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Höppner- Cotta: Echoenlank hat seine Haltung, die er bei Beralhung des Agrarprogramms eingenommen, jetzt sehr geändert Was die Frage selbst anlangt, so ist größte Wahlagitation selbst verständlich. Geyer will nur Belheiligung für die nächste Wahl. Aber alle diese Gründe passen auch für die Betheiligung bei späteren Wahlen. Ich meine aber, viel Erfolge werden wir mit der Wahlbetheilignng überhaupt nicht erzielen. Wo das Volk keine positiven Erfolge sieht, läßt es sich nicht an die Urne bringen. Wahlbetheilignng bleibt zwecklos. Anders ist meine Stellung zur Niederlegung der Mandate, die ich für einen schweren taktischen Fehler halten würde. Die Gegner würden sich darüber nur freuen. Schoenlank sagte, daß es traurig sei, noch im Landtage zu verbleiben, ich frage, ob es einer so großen Partei würdig ist einfach die Waffen zu strecken. Eine Waffe wird dadurch nicht stumpfer, wenn sie von weniger Personen geschwungen wird Einen Konsiikt innerhalb der Partei fürchte ich nicht. Lehmann- Leipzig mit 20 Genossen beantragt die folgende Resolution: Die Landesversammlung erklärt: Mit dem Dreillassen Wahlgesetz, das von der herrschenden Klasse geschaffen worden ist, um die Sozialdemokratie, die stärkste Partei Sachsens  , aus der Volksvertretung zu verdrängen, hat die Sozialdemokratie nichts zu thun und wird sich, da es ihr un möglich ist, bei den Wahlen Mandate zu erringen, an den Landtagswahlen nicht betheiligen. Die Sozialdemokratie Sachsens   wird aber bei jeder Gelegenheit eine lebhafte Agi tation entfalten gegen dieses Klassen- Wahlgesetz und für Ein sührung des gleichen, allgemeinen, geheimen und direkten Wahlrechts. Die Landesversammlung hält es weiter für an würdig, daß noch ferner Abgeordnete der sozialdemokratischen Partei einem Parlament angehören, von dem die E»t rechtung des arbeitenden Volkes beschlossen worden ist und die Versammlung fordert deshalb die sozial demokratischen Landtags-Abgeordneten auf, ihre Mandate nieder zulegen. Lehmann» Leipzig  , Lange- Leipzig  , Grenz- Leipzig. K l e e m a n n- Leipzig, Schoenlank, Menge, Siilter Leipzig  , R iem-Wurzen, S ch m i d t» Zwickau  , Kalbitz Krimmitschau, S ch w a r z- Werdau  , Saubre-Planitz. Nitsche, Breslauer, Zimnr er mann. Wallfisch Dresden, Henker-Hänichen, R o e h l» Leipzig  , L i n d n e r Pegau, N e u- Reichenbach, Preß-Netzschkau. Schmidt- Zwickau  : Obgleich mehrere Abgeordnete und auch unsere Zeitung für die Wahlbetheiligung und für Mandatsi beibehaltung eintraten, entschied unsere Parteiversammlung da gegen. Wie wir wußten, daß mir damit in der Minderheit waren, so wissen wir auch, daß die Genossen sich dem Beschlüsse fügen werden. Den Abgeordnelen ist jede Möglichkeit genommen. in der Kammer zu wirken. Kompromisse werden bei Wahl betheilignng gar mcht zu vermeiden sei». Wie es besser wäre. wenn mancher Sieg bei den Gemeinderaths-Wahle» nicht erzielt würde, so wäre das dann der Fall mit dem Landtage. Ohne Mandate werden wir kämpfen müssen und ohne Wahlbetheiligung Abg. S ch u lz e- Cossebaude: Es handelt sich nur darum Ist die Wahlbetheiligung eines der Mittel, welches geeignet ist. das alte Wahlrecht zurückzuerobern. Durch die Reden der Gegner hat sich die Frage der Mandatsgewinnnng durchgezogen. Für mich ist wichtiger die Gewinnung der Wahlmänner und der Urwähler. Jedes Mittel müssen wir benutzen: Durch das Drei kassen-Wahlsystem muß die Beseitigung des Dreiklassen-Wahl systems erreicht werden. Grenz-Leipzig: Genosse Gradnauer und andere, die früher für Mandatsniederlegung waren, haben vollständig geschwenkt Man hat gesagt, die'Volks-Zeitung" habe den Leipziger   Genossen ihre Haltung vorgeschrieben. Es ist noch niemals eine solche Einmüthigkeit zwischen der Redaktion derLeipziger Volks dings vorhanden, selbe entstanden Wünschen Leipzigs  bedroht. Und doch wiegende Mehrheit weise derLeipz. Zeitung" und den Leipziger   Genossen vorhanden gewesen, wie in dieser Frage. Im Gegentheil, die Leipziger   Genossen haben die Redaktion zu schnellerem Vorgehen ermuntert. Die Leipziger werden sich nicht mehr an den Landtagowahlen betheiligen, daS ist nun einmal ihre Ueberzeugung, die sie nicht mehr aufgeben werden. P i n k a u: Es sei nicht richtig, daß in Leipzig   keine Oppa sition gegen dieVolks- Zeitung" bestanden habe. Die Stimmung, welche Schoenlank vertritt, ist in Leipzig   aller aber man muh beachten, wie die ist. Weil die Fraktion nicht den entsprach, wurde sie mit allerlei Reden ist hier zu sehen, daß die weitaus über gegen die Leipziger   ist. Die ganze Schreib Volksztg." niußle die Leipziger   Genossen täuschen. Nicht eine Zeile hat dieVolkszeitung" von Anders- denkenden gebracht, systematisch wurden diese todtgeschwiegen systematisch wurde darauf hingearbeitet, die Stimmung zu steigern, sie zuzuspitzen und auszunützen. Noch nie dagewesen in der Partcipresse ist, daß eine ernste Sache unter dem Strich an geulkt wurde. Noch nie dagewesen ist, daß ein Aufruf der Fraktion nicht abgedruckt wurde.(Zuruf Schoenlank's Er ist ja abgedruckt worden!) Ja, nachdem die Genossen, der Vorwärts" und andere Zeitungen es verlangten, erschien er auf der letzten Seit« mit unwürdigen Glossen versehen. Man nannte uns Streber und Kleber, der ärgsten Gemeinheit zieh man uns. Im Laufe der Zeit mußte dieVolkszeitung" sich aber doch überzeugen, daß die Mehrheit der Genossen gegen dieVolkszeitung" war und in den letzten 14 Tagen war die Schreibweise eine objektive, mit der man sich «inverstanden erklären kann. Was uns zuvor in Leipzig   an den Kopf geworfen wurde, läßt sich nicht wiedergeben.(Zuruf Die Schreibweise derVolkszeitung" war gemein!) Daß die Frage, um die es sich handelt, keine einfache war, beweisen doch die ernsten Ausführungen, die allerorts gepflogen wurden. Die Schreibweise derLeipziger Volkszeitung  " muß zurückgewiesen werden und ich schlage Ihnen jolgende Resolution vor: Die Landeskonferenz erklärt die Sckrcibweise derLeipz. Volksztg." in Sachen der Mandatsniederlegung für eine der Partei nicht würdige und spricht ihren schärfsten Tadel darüber aus. daß dieLeipz. Volksztg." den Aufruf der Landtags sraktion zur Einberufung der Landeskonferenz nur auf der letzten Seite mit Randglossen zum Abdruck gebracht hat." S a chff e- Planitz: Ich bin Gegner einer Wahlbetheiligung, weil es uns nicht gelingen wird, Wahlmänner zu finden, denn dieselben würden einfach gemaßregelt werden. Das Vorgehen derLeipziger Volkszeitung  " kann ich nicht billigen, aber ähnlich steht es mit dem Verhalten mehrerer Abgeordneten. Deshalb kann ich nicht für die Resolution Pinkau stimmen. Es ist von beiden Seiten gesündigt worden, wenn auch der Anlaß von Leipzig   ausging. Lehmann- Leipzig: Die Leipziger   Genossen haben die Haltung derVolkszeitung" verstanden, denn derVorwärts" hat auch eine verletzende Haltung eingenommen. Aber die Sache liegt nunmehr hinter uns und es ist nicht gut. alle alten Dinge auszuwärmen. Mit der Agitation für die Betheiligung an den Wahlen würden wir nicht weit kommen, unter keinen Umständen darf man sich an der Wahl betheiligen, stk Kaden- Dresden  : Ich habe erst eine abwartende Stellung eingenommen, nachdem aber jetzt das Wahlgesetz angenommen ist, halte ich eine Wahlbetheiligung für unmöglich. Das Volk will Erfolge sehen, und wo diese nicht zu erringen sind, wird die Wählerschaft muthlos. Ich halte auch eine Probewahl für zwecklos, unsere Leute sind vernünftig genug, das einzusehen. Sie sagen, es ist schade um den Gang zum Wahltisch. Es ver- lohnt sich nicht, für dieses Wahlgesetz einzutreten, es müßte sonst koinpromisselt werden und das wollen wir nicht. Die radikalen bürgerlichen Elemente sind in Sachsen   auch so gut wie ausgestorben. Mögen einige Antisemiten mehr gewählt werden, sie sind von den Konservativen uns darauf besinnen, daß wir eine propagandistische Partei sind. Ich bin auch für Mandatsniederlegung, nicht durch die Haltung derLeipziger Volkszeitung  ", sondern durch reif liche Ueberlegung. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben mich in der Ueberzeugung bestärkt, daß wir die Mandate nieder legen. Wir müssen das Prinzip des Klassenkampfes stärker hervorheben, wir brauchen uns nicht an den Debatten um eine Bahn-Haltestelle oder den Bau eines Amtsgerichts zu be theiligen. Die Wahlbetheiligung wird unter dem neuen Gesetz noch viel schwächer werden als jetzt. DieLeipz. Volksztg." hat an der Partei schwer gefrevelt. Die Wahlrechtsbeivegung hat durch die von den Leipzigern hineingeworfene Brandfackel schwer gelitten. Ja, ich habe meine Parteigenossen gefragt, ob diejenigen, die solche Schreibweise beliebt haben, noch Raum in der Partei haben sollen.(Schoenlank ruft: Ganz Leipzig   steht hinter mir.) Ja, Genosse Schoenlank, ich verweise blos auf den Cri-Lri-Artikel, in dem es hieß: Sie klebe», klebe», kleben. Und j war kleben wegen pekuniärer Vorlheile. Genossen, wir stehen eit Jahrzehnten in der politischen Bewegung und müssen uns o etwas nachsagen lassen. So etwas kann nur jemand chreiben, der selber hinter dem Strauche steckt, hinter dem er andere sucht.(Beifall.) Ich sage mit dem Genossen Bebel: Solche Leute gehen zur Bourgeoisie, wenn sie bei der Partei nicht entsprechend bezahlt werden. Wo bleibt, frage ich, das Prinzip? Wir hielten es unter unserer Würde. darauf zu antworten, wir hätten uns selbst zu beschmutzen geglaubt. Aber Genosse Pinkau hat mit seiner Resolution das richtige ge- troffen und ich bitte Sie, nehmen Sie das Tadelsvotum an. (Lebhafter Beifall.) Lorenz- Chemnitz: Für Chemnitz   trifft doch am meisten zu, daß die Klasienscheidung besteht und doch ist man dafür, das Agitationsmittel der Wahlbetheiligung nicht aus der Hand zu lassen. Wenn die Genossen durch Thatsachen belehrt werden, daß unter dem Dreiklassen-Wahlsystem keine Erfolge zu erringen sind, so wirkt dies anders, als wenn dies blos durch Worte ge- schieht! Dieselben Argumente, welche gegen eine Wahlbetheiligung sprechen, nämlich daß die Genossen ermüden würden, treffen auf die bloße Protestverweigerung auch zu. Die Kreise, welche Schoenlank als rückständige bezeichnet, sind unsere besten. Das Erzgebirge  , nicht die großen Städte, wie Dresden   und Leipzig   entsenden Abgeordnete in den Reichstag  . Ich bin gegen die Mandatsniederlegung. Es können 9 Mann so gut schießen wie vorher 15. Um 1 Uhr wird in die Mittagspause eingetreten. »* Welche Bedeutung die Regierung den Verhandlungen der Landeskonferenz beilegt, erhellt aus der Thalsache, daß fünf Parlaments- Stenographen die Verhandlungen wortgetreu auf nehmen._ Tl. Parteitag der badischen Sozialdemokratie. «Schluß.) Die Preßangelegenheit wurde zu einer allgefälligen Lösung in die Behandlung des Landesvorstandes überwiesen. Mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie schloß Kalnbach den Kongreß, der im ganzen eine» sehr sachlichen Verlauf nahm und die Entwickelung der badischen Sozial- demokratie fördern wird. Zu Ostern des nächsten Jahres findet der nächste badische Parteitag in Offenburg   statt. UoKerfes. Wenn zwei dasselbe thun, so ist eS nicht dasselbe. Von dem jetzigen preußischen Justizminister ist dieser Schalksspruch des Terenz bekanntlich als einer der Rechtsgrundsätze des deutschen Polizeireiches bezeichnet worden. Wie sehr dies offen- herzige Bekenntniß den Nagel auf den Kopf trifft, lehrt ja vor allem die Handhabung des preußischen Vereinsgesetzes, mit dem man brav sozialistische Organisationen zu zerstören sucht, das aberordnnngsfreundlichen" Vereinen gegen- über selbst dann nicht in betrachl kommt, wenn diese ich offenkundig begangener Gesetzesverletzungen rühmen. Ein neues Beispiel für diese praktische Anwendung des gleichen Rechts für alle finden wir in dem 1öS6er Jahrbuch des O st- deutschen Jünglingsbundes, einer Organisation für römmigkeit und Patriotismus, die ihren Sitz in Berlin  , ivphienstr. 19, bat. Der Bund sagt von sich, daß er aus 219 Vereinen bestehe und eine» Bundesvorstand habe, der regel- mäßig allmonatlich seine Sitzungen abhalte. Ein paar Zeile» weiter heißt es im Bericht:Auf Vorstandsbeschluß wurde ämmllichen Vereinen eine Petition an den B u n d e s r a t h zur Unterschrift zugesandt, in welcher um Einschränkung des Schankgewerbes an Sonn- und Feiertagen und ganz besonders um Schließung der Schank- wirthschaften an den Sonntag-Vormittagen gebeten wurde." Auch thut der Bundesvorstand sich etwas darauf zu gute, daß dieacht vereinigten deutschen   Jünglingsbündnisse" dem alten Volksfeinde im Sachsenwalde zu seinem 69. Geburtstage gemein. am eine Adresse überreicht haben. Wo hört man da etwas vom Einschreiten des Staats- a n w a l t s? Man komme nicht mit dem von Rechts wegen den in betracht kommenden Behörden übrigens völlig gleichgiltigen Einwand, daß die herzenseinfältigen Jünglingsbündler bei Er örterung der nach heuliger Rechtsprechung eminent politischen Angelegenheit der Petition etwa gar nicht gewußt habe», daß es einen Paragraphen acht des Vereinsgesetzes giebt, dem man mit solchen Dingen schnurstracks zuwiderhandelt. Dem gesetzesverletzenden Vorstand gehören an: zehn Pastoren, ein Rektor, ein königlicher Betriebssekrelär, ein Konsistorialrath, ein Professor der Theologie, ein Geheimer Rechnungsrath, ein Kommerzienrath u. s. w. Stöcker ist Ehrenmitglied. Dies sind alles Leute, welche kraft ihrer Stellung im öffentlichen Leben doch wohl wissen müssen, daß Vereine,welche bezwecken, politische Gegenstände in Versammlungen zu erörtern", nicht mit andern Vereinen gleicher Art in Verbindung treten dürfen u. s. w Aber wenn zwei dasselbe thun, so ist es nicht dasselbe. Die wundersamsten Auslegungen unseres so schon in einem Lande mit politischem Leben durchaus sinn- widrigen Vereinsgesetzes, wenn es gilt, sozialdemokratischen Organisationen den Garaus zu machen; völliges Versagen dieses Gesetzes aber gegenüber den offenkundigen Vergehen staatsfreund- licher Vereine. Es ist ein gntes Zeichen der Gesittung und des rechtlichen Sinnes im deutschen   Volke, daß es mit lichtseindlichen Vereinen trotz aller Begünstigungen nicht vorwärts geht geschmackvoll sagt der Jünglingsbund von dem zweifelhasten Erfolg seiner Propaganda, daß Gottes Sachen laugsam wachsen während die deutsche Sozialdemokratie den härtesten Ver- olgungen zum Trotz blüht und sich von Tag zu Tag mächtiger entfaltet! Tie Sparsamkeit der Berliner   SanStvirthe ist jedem Miethcr bekannt. Wieweit diese bedenkliche Tugend geht, zeigt der Umstand, daß die einzige Müllabs uhr-Gesell- chaft, welche ihr Geschäft wirklich den behördlichen An- orderungen entsprechend staubfrei besorgte, ihren..Kastenwechsel- -etrieb" wegen ungenügender Frequenz hat einstellen müsse». Dies System war den Hauswirthen eben zu theuer und daher lassen sie dem behördlichen Verbot zum Trotz den Müll bei der Abnahme lustig weiter umherwirbeln zum gesundheitlichen Nach- theil des Publikums und der mit der Absuhr beschäftigten Arbeiter. Zur praktischen Nutzbarmachung des Tucllmordcs bringt dieKöln  . Volks-Ztg." folgenden Plan in Vorschlag: Vielleicht ladet man überhaupt das Publikum an den Anschlag- faulen zu dem Schauspiel ein und stellt zugleich eine» olalisator auf, damit das Publikum aus den Ausgang der Schießerei Wetten   veranstalten kann und so ein größerer Reiz es nicht für Pistolen, Munition, Arzt und Begräbniß- kosten verbraucht wird, zum Bau einer Kirche spenden, in der dem Volke Moral und-Religion gepredigt wird. Dann wären doch wenigstens die Ironie und der Hohn auf Vernunft, Moral und Religion konsequent durchgeführt. Und ausarten muß offenbar der Unfug noch mehr, wenn ihm endlich Einhalt gethan werden soll. Zu belehren und zu bekehren sind ja diese Leute von der satisfaklionssähigen Gesellschaft nicht. Wenn ihnen nicht Zwang angethan wird, werden sie in ihrem verrückten Treiben fort- fahren, bis, wie vor hundert Jahren, der allgemeine Umsturz ihm ein Ziel setzt." In letzterem naiven Nothschrei giebt das ultramontane Blatt die ganze Hilflosigkeit desjenigen Theils der herrschenden Klasse kund, in dem die aufmerksam protegirte Schneidigkeit noch nicht alle Vernunft erstickt hat. Barrikaden in Berlin  . Der hiesige Vertreter desNew- Iorker Journals" hat am 23. März einen guten Fang gethan. Das Blatt brachte am 24. März eine Kabeldepesche. deren erste Ueberschrift in knüppeldicken Buchstaben lautet:Barrikaden   in Berlin  ". Als Untertitel folgen:Anarchistischer Aufruhr im Ostende  ";Bäcker- und Fleischerläden werden geplündert"; Nach hartem Kampf 70 Ruhestörer verhaftet." Die Erfolge, welche die Sozialisten im deutschen   Reichstage in letzter Zeit er- zielt haben, haben die Anarchisten nicht ruhen lassen. Sie wollen offenbar einmal zeige», daß sie auch noch da sind. So haben sie heute auf der Ostseite Berlins   einen ernstlichen Riot arrangirt. bei dem sie sich im Plündern von Läden und Barrikadenbauen übten. Es war zwar kein Eigenthum zerstört worden, aber Männer und Erauen. welche den maskirten Eindringlingen in ihre äden Widerstand zu leisten suchten, wurden von den Radau- und Nationalliberalen nicht zu unterscheiden. Wir müssen ausgeübt wird. Das Eintrittsgeld kann man za, so weit brüdern in rohester Weise mißhandelt. Straßenbahnwagen Droschken, Frachtsuhrwerke wurden angehalten. Die Waare der Bäckerläden wurde auf die Straße geworfen. Der friedlichen Bürger bemächtigte sich ob dieses Treibens des anarchistischen Mobs ein solcher Schrecken, daß sie glaubten, die Herrschaft des Kommunismus sei angebrochen. Die Polizei verhastete siebzig der Aufrührer. Aber es gelang ihr dies erst nach heftigem Kampfe. Die meisten der Verhafteten sind chronische Arbeitslose und Prostituirte. Als sich das Gesindel gegen die Polizei nicht mehr aus der Straße halten konnte, verbarrikadirte es sich in einer jener Kellerwirthschaften, die als Rendezvous-Platz für Diebe und allerlei gesetzloses Gesindel dienen." Daß die amerika  - nischen Leser sich solchen Ulk regelmäßig vormachen lassen, spricht gerade nicht für deren Intelligenz. Freilich sind die meisten von zenseits des Ozeans kommenden Depeschen auch nicht viel mehr werlh, wie die vorstehende Tartarennachricht. Der Philister dies- und jenseits des großen Wassers will ebenNeuigkeiten" lesen und an armen Tröpfen, die für 19 Pf. die Zeile das Blaue vom Himmel herunterlügen, fehlt es-weder in der alten, noch in der neuen Welt. Mummenschanz. Bei der Eröffnungsfeier der diesjährigen großen Kunstausstellung, mit der die Erinnerungsfeier an die vor 299 Jahren erfolgte Gründung der tönigl. Akademie der Künste verbunden ist, wird der Senat der Akademie zum ersten Male in einer ganz sonderbaren Festtracht erscheinen. Sie besteht der Voss. Ztg." zufolge in einem rothen Mantel mit weite», lang herabhängenden Aermeln und in einer rothen Kappe. Es ist die Tracht, die einst die Senatoren des stolzen Venedig   trugen. Das muß sehr komisch werden. Eine Reorganisation der Kriminalpolizei soll die Tages- ordnung einer Konferenz gewesen sein, die von höheren Polizei- beamten kürzlich abgehalten worden ist. Wenigstens behauptet dies dasBerliner Tageblatt", das in wohlthuender Be- scheidenheit sich das Verdienst zuschreibt, durchseine" Er- örterungen der offenkundigen Mißerfolge, die unseren Sicherheits- behörden bei der Aufspürung von Kapitalverbrechern leider an- haften, die Anregung zu diesen, angeblich übrigens resultatlos verlaufenen Verhandlungen gegeben zu haben. Gegen solche Protzerei des Mosse'schen Blattes streitet ärgerlich dieStaats- bürger-Zeitung", die sich bekanntlich etwas darauf zu gute thut, das polizeisrömmste Blatt in Berlin   zu sein. Sie verlangtmehr individuelle Freiheit für die einzelnen Beamten". Uns will be- dünken, daß es den Polizeibeamten, soweit sie Privatpersonen gegenüber agiren, an individueller Freiheit eigentlich nicht mangelt. Wenigstens hat der letzte Mißhandlungsprozeß in uns abermals diese Ausfassung hervorgerufen. Desgleichen die verschiedentlichen Thaten der politische» Polizei vor. während und nach dem Sozialistengesetze. Erfolg haben sie aber auch nicht gehabt. Antisemitisches. Reichstags- Abgeordneter Dr. Böckel hat ich wieder ein eigenes Organ geschaffen. Es ist dies ein in Berlin   erscheinendesunabhängiges und unpolitisches Wochen- blatt für Volkswirthschaft und geistiges Leben",Der Vorkämpfer" betitelt, welches den Interessen des deutsch  -wirthschaftlichen Ver- bandes dienen will. Wie dieNew-Aorker Staatszeitnng" erzählt, hat der Reichstags-Abgeordnete Ahlwardt   in Hoboken  die erste Nummer feiner Antisemitenzeitung veröffentlicht.Sein Mitarbeiter und erster Redakteur ist ein Herr Friedow. der in seiner vorchristlichen Epoche den Namen Schmuhl geführt hat." Ferdinand Gumbert  , der bekannte Komponist so mancher populärer Lieder, ist hier im fast vollendeten 79. Lebens- jähre(geboren 22. April 1918) gestorben. Die in ihrer Ein- sachheil herrlichen Melodien vonIch bitt Euch, liebe Vögelein",Zwei Aeuglein braun",Was ich so tief im Herzen trage" u. s. w. sind heute noch in manches Sängers und mancher Sängerin Munde. Die Beerdigung Ferdinand Gnmbert's findet heute, Donnerstag. 4 Uhr nachmittags, aus dem israelitischen  Friedhofe in der Schönhauser-Allee   statt. Tie Waldpfade in der Umgebung des Müggelsees sollen jetzt Orientirungstaseln erhalten. Tie Große Berliner Pferdeeisenbahn-Gesellschaft hat den Fahrpreis für die Linie Spittelmarkt-Treptow auf Pf. herabgesetzt. Ter Vorstand des deutschen   Thierschutzvcreins bittet das Publikum, welches Hausthiere hält, überzählige junge Hunde und Katzen ihm zu überweisen. Die Abholung wird durch das Thierdepot(Stadlbahnbogen 79 und 89 an der Slralauer Brücke), nöthigenfalls unentgeltlich bewirkt. Auch übernimmt der Verein alte, kranke oder überzählige Thiers, sei es zur freien Verfügung oder schmerzlosen Tödtung durch den Vereins-Thierarzt, welcher im Depot am Montag, Mittwoch und Freitag, im Asyl(Schul- straße 112), am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend von II bis 12 Uhr zu sprechen ist und zwar für Mitglieder und Un- bemittelte unentgeltlich. Folgende Berichtigung hat Herr Dr. Friedrich Lange. Herausgeber derDeutschen Zeitung", derTäglichen Rundschau" eingesandt.Es ist unwahr, daß ich meinem Verpacker irgend welchen Auftrag an den Verpacker derTäglichen Rundschau" er- theilt habe, mithin auch unwahr, daß ich den Verpacker derTag- lichen Rundschau" zu irgend welchem Zwecke zu mir gebeten oder ihm eine Vergütung für irgend eine mir zu leistende Gefälligkeit angeboten hatte. Wahr ist dagegen, daß mein Verpacker mir gegenüber die Absicht ausgesprochen hat, mit dem Verpacker Ihres Blattes Rücksprache zu nehmen und daß ich ihm in Gegen- wart eines Zeugen wiederholt und in bestimmtester Form ver- bolen habe, in meinem Dienste irgend welchen unlauteren Ge- brauch von den Beziehungen seines früheren Dienstverhältnisses zu mache». Dies geschah, nachdem ich ihn auf seine wieder- holte Bewerbung um den von ihm jetzt eingenommenen Posten nur unter der ausdrücklichen Bedingung an- gestellt hatte, daß ich von ihm keinerlei Durchstechereien zu defürchten hätte. Hat mein Verpacker die Aussagen gemacht, so hat er gelogen und außerdem gegen meinen ausdrücklichen Befehl gehandelt; er wird demgemäß zur Verantwortung gezogen