreden. Damals wurden sie nämlich in ein Konzentrationslager verwandelt und mit politischen Gefangenen bevölkert, die hauptsächlich aus Sozialdemokraten und Anarchisten bestanden. Nur die kräftigsten und gesündesten der hierher Berbannten sind noch am Leben. Fast alle bekannten Sozialisten und radikalen Politiker des Vorkriegs­rußland waren auf die Inseln deportiert, und in vielen Fällen waren es ganze Familien, darunter Säuglinge auf den Armen der Mütter, die dieser entseglichen Einöde ausgeliefert wurden. Etwa vier Jahre lang fümmerte man sich überhaupt nicht um sie. Nur für die Verpflegung der Wächter wurde gesorgt, die sich in der Hauptsache aus den brutalſten und grausamsten Henkern des Bol­

Aber in der Rue Malin fragte nur wenige Minuten später schemismus rekrutieren. eine Frauenstimme:

Ist es geglückt, hast du das Geld, Louis?"

Ich habe es, Adrienne, triumphierte das Früchtchen, Kommiffor Lerond schien sich auf seinem heutigen Rundgang durch die Hafentneipen der alten Darfe verspätet zu haben, benn er suchte das Café zur Blutwurst erst gegen Abend auf. Mutter Bauban machte sich im Steller zu schaffen, und der Wirt des Eta­blissements tat so unbefangen, wie es ihm nur irgenbmöglich war. Lerond fand auch nicht das mindeste, mas zu beanstanden ge­wesen wäre. Nachdem er auf Einladung Bater Baubans ein viertel Weißen genommen hatte, wandte er sich zum Gehen und warf ganz bei läufig hin:

,, llnd Ihr Louis, Vater Vauban?"

Der glaubte, daß ihn ein Herztrampf befiele. Und ber Rommiffar fuhr fort

Die Anarchisten waren zunächst auf einer der kleineren Inseln interniert, wo man ihnen ein ,, anarchistisches Leben" gestattete, d. h. ste für sich selbst sorgen ließ. Die freie Liebe  " herrschte damals ungezügelt und führte zu tragischen Konflikten und vielem Bluts nergießen, so daß sich die Regierung fchließlich entschloß, die Anarchisten unter bie übrige Bevölkerung zu verteilen. Da bie Sterblichteitsziffer auf diesen Inseln die höchste in der ganzen Welt ist, so erschien dieser Ort für besonders geeignet, um auch wider. fpenftige Kommunisten hierhin zu verbannen. Eine beträchtliche An­zahl dieser Genoffen, deren man sich aus irgendeinem Grunde ent­ledigen wollte, wurde jedes Jahr hierhergebracht. Die Bewachung erfolgte mit der größten Grausamkeit. Männer und Frauen wurden zu Tode gepeitscht, hunderte nadt und bloß in die Einöde hinaus­gejagt und dem Erfrierungstode überlassen. Tausende von Intellek­tuellen des Borkriegsrußland wurden zum Selbstmord getrieben. darunter so mancher bedeutende Gelehrte und Künstler, die das Leben unter diefen Bedingungen nicht ertragen fonnten.