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Sozialpolitische Debatte.

Reform der Arbeitslosenversicherung vor dem Ausschuß.

Der Sozialpolitische Ausschuß des Reichstages hat am Dienstag mit der Beratung der Regierungsvorlage zur Ab. änderung der Arbeitslosenversicherung begonnen.

Abg. Aufhäuser( Soz.) wandte sich gegen die Aenderung des § 36, wodurch den Arbeitsamtsvorsitzenden die Befugnis zur Eine stellung gehobener Berfonaitrafie genommen und für Berfezung von Fachkräften jedes Borschlagsrecht der Verwaltungs ausschüsse aufgehoben werden soll. Der Zweck der Aenderung ist Stärkung der Befugnisse der oberen Bürokratie. Der fozialdemo Pratische Antrag auf Streichung der vorgesehenen Berschlechterung merde, obmohl Ministerialbireftor Beigert feinen einzigen Fall anführen kann, wo dienstlich begründete Bersehungen von Fachkräften bisher erschwert morden märe, non allen bürgerlichen Parteien abgelehnt.

Die Uebertragbartett von Etatsmitteln non einem Arbeitsamt zum anderen innerhalb des Etatsjahres soll nach der Bor. lage tünftig zulässig sein. Die sozialdemokratischen Abgeordneten Gerlach und Aufhäuser wiesen auf das Bedentliche dieser Maßnahme hin. Der Ausschuß beschloß auf sozialdemokratischen An trag, daß der Vorstand der Reichsanstalt bei solchen Etatsübertragun gen vorher den zuständigen Berwaltungsausschuß zu hören hat.

Eine große Debatte brachte die Frage der Stellen. vermittlung. Aufhäuser begründete einen sozialdemokra tischen Antrag, wonach dem§ 65, der die Möglichkeit der Einführung einer Meldepflicht offener Stellen durch den Arbeits minister vorsieht, eine gefeßliche Bestimmung angefügt werden soll monach Betriebe, die öffentliche Aufträge auszuführen haben oder öffentliche Subventionen erhalten, die Meldepflicht bei dem zu­ständigen Arbeitsamt auszuüben haben.se

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Im weiteren Verlauf der Sizung wies Aufhäuser darauf hin, daß die Ausmirfung des von der Reichsregierung angekündigten Arbeitsbeschaffungsprogramms mur gemährleistet sei, wenn die mit öffentlichen Aufträgen bedachten Firmen einer Melde­pflicht an die Arbeitsämter unterstellt würden. Ministerialbirektor. Weigert erfannte an, daß auch die Reichsregierung die Tendenz des fozialdemokratischen Antrags billige, doch wolle er feine gesetzliche Festlegung. Abg. Dr. Brauns( 3.) und Leopold ( Dnat.) wandten sich gegen jede gefeßliche Meldepflicht. Thiel( DVp .) erklärte, seine Fraktion lehne den sozialdemokratischen Antrag elbstverständlich ab. Wissell( S03) mies darauf hin, daß die Schichaumerft in Elbing Riesensubventionen: erhalte, trotzdem aber Taufende von Industriearbeitern arbeits­los gefeffen und ländliche Arbeitskräfte herangeholt habe.

Die Abftimmung über den sozialdemokratischen Antrag wurde zunächst zurückgestellt und die Frage Arbeitstofenperfiche rung und Landwirtschaft angeschnitten Während die Deutschnationalen den Personenfreis weiter einschränken wollen, der langt ein sozialdemokratischer Antrag Ausdehnung der Versicherungspflicht auf das ländliche Ge sinde. Jäder( Sog) beleuchtete die wachsende Arbeitslosigkeit unter den Landarbeitern und betont, daß langfristige Arbeitsver träge immer seltener merden. Behrens( Wolfstonservativ) be­stätigte die Ausführungen Jäders. Frau Schroeder( Soz.) zeigte an den Berichten der Gefährdeten Fürsorge, in welch großem Ausmaß die Ermerbslosigkeit von Sandarbeiterinnen schalige Rüdmirtungen habe und zur weiteren Belaftung der Gemein. ben führe Ste betämpfte banadh fehr scharf den Regierungsvorschlag, her alle Jugendlichen unter 16 Jahren aus der Arbeitss lofenversicherung herausnehmen mill. Wegen einer geringfügigen Ersparnis überantworte man die jugendlichen Arbeitslofen einfach ihrem Schidial. Die Antwort der Regierung und der bürgerlichen Barteien beftand in den üblichen Rebensarten über unerfreuliche Begleiterscheimumgen der Jugendlichen- Unterstützung. beratung wird am Mittwo fortgesetzt.

Berfaffungsfeier 1930.

Die Weiter

Der Beschluß des Preußischen Staatsministeriums. Der Amtliche Preußische Preffedienst meldet: Das Breußische Staatsministerunn hat beschlossen, den diesjährigen Ver­fassungstag mie in den vergangenen Jahren zu feiern. Die er­folgte Räumung der 3. Zone des befehten Rheinlandes bedeutet einen meiteren bedeutsamen Martstein auf dem schweren Wege des Wiederaufstiegs. Dieser Grund legt den Gedanken nahe, die Verfassungsfeier unter voller Aufrechterhaltung ihres Charakters gleichzeitig allenthalben in dem Sinne auszugestalten, daß die Feiern insbesondere der langerfehnten vollständigen Befreiung unferes Rheinlandes gelten.

Zu diesem Zwed wird angeordnet, daß für die Beflaggung der öffentlichen Gebäude die Bestimmungen der Berorb ming vom 29. Juni 1929 gelten. Ferner sollen in allen Orten, in denen sich Spigen der Behörden befinden, möglichst ge. meinsame Feiern der Landes- und Reichsbehörden mit den Kommunalbehörden vorbereitet werden. Sämtliche Staatsbeamte, staatliche Angestellte und Arbeiter sind zu den Festalten ein. zuladen. Es wird von den Staatsbeamten erwartet, daß sie sich an den Festatten beteiligen. Für den Dienst am Verfassungstag gelten die Vorschriften über den Sonntags

dienst.

Soweit diese Regelung in einzelnen Berwaltungsmeigen zu Schwierigkeiten führen sollte, bleibt es den betreffenden Fach­ministern vorbehalten, die erforderlichen Sonderbestimmun gen zu treffen.

Die Moskauer Berhandlungen. Gehr langsamer Fortgang.

Mostau, 1. Juli. ( Eigenbericht.). Die am 17. Juni begonnenen Berhandlungen her beutich russischen Schlichtungstommiffion schreiten nur sehr langsam nor.

märts. Da das deutsch - russische Schiedsabfommen Dom tommmission in der Regel nicht länger als 14 Tage be anspruchen darf, so muß im Einverständnis der beiden Regierungen eine Verlängerung erfolgen. Bisher ist nur eine Teil. einigung in gewiffen Einzelfragen auftande gekommen; man verhandelt über Tranfitfragen, Boftpatetperfehr, Kongeffionen, gewerblichen Rechtsschuh. 3ahlungsverschleppungen der Berliner Somiethanbelsvertreter usm. schwieriger gestaltet sich die Behandlung der grundsäglichen Fragen( Rechtsstellung der Berliner Sowjethandelsvertretung, Meist. begünstigung im Handelsverkehr, Steigerung des deutschen Ablages nach Rußland f.).

25. Januar 1929 bestimmt, hoß die Tagung der Schlichtungs.

Weitaus

Der schwarze Tag der Patrioten.

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Rheinland Frei!

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,, Daß nun doch die Feder gutgemacht hat, was unser Schwert verdorben!"

Goebbels , Sozialistenverfolgung"

Der Sozialismus ist für uns Nationalsozialisten nur Mittel zum Zweck."

Der Zwist im nationalsozialistischen Lager frißt weiter. Die am Montag in der Neuen Welt" abgehaltene Generalper. sammlung des Gaues Berlin stand im Zeichen des Krachs. Zu Beginn wurde nämlich die Opposition zum Berlaffen des Saales aufgefordert und, als sie gegen dies Verfahren Einwände erhob,

durch Rollkommandos gewaltsam an die Luft befördert. Unter den Hinausgeworfenen befand sich auch der Major Bug. ruder, Leiter der Schmarzen Reichswehr und Organisator des Rüstriner Butsches von 1923, ferner der Leiter der nationalsozialisti schen Führerschulen Willem Korn.

Dieser veröffentlicht in Straßers Nationalem Sozialiſt eine Erflärung, die befonders deshalb Interesse verdient, weil sie die mirthe Cinftellung des Nationalsozialismus zu bem für bie smelte Hälfte ihres Firmennamens mißbrauchten Sozialismus fchlag artig beleuchtet Rorn fchreibt nämlig

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abrollende Generalmitgliederversammlung wurde damit zu einer Farce. Herr Dr. Goebbels ließ nach diesen Regievorbereitungen erklären, daß er zu allen diesen Maßnahmen von Adolf Hitler Generafvollmacht habe!

3. Damit wird aber diese Sozialistenverfolgung" zum Bartei­turs gestempelf.

Schließlich ist noch eine Erklärung des ausgeschlossenen Re balleurs Richard Schapte zu notieren. Sie ergibt, daß Goebbels ' por Gericht aufgestellte Behauptung, er habe für Hinden burg 14 Tage in belgischen Gefängnissen gesessen und sei dabei mit der Reitpeitsche trattiert worden, eitel Renom misterei und Auf schneiderei gewesen ist Weil Schapte sich unterstanden hat, darauf aufmerksam zu machen, daß Goebbels heldenhaften Behaup tungen teine entsprechenden Heldenbaten gegenüberſtänden, mußte er über die Ringe springen.

Intereffant ist, daß Hitlers Baltischer Beobachter" bisher 312 Unter ungeheurer feelischer Belastung hat die Parteigenoffenden Borgängen in Berlin nadh feine Stellung genommen hat. Der schaft die gegen den Nationalen Sozialift gerichteten Stampfmaß­Diftator ist sich anscheinend noch nicht ganz Har, auf welches Pferd nahmen als gegen die Sozialisten in der Partei ge­richtet empfunden. Aus diesem Grunde murde Herr Dr. Goeb als das aussichtsreichere er sehen soll. bels bereits vor 5 Wochen von einem Funktionär des Gaues Berlin , den eine Reihe Barteigenoffen darum gebeten hatten, um Auffärung über den Kampf gegen den. S." gebeten und ihm in diefer Unterredung die tonfrete Frage vorgelegt: Bie tehen Sie zum Sozialismus?" Herr Dr. Goebbels

antmortete:

Der Krach geht weiter:

Die Nationalfozialisten hielten gestern abend im Sport. palast eine Bersammlung ab, die sich gegen die Befreiungsfeiern richtete. In dieser Bersammlung sprach der Reichstagsabgeordnete. Wagner- Bochum, die Nationalsozialistische Partei müffe eiserne, Disziplin üben. Wer nicht mitmache, werde rüdlightslos. an

Der Sbglalismus ift für uns Mittel zum 3med!" Rorn spricht dann meiter von einer Sosialistenperfobbie and gebrüdt. gung innerhalb der NSDAP ." und schildert seinen Hin ausmurf aus der Generalversammlung folgendermaßen: Bor Eröffnung der Generalversammlung wurden jedoch alle Sprecher, die sich gegen die Gauleitung menden wollten, unter Bruch der Parteisakung durch den Gaugeschäftsführer Mitte aus dem Saal gewiesen.

Nachdem ich mich weigerbe, mirbe ein Rollkommando mobilt. fiert, das mich zum Berlaffen des Saales zmang. Die nunmehr

Admirale gegen Flottenabkommen. Ihre Parole: Nicht Rüftungsffillffand, sondern 20 Schlachts schiffe mehr!...

London , 1. Jufi.( Eigenbericht.)

Im englischen Oberhaus wurde heute die Arbeiterregie­rung von den früheren Admiralen Beatty und Jellicoe außerordentlich heftig wegen ihrer Flottenpolitit angegriffen. Die Rebner fritisierten aufs schärffte die aus der Flottentonfe­renz von Macdonald mit Amerika und Japan getroffenen Abe

machungen, und Jellicoe meinte am Schluffe feiner Rede, daß von der Arbeiterregierung für die Erwerbslosen ausgestreute Geld sei beffer angelegt, wenn England, statt feine Flotte zu vermindern, 20 Schlachtschiffe mehr bauen mürbe.(!)

Für die Regierung erwiderte Lord Barmoor und Lord Thompson. Sie wiesen die Angriffe der Admitäle zurüd Thompson sagte, wenn das von den Admiralen bezüglich der Sicher heit Englands gemalte schwarze Bild richtig sei, so fönne England weder durch 70 noch durch 170 Schlachtschiffe gerettet werden. Die beste Sicherung meinten Barmoor und Thompson am Schluffe, liege in den freundschaftlichen Beziehungen zu den verschiedenen Ländern.

Der neugewählte sächsische Abg. Dr. Brennede ist pon ber Dresdener Schriftleitung des in Berlin erscheinenden nationalsozia liftischen Sächsischen Beobachters" zurüdgetreten. Dieser Rüdtritt ist auf meinungsverschiedenheiten zurückzuführen, die zmia schen Hitler und der Leitung des Straßerschen Kampfverlags, in dem Die Zeitung erscheint, über die Haltung der Nationalsozialisten bei der sächsischen Regierungsbildung bestehen.

mit einer Demonstration, an der sich besonders start Studenten beteiligten. Ueber die Hälfte der Baumwollspinnereieu stellte die Arbeit ein. Zahlreiche Rinos und Theater wurden ge

schlossen.

Ein neuer Fall Bessedowski?

Ein GPU- Leiter will enthüllen.

Paris , 1. Juft. Nach einer Meldung des russischen Emigrantenblattes

Die letzten Nachrichten" hat ein hoher Funktionär der Tscheka namens Aga betom feine Stellung aufgegeben und ist nach Paris geflüchtet. Er sei Chef der orientalischen Abteilung der GPU, und in den letzten Jahren als Geheimagent in der Türkei , Griechenland und Aegypten tätig gewesen. Er habe nicht mehr Mitmisser der bolichemistischen Unterdrüder und der Hunger­politif in China , Persien , Afghanistan und im nahen Drient sein wollen. Er habe außerdem für die nächste Zeit die Beröffent lichung von Geheimdokumenten über die Machen­fchaften der Sowjets angefündigt.

Blamable Sowjetpapiere.

Gie gehen schweigend ins Gefängnis. Indische Bolfsführer verteidigen sich nicht vor englischem angetrieben worden seien und man deshalb ein Schiffsunglück bei

Gericht.

Bombay, 1. Juli. ( Eigenbericht.)

Motilal Nehru , der tags vorher verhaftete Bräsident des allindischen Kongreffes, und fein Sekretär, Dr. Seyed, find megen Gesezesüberschreitung zu je sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Bor Gericht verweigerten die Angeklagten jede Aussage, ebenjo verzichteten sie auf jede Berteidigung.

Die Bevölkerung, die anläßlich der Verhaftung Nehrus in einen mehrstündigen Proteststreit getreten war, antwortete auf das Urteil

Bor einigen Tagen war aus. Reval gemeldet worden, haß russische Marinepapiere und eine Sowjetflagge an die estische Küste den Manövern der Somjetflotte vermute. Jegt wird weiter be­richtet, daß diese Dokumente vom Sowjetkriegsschiff ,, Kljus" stammen und zum großen Teil Tagesbefehl und Verfügungen seien, die sich gegen bie Difsiplinlofigkeit und in manchen Fällen sogar Verwahrlofung richten.

In Bolivien ist nach Meldung der Deutschen Gesandtschaft ein provisorischer Regentschaftsrat dus sechs Offizieren unter Borsiz des Generals Carls Blanco Galindo eingesetzt worden. Sämtliche Ge­fandtschaften haben auf Anforderung Militärwachen erhalten.