Nr. 83.
Donnerstag, den 9. April 1896.
13. Jahrg.
Sozialdemokratische Parteitage. worden. Wo eine starke politische Bewegung ist, da Städten mit Hilfe der sozialdemokratischen Gemeindevertreter
Parteitag III.
der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Defterreichs.
Prag , 7. April 1896. Die heutigen Verhandlungen leitet Dr. Thaddäus Reger, der Organisator der polnischen Bergarbeiter im Karminer Revier. Die Debatte über die Wahlreform wird fortgeführt. Die Mehrheit der Redner tritt für den Antrag der Parteivertretung ein, die Minderheit vertheidigt den Antrag der mittelmährischen Organisation und bekämpft die Betheiligung an den Wahlen auf Grundlage der Badeni 'schen
Wahlreform.
Die Ansichten eines Theiles der Minorität kommen in folgender von dem italienischen Delegirten Gerin gestellten Resolution zum Ausdruck: " In Erwägung, daß das Wahlreformprojekt Badeni den Forderungen der Sozialdemokratie nicht entspricht, beschließt der Parteitag, daß( vorausgesetzt, daß der Entwurf Gesetz wird) die Parteikandidaturen aufzustellen sind mit der Verpflichtung für die Gewählten, im im Parlament die Forderung des allgemeinen Wahlrechts zu erheben, dann aber sofort ihre Mandate niederzulegen, um Ergänzungswahlen zu provoziren, worauf sie neuerdings kandidiren sollen, und so fort, bis unsere Forderung erfüllt ist."
gewerkschaftlichen Bewegung durchaus nicht der Boden entzogen| ruhe herbeizuführen, werden die Delegirten verpflichtet, in ihren ist auch eine starke Gewerkschaftsbewegung. In Oberschlesien oder durch Petitionen eine Verkürzung resp. Abschaffung der und an der Saar sind Partei und Gewerkschaften schwach vertreten. Sonntagsarbeit durch Ortsstatut zu erstreben. Es ist ein Fehlschluß, daß beide Bewegungen nicht neben einander bestehen können.
daß
wenn
Was die Wahlreformfrage betrifft, so hebt Redner hervor, Landes so lange die Sozialdemokratie eines darauf warten wolle, bis das Wahlrecht nach ihren Wünschen ist, sie sich überhaupt nie an den Wahlen betheiligen könnte. Redner verweist auf Belgien und England und hebt die agitatorische Wirkung der Wahlagitation hervor. Die Reden im Parlamente dringen in Kreise, die sonst von gar nicht Der deuten etwas, sondern die zwei Millionen Stimmen, die für uns Sozialdemokratie berührt werden. Nicht unsere 47 Mandate be= abgegeben sind, bilden unsere Macht im Volke! Solche Armeen werden Sie auch aufbieten tönnen. Die Vorbereitungen zur Wahl müssen eitig getroffen werden. Die Organisationsarbeit muß hinter Ihnen liegen, wenn Sie in den Wahlkampf gehen.( Beifall.)
Für die Opposition gegen die Wahlbetheiligung beantragt Dr. Berst 1 Neunkirchen:
Ueber die Stellung der Handlungsgehilfen zur VersicherungsGesetzgebung wird nach einem Referate von Wilde: Berlin folgende Resolution einstimmig angenommen:
Der pp. Kongreß empfiehlt den auf gleichem Standpunkt stehenden Gehilfen- Organisationen zur Versicherungs= Gesetzgebung folgende Stellung einzunehmen:
1. Das Kranten- Versicherungsgesetz ist auf alle Handlungsgehilfen auszudehnen.
2. Mit bezug auf das Alters- und Invaliden- Versicherungsgesetz ist eine Aenderung dahin zu erstreben, daß die Altersgrenze der Versicherten auf 55 Jahre herabgesetzt und die Renten erhöht werden.
8. Die Unfall- Versicherungsgesetzgebung ist auch auf die Handlungsgehilfen auszudehnen mit der Maßgabe, daß die Verwaltung der Versicherungsanstalten von den Versicherten selbst übernommen wird."
:
Ferner wird hierzu noch ein Antrag Blum Berlin an " Die Regierungsvorlage betreffend die Wahlreform genommen, der die Delegirten verpflichtet, für eine regere Beist auf das entschiedenste zu bekämpfen. Mit allen theiligung der Handlungsgehilfen an den Krankenkassen Wahlen Mitteln muß verhindert werden, daß diese Regierungs- in ihren Städten Sorge zu tragen. Nunmehr kommt der auf vorlage Gesetz und daß auf grund dieser Regierungsvorlage Antrag des Dr. Quarck auf die Tagesordnung gesetzte Punkt: gewählt werden kann." Stellungnahme gegen die§§ 9 und 10 des Gesezentwurfs zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, zur Berathung. Von einem Referat wird Abstand genommen und folgende Resolution von Dr. Quarck- Frankfurt a. M. angenommen:
Wenn der Karren verfahren sei, so sei dies Schuld der Parteivertretung, die während der zwei Jahre die Partei nicht gehörig vorwärts gebracht habe und das Machtvertrauen der
Partei künstlich verkleinere.
Am schärfsten spricht sich die Opposition in der Rede des Delegirten Mornik aus Wien I. Bezirk aus. Der Redner ist der Ansicht, daß die Parteivertretung gegenüber der Wahlreform Badeni , deren Inhalt dem Dr. Adler schon vor der Unterbreitung merkwürdiger Weise bekannt gewesen sei, eine Die Debatte spinnt sich bis in die Abendstunden fort, ohne zweideutige Haltung, eingenommen habe. Nur um diese zu be- daß wesentlich neues gesagt wird. mänteln, sei man in die Kommunalwahlen eingetreten. Nach einigen Angriffen gegen einzelne Mitglieder der Parteivertretung die Wahlbetheiligung aus, während von den früheren Anhängern Von den czechischen Rednern spricht sich die Mehrzahl gegen. beantragt er ein Mißtrauensvotum gegen diese. Abg. Pernerstorfer: Ich gebe zunächst die Erklärung des Massenstreiks die meisten erklären, daß sie von ihrem Standvor dem Parteitag ab, daß ich, wenn ich in der fünften Curie punkt zurückgekommen seien. In den sauren Apfel der Resolution kandidire, unter keinen Umständen gegen einen sozialdemokratischen der Erkenntniß der thatsächlichen Machtverhältnisse sei. der Parteivertretung müsse gebissen werden, weil es der Apfel Kandidaten kandidiren werde.( Beifall.) Seit Monaten wußten wir, was als Wahlreform von Badeni vorgeschlagen werden würde. Das wußte nicht Dr. Adler allein( Heiterkeit), das wußten die jung czechischen Abgeordneten, die in ihren Blättern darüber be richteten, das wußte jeder Abgeordnete, der nicht blind und taub ist. Wie der Badeni 'sche Entwurf zu beurtheilen ist, darüber ist jeder Mensch sich klar. Er ist ein miserables Machwerk. Wir dürfen uns nicht in Deklamationen gegen dies Monstrum er gehen, sondern die Dinge nehmen, wie sie sind. Das ist ja der Stolz der Sozialdemokratie aller Länder, sich immer tlar über die Verhältnisse zu sein und diesen Ver hältniffen angepaßt zu arbeiten, ohne das Prinzip zu verlegen. ( Bravo.) Der Badeni 'sche Entwurf wird Gefeß werden. Möglich ist nur, daß die kleine Opposition im Parlament durch konfequente Obstruktion gewisse Berbesserungen( direkte Wahl, Wahl am Sonntage) durchsetzt.
In der Gerin'schen Resolution kommt der heißblütige Italiener
zum Vorschein. Durch beständige Protestwahlen würde nur erreicht werden, daß das Parlament falt lächelnd ein Gesez au
Nationalität Steiner- Prag hervor, daß 3/4 der czechischen In seinem Schlußworte hebt der Referent für die czechische Delegirten für die Resolution der Parteivertretung und nur 1/4 dagegen stimmen werde.
Dr. Adler weist in seiner mit lebhaftestem Beifall aufgenommenen Schlußrede die Angriffe gegen die Parteivertretung zurück und empfiehlt nochmals die Annahme der Resolution. Mit diesem Beschlusse trete die österreichische Sozialdemokratie in eine neue Epoche: sie trete zum ersten Male in einen modernen politischen Kampf mit modernen politischen Waffen und beginne damit erst eine moderne politische Arbeiterpartei
zu werden.
Es wird zur Abstimmung geschritten. In namentlicher Abſtimmung wird die Resolution der Parteivertretung mit 101 gegen 9 Stimmen, bei 7 Stimmenthaltungen, angenommen. Beschlossen wird ferner die Betheiligung an den Landtagswahlen und die Herausgabe eines Leitfadens zu den Reichstags
Die Weiterverhandlung wird vertagt. Schluß 812 Uhr.
Gewerkschafts- Kongreffe.
Erfter Kongreß aller auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehenden Handlungsgehilfen und Gehilfinnen Deutschlands . Montag, den 6. April. 3weiter Tag.
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Die Anträge der Opposition werden gegen eine verschwindende nimmt, wonach solche Wahlen ungiltig sind. Die Waffe tann Minorität( 1 bis 7 Stimmen) abgelehnt. Ueber den Antrag, die man sich nicht immer selbst wählen, auf die Soldaten Kandidaten auf das Hainfelder Programm zu verpflichten, wird zur tommt es an, die fie tragen.( Beifall.) Bei den Wahlen fann die Partei eine folossale Agitation ent- Tagesordnung übergegangen. Der Antrag, der Parteivertretung falten. Wahlversammlungen tagen ohne polizeiliche Ueberwachung. wegen ihres Verhaltens zur Badeni 'schen Wahlreform ein Mißtrauensvotum zu ertheilen, wird gegen 2 Stimmen abgelehnt. Das ist besonders für die Provinz von großer Bedeutung, die als Wahltag soll der Sonntag gefordert werden. unter der Willkür der Regierungsvertreter zu leiden hat. ( Beifall.) Schon jetzt ist die Sozialdemokratie ein politischer Faktor. Ihre Bedeutung Bedeutung wird noch wachsen, wenn fie Abgeordnete im Parlamente hat. In Desterreich genießen die Abgeordneten viele Privilegien. Ihnen öffnen sich Thüren, die sonst verschlossen sind. Schon jetzt hat die Anwesen= heit von zwei, drei Leuten im Parlament genügt, um eine Menge Dinge zu beleuchten, die sonst nie beleuchtet worden wären und die öffentliche Meinung darüber aufzuklären, die sonst, wie es in Desterreich üblich ist, versumpft wäre. Ein weiterer Vorzug ist die Immunität des In das Bureau werden gewählt: Penn- Berlin, 1 VorAbgeordneten. Es ist doch nicht der Beruf eines sozialdemo- sitzender; Fräulein Schrein Bielefeld, 2. Vorsitzende; Lischke= tratischen Agitators, beständig im Gefängniß zu sein.( Heiterkeit.) Dresden , Schriftführer. Er soll draußen sein, draußen wirken. Durch die Wahlen be- Der Vorsitzende verliest zunächst mehrere eingelaufene tommen Sie mindestens zehn Leute, die man nicht beständig Begrüßungstelegramme. Den ersten Gegenstand, der jetzt zur einsperren kann. Die neue Kurie wird überhaupt mehr volksthüm- Berathung gelangt, bildet Die Lage der weiblichen Angestellten liches Material im Parlament liefern, als es die alten Stammsiz im Handelsgewerbe." Fräulein Clara Haase- Berlin , inhaber( Heiterkeit) bisher gethan haben. Die Situation ist für welche hierzu referirt, führt etwa folgendes aus: Das Glend Sie unbezahlbar. Mit der Badeni 'schen Wahlreform ist die der Handlungsgehilfin unterscheidet sich in nichts von dem Wahlrechtsbewegung nicht beendet. Sie wird im neuen Parla- Elend der Fabrikarbeiterin. 45 M. pro Monat bildet den ment sofort wieder auftauchen und noch mehr als bisher in den Durchschnittslohn für alle weiblichen Angestellten und dies bei Vordergrund des öffentlichen Lebens treten. In einer Ver- einer viel längeren Arbeitszeit. Die Handlungsgehilsen selbst sammlung von unentschlossenen Leuten bedeuten 10 entschlossene haben das größte Interesse daran, sich mit den Forderungen der Leute etwas. Ich schließe also mit dem Vorschlag: Erheben wir weiblichen Angestellten zu beschäftigen. uns zu einem feierlichen, mit allen Schimpfwörtern des deutschen Lexikons ausgerüsteten Protest( Stürmische Heiterkeit) gegen die Badenische Reform, ergreifen wir aber dann, weil wir vernünftige Leute sind, auch die schlechte Waffe und kämpfen wir weiter mit ihr an der kompetenten Stelle. Schlagen wir uns nicht stolz seitwärts in die Büsche Jede Frage der Taftit muß fühl erwogen werden.( Lebhafter Beifall.) Die einzige Quelle, aus der in Defterreich die Wasser der Zukunft fließen, ist die Arbeiterbewegung. In ihrem Siege ift alles eingeschlossen, was wir in Desterreich an Freiheit und ökonomischer Entwickelung erwarten können.( Lehafter Beifall.) Die Mittagspause tritt ein.
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In der Nachmittags- Sigung gelangt ein Schreiben von Wilhelm Liebknecht zur Verlesung, in dem er für die zahlreichen Glückwünsche aus Desterreich seinen warmen Dank ausspricht.
Es wird hierauf mitgetheilt, daß die Firma Brüder Perah in Lieben heute 500 streikende Arbeiter aus den Wohnungen getrieben habe.( Lebhafte Pfuirufe.) Den Streifenden werden 100 Gulden bewilligt und mit der Sympathie für die hungernden Arbeiter die Verachtung über die Haltung der hiesigen liberalen und jungczechischen Presse in dieser Angelegenheit ausgesprochen.
Nach Eintritt in die Tagesordnung wird die Wahlreformdebatte fortgesetzt. Die meisten Redner vertreten den Standpunkt der Parteivertretung.
Daszinsti- Kratau verwirst die Abstinenz- und Protest
politit.
Resel: Graz: Bor zwei Jahren war ich Anhänger des Generalstreits. Ich habe mich aber davon überzeugt, daß der Generalftreit in Desterreich nur ein Streit der Generale, aber nicht der Massen sein würde.( Große Heiterfeit.) Ich bin davon abgekommen. Wir müssen uns mit der Wahlreform des Genossen Badeni befassen.( Stürmische Heiterkeit.)
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Das, was die weiblichen Angestellten wollen, hat Rednerin in folgender Resolution niedergelegt, welche einstimmige Annahme findet:
" In Erwägung, daß infolge geringer Entlohnung der Frauenarbeit im Handelsgewerbe auch die Lage der männlichen Angestellten mehr und mehr verschlechtert wird, erachtet der Kongreß es für unbedingt nothwendig, ganz energisch die Forderung gleicher Bezahlung bei gleicher Leistung für die Kolleginnen zu erheben.'
Des weiteren gelangt ein Antrag zur Annahme, daß die Agitationskommission der Handlungsgehilfen Deutschlands auch die Agitation unter den Gehilfinnen zu betreiben hat und in der Kommission die Gehilfinnen durch ein Mitglied vertreten sein sollen. Im Anschluß hieran wird beschlossen, Fräulein Haase eine größere Agitationstour nach allen größeren Plätzen Deutsch lands unternehmen zu lassen. Zum zweiten Punkt der Tagesordnung:„ Einführung einer einheitlichen Ladenschlußstunde" wird nach einem Referat von Daniel Magdeburg folgende Resolution einstimmig angenommen:
Der Kongreß erklärt: Die Annahme der§§ 9 und 10 des Gefeßentwurfes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes durch den Reichstag würde von den Handlungsgehilfen Deutsch lands als einfache Vergewaltigung im Interesse der Prinzipale empfunden werden. Obgleich nun der Kongreß es begrüßen könnte, wenn die Klasse der gleichgiltigen Kollegen durch solche Nackenschläge aufgerüttelt würde, so richtet er doch an den Reichstag in legter Stunde die energische Aufforderung die erwähnten Strafparagraphen vollständig abzulehnen, weil sie ein Ausnahmegesez sind, das nicht einmal für Beamte in Giltigkeit ist, weil sie Geschäftsvortheile schützen, die der Handlungsgehilfe durch seine Arbeit mit errungen hat, weil sie unmündige Personen mit Gefängnißstrafe bedrohen und weil sie endlich ganz einseitig die angeblichen Geschäftsgeheimnisse des Prinzipals schützen sollen, während der Prinzipal die Geheimnisse der Gehilfen ungestraft soll verrathen dürfen." Die beiden Punkte„ Stellung der Handlungsgehilfen unter die Gewerbe Ordnung" und" die Lehrlingsfrage" werden zusammen berathen. Nach eingehenden Referaten von Hinge= Halberstadt
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und Wilde Berlin wird eine Resolution angenommen, nach der der Kongreß an den Reichstag und Bundesrath das dringende Ersuchen richtet, die Ausdehnung der Gewerbe- Ordnung auf alle Handelsbetriebe baldigst zur Durchführung zu bringen. Auch hält der Kongreß die Anstellung von durch Gehilfen gewählten Handelsinspektoren zur Beaufsichtigung der Forderungen nothwendig. Hierzu wird noch ein Amendement Dörnberger Stuttgart und Jastrow- Mann heim angenommen, nach dem der Kongreß beschließt, daß, für den Fall der Ablehnung der Unterstellung von Handlungsgehilfen unter die Gewerbeordnung, es dringend nothwendig ist, daß die§§ 118, 119a, 120, 120a, b, c, e, 134, 135, 136, 137 der Gewerbe- Ordnung in das Handels Gesetzbuch aufgenommen werden. Zu diesem Zwecke werden die Delegirten aufgefordert, durch Petitionen die Kommission zur Revision des Handels- Gesetzbuches zu ersuchen, Auskunftspersonen der Freien Vereinigungen der Kaufleute zu vernehmen.
Angenommen wird gleichfalls eine Resolution Wilde- Berlin, die verlangt, daß die im Handelsgewerbe beschäftigten jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren ebenfalls den in der Gewerbe- Ordnung enthaltenen Schutzbestimmungen unter stellt werden.
Zum nächsten Gegenstand der Tagesordnung„ Die Ausdehnung der Gewerbegerichte auf die Handlungsgehilfen" hält Lipinski Leipzig das Referat. Folgende Resolution wird an genommen:
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Der Kongreß erachtet die jetzt den Handlungsgehilfen gewährte Rechtshilfe, den veränderten sozialen Verhältnissen nicht mehr entsprechend, für ungenügend, da die Handlungsgehilfen feinen sozialen Einfluß auf die Rechtsprechung haben, das Klageverfahren vor den Amts- bezw. Landgerichten ein tostspieliges und langwieriges ist und fordert die Ausdehnung der Gewerbegerichte auf die Handlungsgehilfen und Gehilfinnen. Obgleich der Kongreß die Gewerbegerichte nicht als fehlerfrei betrachtet, sieht er in der Kompetenzerweiterung der Gewerbegerichte auf die Handlungsgehilfen eine Verbesserung der Rechtshilfe der Handlungsgehilfen, weil hierdurch eine soziale Vertretung, eine schnelle, sachliche, und billige Erledigung der Streitigkeiten ermöglicht wird; er erklärt sich gegen die Augliederung sogenannter faufmännischer Schiedsgerichte an die Amtsgerichte bezw. Handelskammern, weil dadurch eine schnelle und billige Erledigung der Klagen in Frage gestellt wird, in den Organisationen auch eine organische soziale Vertretung der Handlungsgehilfen wie bei den Gewerbegerichten nicht möglich ist und spricht sich gegen die Errichtung besonderer Kammern für Handlungsgehilfen aus.
Es wird sodann zur Grörterung der Einführung einer Minimal- Kündigungsfrist geschritten. Nach einem Referat von Preiß( Dresden ) wird eine von demselben eingebrachte Resolution angenommen, die an den Reichstag und Bundesrath die Forde rung richtet, dem Artikel 61 des Handelsgesetzbuches folgende Fassung zu geben:
1. Die sechswöchentliche Kündigungsfrist bleibt bestehen. 2. Durch besondere Abrede kann eine kürzere Kündigungsfrist festgesetzt werden, doch muß dieselbe für beide Theile von gleicher Dauer sein und mindestens einen vollen Kalendermonat umfassen. Der Vertrag fann nur am ersten eines jeden Monats zum nächsten ersten gelöst werden.
8. Nach erfolgter Kündigung bis zur Erlangung einer dauernden Stellung ist den Handlungsgehilfen und Lehrlingen am Tage die nöthige Zeit von zwei Stunden ohne Gehaltsabzug zu gewähren, um sich eine Anstellung verschaffen zu können.
Der Kongreß erklärt, daß der gefeßliche Achtstundentag nicht blos für offene Verkaufsgeschäfte, sondern für die Angestellten des gesaminten Handelsgewerbes nach wie vor mit allen Kräften zu erstreben ist. Als Uebergangsstadium erscheint der von der Reichskommission für Arbeiterstatistik vorgeschlagene Abend 8 Uhr Schluß ohne alle Ausnahme, aber für alle Handels. Bei diesem Punkt wird von Maaß Berlin die elende Lage geschäfte überhaupt als annehmbar. Der Kongreß hält jedoch der Adressenschreiber zur Sprache gebracht und hierauf Die von der Reichskommission vorgeschlagene Gröffnungsstunde eine Resolution angenommen, nach der die Delegirten sich verfür viel zu früh auf 5 Uhr morgens festgesetzt, und verlangt pflichten, daß an allen Städten, wo sich Adressenbureaus befinden, die Einführung einer Eröffnungsstunde auf 8 Uhr morgens. Die Kollegen am Orte in eine eingehende Erörterung der MißAußerdem ist für die jugendlichen Personen bis zu 18 Jahren stände eintreten. eine um mindestens 2 Stunden fürzere Arbeitszeit einzuführen." Zu dem Punkte Unterstützung bezw. Versicherung gegen Hieran sich anschließend, wird ein Antrag Blum- Berlin an- Stellenlosigkeit" soll nunmehr übergegangen werden. Auch soll genommen, nach welchem der Kongreß die Einführung des hierbei gleich die Organisationsfrage mit berathen werden. obligatorischen Fortbildungs- Unterrichtes für alle jugendlichen Arbeiter unter 18 Jahren im Handelsgewerbe durch Reichsgesetz während der Geschäftsstunden fordert.
Reichstags- Abgeordneter Moltenbuhr stellt einige Jrrthümer der Debatte richtig. Die deutschen Sozialdemokraten bedauern am allermeisten die betrübende Thatsache, daß die moderne Arbeiterbewegung in den Bergwerkdiftritten Oberschlesiens Bezüglich des Punktes über die Sonntagsruhe" wird ohne und der Saar noch so wenig Eingang gefunden hat. Sie tönnen weitere Debatte eine Resolution Blum- Berlin angenommen, nach der aber zunächst nicht viel daran ändern. Versucht ist beständig der Kongreß die Einführung einer vollständigen Sonntagsruhe durch worden, in das oberschlesische Revier einzudringen. Durch die Reichsgesetz für nothwendig erachtet. Da aber auch den Kommunal Entwickelung der politischen Bewegung in Deutschland ist der verwaltungen das Recht zusteht, eine Einschränkung der Sonntags:
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Lipinski Leipzig hält hierzu wiederum das Referat, bei welchem er seine Forderungen in einer Resolution zusammenfaßt. durch die der Kongreß die Unterstützung stellungsloser Handlungsgehilfen nicht für geboten hält, dagegen hält er die Versicherung gegen Stellungslosigkeit für diskutabel und wird die neue Agitationskommission beauftragt, die nöthigen Unterlagen zu beschaffen und Vorschläge zu machen. Die Resolution wird angenommen. Des weiteren wird ein Antrag Hinge( Halber