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fordere, die Anfrage deZ betrügerischen BankbruchZ dagegen bloßer Vorwand sei. Der Bankbruch sei schon 18S9 erfolgt. Friedmann habe sich mit seinen Gläubigern verglichen und nachher noch sechs Jahre seinen Anwaltsberuf in Berlin  ausüben können. Die Anklage falle also in sich zusammen. Ebenso verhalte es sich mit der angeblichen Unterschlagung. Der einzige angeblich Geschädigte, Gottlieb Berger, der 6000 M. zurückverlange, habe diesen Betrag als Darlehn hergegeben und mit S v. H. regelmäßig verzinst bekommen. Es sei ein einfaches Schuldverhältniß und von Unterschlagung keine Rede. Laine beantragte Verweigerung der Auslieferung.   Ein anderes hiesiges Blatt berichtet, daß Frau F r i e d m a n n für die Kolonialausstellung als.Repräsentationsdame" engagirt sei. Was fiir naive Leute selbst noch unter den Arbeitern zu finden sind, zeigt ein von derVolks-Zeitung" gemeldeter Vorfall. Vor einiger Zeit war von dem Bergarbeiter Kampofsky berichtet worden, daß er sich auf der Zeche, wo er beschäftigt war, bei dem vorjährigen Bismarcktrubel durch einen Böllerschuß schwer verletzt habe; für den erlittenen Unfall sei ihm auch schließlich vom Reichs-Versicherungsamt eine Rente von 31,40 M. monatlich zugebilligt worden. Da er hiervon natürlich nicht einmal sich selber, geschweige denn seine Familie ernähren konnte, so nahm er den Scherz einiger Freunde, sich an Bismarck   um Hilfe zu wenden, ernst und bat den millionengesegneten Heros um eine kleine Unterstützung in seiner Roth. Selbstverständlich erhielt er vom fürstlichen Sekretariat die Antwort, daß er abschlägig beschieden sei und vom Fürsten   nichts zu erhoffen habe. So wenig der Ulk, den die Freunde des Arnren getrieben haben, gebilligt werden kann, ebenso wenig kann man auch den Scherz gutheißen, den dieVolks-Zeitung" sich nunmehr mit ihm macht. Das Blatt täuscht den Bergarbeiter nämlich mit der vagen Hoffnung, daß vielleicht einige Bismarckschwärmer sreigiebiger als ihr Herr und Meister an dem jetzt in Lichten- berg 21 wohnenden Manne handeln werden. Gerade als ob solches nicht einer Todsünde gegen die heutigen Gebote der Millionärszüchtung gleichkäme. Ein Mordversuch hat in C h a r l o t t e n b u r g die Festtagsruhe gestört. Der am 23. Januar 1881 zu Charlotten- bürg geborene Heinrich Nier, der bei seiner Mutter und seinem Stiefvater, dem Feuermann Müller in der Potsdamerstr. 36 zu Charlottenburg   wohnt, versuchte es. seine Geliebte, die am 17. September 1879 ebenfalls zu Charlottenburg   geborene Anna Heise, die elternlos ist und bei dem Bäckermeister Schlosser in der Sophie-Charlottenstr. 93 zu Charlottenburg   in Dienst steht, durch einen Revolverschuß zu tödten. Anna Heise war früher in der Plättanstalt von Schult in der Potsdamerstr. 36, wo Nier wohnt, beschäftigt und trat erst vor 14 Tagen ihren neuen Dienst bei Schloffer an. Sie war vor sechs Wochen mit Nier bekannt geworden. Als Frau Schult von dem Liebes verhältniß hörte, entließ sie das Mädchen, weil ihr dessen Um gang mit dem jungen Bengel nicht gefiel und da Anna Heise außerdem lügenhaft war. Seitdem seine Geliebte bei Schlosser war, erschien dort Nier wiederholt aus dem Hofe, ohne Gelegen- heit zu finden, mit ihr zu sprechen. Der Bäckermeister wollte das Liebesverhältniß ebenso wenig wie Frau Schult und ließ das Mädchen nicht ausgehen. Nier aber glaubte, seine Geliebte wollte das Verhältniß lösen, und zwar aus Furcht, auch von Schlosser wieder entlassen zu werden, wenn sie es fortsetze, und war infolgedessen sehr aufgebracht. Am 1. Feierlag, kurz vor3Uhr abends klopfte es bei dem Mädchen ans Fenster. Es war Nier, der seine Geliebte aufforderte, zu ihm herauszukominen. Als sie sich weigerte, da sie nicht ausgehe» dürfe, rief ihr Nier zu:Du willst blos nicht!", zog plötzlich einen Revolver ans der Tasche und gab nach dem Kopfe der Geliebten einen Schuß ab. Zum Glück traf nicht die volle Schrotladung, sondern nur ein Theil. Dieser verwundete das Mädchen am rechten Auge, aber nicht lebensgefährlich. Nier lies gleich davon, ohne sich nach der Wirkung seines Schusses ninznsehen, und wurde nicht verfolgt, da der herbeigeeilte Schlosser und die Seinen sich zu- nächst der Verwundeten angenommen. Diese brachte man nach der Sanitätswache in der Scharrnstraße. Nachdem sie hier einen Nothverband erhalten hatte, führte Schlosser sie mtt der Stadt- bahn nach der königl. Klinik in der Ziegelstraße. Frau Schlosser hatte unterdessen zur Revierpolizei geschickt. Als diese um 10 Uhr abends in der Müller'schen Wohnung erschien, lag der jugend- liche Verbrecher im Bette und schlief, als ob nichts vorgefallen wäre. Die Beamten holten ihn aus dem Bette heraus und über- lieferten ihn der Kriminalpolizei. Seine Mutter ist untröstlich. da sie geglaubt hatte, an diesem Sohne einmal eine Stütze zu finden, deren sie umsomehr bedarf, als ihr zweiter Mann schon feit fünf Jahren krank ist. Die Treptower Chaussee ist gestern vom Hauptportal bis zum Endpunkt der Ausstellung gesperrt worden. Eine ItngliickssteUe für die Pferdebahn ist die abschüssige Strecke der HermanUstraße beim Rollkrug in Rixdorf. Schon vor einigen Wochen kam es dort einmal zu einem so heftigen Zusammenstoße zweier Wagen, daß ein Mann und eine Frau von der vorderen Plattform auf das Straßenpflaster flogen und eines der Pferde zu Tode gefahren wurde. Am 2. Feiertage gegen 6 Uhr nachmittags liefen in ähnlicher Weise wie damals wieder zwei Wagen auf einander. Als gerade drei Wagen der Linien Knesebeckstraße-Hermannsplatz und Britz-Moritzplatz sich kurz hintereinander aus der schiefen Ebene folgten, kreuzte unten am Gefälle ein Wagen der Linie Weißenburgerstraße- Hermannsplatz die Bahn, um an seine Haltestelle zu fahren. Das zwang den ersten der drei Wagen, zu bremsen, und infolge- deflen lief, als er, nachdem die Bahn frei geworden war, nicht rasch genug wieder in Bewegung kam, der zweite auf ihn aus. Der Anprall war so stark, daß die eisernen Brüstungen der beiden Plattformen sich vollständig verbogen und mehrere Fenster- scheiden in tausend Stücke gingen. Ein Kind wurde durch einen Glassplitter am Gesichte verletzt, die übrigen Fahrgäste kamen mit dem Schrecken davon. Die Pferde blieben unbeschädigt, die Wagm waren dagegen so stark mitgenommen, daß sie außer Dienst gestellt werden mußten. Der langjährige Oberarzt der UniversitätS- Kinder- Poliklinik der königl. Charitee. Herr Dr. Hauser. hat am 8. d. M. in dem sog. Johanneum, dem Hause Johannesstr. 15, eine Poliklinik für kranke Kinder eröffnet und wird seine Sprech- stunde für Kinder Unbemittelter täglich von 12 Uhr abhalten. Elise Sah, die vor acht Tagen gemeinsam mit ihrem Bräutigam, dem Kaufmann Ernst Rincke, in den Tod gegangen ist, wurde am ersten Feiertage, nachmittags um 3 Uhr, auf dem Neuen Louisenstädtischen Kirchhofe beerdigt. Es war der Mutter doch gelungen, einen Pastor zu finden, der die Leiche einsegnete. Vier helle Berliner   Jungen haben den Weidenweg 97 wohnhaften Milchhändler Paschen vor erheblichem Schaden bewahrt. Es war am Montag Vormittag in der zehnten Stunde, als der mit der Versorgung der Kundschaft beschäftigte Schwager des P. vor einem Hause in der Rigaerstraße mit seinem Milchfuhrwerk hielt und Milch abtrug. Die kurze Abwesenheit des jungen Mannes benutzte ein Gauner, sich auf das Fuhrwerk zu schwingen und damit in der Richtung nach Lichtenberg  , wie bemerkt worden war, davonzujagen. Der Inhaber des Wagens, der Schwager des P., versuchte zunächst vergeblich in dem zunächst gelegenen Polizei» Revierbureau den Vorfall zur Meldung zu bringe»; er wurde aber nach seinem zuständigen Polizeibureau, dem 66., in der Frankfurter Allee  , verwiesen.(? R. d.  V") Dort wurde zwar die Meldung angenommen, doch be- deutete man ihm, sich nach Lichtenberg   zu begeben und dort die Gendarmerie in Anspruch zu nehmen. da keine telephonische Verbindung mit den Vororten bestehe.(? R. d.  B.") Der junge Mann begab fich daraufhin nach Lichtenberg  und machte dort drei ihm persönlich nicht bekannte Gendarmen mit seinem Anliegen bekannt, erhielt jedoch von allen denBescheid, daß sie keine Zeit hätten, sie müßten zum Rennen nach Karlshorst  . Nach- dem er»och in Erfahrung gebracht, daß auch der Gendarmerie- Wachtmeister ausgeritten fei, trat er unverrichteter Sache seinen Heimiveg an. Dem Gauner, welcher während dessen seine Fahrt fortsetzte, begegneten auf seiner ziellosen Irrfahrt vier Berliner  Burschen, welche auf dem Wege nach Karlshorst   waren. Sie sprachen den falschen Milchsuhrmann um Mitnahme nach Karls- Horst an. welches jener auf Befragen als sein Ziel angegeben hatte. Ihr Wunsch wurde ihnen auch gewährt und so stiegen sie auf. Das Gebahren des Milchkutschers unterwegs, seine Orts- uukenntniß:c. erweckten aber bei den jungen Leuten Verdacht, sie vermutheten ganz richtig, daß das Fuhrwerk gestohlen worden sei und beschlossen insgeheim, den Gauner dingfest zu machen. Unter dem Vorwande, den Weg genau zu kennen, übernahm der älteste der Burschen die Leitung des Gefährtes, und nun ging es auf allerlei Umwegen wieder nach Berlin   zurück. Dem ersten ihnen begegnenden Schutzmann wurde das Fuhrwerk sammt dem Gauner übergeben, welch letzterer nunmehr hinter Schloß und Riegel sitzt und feine That freimüthig eingestanden hat. Es ist dies ebenfalls ein junger Bursche. welcher sich, von Breslau   kommend, bereits zwei Monate in Berlin   umhergetrieben hat. Paschen hat sein Eigenthum, welches wenig Schaden erlitten hat, so durch den beherzten Berliner   Jungenstreich" zurückerhalten. Allerdings haben die Urheber dieses Geniestreichs von dem Reimen in Karlshorst   nichts zu sehen bekommen. Ueber eine neue TpczicS von Gaunern ist der Kriminal- polizei folgende Meldung zugegangen: Vor etwa 10 Tagen wurde das Verschwinden eines 15 jährigen, in einem Geschäft angestellten Knaben namens M., dessen Eltern in der Höchstestraße wohnen, gemeldet. Er hatte sich am Abend vom Geschäft entfernt und war nachdem nicht mehr gesehen worden. Mit einem in der Presse erlassenen Aufruf war natürlich eine genaue Beschreibung des Verschivundenen verbunden. Am Tage darauf meldeten sich bei der Mutter des Knaben nacheinander 2 Männer und eine Frau, welche angaben, daß der vermißte Knabe im Geschäfte Unterschlagungen begangen und aus diesem Grunde von der Polizei verfolgt werden solle. Nur wenn Frau M. sich entschließen würde, dem Chef die geschädigte Summe zu ersetzen, so werde von einer Strafanzeige Abstand genommen und der Rückkehr des Knaben ein Hinderniß nicht in den Weg gelegt werden. In diesem Falle glückte der Schwindel jedoch nicht, da Frau M. sich selbst zu dem Chef begab und so vollkommene Ausklärung schaffte. Die Angelegenheit hat übrigens damit ihre Erledigung gefunden, daß der Verschwundene selbst zurückgekehrt ist. Daß die erwähnte» Gauner ihre Schwindeleien gewerbs- mäßig ausübe», geht aus einer Anzahl der Kriminalpolizei über- mittelter Meldungen über ganz gleiche Vorgänge hervor. Ein Haar haben 216 junge Männer, darunter 130 geborene Berliner  , im M i l i t ä r d i e n st gefunden. Sie haben den Polizei- und Mililärstaat verlassen, ohne daß sie ihrerDienst pflicht" genügten und sind daher von der 7. Strafkammer am Landgericht I zu je 160 M. Geldstrafe verurtheilt worden. Ferner werden 193 Wehrpflichtige, darunter 151 mit Spreewasser getaufte, unter der Beschuldigung, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet ver- lassen zu haben oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich noch außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten zu haben, auf den 27. Juni nach Moabit   vor die 9. Strafkammer zur Haupt Verhandlung geladen. Auch diese werden ein Land aufgesucht haben, wo man der Vorladung nicht Folge zu leisten braucht. Traurige Folgen hatte für den Grenadier Behne von der 5. Kompagnie des 3. Garde-Regiments zu Fuß ein Osterurlaub, den er selbst nahm. Da Behne am ersten Feiertage keine Er- laubniß erhielt, auszugehen, verließ er ohne sie die Kaserne und kehrte erst um 3 Uhr morgens am zweiten Feiertage zurück. Als er an der Zeughofstraße über die Mauer in den Kasernenhof steigen wollte, fiel er in das Strauchwerk, das längs der Mauer steht, hinab und brach sich den rechten Arm. Der Verletzte schleppte sich in seine Stube hinauf, machte in der Frühe selbst Meldung von dem Unfälle und gestand auch ein, wie er dazu gekommen war. Er wurde in das Garnisonlazareth II zu Tempelhof   gebracht. Der Grenadier Thröhler vom Kaiser Alexander-Regiment, über dessen wiederholte Weigerung, ein Gewehr anzufassen, wir vor kurzen« berichteten, ist am Mittwoch zum dritten Male aus dem Militärarrestgebäude nach Spandau   auf die Festung gebracht morden. Was für eine Strafe er bekommen hat, ist noch nicht bekannt geworden: die letzte betrug ein Jahr. Dem armen Teufel bekommt die Religion, welche dem Volke erhalten werden soll, sehr schlecht. Die Verwaltung der Bauhandwerker- Kasse bittet uns, der Berichtigung in Nr. 61 hinzuzufügen, daß sie von dem Arzt erwartet hätte, er würde sich wegen der entstandenen Differenz erst mit der Verwaltung ins Einvernehmen gesetzt haben, statt sofort an die Oeffentlichkeit zu gehen, dann würde man sich wohl auch verständigt haben. Wir wollen wünschen, daß es zu der- artigen Differenzen nicht mehr kommt. Trübe Ostern hat die Familie des Schlossers und Gym- nastikers Kühn aus der Reichenbergerstt. 72 gehabt. Als Kühn, der im Sommer seinem Artistenberufe nachgehl und im Winter die Schlosserei betreibt, am Sonnabend wie gewöhnlich zur Arbeit gegangen war, schickte seine Frau die drei ältesten Kinder im Aller von 10, 8 und 4 Jahren zum Spielen auf die Straße und blieb mit dem jüngsten, einem Töchterchen von 1'/» Jahren, allein in der Wohnung. Unz 11 Uhr vormittags verließ der zweite Sohn die beiden anderen, um zur Mutter hinauf zu gehen. Kaum hatte er die Wohnung, die von der Mutter nicht verschlossen worden war. betreten, als er wieder umkehrte und laut weinend zu den Flur- nachbarn gelausen kam. Diese fanden in der Kühn'schen Stube ein Bild von erschütternder Wirkung vor. Die Frau hing leblos an einem Trapez, an dem ihr Mann im Winter zu üben pflegte und das sie von einem Stuhle aus erstiegen hatte, während das kleinste Kind, nicht ahnend, was für eine Katastrophe sich neben ihm abgespielt hatte, spielend am Fußboden saß. Frau Kühn hatte in einem Anfalle von Nervenerkrankung, an der sie schon einige Jahre litt, ihrem Leben ein Ende gemacht. Ein großer Auflauf entstand Montag Abend zwischen 3 und 9 Uhr in der Gertraudtenstraße, als sich ei» junges Mädchen von der Gertraudtenbrücke kopfüber ins Wasser der Friedrichs- gracht stürzte. Leute, die den Vorgang sahen, machten sich gleich an die Reltungsarbeit und entzogen auch die Lebensmüde wieder dem nassen Elemente. Ein Schutzmann brachte sie mit einer Droschke in ein Krankenhaus. Hier wurde sie festgestellt als die 23 jährige Schneiderin D. S. aus der Kleinen Frankfurter- straße. Die Veranlassung zu dem Selbstmordversuche ist Unglück- liche Liebe. In der Kunsthandlung von Fritz Gurlitt  , Leipzigerstr  . 131, ist am Freitag Abend ein Einbruch verübt worden. Glücklicher- weise konnten die Diebe in die Ausstellungsräume selbst nicht gelangen; sie mußten sich auf das Bureau beschränken. Hier hausten sie wie Vandalen. Eine werthvolle weiße Marmorbüste wurde mit Tinte besudelt, alle Schubfächer wurden geöffnet, Briefe, Papiere ic. durcheinander gebracht, der Fußboden«. mit Tinte beschmutzt. Der Geldschrank widerstand, und nur eine kleine Portotasse und für etwa 5 M. Briefmarken sielen in die Hände der Diebe. Bis jetzt fehlt von den Thälern jede Spur. Drei Finger wurden am Sonnabend Nachmittag dem 26jährigen Bucbbinder Paul Reinhard aus der Metzerftraße ab- gequetscht, der in der Kroll'schen Buchdruckerei in der Sebastian- straße beim Putzen der Maschine mit der rechten Hand in die Kammräder gerieth. Vorläufig aus der Haft entlassen wurde der frühere Privatsekretär von Fritz Friedmann  , Herr v. Langen- Allenstein, der, wie gemeldet, vor kurzem in einem Hamburger Hotel ver- haftet und wegen Beleidigung eines hohen Beamten in Magde  - bürg dort zu zwei Monaten Gesängniß verurtheilt worden war Witternngsüberficht vom 7. April t8SS. Wetter-Prognose für Mittwoch, den 8. April 189S. Ziemlich mildes, vorherrschend wolkiges Wetter mit leichten Regensälle» und schwachen westlichen Winden. berliner Wetterbureau. Vunlk und IVissensifruft. Sudcrmaun'sGlück im Winkel". Gestern noch hat man so rebellisch gethan, und heute preist man friedfertig und verträglich die Poesie des Glücks im Winkel; eine karge,«ine freudlose Poesie, in der es kein Jauchzen giebt und kein Fluchen. Rasch, allzu rasch, ist der Jugendmuth verraucht, seine Kraft war wohl nicht echt; und statt seines befeuert,» Schwungs ertönt wiederum die allkluge Weisheit: Lern' Dich be- scheiden! Sei ergeben! Man hat das SchauspielGlück im Winkel", das am Sonnabend zum ersten Male im Lessing-Theater gegeben wurde, die reifste Schöpfung Sudermann's genannt. Das ist in gewissem Sinne richtig, weil in Sudermann's jüngstem Idyll sein poetisches Wollen mit seinem Können am ehesten im Einklang steht. Aber was taugt das schwächliche Wollen? Was taugt es vor allem dem, der zur bußfertigen Glück-im-Winkel-Poesie keinen Standpunkt findet? Im Mittelpunkt des Sudermann  'schen Dramas steht ein Weib, jung, schön, bewegten Geistes voll, geformt zur Lebens- tust; und dieses reiche, warme Leben soll in seinen Säften ver- dorren, ein Mensch, der um sein natürliches Anrecht betrogen ist, soll sich eine bettelhafte Heimstätte verschaffen, die Hände ineinander- falten und mit Bettlerdemuth ausrufen: Vergelt's der Herr? Warum nur? Ein Fröstelnder tritt ein: man entzündet zwei Kiehnspähne Und sagt zu dem Frierenden: Komm, guter Freund, und wärm' Dich an meinem prächtigen Feuerchen! Gewiß. Kunderts von Geschöpfen, wie Frau Elisabeth im Sudermann's Schauspiel, verkümmern und verdorren; man stiehlt die Kräfte, die von der Natur in ihre Seele gelegt waren; was sich jung und feurig und begehrlich in ihnen regte, das hat man erbarmungslos zertreten. Sollen die Miß- handelten dafür dankbar sein; und wenn ein Mensch, wie ein gepeitschter Hund in irgend eine Ecke flüchtet: soll er dann sein Glück im Winkel lobpreisen? Ich glaube, wenn Frau Elisabeth ein wirkliches Wesen von Fleisch und Blut wäre, sie würde auf die schönsten Psalmen des Autors, der das Glück des Entsagens predigt, erwidern:Vergebens sprichst Du viel, um zu versagen. Der andere hört von allem nur das Nein!" Frau Elisabeth ist eine Deklassirte. Ms armeS Mädchen mußte sie sich bei adeliger Verwandtschaft herumdrücken, und als der wilde, gierige Raubthiermcnsch Freiherr von Röcknitz  , ein Musterexemplar eines Weftkalmücken, ihre Sinne in Ver- wirrung bringt, da reicht sie einem alternden Schulmeister, der eine halbwüchsige blinde Tochter und zwei Knaben hat, die Hand, um sich vor dem ostpreußischen Junker zu retten. Sie zieht mit ihrem Schulmeister in ein enges Heim, in eine kleine Landstadt, und lebt dort ein trockenes, nüchternes Leben, ohne Freude, aber auch ohne Schmerz. So könnte es weiter gehen, wenn der Freiherr  v. Röcknitz   nicht wäre. Dieser Junker hat den Satan im Leibe. Er ist, nach Sudermann's romantischen Neigungen gemessen, ein Herren- mensch von jener Art, der alles gelingt. Vier Pserdejuden kann der Edle bemogeln, und schöne Weiber zwingt er durch seinen Blick und seinen feurigen Willen; mit einem Wort, er ist ein prächtiges Tigermännchen. Seine Westkalmücken idealisirt Sundermann gerne nach dieser Art hin. Freiherr   v. Röcknitz  fällt also, wie ein Raubthier, ins fromme Haus des klein- städtischen Schulrektors ein und richtet seine Begehrlichkeit auss neue auf Frau Elisabeth. Ihr Gatte ist ein merkwürdiger zwie- spältiger Mensch. So gar nicht fromm und einfältig war er, als er Frau Elisabeth zum Weib nahm. Sondern wie ein richtiger Schalk, der einen zweiten Schelm hinterm Busche sucht, nahm er an: seine junge Frau habe gewiß ein bemakeltes Vor- leben. Wie hätte sie sonst den alten, pedantischen Wittwer ge- nommen? Jetzt aber ist er fromm und einfältig, wie ein ahnungsloser Engel. Er merkt nicht, was Herr v. Röcknitz  plant, wenn er den armen Schulmeister zum Verwalter eines seiner Güter machen will; er merkt nicht, daß die durstigen Sinne von Frau Elisabeth dem Ansturm des wilden Junkers erliegen. Im Taumel, im Rausch hat Frau Elisabeth den Freiherrn von Röcknitz heiß an sich gedrückt; trostlos ist ihr Erwachen. Das Haus ihres Gatten will sie verlassen und tödtliche Sühne üben. Da aber offenbart sich plötzlich der arme Dulder, der trockene Schullehrer als innerlich reiche Natur. Zum Leben und zur Lebensfreude bekehrt er sein Weib, wie ein eindringlicher Prediger bekehrt. Sein Haus wird er reinigen und Frau Elisabeth kehrt froh zu ihrem Glück im Winkel zurück. Ob wirklich im Aufruhr der Leidenschaften ein salbungs- voller Zuspruch Wunder wirkt? Nach einem Ausspruch Shakespeare's   verläßt den klügsten Philosophen alle Weis­heit, wenn er vom Zahnschmerz geplagt wird und vor allen Dingen: Warum so vielen süßlichen Weihrauch vor demGlück im Winkel"? Und warum nicht ein einziger Aufschrei in dem ganzen Drama über das empörende, nichtswürdige Unrecht, daß ein blühendes, begabtes Menschen- kind entweder der Rohheit eines Raubthiers oder der saftlosen Impotenz eines kleinbürgerlichen Alten preisgegeben wird? Ein Publikum, dessen Anschauungen der Eheschacher entspricht, wird durch solche Erwägungen in seiner Andacht nicht gestört; und zudem edle Entsagung übt immer ihren sentimentalen Reiz aus. So nahm man denn Sudermann's Resignationslehre mit freudigem, nur zum Schluß durch einige Zischer gestörten Wohl- wollen auf. Für die Rolle derblonden Bestie", des Röcknitz  , war auf des Autors Wunsch Herr Mitterwurzer vom Wiener Burgtheater verschrieben worden. Darum zumeist kam das Glück im Winkel erst so spät in Berlin   auf die Bühne. Es ist in Wien   und in ganz Deutschland   bereits aufgeführt worden. Für den aparten Herrn v. Röcknitz   wäre in der That keines der ständigen Mitglieder des Lessing- Theaters mit solcher Kraft und Frische und sprudelnder Lebendigkeit eingetreten, als der Gast aus Wien  . Wohl lieh er dem Junker mehr von burschikoser Liebenswürdigkeit, als die schneidigen Herrschaften zu besitzen pflegen. War das eine leise Fälschung, für die Gesammtwirkung war sie von Vortheil. Die Brutalität erschien gemildert. Fein