(17. Fortsetzung.) Si« freute sich darüber, daß sie wieder einmal so diplomatisch gehandelt hatte: datz sie mit ihrer Diplomatie noch klüger als der so klug« Hammerschlag gewesen war. Solche Stunden waren die Feierstunden in Fräulein Saats Leben. Sie genoß dann die Gottesgabe ihrer so großen Klugheit, von der si« selber so überaus viel hielt und die sie sozusagen für ihr lebenswichtigstes Organ hielt, so wie das Insekt seinen Stachel. Zwischenfall in Verlin. In Berlin passierte an demselben Tage dem Lehrling Arnold Fein von der Versicherungsfirma etwas Unangenehme«. Er hatte bereits einige Wochen darüber nachgedacht, mit welchen Worten er seinen Brief an das junge Mädchen im Büro nebenan beginnen sollte. Schon die Anrede machte ihm Schwierigkeit („Liebes" oder„Sehr geehrtes Fräulein"?)— abgesehen davon, daß er den Namen nicht kannte—; der Text, der zu folgen hätte, beklemmte ihn nicht minder. Mitunter bildeten sich in seinem Gehirn Sätze, die er sich sorgfältig auf einem Zettel notiert«. Er hoffte,«» würden sich mit der Zelt so viele Teilstücke einstellen, daß es am Eick« ein Ganzes ergäbe. In dieser Hoffnung begann er in der Mittagspause dieses Tages, an seinem Lehrlingspult sitzend, mit einem neuen Versuch. Er hatte nach dem ersten besten Stück Papier gelangt— es war«ine Police gewesen. Seine Gedanken rankten sich aneinander hoch, und der Umfang des Schreibens wuchs. Die Rückseite, und als sie nicht reichte, auch die Vorderseite, bedeckte er mit seinen Zügen. Als die Mittagspause zu Ende war und die Angestellten wieder an ihre Böcke kamen, legte er seine Police zwischen anderen For- muloren vor sich hin. Anfangs gab er sich den Anschein, als arbeite er gewissenhast auf dem obersten Blatt— das in Wirklichkeit mir als die Deckung für seine Prioatkorrespondenz diente. Aber mit der Zeit vergaß er alle Borsicht. Mußte es seinem Pultnachbarn, dem rotblondschnurrbärtigen Ährmeister in der grau- grünen Soldatenjacke, schon auffällig erscheinen, daß lein Lehrling arbeitete, richtig arbeitete— er hatte da» bislang noch niemals erlebt—, so konnte ein gewisses heftiges Atmen, das Arnold beim Schreiben hervorstieß, nicht verfehlen, ihn in seinem Verdacht zu bestärken. „Was schreiben Sie da eigentlich?� fragte er plötzllch und stand, so dicht wie ein Alp aus der Seele des Träumers, neben Arnold. „Nichts", sagte Arnold. Aber„nichts"— das war dumm gesagt.„Hier", sagte er lieber schnell hinterher und zeigte feinem Meister das oberste Blatt. „Die Tinte, ist ja längst trocken", sagte der andere drohend, es klang deutlich aus seiner Stimme, er wollte der Sache auf den Grund kommen—„lassen Sie einmal sehen, dazwischen hoben Sie noch ein anderes Blatt, auf dem Sie schreiben." „Keine Spur", sagte Arnold,„dieser Haufen von Formularen dient mir doch nur als Unterlage." Er hob ihn auf und klopfte den Schnitt, wie um der regelmäßigen Lage willen, auf dem Pult. „Geben Sie einmal den Schwung da her", befahl der Mann. „Ja", sagte Arnold. Aber zuvor suchte er eins von den For- mularen, ein bestimmtes, aus der Masse heraus. Arnold sagte, er hätte sich aus diesen. Bogen eine Notiz gemacht, eine private Be- sorgung betreffend, nur eine kleine Notiz, die ohne jedes Interesse für einen Zweiten wäre, nur ein« Notiz... Ohne jedes Interesse—? Das war noch durchaus nicht gesagt. Der schnurrbärtige Herr trat dem Lehrling auf den Füßen herum, er wollte das Formular mit der privaten Notiz in Augenschein nehmen. Aber Arnold hatte es schon zusammengefaltet und in die Brust. tasch« seiner Weste hinuntergeschoben. „Ich will Ihnen etwas sagen", rief sein Nachbar, die Herren an den übrigen Pulten sahen überrascht hin,„Sie haben schon über die ganze Zeit an Ihrem Liebesbrief da geschrieben." „Ein Liebesbrief ist das überhaupt nicht", sagte Arnold leise. „Dos hat noch gerade gefehlt", rief der Wütende, lauter als vorher,„daß Sie zu all Ihrer Dummheti auch noch Liebesbriefe während der Geschäftszeit schreiben." Die anderen lachten. Eine Police, die auf solch eine Art aus- gefüllt wurde, war noch nicht dagewesen. Da« war einfach ein Witz — dem übrigens niemand diesem Streber Fein zugetraut hatte. Arnold war rot, sagte kein Wort und rechnete Biertelpromilles aus. Die Hauptsache ist, daß der Dicke von diesem Geschrei nichts hört, dachte er für sich.(„Der Dicke", das war der Chef, den einige wegen feines Knurrens für eine gefährliche Dogge— ander« hin- gegen für„eine Seele von einem Menschen" hielten.) Die Empönmg seines Nachbarn legte sich nicht so bald. Da schuftete er sich wochenlang ab, um ein bißchen Verstand in diesen Schafskopf hineinzutrichtern, und zum Dank schrieb der Schafskopf in der Geschäftszeit— Liebesbriefe. Ein wenig Neid kam bei dem Herrn, der unter der Nase den rotblonden Schnurrbart und am Finger einen Ehering trug, hinzu. Uebrigens fand Arnold, als er am Nachmittag auf dem Nach- Hauseweg das Geschriebene überlas, datz er es unmöglich absenden konnte. Das war kein Brief— das war Kitsch. Er zerknüllte die Police. S. Eine überirdische Begegnung. Hammens chlag hielt sein Versprechen, das er Fräulein Saat in bezng aus die Schafberg parti« gegeben hatte, ein wenig mißmutig zwar— aber andererseits mit dem milden überlegenen Lächeln. zu dem nur ganz unbefangene, frei« Menschen Befähigung haben. Hammerschlag war ja so frei, daß er niemals in den letzten Jahren über das Problem der Freiheit nachzudenken Grund gefunden hatte — Hammerschlag konnte tun, was er tat, er konnte es, wenn's ihm gefiel, aber auch lassen. Weshalb hätte er sich also über irgend- jemanden in der Welt ernstlich ärgern sollen? Wenn jemand sich «inbildete, ihm Vorschriften machen zu können, so ließ er dieser Person gern das Vergnügen. Bon mir aus, dachte Hammerschlag, bilde dir ein, soviel du willst.
Auf der Station in der Nähe de» großen Hotel» stiegen sie in die Zahnradbahn ein. Das zuverlässige Lokomotiochen schob mit vorgestrecktem Bauch den ein paar Meter langen Zug vor sich her in die Höhe. Wo die Bergwälder nah an die Gleise herantraten, puffte es hallend und angestrengt. Man begann die Welt von olen her zu besichtigen. Ein Herr in Sportstrümpfen, als er über stattliche Berge hinweg noch stattlichere sah, sing an: „O Täler weit, o Höhen— und Fräulein Saat, die hinter sich eine Dame mutmaßen hörte, jene hohe, schneegeäderte Kette wäre der Dachstein, sang trällernd „Hoch vom Dachstein aus wo der Aar noch haust—" Wieder bereitete Ihr Gesang Hammerschlag einiges Mtzbehagen. — Ich hätte mir ein Gesangsverbot für längere Frist ausbedingen sollen, dachte er. An der Station Schofbcrgalp« hielt der Zug, dann ging es weiter hinauf, jetzt war nur noch rin relativ kleines Stück bis zur Höh« zu erklimmen. Auf dem Berge standen die Blumen in helleren, leuchtenderen Farben, als man sie an ihnen im Tale kannte. Falter, schwarze und mit rotem Leibchen, gaukelten um den Zug und in den Waggon hinein. Mondsee und Aberse« tagen in ttefer Ferne glatt und strichweise in Gekräusel blitzend, blaugrüne Seide, an ihren Ufern Flecken und vereinzelte Häuser. Oben hielt der Zug nah beim Hotel. An der Rückseite des Ge- bäudes befand sich der Aussichtspunkt mit seinem berühmten Blick in die Ferne. Um eine Kreistafel, auf der Pfeile nach allen Richtungen hin di« Berg « mit ihren Namen bezeichneten, standen einige Touristen, die wahrscheinlich auf ihrer Pfingstferienwanderung begriffen waren. In unberührter Rangordnung schwiegen rundum die hohen über den kleineren Gebirgen. Hinterm Attersee erhob sich das schwarzweißstreifige Höllengebirge, und aus einer sagenhaften Weite, mit überragender eisiger Stirn sah der Dachstein her. Fräulein Saat stand ergriffen neben Hammerschlag» ihr« seligen Gedanken waren in den glänzenden Augen zu lesen. Vor dem Hotel und noch mehr im Speiseraum, in den Hammer. schlag und Fräulein Saat später«intraten, war Großstadt. Hatte er draußen über einen auf dem Gipsel sitzenden Herrn, der durchs Einglas das Journal studiert«, gelächelt, so erkamite er hier drinnen den Grohstadtmenschen sofort an jenem stepttschen Blick, mit dem jeder Eintretende gemustert ward. Der Raum, der sich vom Eingang au» nach, beiden Seiten m
gehöriger Breite erstreckte, stand im Zeichen des Mittags, an ein- zelnen Tischen saßen Gäste, der Kellner eilte umher. Hammerschlag und Fräulein Saat setzten sich«n eine Eck« des Speiseraums gänzlich für sich. Fräulein Saat sog den Duft der Alpenveilchen, die auf dem gedeckten Tisch im Glase stcmden, in die Rase und sagte etwas Entsprechendes. Hammerschlag schien nach- deicklich zu sein, er starrte vor sich hin. „Denken Sie wieder an Verlin?" fragte Fräulein Saat. Hammerschlag wurde rot. „Ich habe ihn ertappt, dachte Fräulein Saat— worauf, wußte sie selber nicht: sie gab sich ihren Vermutungen hin. Dann richtete sie allerlei Fragen an ihn. Sie fragte danach, wo in Berlin sein Büro gelegen wäre und wie lauge er dort zu arbeiten pslegte. Er antwortete mechanisch: er war wieder in Nach- denken versunken. Als sie ihn aber nach seiner Sekretärin fragte, gab es ihm gleichsam einen Ruck durch den Körper, er riß die Augen aus. Sie lächelt« ihn ruhig an Ob an ihren„Ahnungen" vielleicht doch etwas Wahres ist, dachte er. Sie machte sich ja scheinbar ein Vergnügen daraus, ihn aui seinen Gedanken zu ertappen.(Fortsetzung folgt.)
gße/M
«Liane O'&laherly:.Nie töeflie envachi" Im S.�ischer-Berlag, Berlin , ist jetzt der englische Krieg». romon„Die Bestie erwacht" des irischen Dichters Liane O' F l a h e r t y in deutscher Spruche erschienen. Es handelt sich um einen kleinen Ausschnitt ou» dem Kriege, um ein Intermezzo, um ein rein zwischenmenschliches Geschehen. O'Flaherty zeigt, wie sich der Mensch allmählich in«in« Bestie verwandelt, und wie ihn persönliche Motive zur Tat treiben und alles andere überlagern. Die Liebe gilt nicht dem Heimatland, der Haß nicht den Deutschen , sondern diese Affekte richten sich auf die eigenen Kameraden. Der Infanterist Gunn liebt einen jungen Kameraden und haßt den tyrannisierenden Unteroffizier, einen kleinen Wicht, der später seiner elementaren blinden Wut zum Opfer fällt. Sieben Leute sind mit ihrem Haß und ihrer Liebe in einer Sappe aneinander geschmiedet. Sinnlos« Befehl«, Todesangst, die Leiden unter Hunger, Temperatur und Stumpfsinn unterhöhlen die Disziplin. Nach der Größe ihrer Intelligenz erkennen dies« Menschen die Sinn- losigteit des staatlich santtionierteli Mordens. Die Schlacken der Zivilisation fallen ab, die Leidenschaften allein bleiben übrig, und dies« überwältigen schließlich den Infanteristen Gunn. Wie in O'Flahertys„Nacht nach dem Verrat" steht auch hier ein dumpfer, m seinen Instinkten verhasteler Mensch im Zentrum, dessen Triebe die Intelligenz überwuchern. Gunn kennt weder Gut noch Bös«, er handelt au» einem inneren Drang« heraus. Er erträgt vieles, ohne zu murren, aber plötzlich fetzt seine seelische Maschinerie aus, ihn beherrscht nur noch ein wilder, ungezügelter Haß. Der Roman wirkt wie«in« psychologische Studie über dag Wachsen und Ausbrechen der Leidenschaften und über das Aus- löschen de» Intellekt». Die Folie des Krieges ist dazu nicht unbedingt notwendig, aber hier unter diesen oerwilderten und außerordent- lichen Zuständen erhält der Prozeß eine ungeheure Beschleunigung. O'Flaherty umreißt mit ein paar Sätzen seine Gestalten, gibt ihnen Plastik und Leben, und darüber hinaus wächst die Zeichnung von dem furchtbaren Berdrechen des Krieges. Xlkreä /�rn»
Rätsel- Boke des„Abend".
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Kreuzworträtsel.
Waagerecht: 1. Gebirgshütte: 5. Leergewicht: 7. Meeres- «rschcinung: 10. Futtermittel: 11. Zahlwort: 12. Ein- resp- Ausfuhrgebühr: 1?. eine Weltstadt; 14. Sait»ninstrument: 19. Baumbestand- teil: 20. Singvogel: 23. sunges Haustier: 26. Schreibstube; 29. Knabenname: 30. Studie: 32. Mondgöttin: 33. optisches Gerät; 34. Mädchenname: 35. Blütenstand.— Senkrecht: 2. Mädchen- name: 3. Wasserbehälter: 4. Betriebsstoff: 5. Zeitbegriff(Mehrzahl): 6. der Wirklichkeit entsprechend: 8. Nahrungsmittel: 9. Baum: 15. rulsilcber Dichter; 16. Radteil: 17. Firmakürzunq einer genossenschaftlichen Gesellichaft: 18. Monat: 21. Getränt: 22. Ersenstift: 24. Halbedelstein: 25. Schimpfwort; 27. Zahlwort: 28. fruchtbarer Wüstenstrich: 31. Schiffahrtsweg.»Ic. Kapselrätsel. Au» den Wörtern Ballkleid, Veränderung, Andernach , Vor- stellung, Bupschenschaft, Gymnastik, Ballwerfen, Trabrennbahn, Gemeinde. Fenster, Gemarkung, Veranda, Germersheim , Ipswich , Rollschuh sind je drei, dem letzten Wort zwei auseinanderfolgende Buchstaben zu entnehmen, die aneinandergereiht«inen Sinnspruch ergeben.— kr.— Borsehrätsel. Bor di« Wörter Eber , Sau, Sokrates , Elle, Alm, Anne, Mur, Rost, Egel, Otto, Ger , Adel. Bach, Ahn ist ein Buchstabe vorzusetzen. Die neugefundenen Buchstaben aneinandergereiht nennen einen Sportzweig.—«Irr-—!
Silbenrätsel. Aus den Silben a a ak bar der bri cd del den den di ei ge gelb he hlid ja kob ku le lie Iis lorg man mann mit na nacht nar n« ne net net o ral ro ja san
fe st ta t« ter tiv to wold zis sind 17 Wörter zu bilden deren Ansang»- und Endbuchstaben, beide von oben nach unter gelesen, ein Sprichwort von Schiller ergeben.— Di« Wörter be
deuten: 1. Tageszeit: 2. Vierter Fall; 3. Römischer Kaiser: 4. Insel an der afrikanischen Ostküst«: 5. Deutsches Gebirge: K. Stielbrill«: 7. Deutscher Maler: 8. Italienische Gottheit: 9. Teil des Eies; 10. Blume: 11. Glückbringender Gegenstand; 12. Weibl. Vorname: 13. Militärischer Dienstgrad: 14. Gewicht ohne Ver- Packung; 15. Biblische Person: 16. Stadt in Hannover ; 17. Insel- gruppe an der Westküste Schottlands ,(j— i).— kr.— Schlangenrätsel. Waagerecht: 1. ge- bräuchliche Firmenab- kürzung:2. Entbehrung; 4. Raubtier: 2. indischer Reicher; 7. Apostel ; 6 berühmter Bildhauer: 10 deutscherStädtename: 11. Nutzgewächs— Senkrecht- 1. Präpo- sition: 8. moralischer Beistand: 4. Verkehrs- mittel: 6. trockener Schmutz: 7. Schuldiencr; 9 Iagdgehilfe; 10.«uro- päischer Staat.'
ii
(Auflösung der Rätsel nächsten Mittwoch.) Auflösung der Rätsel aus voriger Nummer. Kreuzworträtsel. Waagerecht: 1. Ha: 4. ab: 6. Ade; 8. Eli: 0. Gasometer : 12. der: 13. Ben: 15. Portier; 18. Ire; 20. dem: 21. Eseuranke: 2«. Lei: 27. Bai: 28. le: 29. PS— Senkrecht: 1. Hagen : 2. Ada; 3. Armentieres: 4. Al«: 5.«imc; 7. es: 8. et: 10. Oder; 11. er; 13. Boa; 14. Le«: 16. Irma; 17. Drell: 19. Gleis: 20. Du; 22. Fee; 23. Ei: 24. NB: 25. Kap. Diamanträtsel: 1. r, 2. Ruf. 3. Somme, 4. Magazin. 5. Rumoenien. 6. Bremer, 7. Weide, 8. See. 9. n. Silbenrätsel: 1. TNignoa: g. Indien : 3. Sahara : 4. Sauerbruch : 5. Jlachod; 6. Irene: 7. Cheltenham : 8. Terpsichore: 9. Vonati; 10. Eisenderg: 11. Normannen: 12. Neurologie: 13 Ähren: 14. Ehloroform; 15. Salattdra; 16. luni»; 17 Eo». — Miß nicht den Nächsten nach dem eignen Maß." Rösselsprung:» Jedem Menschen für sein Leben Ist ein Maß von Krast gegeben. Dos«r nicttt erweitern kann; Aber nach den rechten Zielen Seine Kräfte tasten spielen. Soll und kam» dm rechter Manu. Rackert j