In der fortgesetzten Zandwirtschaftsdebatte des Reichstags sprach am Dienstag nachmittag zunächst Frau Abg. Weber(Z.): Das Steigen der Preisspanne zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen in ein Skandal, usuruf von den Kommunisten: Deswegen haben Sie auch die Zölle beschlossen!) Gesetzgeberische Maßnahmen haben da allerdings wenig Zweck. Abg. Dr. horlacher(Bayer. Vp.): Die Osthilse dors nicht bei Preußen halt machen, sie muß auch die von der Tschechoslowakei be- drohte bayerischeOstmark berücksichtigen— das ist ein« grund- sätzliche Frage für uns. Das Me-istbegünstigungssystein inuß sofort oerschwinden. Abg. Ederer-Riederbayern(D. Bp.) klagt über die hohen Steuern. Abg. Drewitz(Wirtschp.) sucht nachzuweisen, daß der jetzig« Brotpreis durchaus berechtigt ist. Gegen das Brotgesetz haben wir nicht wegen des gesetzlichen Broigewichts gestimmt, sondern weil es nicht den erhöhen Röggenoerbrauch garantiert. Die Verschiedenheit der Roggenmehle ermöglicht den Brotfabriken und Konsumvereinen den größten Schwindel der Weltgeschichte, daß sie billigeres Brot hätten: dabei liefern sie tzOxrozentiges Roggenmehl mit 13 Prozent Weizenmehl und allem möglichen Dreck.(Erregte Rufe der So.z.: Schäinen Sie sich!) Abg. Frau v. hertwig-vünger(D. Vp.) spricht über die Bc- sprechungcn zur Entlastung der chausfraucn und zu ihrer Beratung. Abg. Schlange-Schömngen(Chr.-Nat.) polemisiert gegen den Abg. Graf zu Eulenburg und fordert praktische Arbeit von den Dculschnationalen. Warum hat Al?g. hergl durch das billige Schlagwort„Subvention ist Korruption" den Feinden der Landwirtschast Waffen in die Hand gegeben? Abg. Gottheiner(Dnat.) gibt dem Vorredner den Vorwurf der Ueberheblichkeit zurück, dem dieser dem Abg. Graf zu Eulenburg gemacht hat. Es folgen persönliche Bemerkungen. Darauf wird der kommunistisch« Mißtranensantrag gegen Minister Schiele g«gen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt, der Haushalt mit den Entschließungen des Aussthusies unser Ablehnung sozialdemokratischer und kommunistischer Anträge ange- nonunen.— Angenommen wird eine sozialdemokratische Entschließung zugunsten der K l e! n f i s ch e r. Das Osthilfegesetz, Milchgesetz und Kleingesetz werden dem Volkswirtschaftlichen Aus- schliß überwiesen, ebenso der sozialdemokratische Antrag aus Auf- Hebung des Dermahlungszwanges für Inlandsweizen. Darauf folgt der HaushaU des Auswärtigen Amtes, mit dem das Wirtschaftsabkommen mit Polen und Danzig , sowie eine Zlnzcchl Verträge mit Deutschösterreich verbunden sind.— Berichterstatter ist Abg. v. Freytagh-Loringhoven(Dnat.). Neichsaußenminister Or. Curtius: � Zur Außenpolitik gedenkt der Mnister vor allem der Rhein - landräumung. Die Vesrelungsfderu im Rheinland , dem wir nochmals unseren Dank für feine Treue aussprechen, werden hoffentlich da» VUd eines v-mtschllrnds zeigen, da, in den letzten und höchsten Fragen einig ist. Wir«denke» heute wieder, jenes Mannes, der feine beste Kraft für die Befreiung des Rheinlande» hingegeben hat und der nicht mehr unter uns weilt. Mögen die seelischen Wirkungen der Befreiung noch lange nachwirken! Gegenüber gewissen Presse- äutzerungen, daß die deutsche Außenpolitik nach der Rheinland - räumung neue Ziel« anstreben werde, kann ich nur sagen, daß sich die Ziele der deuischen Außenpolitik für jeden vernünftigen Beurteiler längst von selbst ergeben.-Unsere Außenpolitik war niemals so au-sschließlich auf die Lösung dieser einen Aufgab« eingestellt, daß sie darüber andere Ziele preisgegeben hätte: sie war immer darauf gerichtet, die volle politische Freiheit und Gleichberechtigung für Deutschland auch aus den Gebieten zu erreichen, wo sie heut« noch nicht als gewonnen zu bezeichnen ist. Wir werden uns mit oller Kraft für eine Entwicklung einsetzen, die den deutschen Lebens- interessen Genüge schafft, und die den Frieden sichert, dessen Schutz wir für unsere Aufgaben brauchen. In jeder Situation werocn wir kühl einschätzend unsere Möglichkeiten und Kräfte einsetzen. Unsere Beziehungen zu den Besotzungsmächten werden durch die Räumung wesentlich entlastet, die Barriere für ihre normale Gestaltung fällt. Das ist nicht«in Geschenk, sondern eine Handlung der polilischen Venwnst. die gute Früchte tragen wird. Die Liquidation des Krieges ist leider noch nicht vollendet, die Saarfrage noch nicht gelöst. Die lange Dauer der Pariser Per- Handlungen erklärt sich durch die außerordentlich verwickelten Einzel- fragen. Ich bin überzeugt, daß die Deutschen an der Saar , die stets treu zu Deutschland gehalten haben, auch diese Monate der Ungewißheit und des Harrens mit ruhiger Geduld und festen Rcrven ertragen werden. So sicher wir auch der Volksabstimmung im Zahre 1935 sind, so wäre es doch erfreulich, wenn die Saarsrage durch freiwillige Vereinbarung schon jetzt geregell würde. In Mitteleuropa sehen wir einen Zustand, wenn nicht der Gärung, so doch der inneren Bewegtheit, Tendenzen und Entwick- lungen. die in ihrem Wesen noch nicht zu bestimmen sind, ein Gemisch von neuen und alten Methoden, Fortschritt und zähes Fest- halten an Sonderintcressen, das mit allen bekannten Mitteln der Vorkriegspolitik betrieben wird. Deutschland hat nicht das mindeste Interesse einer Scheidung der Staaten in gegensätzliche Lager. Trift sie aber ein, so wird Deutschland auf der Seite derer stehen, die für seine Gleichberechtigung und eine vernünftige Fort- cntwickluna eintreten. Jedenfalls gibt es für Deutschland keinen Widerstreit zwischen seinen eigenen Interessen und denen der großen europäischen Gemeinschaft. Im Völkerbund standen bis jetzt vielfach die Sonder- besprechungen über akute Fragen im Vordergrund: zukünftig wird der Völkerbund mehr zu seinen Aufgaben kommen. Er steht noch im Anfang, die Gleichberechtigung ist noch nicht in dem notwendigen Maße durchgeiührt. Es iehien noch Vorkehrungen zur Gewähr- leistung friedlicher internationaler Entwicklung, und besonders auf den Gebieten der Abrüstung und des Minderheftenschutzcs ist noch viel Grund zü berechtigter Kritik. Noch immer sucht man jeden Forkschrill auf dem Gebiet der Abrüstung van der Gewährung einer besonderen Sicherheil abhängig zu machen, obgleich es viel richtiger wäre, nicht Krieg gegen den Zkriea zu führen, sondern dem Krieg überhaupt vorzubeugen. Wir müssen die Regierungen immer wieder auf die Verpflichtungen hinweisen, die sie bei der Errichtung des Völkerbundes übernommen haben. Das Kabinett wird in den nächsten Tagen die Beratung über die Antwort auf das Bnondsche Memorandum zur Poneuropafrage beendigen. Borher kann ich außer grundsätzlichcr Zustimmung keine Aeußerungen über Einzelheiten machen.. Di« Antwort auf. Briands Frciaebogen wird sich!ni>�inne der letzten großen Rede Stresemanns in Genf haften
3n der deutsch -russischen Politik drohte ein Umschwung zur ver- schlechlerung der Begebungen einzutreten, besonders wegen unserer Bedenken über die antireligiöse Kampagne und die Ver. schärfung der revolutionären außenpoliiischen Tendenzen der Sowjetregiervng. Die Regierung hat es für nötig gehalten, diese Störungen durch offene Besprechung der grundsätzlichen nicht materiellen Schwierig- leiten zu befestigen. Das Pressekommunique über diese Besprechun- gen enthält nichts Sensationelles, sondern im großen ganzen nur die Feststellung, daß das Prinzip der gegenseitigen Nichteinmischung in die inneren Verhältnisse die Grundlage der Beziehungen bildet. Wir müssen Wert auf gute Beziehungen Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn legen, besonders zu dem größten, weil der Wieder au fstteg der deutschen Wirtschaft von der Entwicklung des Exports nach dem Osten abhängt, und weil wir die Brücke vom Osten zu den westeuropäischen Staaten bilden wollen. Beim deutsch- p o ln i s ch c n Grenzzwischenfall sind wir ver- dächtigt worden, als suchten wir solche Zwischenfälle zu provozieren, um die UnHaltbarkeit dieser Grenzziehung zu beweisen. Man muß uns doch mindestens soviel polltischen verstand zv- tränen, daß wir nicht glauben. Außenpolitit mit Hilfe von Grenzzwifchensällen zu treiben. Di« Klärung des letzten Zwischenfalls ist noch nicht abgeschlossen. Die deutschen Grenzbeamten haben die Anweisung erhalten, sich größter Korrektheit in ihrem Dienst zu befleißigen. Mit Rumänien stehen wir leider noch im vertragslosen Verhältnis und auch mit Polen leider noch im Handelskrieg. Das liegt daran, daß diese Staaten den größten Wert äuf ihren' A g rä r e x p o r t legen, während wir selbst Rückfichi auf unsere notleidende Landwirtschaft nehmen müssen. Unsere Versuche, feste Zollsätze zu vermeiden, waren erfolgreich. Eine Geftchr bildet das polnische Kohlenkontingent, ohne das aber der dringend nötige Handelsvertrag gescheiten wäre. Zu den Auseinaudersetzungen, ob die Außenpolitik oder die Innenpolitik den Vorrang habe, möchte ich erklären, daß dieser Streit müßig ist, und daß ein« kraftvolle Außenpolitik ihre Vor- bedingung in konsolidierten innerpolitischen Verhältnissen höben muß. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Abg. Or. Breiischeid(Goz.): Die Befreiung der Rheinland « scheint man auch in Deutschland bagatellieren zu wollen, obgleich jahrelang die Räumung gefordert wurde. Natürlich hätte die reichstreue rheinische Bevölkerung auch weiter die Last der Besatzung ertragen, wenn die Räumung allzu schwere Opfer erfordert hätte. Genugtuung empfinden wir darüber, daß die Räumung durch eine Politik der Ablehnung der Gewalt und der gewalllätigen Redensarten gelungen sst. Wir gedenken kn diesem Moment Stresemanns, der uns nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch in der Innenpoliftk fehlt. (Sehr wahr! bei den Soz.) Stolz erfüllt uns, daß erst die S o z i a l- demokratie die Vorbedingungen zu dieser Politik Stresemanns geschaffen hat. Die Sozialistische Internationale forderte die Räumung schon zu einer Zeil, als die bürgerlichen Parteien der anderen Länder noch iftchl an sie dachten. Wir haben den Eindruck, daß diejenigen, die jetzt.sich zu den Feiern im Rheinland begeben, sich das alleinig« Verdienst oiz der Räu- mung zuschreiben wollen. Ein neues Aopite.t der deutschen auswärtigen Politik ist mst der Befreiung von dem Besatzungsdruck angebrochen, ober dies« Polstik hat nicht anderen Gesschtspunkten als bisher zu folgen. Wir warnen vor der Anficht, daß die deutsche Außenpolitik jetzt größere Aktivität, lies größere Angriffslust, zeigen sollt«. Eine«inseitig« Bindung an einzelne Möchte darf nicht ersolgem Eine Bindung an aus- wärtige Mächte darf nur den Charakter der Friedenssiche- r u n g tragen. Die Tatsache, daß wir 1924 den Bertrag mit der Sowjet- Union geschlossen haben, ist der beste Beweis, daß wir nicht aui Kasten des Ostens ein gutes Berhältnis zum Westen herstellen wollten. Auch die spätere deutsche Politik hat dos nur bekräftigt. Und es war gut, daß niemals ein Versuch nach anderer Richtung gemacht worden ist, der nur zum Schoden Deutschlands hätte aus- gehen können.(Zustimmung.) Deutschland treibt europäische Politik. Gewisse Parteien, besonders der Rechten, find damit nicht einver- standen. Aber niemand Hot ejn stärkeres Interesse an der sried- liehen Weiterentwicklung Gesamteuropas als Deutschland , das zwischen dem Westen und dem Osten Europas eingefügt ist, und
das noch weft davon entfernt ist, seinen wirtschaftlichen Wieder» ausbau vollendet zu hoben. Es wäre verhängnisvoll, wenn die Außenpolitik, gewissen Hoffnungen und wünschen entsprechend, geändert würde, die nicht nur als Befürchtungen im Ausland laut, sondern jetzt auch in Deutschland verkündet werden. Es wäre verhängnisvoll, wenn jetzt nach Erlangung der sreien Hand «ine Außenpolitik getrieben würde, die uns in ihren Konsequenzen in betonten Gegensatz zu den Mächten führen würde, mit denen wir bisher in erster Linie zu paktieren genötigt waren, vor allem zu Frankreich oder England.(Zustimmung.) Das würde ein bedenk- licher Rückfall in die Vorkriegsdiplomatie sein, die zur Erhaltung des Gleichgewichts Bündnisse und Ententen schloß und damit den Zusammenbruch Europas herbeigeführt hat.(wehr wahr!) Für unsere Außenpolitik noch der Rheinlandräumuno soll dos Wort des Außenministers„Keine Abenteuer!", maßgebend sein. Unsere Außen- Politik kami nicht nüchtern genug betrieben werden. Für die Jugend mag es anziehender sein, wenn starke Parolen ausgegeben werden, aber wir haben die Interessen des deutschen Voltes zu wahren, und je nüchterner unsere Außenpolitik ist. um so besser für die deutsche Republik und das deutsche Volk. (Sehr wahr! links und in der Mitte.) Manche Leute haben sich von einem besonders engen freund- schaftlichen Berhältnis zu Rußland große außenpolitische Vorteile für Deutschland versprochen, das dann ein besonders starkes Gewicht, vor allem in dem Verhältnis zu den Westmächten in die Wogschale werfen könnte. Die Sozialdemokratische Partei und ihre Reichstags- fraktion sind zu Rußland und zu einer Rußland berücksichtigenden Außenpolitik durchaus positiv eingestellt. Wir sind einverstanden mit dem Festhalten an den Verträgen von Rapallo und Berlin , auch mit der Haltung, die das Auswärtige Amt in der letzten Zeit eingenommen hat, und mit den Verhandlungen in Moskau , wenn wir uns auch nicht ganz verschweigen, daß ein gewisser Widerspruch zwischen den ursprünglichen klagen der Reichsregierung über gewisse russische Dinge und dem letzten Kommunique besteht. Man hat wenig energisch angefangen, aber diese Energie scheint sich im Lause der Berhandlungen noch beträchtlich verflüchtigt zu haben. Wir möchten vor allem, daß unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu Rußland erhallten und wenn möglich vertieft werden. Voii dem, was der Berliner Vertrag 1924 darüber gesagt hat, ist der heutige Stand dieser Beziehungen sehr weit«ntscrnl. Nicht nur, daß der deutsch -russische Handel noch lange nicht den Umfang der Vorkriegs- zeit angenommen hat, sondern es werden in Rußland dem deutsd�en Handel Schwierigkeiten bereitet, die sich einstweilen nur schwer über- winden lassen.(Sehr wahr!) Das wesentlichste Hindernis liegt gewiß in der wirtschaftlichen Lage Rußlands . Wir wünschen, daß die russische Wirtschaftsloge sich so bessert, daß auch unsere Wirt- schast davon profitieren kann, was wieder ganz Europa zugute käme. Das in Rußland bestehende Zlußenhandelsmonopol gib: jedem Meist- begünstigungsvertrag einen ganz anderen Charakter, als mit anderen Ländern. > was HUft uns die russische Meistbegünstigung, wenn die russischen Behörden wichtige und die wichtigsten Bestellungen nicht in Deutschland machen. außerdem haben sie die Möglichkeit,. Handel und Einfuhr nach Ruß - dahin zu wnzentri'sreu.'und zu dirigieren, wo es ihnen aus Wrtfchastlschen.'aber astch mis poetischen Gründen zweckmäßig er- scheint Wir sehen/ in welch' hohem Maße Rußland aus Amerika einführt. Auch zur Zeit; als die diplomatsschen Beziehungen mit England abgebrochen waren, entwickelte sich der englisch russische Handel außerordentlich stark. Man ersieht daraus, wie falsch die russische oder auch deutsch -lommunistische Behauptung ist, als ob Deutschland böswillillge Zurückhaltung übte.(Sehr wahr!) ilnfer Wunsch nach Förderung und Vertiefung der wirtschaftlichen Bc> Ziehungen bedeutet ober nichi irgendwelches Einlassen auf politisd)- militärische Spekulationen. wir fordern den Außenminister ans, die unkontrollierbaren Fäden zwischen der deutschen Reichswehr und der Sowjetarmee besonders stark zu kontrollieren. Wir wollen wirtschoflliche, allgemein politische Freundschaft mit Rußland , aber wir wollen nicht, daß irgendwelche milftärischc Beziehungen angeknüpft werden, die nicht in Einklang mit unserer Außenpolitik stehen. und die unserer Freundschaft mit Rußland einen anderen Eho. rakter geben, dadurch aber die freundschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu anderen Staaten verschlechtern würden. (Sehr gut! bei den Soz.) Wir fordern, daß die deutsche Regierung
Das rasende Michsregierungsauio.
Ehauffeucwechsel bei geiler Talfahrt ist gefährlich!